Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. XII ZB 213/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 3753

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:181017BXIIZB213.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]
vom
18. Oktober 2017
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 7, 274, 303 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4
a)
Allein die Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung bewirkt noch keine Beteiligung im Sinne der §§
7, 274, 303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG.
b)
Kann der im erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligte Angehörige gemäß §
303 Abs.
4 FamFG

hier als Bevollmächtigter

Beschwerde im Namen des Betroffenen einlegen, besteht keine Notwendigkeit für ein darüber hin-ausgehendes Beschwerderecht.
[X.], Beschluss vom 18. Oktober 2017 -
XII [X.] -
LG [X.] I

AG [X.]

-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 18.
Oktober 2017
durch [X.] und [X.]
Dr.
[X.], Schilling, Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu
1
wird der Beschluss der 13.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
I vom 15.
März 2016 aufgehoben.
Die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu
4
gegen den Be-schluss des Amtsgerichts [X.] vom 26.
Mai 2014 wird [X.].
Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtskostenfrei. [X.] Kosten werden nicht erstattet.
Wert:
5.000

Gründe:
I.
Die
ehemalige Betreuerin der Betroffenen wendet
sich dagegen, dass das [X.] auf die Beschwerde des Beteiligten zu
4
die vom Amtsgericht angeordnete Betreuung
eingeschränkt und die Person des Betreuers
ausge-tauscht hat.
[X.] erteilte die 1932 geborene Betroffene
dem
Beteiligten zu
4, ihrem
Ehemann,
eine notarielle Vorsorgevollmacht.
2013 ordnete das Amtsge-1
2
-
3
-
richt eine Betreuung an mit dem Aufgabenkreis Entgegennahme eines [X.] durch den Ehemann.
Nach einer entsprechenden Anregung der
Berufsbetreuerin, der Beteilig-ten
zu
1, hat das Amtsgericht die Betreuung erweitert. Auf die Beschwerde des Ehemanns hat das [X.] den
Aufgabenkreis eingeschränkt und einen anderen Betreuer bestellt. Hiergegen wendet
sich die Beteiligte zu
1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu
1 ist zulässig und begründet. Sie führt
zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Verwerfung der Beschwerde des Beteiligten zu
4.
1. Die Beteiligte zu
1 konnte im eigenen Namen Rechtsbeschwerde ein-legen. Dem Betreuer steht gegen seine Entlassung bei fortbestehender Betreu-ung eine
Beschwerdeberechtigung gemäß §
59 Abs.
1 FamFG zu, weil er hier-durch in seinen Rechten beeinträchtigt ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 25.
März 2015

XII
ZB
621/14

FamRZ 2015, 1178
Rn.
20 mwN).
2. Die Rechtsbeschwerde
rügt zu Recht, dass die von dem anwaltlich vertretenen Ehemann der Betroffenen
ausdrücklich im eigenen Namen einge-legte Beschwerde unzulässig war.
a) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht allerdings gemäß §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG im Interesse des Betroffenen dessen Ehegatten
zu, wenn die Ehegatten nicht dauernd ge-trennt leben
und dieser im ersten Rechtszug beteiligt worden ist.
3
4
5
6
7
-
4
-
Für die Beschwerdebefugnis nach §
303 Abs.
2 FamFG kommt es hier somit entscheidend darauf an, ob der
Beschwerdeführer tatsächlich im ersten Rechtszug beteiligt worden ist. Dabei kann die Hinzuziehung eines Beteiligten auch konkludent erfolgen, etwa durch das Übersenden von Schriftstücken oder die Ladung zu Terminen. Die Nichterwähnung im [X.] stünde einer tatsächlichen Hinzuziehung zum Verfahren im Sinne des §
7 FamFG nicht entgegen ([X.]sbeschluss vom 20.
November 2014

XII
ZB
86/14

FamRZ 2015, 572 Rn.
8 mwN).
Hat die erstinstanzliche Entscheidung

wie hier

eine Erweiterung der Betreuung zum Gegenstand, ist für die Frage der Beteiligung nicht auf das [X.] über die erstmalige Betreuerbestellung abzustellen. Denn die Beschwer-deberechtigung naher Angehöriger nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG setzt
voraus, dass die Verfahrensbeteiligung gerade in dem Verfahren erfolgt ist, dessen abschließende Sachentscheidung angegriffen werden soll. Die Ent-scheidung über die Erweiterung einer bereits bestehenden Betreuung betrifft jedoch einen anderen Verfahrensgegenstand als die Entscheidung über die erstmalige Betreuerbestellung. Nach §
293 Abs.
1 FamFG gelten für die Erwei-terung des [X.] die Vorschriften über die Anordnung der Maßnahme entsprechend. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass die Erwei-terung des [X.] einen besonderen Verfahrensgegenstand bildet, über den das Betreuungsgericht in einem gesonderten Verfahren entscheiden muss, für das grundsätzlich alle für die Erstbestellung
eines Betreuers gelten-den Verfahrensvorschriften einzuhalten sind, soweit nicht die in §
293 Abs.
2 FamFG genannten [X.] eingreifen. Daher ist in einem neuen Verfahren zur Erweiterung des [X.] gemäß §
274 Abs.
4 Nr.
1 FamFG
auch erneut über die Verfahrensbeteiligung naher Angehöriger zu entscheiden ([X.]sbeschluss vom 4.
März 2015

XII
ZB
396/14

FamRZ 2015, 843
Rn.
9 mwN).
8
9
-
5
-
b) Gemessen hieran fehlt es an einem Beschwerderecht des Ehemanns
aus §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG.
aa) Zwar ist der Ehemann im Verfahren über die Erstbestellung eines Betreuers beteiligt worden, nicht aber in dem hier gegenständlichen Verfahren über die Erweiterung der Betreuung. Soweit aus den Akten ersichtlich,
ist ihm in diesem Verfahren lediglich
die Endentscheidung des [X.] worden. Eine bloße Bekanntgabe der die Instanz abschließenden Ent-scheidung genügt hingegen für eine Beteiligung i.S.d. §§
7, 274, 303 Abs.
2 FamFG nicht ([X.], 60, 61; [X.]/[X.] FamFG 19.
Aufl. §
303 Rn.
27; offengelassen im
[X.]sbeschluss vom 4.
März 2015

XII
ZB
396/14

FamRZ 2015, 843 Rn.
9). Dies ergibt sich bereits aus dem Begriff der Beteiligung. Eine Beteiligung setzt die Möglichkeit voraus, dass die "beteiligte"
Person

in welcher Art und Weise auch immer

auf das Verfahren Einfluss nehmen kann. Handelt es sich

wie hier

bloß um die Bekanntgabe der die Instanz abschließenden Entscheidung, ist eine solche Beteiligung in derselben Instanz nicht mehr möglich.
bb) Ob eine Beteiligung des Ehemanns im Abhilfeverfahren infolge sei-ner Beschwerde erfolgt ist, kann dahinstehen. Denn eine nachträgliche Erlan-gung der Beschwerdebefugnis durch Hinzuziehung von Angehörigen nach [X.] des ersten Rechtszugs

sei es in einem Zwischenverfahren, sei es im Rahmen des [X.]

kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach dem Wortlaut des §
303 Abs.
2 FamFG kommt es auf die tatsächliche Beteiligung der Angehörigen im ersten Rechtszug an. Dieser endet jedoch mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses durch das Amtsgericht. Das sich auf eine Be-schwerde anschließende Abhilfeverfahren nach §
68 Abs.
1 Satz
1 FamFG ge-hört nicht mehr zum ersten Rechtszug, sondern schließt an diesen an. Bereits aus der systematischen Stellung des §
68 Abs.
1 FamFG ergibt sich, dass das 10
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-
6
-
Abhilfeverfahren zum Gang des Beschwerdeverfahrens gehört ([X.]sbe-schluss vom 20.
November 2014

XII
ZB
86/14

FamRZ 2015, 572 Rn.
11 mwN).
cc) Schließlich
kann sich der Ehemann auch nicht auf eine Beteiligung in seiner Funktion als Bevollmächtigter und damit als Mussbeteiligter gemäß §
274 Abs.
1 Nr.
3 FamFG berufen (vgl. dazu [X.]sbeschluss vom 25.
Januar 2017

XII
ZB
438/16

FamRZ 2017, 552
Rn.
10 mwN), weil auch eine solche nicht erfolgt ist.
c) Die Frage, ob einem nicht beteiligten Angehörigen in Fällen der vorlie-genden Art aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Beschwerderecht einge-räumt werden kann bzw. muss (vgl. LG Verden
BtPrax 2010, 242; [X.], 1371,
1372; [X.], 60, 61; [X.] in Prütting/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
303 Rn.
20
ff.; Guckes in [X.] Praxis-kommentar Betreuungs-
und Unterbringungsverfahren 3.
Aufl. §
304 FamFG Rn.
13; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
303 Rn.
9; Bahren-fuss/[X.] FamFG 3.
Aufl.
§
303 Rn.
9; [X.]/Weinreich/Rausch FamFG 5.
Aufl. §
303 Rn.
9; [X.]/[X.] FamFG 19.
Aufl. §
303 Rn.
28),
braucht der [X.] hier nicht zu beantworten. Denn der Ehemann hätte als [X.] auch ohne Beteiligung am Verfahren gemäß §
303 Abs.
4
FamFG im Namen der Betroffenen
Beschwerde einlegen können. Eine [X.], dem Angehörigen ein darüber
hinausgehendes Beschwerderecht einzuräumen, besteht nicht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er diese Beschwerde nur im Namen der Betroffenen
einlegen kann. Denn das Be-schwerderecht der Angehörigen nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG besteht schließlich ohnehin nur im Interesse der Betroffenen.

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-
7
-
3. Gemäß §
74 Abs.
5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuhe-ben. Der [X.] kann in der Sache abschließend entscheiden, weil die Be-schwerde unzulässig ist und daher keine weiteren Feststellungen mehr zu tref-fen sind.
4. Im Hinblick auf die Ausführungen des [X.]s zur Begründung der Beschwerde wird das Amtsgericht von Amts wegen zu prüfen
haben, ob ein [X.] geboten ist und der Umfang der Betreuung eingeschränkt werden muss (vgl.
[X.]sbeschluss [X.]Z 211, 67 = [X.], 1671 Rn.
32 mwN).
Dose
[X.]
Schilling

Nedden-Boeger
Guhling
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung
vom 26.05.2014 -
705 [X.] 4608/11 -

LG [X.] I, Entscheidung vom 15.03.2016 -
13 [X.] -

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16

Meta

XII ZB 213/16

18.10.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. XII ZB 213/16 (REWIS RS 2017, 3753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3753

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13 T 4145/19 (LG Nürnberg-Fürth)

Beschwerdebefugnis des Betreuers


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XII ZB 213/16

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