Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2004, Az. RiSt (R) 1/02

Dienstgericht des Bundes | REWIS RS 2004, 2845

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[X.]IM NAMEN [X.]ES VOLKES U[X.]TEIL [X.]([X.]) 1/02 vom 9. Juni 2004 in dem [X.]isziplinarverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

L[X.]iG NW § 4, [X.] §§ 57 Satz 3, 83 Abs. 1

a) Ein [X.], der einen Beihilfebetrug begeht, ist aus dem [X.]ienst zu entfernen, wenn das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist oder neben der Betrugshand-lung eine weitere Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigengewicht vor-liegt und durchgreifende Milderungsgründe fehlen.
b) Als Milderungsgründe kommen nicht nur die in der [X.]echtsprechung des [X.]-verwaltungsgerichts bei der disziplinarischen Ahndung von Eigentumsdelikten zum Nachteil des [X.]ienstherrn "anerkannten" Milderungsgründe, sondern auch andere Gründe in Betracht.
[X.], [X.] des [X.], Urt. v. 9. Juni 2004 - [X.]([X.]) 1/02 - [X.]shof Hamm [X.] [X.] - 2 - des [X.]

Kläger und [X.]evisionsbeklagter,

gegen

den [X.]

Beklagter und [X.]evisionskläger,

- [X.]:

1. [X.]echtsanwalt 2. [X.]echtsanwalt

- 3 - [X.]er [X.]gerichtshof - [X.] des [X.] - hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2004 durch den Vorsitzenden [X.] am [X.]ge-richtshof No[X.]e, den [X.] am [X.]gerichtshof [X.], die [X.]ichte-rin am [X.]gerichtshof [X.] und die [X.] am [X.]gerichts-hof Prof. [X.]r. [X.] und [X.] für [X.]echt erkannt: [X.]ie [X.]evision gegen das Urteil des [X.]shofs für [X.] bei dem [X.] vom 4. Oktober 2002 wird auf Kosten des [X.]evisionsklägers zurückgewiesen. Von [X.]echts wegen - 4 - Tatbestand:
1. [X.]er [X.]evisionskläger ist [X.] am [X.]

. Er ist durch das Urteil des [X.] vom 28. Januar 1998 wegen [X.] in drei Fällen und wegen versuchten Betrugs zu einer Gesamtfreiheits-strafe von acht Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Anschluß an diese Verurteilung ist ihm mit der am 19. Januar 1999 beim [X.] eingegangenen Anschuldigungsschrift zur Last gelegt worden, als [X.] auf Lebenszeit ein [X.]ienstvergehen begangen zu haben, a) indem er mit [X.] vom 16. Oktober bzw. 26. November 1996 fingierte [X.]echnungen des Arztes [X.]. über 14.343,11 [X.]M bzw. 15.691,40 [X.]M bei der Beihilfestelle des [X.]eingereicht und so die Auszahlung von insgesamt 10.208,69 [X.]M erreicht habe, ferner, in-dem er diese fingierten [X.]echnungen im November 1996 bzw. im März 1997 seiner privaten Krankenkasse zwecks Erstattung vorgelegt habe, die jedoch nur auf die erste [X.]echnung 6.330,35 [X.]M gezahlt habe;
b) indem er im [X.] 1996 mit [X.]. bzw. dessen Mitarbeiter [X.]verabredet habe, daß [X.]. ihn bei der [X.]urchsetzung seines beim Versorgungsamt [X.] gestellten Antrags auf Erhöhung des Grades der Behinderung durch Gefälligkeitsbescheinigungen unterstützen sollte, wobei das hierfür verlangte Honorar von etwa 30.000 [X.]M durch die [X.] aus den fingierten Arztrechnungen aufgebracht werden sollte. 2. [X.]as [X.] für [X.] bei dem Landgericht [X.] hat mit Beschluß vom 15. [X.]ezember 1997 das förmliche [X.]isziplinarverfahren gegen - 5 - den [X.]evisionskläger eingeleitet, seine vorläufige [X.]ienstenthebung angeordnet und am 30. Januar 1998 die Einbehaltung von 50 % seiner [X.]ienstbezüge be-schlossen. [X.]urch Urteil vom 4. April 2000 hat es den [X.]evisionskläger eines [X.]ienstvergehens schuldig gesprochen und auf Entfernung aus dem [X.]ienst er-kannt; einen Unterhaltsbeitrag hat es ihm nicht bewilligt. Mit Urteil vom [X.] hat der [X.]shof für [X.] bei dem [X.] die Berufung zurückgewiesen. Er hat im wesentlichen folgende Feststel-lungen getroffen:
[X.]er am geborene, kinderlos verheiratete [X.]evisions- kläger, der bisher disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, trat im Jahre 1980 als [X.] in den Justizdienst des [X.] Nordrhein-Westfalen ein. Am 14. Oktober 1983 wurde er zum [X.] auf Lebenszeit unter Übertra-gung des Amtes eines [X.]s am Amtsgericht bei dem [X.]er- nannt, wo er bis zu seiner vorläufigen [X.]ienstenthebung im [X.]ezember 1997 un-ter anderem in Strafsachen tätig war. Seine Fähigkeiten und Leistungen [X.] in den dienstlichen Beurteilungen mit "überdurchschnittlich" beurteilt, zu-letzt im Mai 1997.
Am 11. August 1990 erlitt der [X.]evisionskläger bei einem Unfall beim Gleitschirmfliegen einen Oberschenkeltrümmerbruch sowie eine [X.]uptur des vorderen Kreuzbandes am linken Bein. Auf Grund der Unfallfolgen - einer [X.] Schublade im Bereich des linken Knies, ständiger Schmerzen und einer Verkürzung des linken Beins mit der Folge eines leichten Hinkens - stellte das Versorgungsamt durch Bescheid vom 9. August 1991 einen Grad der [X.] von 50 fest, womit eine Anerkennung als Schwerbehinderter [X.] war. Mit Bescheid vom 8. Juli 1994 setzte das Versorgungsamt den - 6 - Grad der Behinderung auf 30 herab. [X.] hob es ihn auf den Wider-spruch des [X.]evisionsklägers auf 40, nicht jedoch - wie beantragt - auf 50 an. Mitte 1996 sah sich der [X.]evisionskläger besonderen familiären Bela-stungen ausgesetzt. [X.]er Gesundheitszustand seines Onkels, um den sich der [X.]evisionskläger kümmerte, verschlechterte sich erheblich. Seine damalige [X.] und jetzige Ehefrau war an ihrem Arbeitsplatz "Mo[X.]ing" ausge-setzt und deshalb bis Ende 1996 arbeitsunfähig erkrankt. Außerdem fühlte sich der [X.]evisionskläger, der 1993 vergeblich darum gebeten hatte, in seinem [X.] entlastet zu werden, dienstlich erheblich überlastet. In dieser Situation wollte er wieder die Anerkennung als Schwerbehinderter erlangen, weil er hoff-te, dadurch eine Verminderung seiner Arbeitsbelastung erreichen zu können. Auf Vermittlung einer Bekannten nahm er Kontakt zu dem Arzt [X.]. und dessen "Praxismanager" [X.]auf. Im August 1996 traf er sich zweimal mit [X.], im September oder Oktober 1996 einmal mit [X.]. . [X.]abei wurde vereinbart, daß [X.]. fingierte [X.]echnungen über, bis auf das Jahr 1994 zurückdatierte, tatsächlich nicht erfolgte Behandlungen erstellen sollte, um dadurch gegenüber dem Versorgungsamt [X.] einen objektiv unrich-tigen Behandlungsverlauf darzustellen und die angestrebte Erhöhung des [X.] auf 50 zu fördern. Als Gegenleistung sollte der [X.]evisi-onskläger die von der Beihilfestelle und der privaten Krankenversicherung zu erwartenden Erstattungen, die etwa 20.000 [X.]M betragen sollten, an [X.]. weiterleiten. Nach dem Treffen mit [X.]machte der [X.]evisionskläger Ende August 1996 gegenüber dem Versorgungsamt [X.] eine Verschlechterung [X.] Gesundheitszustands mit dem Ziel der erneuten Anerkennung einer Schwerbehinderung geltend und bat, sich an seinen "Hausarzt" [X.]. zu wenden, den er zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen hatte. - 7 - [X.]ie fingierten [X.]echnungen vom 4. Oktober 1996 über 14.343,11 [X.]M und vom 9. Oktober 1996 über 15.691,40 [X.]M reichte der [X.]evisionskläger am 16. Oktober bzw. 26. November 1996 bei der Beihilfestelle sowie im November 1996 bzw. im März 1997 bei seiner privaten Krankenversicherung ein. Er er-hielt daraufhin von der Beihilfestelle 5.575,12 [X.]M und 4.633,56 [X.]M ausge-zahlt, von der Krankenversicherung auf die erste [X.]echnung 6.330,35 [X.]M. [X.] er die Versicherung im Juni 1997 "mit Verwunderung über die lange Be-arbeitungszeit" zur Zahlung aufforderte, leistete diese auf die zweite [X.]echnung nicht. [X.]ie erlangten Beträge leitete der [X.]evisionskläger, unter Einbehalt von 2.000 [X.]M, die er am 27. August 1996 als Vorschuß an [X.]

gezahlt hatte, ver-einbarungs- gemäß an [X.]. bzw. [X.]weiter. Inzwischen hat er die betrügerisch erlangten Geldbeträge den Geschädigten zurückerstattet. Sein Antrag auf [X.] als Schwerbehinderter wurde im November 1997, als das Ermitt-lungsverfahren bereits anhängig war, abschlägig beschieden. [X.]er [X.]evisionskläger, der 1996/1997 Nettodienstbezüge von etwa 6.500 [X.]M monatlich hatte, verfügt über Immobilienbesitz und Kapitalvermögen, aus denen er 1996/1997 Zinseinkünfte und Mieteinnahmen von etwa 2.500 [X.]M monatlich erzielte. Einen Teil der Immobilien hat er inzwischen verkauft. Seine Ehefrau ist berufstätig und hat ein eigenes Einkommen.
3. Mit der vom [X.]shof gemäß § 53 L[X.]iG i.V. mit § 79 Abs. 3, § 81 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.][X.]iG zugelassenen [X.]evision rügt der [X.]evisionskläger die Verletzung formellen und materiellen [X.]echts. Er begehrt die Verhängung einer milderen [X.]isziplinarmaßnahme und beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. - 8 - Zur Begründung führt er aus, daß formelles [X.]echt insofern verletzt sei, als das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO i.V. mit § 25 Satz 1 [X.]O NW, § 47 Abs. 1 L[X.]iG einen Beweisantrag auf Verneh-mung von drei bereits vor dem [X.] vernommenen Zeugen abgelehnt habe, durch deren erneute Vernehmung bewiesen werden sollte, daß der [X.] "mit der Beauftragung von [X.].

keine Gefälligkeitsbe-scheini- gung beabsichtigt hatte." Ferner habe der [X.]shof die ihm gemäß § 244 Abs. 2 StPO i.V. mit § 25 Satz 1 [X.]O NW, § 47 Abs. 1 L[X.]iG obliegende Aufklärungspflicht verletzt, weil er diese Zeugen nicht vernommen habe. Schließlich rügt er, daß die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Be-messung der [X.]isziplinarmaßnahme, insbesondere zur Bewertung von [X.], rechtsfehlerhaft seien und den Grundsatz der [X.], Art. 20 Abs. 3 GG, verletzten. Außerdem beanstandet er die Versagung eines Unterhaltsbeitrages.
[X.]er Vertreter der obersten [X.]ienstbehörde beantragt, die [X.]evision [X.]. Zur Begründung führt er aus: [X.]ie Verfahrensrügen seien unzu-lässig, weil sie den gesetzlichen Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO nicht entsprächen, jedenfalls aber unbegründet. [X.]ie Bemessung der [X.]isziplinar-maßnahme durch den [X.]shof sei ohne Verstoß gegen revisibles [X.]echt erfolgt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze des [X.]evisionsklägers vom 12. [X.]ezember 2002, 14. Mai 2003 und 2. Juni 2004 nebst Anlage sowie auf den Schriftsatz des Vertreters der obersten [X.]ienstbe-hörde vom 11. März 2003 Bezug genommen. - 9 - - 10 - Entscheidungsgründe: [X.]ie [X.]evision hat keinen Erfolg, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer [X.]echtsnorm beruht (§ 82 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit § 80 Abs. 3 [X.][X.]iG). 1. [X.]ie Verfahrensrügen dringen in der Sache nicht durch. Es kann [X.] dahingestellt bleiben, ob die Anforderungen an die [X.]arlegung von Verfah-rensrügen gewahrt sind. a) [X.]ie Ablehnung des in der Hauptverhandlung gestellten [X.] durch den [X.]shof ist rechtlich nicht zu beanstanden. [X.]er [X.] des [X.]evisionsklägers hatte die Vernehmung der Zeugen [X.]. , [X.]und [X.]zum Beweis der Tatsache beantragt, daß der [X.]evisionskläger mit der Beauftragung von [X.]. keine Gefälligkeitsbescheinigung beabsich- tigt habe. [X.]er [X.]shof hat diesen Antrag ausweislich der Sitzungs-niederschrift mit der Begründung abgelehnt, daß die Vernehmung der benann-ten Zeugen nicht erforderlich sei, da diese bereits in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren, nämlich vor dem [X.], vernommen [X.] und ihre Aussagen gemäß §§ 87 Abs. 2, 74 Abs. 2, 21 Abs. 1 Satz 2 [X.]O NW auch ohne nochmalige Vernehmung zu verwerten seien. [X.]ies läßt einen [X.]echtsfehler nicht erkennen. Soweit der [X.]evisionskläger meint, die Ablehnung des Beweisantrags verstoße gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO i.V. mit § 25 Satz 1 [X.]O NW, § 47 Abs. 1 L[X.]iG, verkennt er, daß § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO hier keine Anwendung findet. Nach § 25 Satz 1 [X.]O NW sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung - 11 - ergänzend heranzuziehen, soweit nicht die Eigenart des [X.]isziplinarverfahrens entgegensteht. Für eine ergänzende Anwendung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ist deswegen kein [X.]aum, weil die Behandlung von Beweisanträgen in der [X.] abschließend geregelt ist. Nach § 67 Satz 1 [X.]O NW kann in erster Instanz zwar ein Antrag auf nochmalige Vernehmung von Zeugen ge-stellt werden, der nur unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1-3 [X.]O NW, der inhaltlich § 244 Abs. 3 StPO nachgebildet ist, abgelehnt werden darf. § 87 Abs. 2 Satz 3 [X.]O NW bestimmt aber, daß §§ 67 und 73 Abs. 3 Satz 1 [X.]O NW im Berufungsverfahren keine Anwendung finden. [X.]ies bedeutet, daß das vom [X.]evisionskläger reklamierte [X.] nicht bestand (vgl. [X.], [X.]isziplinarrecht, § 87 [X.]O NW [X.]dn. 1 a), der [X.] seinen Beweisantrag ablehnen und die Aussagen der vor dem [X.] vernommenen Zeugen gemäß §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 21 Abs. 1 Satz 2 [X.]O NW, 47 Abs. 1 L[X.]iG ohne nochmalige Vernehmung verwerten [X.] b) [X.]as Berufungsgericht hat dabei entgegen der Ansicht der [X.]evision auch nicht gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht aus § 244 Abs. 2 StPO i.V. mit § 25 Satz 1 [X.]O NW, § 47 Abs. 1 L[X.]iG verstoßen, da sich ihm ange-sichts der eindeutigen Beweislage eine nochmalige Vernehmung der Zeugen nicht aufdrängen mußte. Es hat seine Feststellung, der [X.]evisionskläger habe mit [X.]. und [X.]vereinbart, daß mit den fingierten [X.]echnungen über rückdatierte, tatsächlich nicht erfolgte Behandlungen auch ein objektiv unrichtiger Behandlungsverlauf gegenüber dem Versorgungsamt [X.] darge-stellt werden sollte, um damit die von ihm angestrebte Erhöhung des Grades der Behinderung auf 50 zu fördern, nicht nur auf die entsprechenden Aussagen von [X.]. und [X.]vor dem [X.] gestützt, sondern in - 12 - erster Linie auf frühere Angaben des [X.]evisionsklägers. [X.]ieser hatte, wie er in der Berufungsverhandlung eingeräumt hat, gegenüber den von ihm beauftrag-ten [X.] und [X.]. erklärt, daß die [X.]echnungen für nie erfolgte Behandlungen auch dem Nachweis eines längeren [X.] in der Versorgungsangelegenheit dienen sollten. Für eine solche Absicht, d.h. die Anerkennung als Schwerbehinderter durch Täuschung zu erlangen, spricht im übrigen auch die Urteilsfeststellung, daß der [X.]evisionskläger bereits Ende August 1996 dem Versorgungsamt [X.]. als seinen "Hausarzt" und Auskunftsperson zur Frage der Verschlechterung seines Gesundheitszu-stands benannt hat, obwohl er zu diesem damals noch keinen persönlichen Kontakt hatte. 2. [X.]ie Festsetzung der [X.]isziplinarmaßnahme durch den [X.]s-hof ist entgegen der Ansicht der [X.]evision ohne Verstoß gegen revisibles [X.]echt erfolgt, insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht verletzt. a) Wenn das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit in die Amtsführung des [X.]s unheilbar zerstört ist, kommt als [X.]isziplinarmaß-nahme nur die Entfernung aus dem [X.]ienst in Betracht (vgl. [X.], Urteil vom 10. August 2001 - [X.] ([X.]) 1/00, NJW 2002, 834, 837; vgl. zum [X.] im Falle der Entfernung eines Beamten aus dem [X.]ienst auch [X.], Urteil vom 10. Oktober 2000 - 1 [X.], [X.] 235 § 82 [X.] Nr. 6). [X.]er [X.]shof hat festgestellt, daß der [X.]evisionskläger durch das [X.]ienstvergehen sowohl das Vertrauen des [X.]ienstherrn als auch das der Allgemeinheit in seine Amtsführung endgültig verloren hat. - 13 - [X.]ies ist aus [X.]echtsgründen nicht zu beanstanden. Ein [X.], der sei-nen [X.]ienstherrn in betrügerischer Weise erheblich schädigt, belastet das be-stehende Vertrauensverhältnis in aller [X.]egel derart nachhaltig, daß es nahe-liegt, ihn aus dem [X.]ienst zu entfernen. Ob dies letztlich erforderlich ist, hängt allerdings, wie der [X.]shof nicht verkannt hat, von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab ([X.]E 53, 75, 77; 93, 365, 367). Nach [X.] [X.]echtsprechung des [X.]verwaltungsgerichts, der sich das [X.]ienstge-richt des [X.] anschließt, ist dabei eine Entfernung aus dem [X.]ienst erfor-derlich, wenn entweder das Eigengewicht der Tat selbst besonders hoch ist (z. B. besondere kriminelle Tatintensität, Umfang und [X.]auer der betrügerischen Machenschaften, erhebliche eigennützige Motive) oder neben der Betrugs-handlung eine weitere Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigenge-wicht vorliegt und durchgreifende Milderungsgründe im Einzelfall fehlen ([X.]E 93, 365, 368; [X.], Urteile vom 11. November 1998 - 1 [X.], vom 28. November 2000 - 1 [X.] 56.99 - [X.] 232 § 54 Satz 2 [X.] Nr. 23 und vom 26. September 2001 - 1 [X.] 32.00 - [X.] 232 § 77 [X.] Nr. 18 = [X.]Ö[X.] 2002, 277 = NVerwZ-[X.][X.] 2002, 285). b) Entgegen der [X.]üge der [X.]evision hat der [X.]shof ein [X.] hohes Eigengewicht des Betruges ausdrücklich festgestellt, da mehre-re der genannten Erschwerungsgründe gegeben sind, und zur Begründung darauf verwiesen, daß mehrere Betrugsfälle mit einem Schaden von mehr als 10.000 [X.]M vorliegen und der als [X.] in herausgehobener Position tätige [X.]evisionskläger sein eigennütziges Ziel über mehrere Monate hinweg mit er-heblicher krimineller Energie planvoll verfolgt hat. Soweit sich der [X.]evisions-kläger demgegenüber bemüht, das besonders hohe Eigengewicht seines [X.]ienstvergehens durch Vergleich mit einem Beihilfebetrug eines Beamten zu - 14 - relativieren, der Gegenstand des Urteils des [X.]verwaltungsgerichts vom 26. September 2001 - 1 [X.] 32.00 ([X.]O) war, versucht er lediglich revisions-rechtlich unbehelflich, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch seine eigene zu ersetzen. Entgegen der Ansicht des [X.]evisionsklägers kommt es auch nicht darauf an, wie weit die Höhe der im Strafverfahren verhängten Strafe unter der von einem Jahr bleibt, die nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.]iG zur Beendigung des [X.]ienst-verhältnisses führt. [X.]ie Höhe der Strafe ist ohnehin nicht von ausschlaggeben-der Bedeutung für die Gewichtung des [X.]ienstvergehens (vgl. [X.] in: [X.]/[X.], [X.]isziplinarrecht des [X.] und der Länder 4. Aufl. § 13 B[X.]G [X.]dn. 29 m.w.Nachw.), da die [X.] und die Vertrauensbeeinträchtigung in erster Linie von der Straftat selbst und ihren Umständen abhängen. c) Auch die [X.]üge der [X.]evision, das Berufungsgericht habe eine weitere Verfehlung mit erheblichem disziplinarischen Eigengewicht neben der [X.] nicht festgestellt, geht fehl. [X.]as Gegenteil ist richtig. [X.]er [X.]shof hat insoweit auf den vollendeten und den versuchten Betrug des [X.]evisionsklägers zum Nachteil seiner Krankenversicherung sowie die ver-abredete Erschleichung der Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft durch eine falsche [X.]arstellung des Behandlungsverlaufs hingewiesen. Beides sind [X.]ienstvergehen, deren Begehung weitere kriminelle Energie des [X.]evisi-onsklägers über einen längeren Zeitraum erforderte. [X.]iese offenbart sich vor allem darin, daß er noch im Juni 1997, acht Monate nach Begehung des ersten Beihilfebetruges, versucht hat, die Krankenversicherung zur Erstattung der zweiten fingierten Arztrechnung zu bewegen. - 15 - d) [X.]ie [X.]evision rügt ferner ohne Erfolg, daß die Erwägungen des [X.] zu den [X.] rechtsfehlerhaft seien. [X.]) Sie beanstandet, der [X.]shof habe sich zu Unrecht auf die Prüfung "anerkannter Milderungsgründe" beschränkt, die das [X.]verwal-tungsgericht allein für die Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme bei solchen [X.]ienstvergehen entwickelt habe, die nach der verwaltungsgerichtlichen [X.]echt-sprechung - anders als der Betrug - regelmäßig die Entfernung aus dem [X.]ienst erforderten. Er habe nicht berücksichtigt, daß nach der [X.]echtsprechung des [X.]verwaltungsgerichts in Betrugsfällen eine unterhalb der Entfernung aus dem [X.]ienst liegende [X.]isziplinarmaßnahme in Betracht komme und daher das Vorliegen anderer Milderungsgründe wie gute dienstliche Leistungen, Ge-ständnis, Schadenswiedergutmachung oder eine nicht ungünstige Zukunfts-prognose ausreichen können, um von der [X.] abzusehen. [X.]iese Argumentation verkennt, daß die Anforderungen an die Entla-stungswirkung der Milderungsgründe durch die Schwere des [X.]ienstvergehens und nicht nur durch die Art des [X.]elikts bestimmt werden. Nach den Feststel-lungen des [X.]shofs umfaßt das [X.]ienstvergehen des [X.]evisionsklä-gers nicht nur die beiden Fälle des [X.] zum Nachteil des [X.]ienst-herrn, sondern auch die betrügerischen Handlungen gegenüber der privaten Krankenkasse; außerdem wird das Gewicht des Vergehens durch den Vorwurf verstärkt, die [X.]arstellung eines objektiv unrichtigen Behandlungsverlaufs ge-genüber dem Versorgungsamt zwecks Erlangung erheblicher Vorteile verabre-det zu haben. Hinzu kommt, daß die Pflichtverletzung wegen der herausragen-den Stellung des [X.]evisionsklägers wesentlich schädlichere Auswirkungen auf die allgemeine [X.]ienstmoral und das Ansehen des öffentlichen [X.]ienstes insge-- 16 - samt hat als die eines Beamten in untergeordneter Stellung (vgl. für [X.] des gehobenen bzw. höheren [X.]ienstes: [X.], Urteil vom 31. Januar 1979 - 1 [X.] 97.77, [X.]Ö[X.] 1979, 127, 128; Urteil vom 26. September 2001 - 1 [X.] 32.00, [X.] 232 § 77 [X.] Nr. 18 = [X.]Ö[X.] 2002, 277 = NVwZ-[X.][X.] 2002, 285, 286). Bei einem so schwerwiegenden [X.]ienstvergehen, das einen vorsätzlichen Treuebruch im Kernbereich der dienstlichen Pflichten beinhaltet, kann von ei-ner Entfernung aus dem [X.]ienst nur dann abgesehen werden, wenn außerge-wöhnliche Milderungsgründe vorliegen, die den Vertrauensverlust abzuschwä-chen geeignet sind. Solche Milderungsgründe hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. [X.]er [X.]shof hat sich dabei entgegen der Ansicht der [X.]evisi-on nicht auf die Prüfung "anerkannter Milderungsgründe" (vgl. dazu Claus-sen/Janzen, [X.]disziplinarordnung 8. Aufl. Einl. [X.] 4 b) beschränkt, die, wie auch die [X.]evision nicht in Zweifel zieht, nicht vorliegen. Er hat vielmehr auch die bisherige strafrechtliche und disziplinare Unbescholtenheit, die [X.]ienstzeit und die schwierigen persönlichen Verhältnisse des [X.]evisionsklägers zur [X.] berücksichtigt und gewürdigt. [X.]aß er dabei gegen revisibles [X.]echt versto-ßen hat, ist nicht ersichtlich. [X.]ie Abwägung der Umstände, die für die [X.] der [X.]isziplinarmaßnahme von Bedeutung sind, ist grundsätzlich Sache des [X.]s und des [X.]shofs ([X.], Urteil vom 10. August 2001 - [X.] ([X.]) 1/00, NJW 2002, 834, 837; vgl. für berufsgerichtliche Verfahren auch [X.]St 15, 372, 375). In Anlehnung an die revisionsrechtliche Überprüfung der Strafzumessung im Strafverfahren ist ein Eingriff in die Festsetzung der [X.]iszi-plinarmaßnahme durch das [X.]evisionsgericht in der [X.]egel nur möglich, wenn - 17 - die Festsetzung den gesetzlichen Maßstab verkennt, die [X.] in sich fehlerhaft sind oder sich die verhängte [X.]isziplinarmaßnahme von ihrem Zweck löst, die Integrität der Justiz zu wahren ([X.] [X.]O S. 837). [X.]afür vermag die [X.]evision nichts aufzuzeigen. [X.]) Auch die Ablehnung des Milderungsgrundes der verminderten Schuldfähigkeit erfolgte entgegen der Ansicht der [X.]evision rechtsfehlerfrei. Anders als das [X.], das in Übereinstimmung mit den Sachverständi-gen Prof. [X.]r. [X.]r. S. und Prof. [X.]r. Le. .von uneingeschränkter Schuld- fähigkeit des [X.]evisionsklägers ausgegangen ist, weil das zur Tatzeit beste-hende ätiologisch unklare depressive Erschöpfungssyndrom keinen Einfluß auf die Steuerungsfähigkeit bei Begehung der [X.] gehabt habe, hat das Berufungsgericht die Frage offen gelassen. Es hat sich der ständigen [X.]echt-sprechung des [X.]verwaltungsgerichts angeschlossen, daß eine vermin-derte Schuldfähigkeit die Anordnung der [X.] jedenfalls dann nicht ausschließt, wenn es sich um die eigennützige Verletzung von [X.] und leicht einsehbaren Grundpflichten eines jeden Beamten-verhältnisses handelt (vgl. [X.]E 113, 8, 11, 12 m.w.Nachw.; [X.], Ur-teil vom 15. August 2000 - 1 [X.] 44.98, NVwZ-[X.][X.] 2001, 249, 250, 251). Zu die-sen selbstverständlichen Grundpflichten gehört die Pflicht, dienstlich und au-ßerdienstlich niemanden in strafbarer Weise an Eigentum und Vermögen zu schädigen. Es bedarf keiner weiteren [X.]arlegung, daß diese Grundpflichten für einen [X.] nicht weniger gelten als für einen Beamten. Von einem [X.] muß vielmehr in gesteigertem Maße erwartet werden, daß er [X.]echt und Gesetz, mit deren Anwendung er betraut ist, selbst beachtet und auch bei möglicherweise verminderter Steuerungsfähigkeit noch genügend Widerstandskraft gegen - 18 - strafbares Verhalten aufbietet. Abgesehen davon vermag die von dem Sach-verständigen [X.]r. [X.]. , der sein Gutachten erst 2002 erstellt hat, für den Zeitpunkt der Verabredung der Erschleichung der Anerkennung der Schwerbe-hinderteneigenschaft und der Begehung des [X.] im Jahre 1996 diagnostizierte Erschöpfungsdepression des [X.]evisionsklägers und die dadurch bedingte angebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit nicht zu erklären, warum der [X.]evisionskläger nach Wegfall seiner familiären Belastungen Ende 1996 noch im Juni 1997 versucht hat, seine Krankenversicherung zur anteili-gen Erstattung einer fingierten Arztrechnung über 15.691,40 [X.]M zu bewegen. 3. [X.]er [X.]shof hat entgegen der Ansicht der [X.]evision zu [X.]echt davon abgesehen, dem [X.]evisionskläger einen Unterhaltsbeitrag zu gewähren, ohne das frühere dienstliche Verhalten des [X.]s und die [X.]auer seiner [X.]ienstzeit zu berücksichtigen. Ein Unterhaltsbeitrag darf einem [X.] bzw. Beamten nach § 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O NW bei Entfernung aus dem [X.]ienst nur bewilligt werden, wenn er nach seiner wirtschaftlichen Lage der Unterstützung bedürftig ist und diese nach seinem gesamten Verhalten nicht ungerechtfertigt erscheint. Angesichts der festgestellten Vermögensverhältnisse des [X.]evisions-führers und des Einkommens seiner gegebenenfalls unterhaltspflichtigen Ehe-frau, das zu berücksichtigen ist (vgl. [X.], Urteil vom 28. November 1996 - 1 [X.] 67.96, [X.] 235 § 77 [X.] Nr. 3), ist der [X.]evisionskläger nicht be-dürftig. 4. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 77 Abs. 1 und 4 B[X.]G, 154 Abs. 2 VwGO i.V. mit § 63 Abs. 1 [X.][X.]iG. No[X.]e [X.] am [X.]gerichtshof [X.] [X.] ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift bei- - 19 - zufügen.

No[X.]e

[X.] Joeres

Meta

RiSt (R) 1/02

09.06.2004

Bundesgerichtshof Dienstgericht des Bundes

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2004, Az. RiSt (R) 1/02 (REWIS RS 2004, 2845)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2845

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