Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2017, Az. 2 ARs 541/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 711

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[X.]:[X.]:BGH:2017:131217B2ARS541.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 541/17
2 AR 341/17

vom
13. Dezember
2017
in der
Gerichtsstandsbestimmungssache
gegen

wegen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung

Az.: 55 [X.]/17 [X.] [X.]
Az.: 164 [X.]/17 [X.] [X.]

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Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
am 13. Dezember
2017
beschlossen:

Zuständig für die Entscheidung über den Widerruf der mit Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 8. August 2014 bewillig-ten Strafaussetzung zur Bewährung ist das
[X.] [X.] -
Strafvollstreckungskammer.

Gründe:

I.
Das Amtsgericht [X.] hat mit Urteil vom 8. April 2014 ge-gen den Verurteilten wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbe-schädigung eine Freiheitsstrafe von neun Monaten
verhängt, deren Vollstre-ckung es zur Bewährung aussetzt
hat. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat
es die Bewährungszeit auf vier Jahre festgesetzt.

Am 20. September 2016 wurde der Angeklagte wegen neuer Straftaten in Untersuchungshaft genommen, die zunächst in der [X.], später in der [X.] vollzogen wurde. Am 29. Dezember 2016 ging beim Amtsgericht [X.] eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft [X.] ein, durch die die erste von mehreren neuen
Anklageschriften gegen den Verurteilten zum [X.] [X.] übermittelt 1
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wurde. Am 21. Juni 2017 verurteilte ihn das [X.] [X.] wegen ban-denmäßigen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge und wegen schweren Bandendiebstahls, jeweils in mehreren Fällen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten. Ferner ordnete das [X.] seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Von der
An-ordnung eines Vorwegvollzugs
sah das [X.] ab. Das Urteil ist seit dem 29. Juni 2017 rechtskräftig.
Nachdem das Amtsgericht [X.] am 15. August 2017 eine Urteilsabschrift erhalten hatte, übersandte es am 17. August 2017 die Akten der Staatsanwaltschaft mit der Bitte um Antragstellung hinsichtlich eines [X.].
Am 24. August 2017 wurde der Verurteilte zum Vollzug der Maßregel aus
der [X.] in die Psychiatrische Klinik [X.] verlegt, nachdem er sich zuvor in
der [X.] vom 29. Juni 2017 bis zum 23. August 2017 in [X.] in der [X.] befunden hatte. Mit Verfügung vom 24. August 2017, beim [X.] [X.] eingegangen am 29. August 2017, beantragte die Staatsanwaltschaft [X.] den [X.]. Nachdem die Strafvollstreckungskammer des [X.]s Göt-tingen mit Verfügung vom 31. August 2017 ihre Zuständigkeit verneint hatte, wiederholte die Staatsanwaltschaft [X.] ihren Antrag am 11. September 2017 gegenüber der Strafvollstreckungskammer des [X.]s [X.].
Mit Beschluss vom 13. Oktober 2017 hat sich die [X.] des [X.]s [X.] für örtlich unzuständig erklärt, weil eine Befassung im Sinne des § 462a Abs. 1 [X.] bereits dann vorliege, wenn [X.] aktenkundig seien, die eine Entscheidung notwendig machten. Dies sei am 15. August 2017 mit Eingang der [X.] beim Amtsgericht Oste-3
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rode am [X.] der Fall gewesen. Zu diesem [X.]punkt habe sich der Verurteilte noch in der [X.], also im Zuständigkeitsbereich des [X.]s [X.] befunden.
Die Strafvollstreckungskammer des [X.]s [X.] hält sich ebenfalls für unzuständig, weil sie erst mit Eingang des [X.] vom 29. August 2017 und damit nach
der Verlegung des Verurteilten nach [X.] konkret mit der Sache befasst gewesen sei. Sie hat die Sache mit Verfügung vom 21. November 2017 dem [X.] zur Bestimmung des zustän-digen Gerichts vorgelegt.

II.
1. Der [X.] ist entsprechend § 14 [X.] als gemeinschaft-liches oberes Gericht der [X.]e [X.] und [X.] für die Ge-richtsstandsbestimmung
zuständig.
2. Die nachträgliche Entscheidung über den Widerruf der Strafausset-zung zur Bewährung obliegt gemäß §§ 453, 462a
Abs. 1 Satz 1 und 2, § 463 Abs. 1 [X.] der Strafvollstreckungskammer des [X.]s [X.].
a) Die sachliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer
war seit dem 29. Juni 2017 begründet, weil an diesem Tag aufgrund der
Rechtskraft des Urteils des [X.]s [X.] vom 21.
Juni 2017 die in der [X.] vollzogene Untersuchungshaft in Strafhaft überging ([X.] Rspr.; vgl. Senat, Beschlüsse
vom 2. Dezember 1977

2 [X.], BGHSt 27, 302, 303; vom 28.
August 1991

2 [X.], [X.], 63, 65; vom 16.
Mai 2012

2
ARs 159/12, [X.], 652, 653; [X.]/[X.]; [X.],
60.
Aufl.,
§
462a Rn.
6; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 462a Rn. 3).
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Der sachlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer steht nicht entgegen, dass
gegen den Verurteilten ab Rechtskraft der [X.] bis zu seiner Verlegung in den Maßregelvollzug am 24. August 2017 Organisati-onshaft vollstreckt wurde
(Senat, Beschluss vom 28. Juli 2015

2 [X.], juris Rn. 4;
OLG [X.], Beschluss vom 19.
Februar 2009

3
Ws 44/09, [X.], 295, 296; [X.]/[X.],
7.
Aufl.,
[X.] §
462a Rn.
9; [X.]/

[X.]/[X.] §
462a Rn.
6; [X.] Strafvollzug Bund/[X.],
[X.] § 462a Rn. 3). Denn die [X.] ist zunächst schlichte Strafhaft (Pohlmann/
[X.],
Strafvollstreckungsordnung,
9. Aufl.,
2016 § 462a Rn. 17c). Bei der [X.], deren Dauer regelmäßig zunächst nicht feststeht,
handelt es sich auch
nicht
um eine kurzfristige
vorübergehende Aufnahme, die als
solche nicht zuständigkeitsbegründend wirken kann
(vgl. Senat, Beschluss vom 8. De-zember 2016

2 ARs 5/16, [X.], 86). Die anerkannten Beispiele einer kurzfristigen vorübergehenden Aufnahme wie etwa die
Verschubung, die
Wahr-nehmung eines Gerichtstermins oder eine ärztliche Untersuchung sind mit der typischerweise mehrere Wochen dauernden und hinsichtlich ihres Endes [X.] nicht fixierten [X.] nicht vergleichbar (OLG [X.], aaO, S.
296). Zudem
ist

für die vergleichbare Frage
der örtlichen Zuständigkeit

anerkannt, dass eine
geplante spätere Verlegung nach dem [X.] (vgl. Senat, Beschlüsse
vom 8. Dezember 2016

2 ARs 5/16, aaO; vom 28.

August 1991

2 [X.], [X.], 63, 65)
eine
bereits begründete [X.] der Strafvollstreckungskammer nicht beseitigt.
Die [X.] wurde in der [X.] in der [X.] vom 29. Juni 2017 bis zum 23. August 2017 und damit nicht nur vorüber-gehend vollstreckt.
b) Die Strafvollstreckungskammer des
[X.]s [X.] war auch örtlich zuständig.

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Die örtliche Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer für den [X.] einer Bewährung bestimmt sich gemäß § 462a Abs. 1 Satz 1 [X.] da-nach, in welchem
Bezirk die Anstalt liegt, in der sich der Verurteilte zu dem [X.]punkt befindet oder zuletzt befand,
zu dem eine erstmalige Befassung mit der konkreten Angelegenheit gegeben war (Senat, Beschlüsse
vom 21. Februar 2017

2 [X.], aaO; vom 21. Juli 2006

2 [X.], [X.], 94; [X.]/[X.],
7. Aufl.,
§ 462a Rn. 16). Eine mit der ersten Befassung [X.] örtliche Zuständigkeit wird durch später eingetretene Umstände nicht berührt (Senat, Beschlüsse vom 21. Februar 2017

2 [X.], aaO; vom
14.
August 1981

2 [X.], [X.], 189; [X.] aaO Rn. 21).
(a) Befasst im Sinne von §
462a Abs.
1 Satz
1 [X.] ist ein Gericht mit der Sache schon dann, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die den Widerruf der Strafaussetzung rechtfertigen können ([X.] Rspr.;
Senat, Beschlüsse
vom 15.
Oktober
1975

2
ARs 296/75, BGHSt 26, 214, 216;
vom 11.
Juli 2012

2
ARs 164/12, [X.], 358). Dies war spätestens mit Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung des [X.]s [X.]
am 29.
Dezember 2016 der Fall. Denn ab diesem [X.]punkt waren die den Widerruf begründenden Umstände dem [X.] [X.] und damit auch der dortigen Strafvoll-streckungskammer bekannt. Unerheblich ist dabei, dass die [X.] des [X.]s [X.] tatsächlich erst durch die Antrag-stellung der Staatsanwaltschaft am 29. August 2017 und damit nach der [X.] in die Psychiatrische Klinik [X.] von dem Sachver-halt erfahren hat.
(b) Darüber hinaus begründet auch die Befassung des für den [X.] ursprünglich zuständigen Amtsgerichts [X.]
noch vor dem 24. August 2017 die örtliche
Zuständigkeit der seit dem 29. Juni 2017
sachlich zuständigen Strafvollstreckungskammer des [X.]s [X.]. 13
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Insofern bewirkt nämlich die Befassung eines
Gerichts, das allgemein für die Entscheidung zuständig sein kann, die Zuständigkeit der [X.], in deren Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt
([X.] Rspr.; Senat, Be-schlüsse
vom 6.
Mai 1987

2
ARs 105/87, BGHR [X.] §
462a Abs.
1 [X.] 3; vom 26.
November 2003

2
ARs 382/03 bei [X.], [X.], 65, 69).

(c) Die Verlegung des Verurteilten in die Psychiatrische Klinik in Lüne-burg änderte an der Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landge-richts [X.] nichts. Ein Zuständigkeitswechsel von einer [X.]
zu einer anderen tritt nicht ein, solange
erstere
noch nicht ab-schließend über eine Frage befunden hat, mit der sie befasst war, bevor der Verurteilte in eine zum Bezirk der anderen Strafvollstreckungskammer gehö-renden Justizvollzugsanstalt aufgenommen wurde
([X.] Rspr.;
Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2016

2 ARs 5/16, [X.], 86). Eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung ist bisher jedoch nicht erfolgt.
[X.]

Eschelbach Bartel

Grube Schmidt
16

Meta

2 ARs 541/17

13.12.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2017, Az. 2 ARs 541/17 (REWIS RS 2017, 711)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 711

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