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PDF anzeigenECLI:DE:BGH:2019:111219U5STR391.19.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 391/19
vom
11. Dezember 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 5.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Dezem-ber
2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Sander,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Schneider,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. König,
Köhler
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des
Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Dresden vom 25. Februar 2019 mit den Feststellun-gen aufgehoben
a)
im Fall 12 der Urteilsgründe,
b)
im Fall 5 der Urteilsgründe im Strafausspruch
insoweit auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft
,
c)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
d)
soweit die Einziehung des Wertes des Tatertrages von mehr als 39.785 Euro angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels des Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3.
Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch im Revisionsverfahren entstande-nen
notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
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Von Rechts wegen
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, wegen Besitzes von Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Verabredens zum Handeltrei-ben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheits-strafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes des Tatertrages von 57.385 Euro angeordnet. Soweit dem
Angeklagten weitere Betäubungsmittelstraftaten vorgeworfen worden waren (Anklagefälle 4 bis 9, 11 bis 13 und 17), hat das Landgericht ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, mit der Sachrüge geführ-te und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft ist ausweislich der Rechtsmittelbegründung gegen den Strafausspruch betref-fend die Taten 1 bis 7 sowie den Teilfreispruch betreffend die Anklagefälle 4 bis 9 und 11 bis 13 beschränkt und bleibt erfolglos (vgl. zur Bedeutung der Revisi-onsbegründung für die Frage der Beschränkung des Rechtsmittels BGH, Urteile vom 26. April 2017
2 StR 47/17, NStZ-RR
2017, 201; vom 27. April 2010
1 StR 454/09, NStZ 2011, 108, 109). Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten führt
teils auch auf die Revision der Staatsan-waltschaft (§ 301 StPO)
zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Aufhebung des Urteils. Im Übrigen ist sie unbegründet.
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I.
1. Der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung beruhen auf fol-genden Feststellungen:
Der Angeklagte entschloss sich spätestens im Dezember 2017, seinen Lebensbedarf zumindest teilweise durch den gewinnbringenden Verkauf von Marihuana und Kokain zu finanzieren. In der Folgezeit veräußerte er bis April 2018 insgesamt zehn Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von min-
Wirkstoffgehalt von mindestens 80
% an den gesondert verfolgten M.
(Ta-ten 1 bis 7). Im Juni und Juli 2018 verkaufte er dem anderweitig verfolgten T.
Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % (Taten 8, 9, 11, 12). Am 10. Juli 2018 verabredete er mit T.
, gemeinschaftlich ein Kilogramm Mari-nehmer zu verkaufen (Tat 10). Zudem bewahrte er am 1. August 2018 in seiner
Wohnung 197,94 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von 143,3 Gramm Cocain-
hydrochlorid zum Eigenkonsum auf (Tat 13).
Der Einziehungsentscheidung nach §§ 73, 73c StGB legte das Landge-richt einen Verkaufspreis von 2.400 Euro für ein Kilogramm Marihuana
55
Euro für ein Gramm Kokain zugrunde.
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2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
In Bezug auf die Art und Mengen der in den Taten 1 bis
7 gelieferten Be-täubungsmittel
hat sich die Strafkammer auf die Einlassung des insoweit ledig-tenden Angeklagten gestützt. Von größeren Verkaufsmengen in den abgeurteil-ten Fällen
und der Begehung der weiteren angeklagten Drogengeschäfte mit dem Zeugen M.
(Anklagefälle 4 bis 9 und 11 bis 13), vermochte sie sich nicht zu überzeugen. Zwar habe der Zeuge entsprechende Angaben gemacht. Dessen Aussage sei aber insbesondere hinsichtlich des
Umfangs und der Zahl
weshalb ihr
mit Ausnahme des zusätzlichen Verkaufes eines Kilogramms Ma-rih
nur insoweit Glaube geschenkt werden könne, als sie mit der Einlassung des Angeklagten übereinstimme.
Hinsichtlich der Betäubungsmittelgeschäfte in den Taten 8 bis 12 hat sich das Landgericht auf das Teilgeständnis des Angeklagten,
die weitgehend ge-ständigen Angaben des gesondert Verfolgten T.
in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung und auf überwachte Telefonate gestützt. Den Besitz des bei ihm sichergestellten Kokains (Tat 13) hat der Angeklagte eingeräumt.
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II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg, soweit sie zu
Un-gunsten des Angeklagten eingelegt ist. Ihre Angriffe gegen die Beweiswürdi-gung decken
eingedenk des nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Über-prüfungsumfangs (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil
vom 24. März 2015
5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179)
keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
Das Landgericht hat nachvollziehbar dargelegt, dass es den Angaben des Zeugen M.
mangels Konstanz und Detailreichtums sowie einer er-kennbaren Neigung zu Übertreibungen nicht zu folgen vermochte, soweit sie über das Geständnis des Angeklagten hinausgingen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin weist die Würdigung der Angaben keine Lücken auf. Das Landgericht hat
in knapper, aber noch hinreichender Weise
dargestellt, dass der Zeuge bereits bei seinen polizeilichen Vernehmungen unterschiedliche Angaben zum Umfang der Betäubungsmittelgeschäfte des Angeklagten ge-macht hat. Im Einzelnen hat es zudem erörtert, inwieweit die Aussage des Zeu-gen in der Hauptverhandlung ebenfalls von diesem gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage sprechenden Umstand geprägt war. Mit Blick darauf war das Landgericht aus Rechtsgründen nicht gehalten, die widersprüchlichen Angaben des Zeugen im Ermittlungsverfahren ausführlicher als geschehen zu schildern.
Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, die vom Landgericht festgestell-nicht entgegen, setzt sie ihre eigene Einschätzung an die Stelle des Tatge-richts. Die Beanstandungen sind daher revisionsrechtlich unbeachtlich (vgl. BGH, Urteile vom 9. Februar 1957
2 StR 508/56, BGHSt 10, 208, 210; vom 6. Dezember
2007
3 StR 342/07, NStZ-RR 2008, 146, 147, und vom 20. Sep-tember 2012
3 StR 140/12, NStZ-RR 2013, 75, 77).
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III.
Die Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtli-chen Umfang Erfolg und führt insoweit
teilweise auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft (§ 301 StPO)
zur Aufhebung des Urteils. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet.
1. Die Beweiswürdigung zum Schuldspruch betreffend Tat 12 und zum Schuldumfang bei Tat 5 ist lückenhaft und damit trotz der insoweit nur einge-schränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2011
5 StR 328/11, NStZ-RR 2012, 84, 85 mwN).
a) Sowohl der Angeklagte als auch der gesondert verfolgte T.
haben
stritten. Das Landgericht hat sich auf der Grundlage der in Augenschein genommenen Lichtbilder von der Übergabe der klagten und T.
geführten Telefonaten von der Tat überzeugt,
ohne deren Inhalt zu konkretisieren. Es hat allerdings nicht die naheliegende Möglichkeit erörtert, dass es sich bei der
rechtsfehlerfrei festgestellten
Übergabe der Betäubungsmittel um die Lieferung des von dem insoweit geständigen T.
am 3. Juli 2018 bestellten Marihuanas (Tat 9) handelte. Dann aber würde sich die Übergabe lediglich als Abschluss des bei Tat 9 festgestellten Drogenge-schäfts und nicht als gesonderte Tat darstellen. Für eine lückenlose Beweis-würdigung hätte das Landgericht daher
den Inhalt der am 13. Juli 2018 über-wachten Telekommunikation näher darlegen müssen; der bloß pauschale Hin-weis auf Telefonate zwischen dem Angeklagten und T.
genügt den Anfor-derungen unter den gegebenen Umständen nicht. Dies gilt umso mehr, als das Landgericht im Rahmen der Einziehungsentscheidung selbst davon auszuge-12
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Der Angeklagte hat hinsichtlich Tat 5 eingeräumt, drei Kilogramm Mari-
M.
verkauft zu haben. Den darüber hinaus festgestellten Verkauf von richt hat sich insoweit ausschließlich auf die Angaben des Zeugen M.
gestützt. Diese seien glaubhaft, weil der Zeuge seinen Angaben zufolge bei der
Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, dass dies nicht den Anforderungen genügt, die die Rechtsprechung an die Beweiswürdigung stellt, wenn die Anga-ben des einzigen Belastungszeugen wie hier (siehe oben) weitgehend als un-glaubhaft bewertet werden. Zwar existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass einem Zeugen nur entweder insgesamt geglaubt oder insgesamt nicht geglaubt werden darf. Jedoch müssen die Urteilsgründe dann erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Wird dem Zeugen hinsichtlich wei-terer Taten nicht gefolgt, so muss das Tatgericht jedenfalls regelmäßig außer-halb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe nennen, die es ihm er-möglichen, der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2017
5 StR 520/17, NStZ 2018, 116). Daran fehlt es hier. Denn schon nach Ansicht der Strafkammer kommt der Ver-weiswert zu (vgl. UA S. 17).
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b) Die Rechtsfehler zwingen zur Aufhebung der Verurteilung betreffend Tat 12 und des Strafausspruchs zu Tat 5 sowie des Gesamtstrafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen.
2. Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes des Tatertrages nach §§ 73, 73c StGB hält der rechtlichen Überprüfung lediglich in Höhe von 39.785
Euro stand.
Hinsichtlich der Taten 5 und 12 folgt dies bereits aus den (Teil-)Aufhebungen. Zudem ist
was der Angeklagte zu Recht rügt
der Verkaufser-lös
für llziehbar dargelegt. Das Land-gericht hat der Einziehungsentscheidung einen Verkaufspreis von 5.400 Euro pro Kilogramm zugrunde
gelegt. Der Zeuge M.
hat angegeben, einen Kilogrammpreis von 5.100 bis 5.200 Euro bezahlt zu haben. Darüber hinausge-hende Umstände zur Preisbildung teilt das Urteil nicht mit. Die Feststellungen zum Verkaufspreis beruhen mithin auf einer lückenhaften Beweiswürdigung.
Die Einziehungsentscheidung war deshalb in Höhe von 17.600 Euro mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben.
3. Die weitergehende Revision ist unbegründet. Insoweit hat die Überprü-fung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
a) Insbesondere begegnet die Einziehungsentscheidung im Übrigen kei-nen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Revi-sion beruht die Feststellung des Verkaufspreises pro Kilogramm Marihuana ein-gung, da das Landgericht sich insoweit auf die Einlassung des Angeklagten stützen konnte.
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b) Auch die Nichtanordnung der Unterbringung nach § 64 StGB begeg-net keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Senat kann dem Urteil noch hinreichend entnehmen, dass die sachverständige Strafkammer einen Hang des
Angeklagten, Kokain im Übermaß zu sich zu nehmen, nicht sicher festzustellen vermochte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2002
1 StR 382/02, NStZ-RR 2003, 106, 107). Es kann daher dahinstehen, ob der Ange-klagte die Taten auch zur Finanzierung seines Kokainkonsums begangen hat, was
wohl entgegen der Auffassung des Landgerichts
den erforderlichen Symptomcharakter begründen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017
1 StR 604/16, StV 2017, 672, 673).
Mutzbauer
Sander
Schneider
König
Köhler
Vorinstanz:
Dresden, LG, 25.02.2019 -
427 Js 29314/18 15 KLs 21 Ss 561/19
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Meta
11.12.2019
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2019, Az. 5 StR 391/19 (REWIS RS 2019, 511)
Papierfundstellen: REWIS RS 2019, 511
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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