Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 06.06.2019, Az. III ZR 83/18

3. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 6522

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Gegenstand

Revision in Zivilsachen: Auslegung der Rechtsmittelschrift hinsichtlich des Berufungsgegners bei Streitgenossenschaft


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 30. Januar 2018 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des dritten Rechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns, des [X.], die Beklagte auf Zahlung von [X.] im Umfang von 8.949,90 € nebst Zinsen in Anspruch. Die Beklagte verlangt drittwiderklagend festzustellen, dass der von der Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Anspruch nicht besteht.

2

Das [X.] hat der Klage nach Vernehmung des [X.] als Partei gemäß § 448 ZPO stattgegeben und die Drittwiderklage abgewiesen. Die Beklagte hat fristgerecht Berufung eingelegt, wobei sie die Klägerin im Rubrum der Berufungsschrift als "Klägerin und [X.]" und den [X.] als "[X.] und Berufungsdrittwiderbeklagten" bezeichnet und der [X.] je zwei beglaubigte und einfache Abschriften beigefügt hat. Mit der mit "[X.]            GmbH ./. H.        u.a." überschriebenen Berufungsbegründung hat sie beantragt, "unter Aufhebung des Urteils des [X.]s (...) die Klage vollumfänglich abzuweisen", und hilfsweise, die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen. Die gegen den [X.] gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht durch Teilurteil als unzulässig verworfen.

3

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

4

Die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO ohne Rücksicht auf den Wert der Beschwer statthafte Revision der [X.]n hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Hierbei war über das Rechtsmittel antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis des [X.], sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 10. November 2016 - [X.], [X.], 280 Rn. 18 mwN).

I.

5

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Rechtsmittel gegen den [X.] sei nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet worden (§ 520 Abs. 2 und 3 ZPO). Die [X.] habe ihre Berufung auf die Entscheidung des [X.] über die Klageforderung beschränkt. In Bezug auf die Drittwiderklage habe sie schon keinen Sachantrag gestellt. Ferner ergebe sich weder aus der Berufungseinlegung noch aus der Begründung ausdrücklich oder konkludent, dass sich die Berufung auch gegen die Abweisung der Drittwiderklage richte. Die Bezeichnung des [X.] als "[X.]" genüge nicht. Es werde dadurch gerade nicht deutlich, dass die Berufung sich auch gegen diesen richte. Vielmehr handele es sich bei einem Berufungsdrittwiderbeklagten um eine [X.], gegen die im Rahmen der Berufung erstmalig Drittwiderklage erhoben werden solle. Im Übrigen fehle es in Bezug auf die Drittwiderklage an der nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Berufungsbegründung, die sich ausschließlich auf das erstinstanzliche Urteil, soweit es der Klage stattgegeben habe, beziehe.

II.

6

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung letztlich nicht stand. Die Verwerfung der Berufung gegen den [X.] als unzulässig verletzt die [X.] in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Recht erfordert, dass der in den [X.] durch Rechtsmittel eingeräumte Zugang zu den Instanzen nicht durch eine gerichtliche Auslegung und Anwendung von Prozessvorschriften in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr gerechtfertigter Weise erschwert wird (zB [X.], [X.], 281; Senatsbeschlüsse vom 1. Juni 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1341 Rn. 7 und vom 29. November 2018 - [X.], NJW-RR 2019, 180, Rn. 9; vgl. auch [X.], Beschluss vom 2. Februar 2012 - [X.], juris Rn. 4, insoweit nicht abgedruckt in NJW-RR 2012, 397 f). Es handelt sich um einen grundrechtsähnlichen Verfahrensgrundsatz, der jeder [X.] eines Zivilrechtsstreits durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip garantiert wird ([X.], NJW-RR 2008, 446; Senatsbeschluss vom 29. November 2018 aaO).

7

1. Die Berufung der [X.]n richtete sich entgegen der Ansicht des [X.] auch gegen den [X.]. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf einen tatsächlich und rechtlich selbständig abtrennbaren Teil des [X.] (vgl. etwa [X.], Urteil vom 23. Juni 2015 - [X.], NJW 2015, 3040 Rn. 9) hat die [X.] nicht vorgenommen.

8

a) Prozessuale Erklärungen einer [X.] kann der [X.] uneingeschränkt nachprüfen und selbst auslegen (zB [X.], Beschluss vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 57; Urteile vom 16. Mai 2017 - [X.], [X.], 1258 Rn. 11; vom 2. Februar 2017- VII ZR 261/14, [X.] 2017, 347 Rn. 17; vom 1. August 2013 - [X.], NJW 2014, 155 Rn. 30 und vom 27. Mai 2008 - [X.], [X.] 1260 Rn. 45). Dabei darf die Auslegung auch im Prozessrecht nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der [X.] zu erforschen. Bei der Auslegung von [X.] ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht ([X.], Urteile vom 16. Mai 2017 aaO; vom 2. Februar 2017 und vom 1. August 2013; [X.]. aaO m. zahlr. [X.]).

9

b) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts erfasste die Berufung der [X.]n auch die Abweisung ihres gegen den [X.] gerichteten Feststellungsantrags und war nicht auf die Bekämpfung der vom [X.] zuerkannten Klageforderung beschränkt. Gegenstand des Rechtsmittels war vielmehr das gesamte landgerichtliche Urteil.

Bei der Einlegung der Berufung müssen aus der Berufungsschrift sowohl der Rechtsmittelkläger als auch der Rechtsmittelbeklagte erkennbar sein oder doch jedenfalls bis zum Ablauf der Berufungsfrist eindeutig erkennbar werden. An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind, jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen - wie hier - der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen bestand, keine strengen Anforderungen zu stellen. Unter solchen Umständen richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung, das heißt gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (zB Senat, Urteil vom 14. Februar 2008 - [X.], BeckRS 2008, 03428 Rn. 6 m. umfangr. [X.]; [X.], Urteil vom 15. Dezember 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 359 Rn. 12 und Beschluss vom 11. Mai 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 281 Rn. 11). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Eine ausdrückliche oder sinngemäße Beschränkung der Berufung auf die von der Klägerin gegen sie geltend gemachte Forderung hat die [X.] nicht vorgenommen. Derartiges ist weder der Berufungseinlegungsschrift noch dem sonstigen [X.]vortrag zu entnehmen.

Das Gegenteil ergibt sich schon aus der ausdrücklichen Bezeichnung des [X.] in der Berufungsschrift als "[X.]r und [X.]". Die abweichende Annahme des [X.], aus dieser Bezeichnung werde nicht deutlich, dass sich die Berufung auch gegen den [X.] richte, weil es sich bei einem Berufungsdrittwiderbeklagten um eine [X.] handele, gegen die mit der Berufung erstmals eine Drittwiderklage erhoben werden solle, vermag nicht zu überzeugen. Es erschließt sich nicht, wer vorliegend mit der Bezeichnung "[X.]" ansonsten gemeint gewesen sein sollte, wenn nicht der bisherige [X.], da in zweiter Instanz keine (weitere) erstmalige Drittwiderklage erhoben worden ist und es dafür auch keinerlei Anhaltspunkte gab. Vor allem aber wurde der [X.] im Rubrum der Berufungsschrift nicht nur als "[X.]" aufgeführt, sondern zugleich unter seiner erstinstanzlichen [X.]bezeichnung, so dass kein Zweifel daran bestehen konnte, dass sich das Rechtsmittel auch gegen ihn richten sollte. Die Erwähnung des [X.] im Rubrum der Berufungsschrift und seine weitere Bezeichnung als "[X.]" ergaben vielmehr allein dann einen Sinn, wenn auch er Beteiligter des Rechtsmittelverfahrens werden sollte. Anderenfalls hätte es genügt, ihn allein unter seiner erstinstanzlichen [X.]rolle aufzuführen.

Hinzu kommt, dass die [X.] der Berufungsschrift zwei beglaubigte und zwei einfache Abschriften für die beiden Prozessgegner - mithin die Klägerin und den [X.] - beigefügt hatte, damit beide von dem Rechtsmittel Kenntnis nehmen konnten. Darin kommt ebenfalls zum Ausdruck, dass die [X.] mit dem Rechtsmittel nicht nur die Verteidigung gegen den [X.], sondern auch den gegen den [X.] gerichteten Angriff weiterverfolgen wollte.

Bestätigt wird diese Auslegung dadurch, dass die Klägerin und der [X.] kein abweichendes Verständnis der Berufungseinlegung hatten. Deren Prozessbevollmächtigte bestellten sich mit Schriftsatz vom 26. Mai 2016 für beide Gegner der [X.]n und zeigten für beide die [X.] gegenüber dem Rechtsmittel an.

c) Ergänzend ist anzumerken, dass die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage der vom Berufungsgericht angenommenen, jedoch aus den vorstehenden Gründen unzutreffenden Prämisse, dass sich die Berufungseinlegung nur auf die Klägerin, nicht aber auf den [X.] bezog, inkonsistent begründet ist. In diesem Fall hätte in dessen Richtung keine Berufung existiert. Dies mag zwar gleichwohl die Verwerfung der - eigentlich nicht eingelegten - Berufung gegen den [X.] in Betracht kommen lassen. In Konstellationen, in denen sich das Rechtsmittel nur gegen eine von mehreren in der ersten Instanz obsiegenden [X.]en richtet, dies jedoch aufgrund ernstlicher Zweifel erst nach einer Auslegung feststeht, kann der erstinstanzlich siegreich gebliebene Streitgenosse ein schutzwürdiges Interesse daran haben zu wissen, ob diese Position Gegenstand eines Rechtsmittelangriffs war oder bereits Bestand hatte ([X.], Urteil vom 11. Juli 2003 - [X.], [X.], 3203, 3204). Ob einem solchen Interesse durch eine Berufungsverwerfung Rechnung zu tragen ist (so [X.] aaO), oder - systematisch näher liegend - die Feststellung geboten ist, dass in Richtung auf den betreffenden Streitgenossen keine Berufung eingelegt wurde, kann vorliegend auf sich beruhen. Jedenfalls hätte die Vorinstanz ihre Entscheidung nicht tragend darauf stützen dürfen, die Berufungsbegründung erfülle in Richtung auf den [X.] nicht die Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZPO, wenn sie davon ausging, insoweit sei eine Berufung gar nicht eingelegt worden. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist nur eröffnet, soweit eine Berufung vorliegt. Dies bedarf jedoch ebenfalls keiner Vertiefung, weil die Ausgangsthese des Berufungsgerichts unrichtig ist.

2. Das Rechtsmittel ist insgesamt zulässig. Die Berufung ist gemäß § 517 ZPO fristgerecht eingelegt und auch hinsichtlich des [X.] binnen der Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet worden. Die Berufungsbegründung entsprach insoweit den Anforderungen gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 1 und 2 ZPO.

a) Die Berufungsbegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO), ferner - wenn wie hier eine Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO geltend gemacht wird (§ 513 Abs. 1 ZPO) - die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit ergibt (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO).

Nach der Rechtsprechung des [X.]s enthalten § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZPO keine besonderen formalen Anforderungen (zB [X.], Beschluss vom 2. Februar 2012 aaO Rn. 6).

Für die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO), bedarf es keiner ausdrücklichen Stellung eines Sachantrags; es reicht aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (vgl. zB Senatsbeschluss vom 1. Juni 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1341 Rn. 8; [X.], Beschlüsse vom 1. April 2015 - [X.] 503/14, NJW 2015, 1606 Rn. 11; vom 2. Februar 2012 aaO und vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.], 434 Rn. 9; Versäumnisurteil vom 22. März 2006 - [X.], [X.], 2705 Rn. 8; [X.]eils mwN). Die Vorschrift des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO soll den Berufungskläger im Interesse der Beschleunigung des Berufungsverfahrens dazu anhalten, sich eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels zu erklären und Berufungsgericht und Prozessgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild zu setzen. Das erfordert nicht unbedingt einen förmlichen Antrag.

Entsprechendes gilt für die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO; [X.], Beschluss vom 2. Februar 2012 aaO). Insbesondere ist es ohne Bedeutung, ob die Ausführungen des Berufungsklägers schlüssig, hinreichend substantiiert oder rechtlich haltbar sind. Vielmehr gehört dazu eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Die Berufungsbegründung muss nur auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein (vgl. zu allem Vorstehenden zB Senat, Beschlüsse vom 29. November 2018 - [X.], NJW-RR 2019, 180 Rn. 10 und vom 26. Februar 2015 - [X.]/14, BeckRS 2015, 4706 Rn. 11; [X.], Urteil vom 10. März 2015 - [X.], NJW 2015, 1684 Rn. 7; [X.]eils mwN). Im Fall der uneingeschränkten Anfechtung muss die Berufungsbegründung geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen ([X.], Urteil vom 5. Dezember 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 414 Rn. 10). Decken sich die Voraussetzungen für verschiedene Ansprüche, reicht es aber aus, wenn die Berufungsbegründung einen einheitlichen Rechtsgrund im Ganzen angreift ([X.], Urteil vom 14. Juni 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 1207 Rn. 10 mwN).

b) Diesen Anforderungen wurde die Berufungsbegründung der [X.]n auch hinsichtlich des [X.] noch gerecht.

aa) [X.] ist danach insbesondere, dass die [X.] keinen auf die Widerklage bezogenen Sachantrag gestellt hat. Das Rubrum des [X.] und der darin gehaltene Sachvortrag lassen vielmehr im Ergebnis hinreichend deutlich den Schluss zu, dass die [X.] ihr gesamtes erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen wollte.

(1) Im Kurzrubrum der Berufungsbegründung sind als [X.]en "Ch.            GmbH ./. H.        u.a." (Hervorhebung durch den Senat) bezeichnet, was bereits bestätigt, dass das Rechtsmittel, wie schon aus der Berufungsschrift ersichtlich war, (weiterhin) gegen mehrere Beteiligte auf der Gegenseite gerichtet war.

(2) Auch dem Inhalt der Berufungsbegründung war hinreichend zu entnehmen, dass die [X.] das landgerichtliche Urteil im Ganzen, das heißt auch in Bezug auf die Drittwiderklage, hat angreifen wollen. Alles andere hätte nach dem wohlverstandenen Interesse der [X.]n auch keinen Sinn ergeben. Die Drittwiderklage war darauf gerichtet, festzustellen, dass die von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen und folglich von dem [X.] - etwa wegen einer Unwirksamkeit der Abtretung - ebenfalls nicht mehr geltend gemacht werden können (vgl. dazu zB [X.], Urteil vom 13. Juni 2008 - [X.], [X.], 2852 Rn. 23 ff). Die [X.] hat die Drittwiderklage zudem ersichtlich nicht nur mit dem Ziel erhoben, eine etwaige erneute Geltendmachung der Ansprüche durch den [X.] auszuschließen, sondern auch, um ihn als möglichen Zeugen auszuschalten. Die stattdessen vor dem [X.] erfolgte Vernehmung des [X.] als [X.] gemäß § 448 ZPO hat die [X.] daher neben anderen Gesichtspunkten mit der Berufungsbegründung als verfahrensfehlerhaft gerügt. Sie ging dabei offenbar davon aus, dass sie damit noch die Verwertung des Beweisergebnisses verhindern konnte. Von ihrem Standpunkt aus war es daher zwingend, die Drittwiderklage weiterzuverfolgen, weil der [X.] anderenfalls wieder als Zeuge zur Verfügung gestanden hätte. Einen ausdrücklich auf die Drittwiderklage bezogenen Antrag hat die [X.] ersichtlich nur versehentlich nicht gestellt. Gegenteilige Schlussfolgerungen lassen sich auch aus dem auf Zurückverweisung gerichteten Hilfsantrag nicht ziehen.

Diese Auslegung der Berufungsbegründung wird ebenfalls durch die Reaktion der Klägerin und des [X.] bestätigt. In dem [X.] beantragten deren Prozessbevollmächtigte für beide von ihnen vertretene [X.]en die Zurückweisung des Rechtsmittels, so dass sich auch nach ihrem Verständnis die Berufungsbegründung sowohl auf den Anspruch der Klägerin als auch auf die negative Feststellungklage gegen den [X.] bezog.

bb) Ferner hat sich die [X.] in der Berufungsbegründung mit den die Berechtigung der Klage und die Abweisung der Drittwiderklage tragenden Erwägungen des Erstgerichts verfahrensrechtlich ordnungsgemäß auseinandergesetzt. Sie hat ausgeführt, warum sie die [X.]vernehmung des [X.] - wegen mangelnder Beweisnot und Fehlens des erforderlichen Anbeweises - für rechtsfehlerhaft hielt. Des Weiteren hat sich die [X.] auf ein dem Anspruch entgegengestehendes Zurückbehaltungsrecht berufen, die Beweiswürdigung durch das [X.] beanstandet sowie bestritten, dass eine Vielzahl der abgerechneten Tätigkeiten überhaupt dem Auftragsgegenstand entsprochen habe. All dies betraf die Beratertätigkeit des [X.] und war folglich sowohl gegenüber der Klageforderung als auch für den Erfolg der Drittwiderklage bedeutsam.

Insoweit greift die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufungsbegründung befasse sich ausschließlich insoweit mit dem erstinstanzlichen Urteil, als es der Klage stattgegeben habe, zu kurz. Die Berufungsbegründung hat vielmehr - zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich - die aus seiner Sicht maßgeblichen Gesichtspunkte des landgerichtlichen Urteils angegriffen. Dass sie dabei nicht eindeutig zwischen der Verteidigung gegen die Klage und der Erhebung der Drittwiderklage unterschieden hat, ist unschädlich. Inhaltlich ging es bei der Klage und der auf Feststellung des kontradiktorischen Gegenteils gerichteten Widerklage allein um die Honoraransprüche des [X.] aus seiner beratenden Tätigkeit bei der Vermarktung von Wohn- und Geschäftsbauten im Bestand der [X.]n. Klage und Drittwiderklage beruhten dementsprechend - wenn auch in [X.]eils entgegengesetzter Richtung - inhaltlich auf denselben tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten, weshalb sich die Ausführungen in der Berufungsbegründung gleichermaßen auf Klage und Drittwiderklage bezogen.

III.

Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif, weil es noch einer Prüfung der Begründetheit der Berufung bedarf. Deshalb ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).

Herrmann     

        

Remmert     

        

Reiter

        

Böttcher      

        

Kessen      

        

Berichtigungsbeschluss vom 27. Juni 2019

Das Senatsurteil vom 6. Juni 2019 wird mit Blick auf die versehentlich unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie nachstehend in der Weise berichtigt, dass es vor den Unterschriften heißen muss:

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen [X.] der Einspruch zu. Dieser ist beim [X.] in [X.] von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Herrmann     

        

Liebert     

        

Arend 

        

Böttcher     

        

Kessen     

        

Meta

III ZR 83/18

06.06.2019

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 30. Januar 2018, Az: 7 U 58/16

§ 520 Abs 3 ZPO, Art 2 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 06.06.2019, Az. III ZR 83/18 (REWIS RS 2019, 6522)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6522

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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