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Berufungsbegründung: Begründung durch Bezugnahme auf eine weder beglaubigte noch unterzeichnete Abschrift der Berufungsbegründungsschrift aus einem Parallelverfahren
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Kartellsenats des [X.] vom 20. Januar 2009 (11 U 28/08 [Kart]) aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien sind durch einen Vertrag vom 27. März/10. April 1997 miteinander verbunden. Die Beklagte hat sich in dem Vertrag verpflichtet, ausschließlich Alugehäuse der Klägerin zu vertreiben. Nachdem Streit über die Wirksamkeit des Vertrages entstanden war, hat die Klägerin beantragt festzustellen, dass der Vertrag nicht aus kartellrechtlichen Gründen unwirksam oder durch Kündigungen der [X.] beendet worden ist. Zugleich hat sie in einem Parallelrechtsstreit beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, andere als von der Klägerin gelieferte Alugehäuse zu vertreiben ([X.] - 11 U 44/08 [Kart]).
Beide Klagen haben in erster Instanz Erfolg gehabt. Die Beklagte hat jeweils Berufung eingelegt. In dem vorliegenden Verfahren hat sie zur Begründung der Berufung Bezug genommen auf die nicht unterschriebene und nicht beglaubigte Abschrift der [X.] aus dem Parallelverfahren.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der [X.] als unzulässig verworfen und einen von ihr gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen.
Dagegen wehrt sich die Beklagte mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision.
Da die Klägerin im Verhandlungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war, ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung beruht ([X.]Z 37, 79, 81).
Die Revision der [X.] ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen [X.]eils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen: Die Berufung sei unzulässig, weil sie nicht ordnungsgemäß begründet worden sei. Eine Berufung könne nur dann durch Bezugnahme auf einen Schriftsatz aus einem anderen Verfahren begründet werden, wenn die Abschrift dieses Schriftsatzes durch den Prozessbevollmächtigten des Berufungsführers beglaubigt sei. Daran fehle es hier. Soweit von diesem Erfordernis Ausnahmen zugelassen worden seien, habe das auf Umständen beruht, die hier nicht vorlägen. Auch das Wiedereinsetzungsgesuch sei zurückzuweisen, da die Prozessbevollmächtigten der [X.] damit hätten rechnen müssen, dass das Gericht eine unbeglaubigte Abschrift eines Schriftsatzes nicht als ordnungsgemäße Berufungsbegründung ansehe.
II. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Berufung der [X.] zu Unrecht als unzulässig verworfen.
Die Berufung ist durch den Schriftsatz vom 24. Juni 2008 und der diesem Schriftsatz als Anlage beigefügten Abschrift der [X.] aus dem Parallelverfahren - bei Gericht per Fax eingegangen an demselben Tag, dem letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist - rechtzeitig begründet worden.
1. Der Schriftsatz ist von Rechtsanwältin [X.] unterzeichnet. Er enthält die [X.] und eine Bezugnahme auf die beigefügte Abschrift der [X.] aus dem Parallelverfahren. Weiter heißt es in dem Schriftsatz, dass "die dort enthaltenen Ausführungen und Beweisantritte" zum Gegenstand der Berufungsbegründung "im hiesigen Verfahren" gemacht würden. Dass die Abschrift weder von einem Prozessbevollmächtigen der [X.] unterschrieben ist noch einen unterschriebenen Beglaubigungsvermerk aufweist, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unschädlich.
Grundsätzlich kann die Berufung allerdings nur mit einem von dem Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Schriftsatz begründet werden. Der Prozessbevollmächtigte bringt mit seiner Unterschrift zum Ausdruck, dass es sich bei dem Schriftsatz nicht nur um einen Entwurf, sondern um die von ihm willentlich in Verkehr gebrachte Urschrift der Berufungsbegründung handelt und dass er die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernimmt ([X.], [X.], 340, 348 f.; [X.], [X.], 160, 162; [X.]Z 37, 156; [X.], [X.]. v. 10.5.2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2087; [X.]. v. 14.2.2006 - [X.], [X.], 1521 [X.]. 6). Es gibt aber Ausnahmen von diesem Grundsatz. Sie beruhen auf dem Anspruch der Prozessbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Danach darf der Zugang zu der nach der Prozessordnung vorgesehenen Rechtsmittelinstanz nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden ([X.] NJW 1987, 2067). Demgemäß ist das Fehlen einer Unterschrift unschädlich, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen ([X.], [X.]. v. 14.2.2006, aaO). Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des [X.] erfüllt, wenn eine nicht unterschriebene Berufungsbegründung als eine fest mit einem unterschriebenen Anschreiben verbundene Anlage eingereicht wird ([X.]Z 97, 251, 254; ebenso GrS [X.], 278; vgl. auch [X.]E 15, 288).
Danach genügen der eingereichte Schriftsatz und die nicht unterzeichnete Abschrift der [X.] des Parallelverfahrens den gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründung. In dem von Rechtsanwältin [X.] unterschriebenen Schriftsatz wird zur Begründung der Berufung auf den Inhalt der beigefügten Abschrift Bezug genommen. Ob darüber hinaus auch noch eine Verbindung der beiden Schreiben zu verlangen ist (anders [X.], [X.]. v. 9.9.2004 - I ZR 269/01, juris), kann offen bleiben. Die Verbindung beider Schriftstücke wird hier jedenfalls durch die fortlaufende Seitennummerierung der [X.] dokumentiert. Bei dieser Sachlage konnte kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass Rechtsanwältin [X.] die volle Verantwortung für die Ausführungen in der beigefügten Abschrift übernehmen wollte. Die Abschrift reichte auch inhaltlich aus, um die Berufung in dem vorliegenden Verfahren zu begründen. Die Wirksamkeit des [X.] war nämlich Voraussetzung für die Begründetheit der parallelen Unterlassungsklage.
2. Ohne Bedeutung ist schließlich auch der Umstand, dass Rechtsanwältin [X.] den Schriftsatz vom 24. Juni 2008 mit dem Zusatz "für den nach Diktat urlaubsabwesenden Kollegen M." unterschrieben hat.
Rechtsanwältin [X.] ist - nach dem Briefkopf des Schriftsatzes - Mitglied der von der [X.] bevollmächtigten [X.]. Aufgrund dieser Prozessvollmacht konnte Rechtsanwältin [X.] gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.] die Beklagte vertreten (vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 78 Rn. 6).
Dass sie den Schriftsatz ausweislich des ihrer Unterschrift beigefügten Zusatzes nicht selbst verfasst hat, ist ohne Bedeutung. Der Prozessbevollmächtigte muss die Berufungsbegründung nicht selbst fertigen. Es reicht aus, wenn er sie selbständig prüft und aufgrund der Prüfung die volle Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt. Um das zu dokumentieren, genügt regelmäßig seine Unterschrift ([X.], [X.]. v. 29.10.1997 - [X.], NJW-RR 1998, 574, 575; [X.]. v. 23.6.2005 - [X.], NJW 2005, 2709). Umstände, aus denen sich entnehmen ließe, dass Rechtsanwältin [X.] den Schriftsatz ohne die erforderliche inhaltliche Prüfung auch der Anlage unterschrieben hat oder dass sie sich von dem Inhalt distanzieren wollte, sind nicht ersichtlich.
[X.] Raum Strohn
[X.] [X.]
Meta
20.07.2010
Bundesgerichtshof Kartellsenat
Versäumnisurteil
Sachgebiet: False
vorgehend OLG Frankfurt, 20. Januar 2009, Az: 11 U 28/08 (Kart), Urteil
§ 520 Abs 3 ZPO, § 520 Abs 5 ZPO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 20.07.2010, Az. KZR 9/09 (REWIS RS 2010, 4660)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 4660
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
V ZB 161/14 (Bundesgerichtshof)
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IV ZB 9/11 (Bundesgerichtshof)
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