Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2013, Az. V ZR 229/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 864

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
V ZR
229/12
Verkündet am:

22. November 2013

Lesniak

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richter Dr.
Lemke und
Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch
und
die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14.
Zivilsenats des [X.] vom 11.
September 2012 aufge-hoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notarieller Erklärung vom 12. Dezember 2007 bot die Klägerin der [X.] den Kauf einer Eigentumswohnung an.
Darin heißt es u.a.:

o-chen von heute an gebunden.
1
-
3
-
Nach Ablauf dieser Frist erlischt nicht das Angebot, sondern nur die Bindung hieran, die Annahme des Angebots kann so
lange er-klärt werden, solange dem beurkundenden Notar gegenüber das Angebot nicht schriftlich widerrufen worden ist, der zur Entgegen-nahme der entsprechenden Erklärungen hiermit bevollmächtigt

Die Beklagte nahm das Angebot mit notarieller Erklärung vom 24.
Januar 2008 an. Der Vertrag wurde durch Zahlung des Kaufpreises von 60.200

durch Auflassung und Eigentumsumschreibung im Grundbuch vollzogen.
Gestützt auf die Ansicht, dass der Kaufvertrag wegen verspäteter An-nahme des Angebots nicht zustande gekommen sei, verlangt die Klägerin die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung des Wohnungseigentums, die Feststellung des Annahmeverzugs der [X.] sowie die Herausgabe gezogener Nutzungen in Höhe von 7.511,62

6,69

pro Tag ab dem 25.
März 2011 nebst Zinsen und den Ersatz außerge-richtlicher Rechtsverfolgungskosten von 2.295,63

e-richt hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg ge-blieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Klageanträge weiter. Die Beklagte ist in dem Revisionsverfahren nicht anwalt-lich vertreten.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Dieser sei wirksam zustande gekommen, obwohl die Beklagte 2
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4
-
4
-
das Vertragsangebot erst nach dem Ablauf der [X.] angenommen ha-be. Denn die Klausel über die bindungsfreie Fortgeltung des Angebots halte einer [X.] Inhaltskontrolle stand. Verstöße gegen beurkundungs-rechtliche Vorschriften lägen nicht vor. Somit bestünden auch keine Zahlungs-ansprüche.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Die Beklagte ist trotz rechtzeitiger Bekanntmachung in dem [X.] nicht erschienen. Deshalb ist über die Revision der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. nur Senat, Urteil vom 4.
April 1962

[X.], BGHZ
37, 79, 82).
2. Zu Recht -
und mit der Revision nicht angegriffen -
geht das [X.] davon aus, dass der von der Klägerin gerügte Verstoß des die An-gebotserklärung beurkundenden Notars gegen §
14 Abs.
3 BNotO der Klage schon deshalb nicht zum Erfolg verhilft, weil aus ihm -
sein Bestehen unter-stellt
-
keine Rechte gegenüber der [X.] hergeleitet werden können.
3. Ebenfalls zu Recht -
und wiederum mit der Revision nicht angegriffen

verneint das Berufungsgericht einen Verstoß des [X.] gegen
§
17 Abs.
2a Satz
1 BeurkG.
4. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch einen Anspruch der Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrags aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

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6
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8
9
-
5
-
a) Der Kaufvertrag ist mit der Beurkundung der Annahmeerklärung
der [X.] nach §
152 Satz
1 BGB nur dann zustande gekommen, wenn die Erklärung der Klägerin wirksam ist, dass ihr Angebot über die [X.] von vier Wochen hinaus widerruflich fortbesteht. Anderenfalls wäre das Angebot im Zeitpunkt der Annahme bereits erloschen gewesen. Denn soweit der [X.] nichts anderes äußert, deckt sich eine von ihm erklärte [X.] mit der dem Empfänger für die Annahme seines Angebots eingeräumten Frist (§
148 BGB) mit der Folge, dass das Angebot mit dem Ablauf der [X.] erlischt (Senat, Urteil vom 11. Juni 2010

V
ZR 85/09, NJW
2010, 2873, 2874 Rn.
15).
b) Die Wirksamkeit der Erklärung der Klägerin über die Fortgeltung ihres Angebots hängt davon ab, ob -
wie es das Berufungsgericht annimmt -
eine von der [X.] vorformulierte Klausel vorliegt, welche den Vorschriften über die richterliche Kontrolle des Inhalts Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§
307309 BGB) unterliegt.

aa) Wirksam wäre die Erklärung über die Fortgeltung des Angebots, wenn sie von der Klägerin selbst formuliert oder von den Parteien im Einzelfall ausgehandelt worden wäre. Dann hätte die Beklagte das Angebot auch noch nach mehr als vier Wochen nach dessen Abgabe annehmen können. Die ge-setzlichen Regelungen in §§
145, 146 BGB schließen nämlich Modifikationen der Wirksamkeit und der Dauer des Angebots nicht aus. Ein Angebot kann [X.] auch unbefristet, jedoch widerruflich ausgestaltet werden (Senat, Urteil vom 26.
März 2004

V
ZR 90/03, [X.] 2004, 952, 953).
bb)
Unwirksam wäre
die Erklärung in dem
Angebot der Klägerin dagegen dann, wenn es sich dabei um eine Fortgeltungsklausel, also um eine von der [X.] gemäß §
305 Abs.
1 BGB gestellte oder von ihr als Unternehmerin nach §
310 Abs.
3 BGB
als gestellt geltende
vorformulierte Vertragsbedingung 10
11
12
13
-
6
-
handelte.
Denn die Vorschriften der §§
307309 BGB erstrecken sich auf [X.], zu denen die von dem Verwender vorformu-lierten einseitigen Erklärungen des anderen Teils zur Geltung seines Angebots gehören (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2010

V
ZR 85/09, NJW
2010, 2873 Rn.
8), und -
wie hier -
unbefristete Fortgeltungsklauseln
halten einer [X.] Inhaltskontrolle anhand
der Verbotsnorm des §
308 Nr.
1 Halbs.
1 BGB nicht stand. Zur Begründung hierfür verweist der Senat -
um bloße Wie-derholungen zu vermeiden -
auf seine Entscheidung vom 7. Juni 2013 (V
ZR
10/12, NJW
2013, 3434
f. Rn.
13-26), die eine inhaltsgleiche Erklärung betrifft.
c) Der Vertragsschluss wäre danach gescheitert, weil die Beklagte we-gen der Unwirksamkeit der Fortsetzungsklausel das mit dem Ablauf der [X.] erloschene Angebot der Klägerin nicht mehr annehmen konnte. [X.] für eine Annahme der nach §
150 Abs.
1 BGB als neues Angebot geltenden verspäteten Annahmeerklärung der [X.] durch die Klägerin sind nicht ersichtlich. Eine Annahme durch Schweigen kommt bei [X.] nicht in Betracht,
und die von dem anderen Teil zur Erfüllung vorgenommenen Handlungen -
insbesondere die Kaufpreiszahlung -
sind grundsätzlich nicht als schlüssige Annahmeerklärung anzusehen
(Senat, Urteil vom 11. Juni 2010

V
ZR 85/09, NJW
2010, 2873, 2874
f. Rn.
14-16).
III.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil nicht feststeht, dass die An-gebotserklärung der Klägerin der [X.] Inhaltskontrolle unterliegt. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
14
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-
7
-
1. Die Ausführungen in dem Berufungsurteil zu §
310 Abs.
3 BGB sind lücken-
und rechtsfehlerhaft. Zur Begründung verweist der Senat wiederum

zur Vermeidung bloßer Wiederholungen

auf seine Entscheidung vom 7.
Juni 2013 (V
ZR 10/12, NJW
2013, 3434, 3436
Rn.
30, 31).
Gegenstand des dorti-gen Verfahrens war ein Berufungsurteil desselben Senats des [X.], der das in diesem Verfahren zu überprüfende Berufungsurteil erlassen hat. Die Begründungen zur Anwendung des § 310 Abs. 3 BGB stimmen in bei-den Berufungsurteilen wörtlich überein.
2. Das Berufungsgericht muss die notwendigen Feststellungen nachho-len und auf der Grundlage der Ausführungen des Senats unter vorstehend II.
4.

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-
8
-
über das Rückabwicklungsverlangen der Klägerin erneut sowie gegebenenfalls über den Feststellungsantrag
und über die Zahlungsanträge entscheiden.

Stresemann

Lemke

Schmidt-Räntsch

Brückner

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.03.2012 -
8 [X.]/11 -

O[X.], Entscheidung vom 11.09.2012 -
14 [X.] -

Meta

V ZR 229/12

22.11.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2013, Az. V ZR 229/12 (REWIS RS 2013, 864)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 864

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