Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2013, Az. IV ZR 131/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8215

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 131/12

Verkündet am:

13. Februar 2013

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin
[X.] und [X.] Karczewski
auf die mündliche Verhandlung vom 13.
Februar 2013

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 12.
Zivilsenats des [X.] vom 28.
Februar 2012 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der klagende [X.], der eine Zusatz-versorgungskasse als Sonderkasse führt und das [X.] als nicht rechtsfähiges
Sondervermögen
verwaltet, verlangt von der [X.], einer Krankenhausträgerin,
nach Kündigung der Mitgliedschaft
einen Ausgleichsbetrag für bei ihm verbliebene Versorgungslasten.

Die Zusatzversorgungskasse (im Folgenden: Kasse) gewährt den Beschäftigten ihrer Mitglieder
-
Arbeitgebern vorzugsweise im kommuna-len Bereich
-
auf privatrechtlicher Grundlage im Rahmen von [X.] eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs-
und Hinterbliebenenversorgung.

1
2
-
3
-

Die Ausgaben der Kasse für die Versorgungsansprüche der [X.] wurden zunächst ausschließlich im Umlageverfahren in Form ei-nes modifizierten [X.] finanziert. Der Umlage-satz ist so bemessen, dass die für
die Dauer des Deckungsabschnitts (mindestens zehn Jahre) zu entrichtende Umlage zusammen mit den üb-rigen zu erwartenden Einnahmen und dem zu Beginn des [X.] verfügbaren Vermögen ausreicht, die Aufgaben der Kasse [X.] und ein weiteres Jahr zu erfüllen.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) war seit 1997 Mitglied der Kasse. Das Mitgliedverhältnis wurde durch or-dentliche Kündigung zum 31.
Dezember 2003 beendet.

Wegen der nach dem Ausscheiden eines Mitglieds weiterhin zu er-füllenden Verpflichtungen der Kasse bestimmt §
15 der Satzung der Kasse ([X.]) die Verpflichtung des ausscheidenden
Mitglieds, einen Ausgleichsbetrag in Höhe des [X.] der im [X.]punkt der Beendigung der Mitgliedschaft auf der Kasse lastenden Verpflichtungen zu zahlen.

§
15 [X.] in der zur [X.] der Beklagten gelten-den Fassung vom 12.
Juni 2002 lautet
auszugsweise:

"(1) 1Das ausscheidende Mitglied hat an die Kasse einen Ausgleichsbetrag in Höhe des Barwertes der im [X.]punkt der Beendigung der Mitgliedschaft auf ihr lastenden [X.] aus der Pflichtversicherung zu zahlen. 2Für die Ermittlung des [X.] sind zum [X.]punkt der [X.] zu berücksichtigen

a)
Leistungsansprüche von [X.] einschließlich der Ansprüche nach §§
69 bis 71 und ru-hender
Ansprüche, soweit nicht §
55 Abs.
5 in der am 3
4
5
6
-
4
-

31.
Dezember 2001 maßgebenden Fassung der Satzung zur
Anwendung kommt,

b)
Versorgungspunkte von Anwartschaftsberechtigten und Anwartschaften von Personen, die im [X.]punkt der Be-endigung der Mitgliedschaft als Hinterbliebene in Frage kommen.

(2) 1Der Barwert ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln. 2Bei Anwartschaften sind als Rechnungszins die Durchschnittszinsen der in den letzten fünf Geschäftsjahren vor dem Ausscheiden erzielten [X.] im Sinne von §
66 Abs.
1 Satz
2 und 3, [X.] aber ein Zinssatz von 5,25
v.H. zugrunde zu legen. 3Bei Ermittlung des Rentenbarwerts ist als künftige jährli-che Erhöhung der Durchschnitt der Erhöhungen und Ver-minderungen in den letzten fünf Kalenderjahren vor dem Ausscheiden zu berücksichtigen, mindestens aber eine Er-höhung von jährlich 2,5
v.H.
4Die Kosten für die versiche-rungsmathematischen Berechnungen
des Ausgleichsbetra-ges werden dem ausscheidenden Mitglied in Rechnung ge-stellt.

..."

Ein vom Kläger in Auftrag gegebenes [X.] Gutachten bezifferte den Ausgleichsbetrag mit 8.281.072,65

Beklagte zahlte darauf 2.557.000

einen restlichen Ausgleichsbetrag von 5.724.072,65

für das Gutachten.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des §
15 [X.], insbe-sondere darüber, ob diese Satzungsbestimmung einer [X.] Kontrolle standhält.
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8
-
5
-

Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg
gehabt. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
ist unbegründet.

[X.] Das Berufungsgericht unterstellt §
15 [X.] einer uneinge-schränkten [X.] Inhaltskontrolle, da die [X.] über den Ausgleichsbetrag keine tarifvertraglichen Regelungen seien und ihnen keine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien zu Grunde liege. Es könne dahinstehen, ob eine unangemessene Benach-teiligung schon darin liege, dass
die Anrechnung des umlagefinanzierten [X.] nicht vorgesehen sei. Eine unangemessene Benachtei-ligung des ausscheidenden Mitglieds sei jedenfalls aus zwei Gründen gegeben: Zum einen würden bei der Berechnung des [X.] auch Versicherte vor Erfüllung der Wartezeit ohne Einschränkungen [X.], obwohl nicht erkennbar sei, dass alle diese Personen die Wartezeit nach dem Ausscheiden des
Mitglieds jemals erfüllten und [X.] zu Leistungsempfängern werden könnten. Zum anderen liege eine unangemessene Benachteiligung darin, dass das
ausscheidende Mitglied die künftigen Leistungen der Kasse an seine Beschäftigten, die sich in der Regel
über mehrere Jahrzehnte erstreckten, durch einen [X.] ausgleichen müsse. Bei einer gebotenen ergänzenden Vertragsaus-legung sei ein hypothetischer Wille der Parteien dergestalt anzunehmen, dass sie der Kasse bei Kenntnis der Unwirksamkeit des §
15 [X.] die 9
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-

Möglichkeit zur Schaffung einer rechtskonformen Satzungsregelung [X.] hätten.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Das Berufungsgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf weitere
Ausgleichszahlung versagt, weil die Regelung des §
15 Abs.
1 und 2 [X.] unwirksam ist.

1.
Wie der Senat in zwei Urteilen vom 10.
Oktober 2012 ([X.], [X.], 46,
zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; [X.], juris) entschieden und im Einzelnen begründet hat, unterliegt §
23 Abs.
2
der Satzung der [X.] und der Länder, der die Satzung der Kasse nachgebildet ist,
als originäre Satzungsrege-lung ohne tarifrechtlichen Ursprung der uneingeschränkten Inhaltskon-trolle
des §
307 BGB (Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
14
ff.; [X.] [X.]O Rn.
13
ff.; jeweils m.w.[X.]). Dies gilt auch für die inhaltsgleichen
Bestimmungen in
§
15 Abs.
1 und 2 [X.].

a) Es kann dahinstehen, ob die Beklagte
einer Arbeitgebervereini-gung angehört
oder mittelbar einer tarifvertraglichen Bindung unterliegt. Jedenfalls fehlt es an einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen zum
Gegenwert bzw. Ausgleichsbetrag.

[X.]) Die Bestimmungen in §
11 des [X.] vom 2.
Dezember 1966 ([X.]. 1966, 627), §
1 Nr.
4 Buchst.
b des [X.] ([X.]. 1977, 454) und Punkt 1.4 des [X.] 2001 (Anlage 5 zum Tarifvertrag 12
13
14
15
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7
-

Altersversorgung vom 1.
März 2002) beschäftigen sich allein mit der Um-lagefinanzierung. Dies stellt weder unmittelbar noch inzident eine tarif-vertragliche Regelung der finanziellen Folgen des Ausscheidens eines Beteiligten dar. Weder aus dem Wortlaut noch aus einem erweiterten Sinn der Finanzierungsbestimmungen über die laufende Umlage noch aus dem tarifvertraglichen Gesamtzusammenhang ist abzuleiten, dass der finanzielle Ausgleich der
Kasse
beim Ausscheiden eines Mitglieds er-fasst werden sollte (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
19
ff.; [X.] [X.]O Rn.
18
ff.; jeweils m.w.[X.]).

[X.]) Da der Ausgleichsbetrag für den in Rede stehenden [X.]raum tarifvertraglich nicht geregelt ist, besteht keine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien, bei deren Umsetzung und inhaltlichen Ausgestal-tung dem [X.] eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zustünde (vgl. Senatsurteil vom 14.
November 2007 -
IV ZR 74/06, [X.] 174, 127
Rn.
32 m.w.[X.]). Von einer Grundentscheidung als Regelung prinzipieller Belange der Zusatzversorgung
kann keine Rede sein, wenn die Tarifver-tragsparteien eine Regelung durch Tarifvertrag nicht für notwendig er-achtet haben
(Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
30
ff.; [X.] [X.]O Rn.
29
ff.; jeweils m.w.[X.]).

b) Eine [X.] entfällt entgegen der Ansicht der Revision auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Preisklausel. §
15
Abs.
1 und 2 [X.] enthält keine bloße Abrede über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung oder eine Vereinbarung über das vom anderen Teil zu erbringende Entgelt. Im Rahmen des privatrechtlichen Versicherungs-verhältnisses zwischen der Kasse und den beteiligten Arbeitgebern sind die Versicherungsleistungen als Hauptleistung und die Umlagen als Ent-gelt anzusehen. Die Ausgleichsforderung entsteht erst auf Grund der 17
18
-
8
-

Kündigung eines Mitglieds als späteres Ereignis und liegt außerhalb der normalen Vertragsabwicklung; der Ausgleichsbetrag ist nicht die Gegen-leistung des Versicherungsnehmers für die Gewährung des Versiche-rungsschutzes (vgl. Senatsurteile
vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
35
f.; [X.] [X.]O Rn.
34
f.; jeweils m.w.[X.]).

2.
Zu Recht hat das Berufungsgericht die Gleichstellung von [X.] mit und ohne Erfüllung der Wartezeit bei der Berechnung des [X.] als eine unangemessene Benachteiligung i.S. von §
307 Abs.
1 Satz
1 BGB betrachtet.

a) §
15 Abs.
1 Satz
2
Buchst.
b [X.]
erfasst nach dem maßgebli-chen Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers auch Versicherte ohne erfüllte Wartezeit. Da der
Arbeitnehmer von Beginn seiner Beschäftigung an zu entlohnen ist und mit Anmeldung des [X.] Entgelt vorliegt, fallen ab Be-ginn der Versicherung Versorgungspunkte an. Daher wird der durch-schnittliche Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass die durch den Ausgleichsbetrag
auszugleichenden Versorgungspunkte auch zu diesem [X.]punkt beginnen. Er hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass durch den Begriff des "Anwartschaftsberechtigten" die Ausgleichspflicht fünf Jahre bis zum Ablauf der Wartefrist verschoben werden soll. (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
38
ff. m.w.[X.]; [X.] [X.]O Rn.
38). Dies ist auch der Standpunkt des [X.], der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dementsprechend die Versor-gungspunkte solcher Beschäftigter, die die Wartezeit noch nicht erfüllt haben, in die Berechnung seiner Ausgleichsforderung eingestellt hat.
19
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9
-

b) Die Gleichstellung von Versicherten mit und ohne erfüllte War-tezeit benachteiligt das ausgeschiedene Mitglied
unangemessen, weil dem von ihm geforderten finanziellen Ausgleich keine Belastung der Kasse gleichen Umfangs zu Grunde liegt. Die von §
15 Abs.
1 Satz
2
Buchst.
b [X.] erfassten Versicherten ohne Erfüllung der Wartezeit können nur dann bei Eintritt des Versicherungsfalls Leistungen geltend machen, wenn sie nach dem Ausscheiden des Mitglieds bei einem ande-ren Arbeitgeber, der Mitglied der Kasse ist oder eine Überleitung vor-nimmt, ihre Wartezeiten auffüllen konnten. Dafür müsste die bisherige Beschäftigung beim ausscheidenden Mitglied beendet werden und ein neues Arbeitsverhältnis bei einem solchen Arbeitgeber aufgenommen werden. In welchem Umfang dies tatsächlich der Fall ist und mit welcher Wahrscheinlichkeit daher von diesem Personenkreis jemals Ansprüche gegen die Kasse geltend gemacht werden, ist weder dargelegt noch er-kennbar. Indes kann die Kasse nur einen Ausgleich für die finanziellen Lasten verlangen, die ihr durch die Versorgung der Beschäftigten des ausscheidenden Mitglieds entstehen, das
keine Umlagen mehr zahlt. Die Umlagengemeinschaft hat nur ein rechtlich geschütztes Interesse am Schutz vor Belastungen, denen sie auch tatsächlich ausgesetzt ist (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
46
ff.; [X.] [X.]O Rn.
38
ff.; jeweils m.w.[X.]).

c) Die Gegenargumente der Revision vermögen nicht zu überzeu-gen:

[X.]) Dies gilt zunächst für den Einwand, dass gegenüber Unter-nehmen der Kontrollmaßstab des §
307 BGB großzügiger sei. Es ist nicht ersichtlich, warum ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mehr als die 21
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-

durch seine Beschäftigten tatsächlich hinterlassenen finanziellen [X.] ausgleichen soll und es ihm daher zuzumuten wäre, den vollen Ausgleichsbetrag
für Versicherte vor Erfüllung der Wartezeit entrichten zu müssen (Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
50; [X.] [X.]O Rn.
42).

[X.]) Der
Kläger kann keine im Handelsverkehr geltende Gewohn-heit beanspruchen. An einer Verkehrssitte, die ein Indiz für die [X.] sein könnte, fehlt es deshalb, weil keine Anhaltspunkte be-stehen, dass der fragliche Regelungsgehalt der Klausel von den beteilig-ten [X.] generell als maßgeblich und angemessen erachtet wird (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
51; [X.] [X.]O Rn.
43; jeweils m.w.[X.]).

cc) Entgegen der Ansicht der Revision stellt die Einbeziehung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit keinen untergeordneten Teil des [X.]
dar. Der Anteil von etwas über 5
% (428.070

)
an der Ausgleichsforderung ist keine zu vernachlässigende Summe. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die betroffenen Beschäftigten nach dem [X.] des Mitglieds über einen anderen Arbeitgeber ihre Wartezeit bei der Kasse in einem Ausmaß auffüllen, das die volle Berücksichtigung dieses Personenkreises bei der Ausgleichsforderung rechtfertigen könnte. [X.] den von der Revision vermittelten Eindruck, dass die Auffüllung der Wartezeit und der Wechsel der Beschäftigung der Normalfall sei, spricht weiterhin, dass dem Arbeitnehmer nach Beendigung der Mitgliedschaft seines Arbeitgebers bei der Kasse ein tarifvertraglich oder im [X.] zugesagter Anspruch auf Zusatzversorgung erhalten bleibt, sein [X.] gegenüber dem
Arbeitgeber also 24
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-

weiterhin besteht (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
52; [X.] [X.]O Rn.
44; jeweils m.w.[X.]).

3.
Zutreffend hat das Berufungsgericht eine unangemessene Be-nachteiligung des ausscheidenden Mitglieds auch darin gesehen, dass dieser den zu leistenden Ausgleich durch die Zahlung des [X.] der bei der Kasse verbleibenden Versorgungslast zu erbringen hat (vgl. Se-natsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
57
f.; [X.] [X.]O Rn.
49
f.).

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht auf die weitreichenden [X.] Belastungen des ausscheidenden Mitglieds abgehoben. Die Entrichtung des [X.] als Einmalzahlung bedeutet, dass das
ausscheidende Mitglied
die Versorgungslasten der künftigen [X.], die von seinen Beschäftigten herrühren, auf einmal zu leisten hat. Dabei handelt es sich gemäß §
15 Abs.
2 [X.] um einen durch zahlreiche Korrekturfaktoren ergänzten
Barwert der derzeitigen und künf-tigen Leistungen des [X.]. Dies stellt die komplette Ersetzung der Umlagefinanzierung durch eine Kapitaldeckung zu einem Stichtag dar. Das
ausscheidende Mitglied muss die bestehenden Anwartschaften und Renten komplett ausfinanzieren, d.h. auf einmal eine Kapitaldeckung schaffen. Gleichzeitig muss es
wegen des [X.] seiner Arbeitnehmer diesen auch nach Beendigung der Mit-gliedschaft bei dem
Kläger eine laufende Zusatzversorgung gewährleis-ten. Dies trifft das
ausscheidende
Mitglied umso härter, als seine bishe-rigen Aufwendungen für die Zusatzversorgung in Gestalt der Umlage durch Auskehrung an die Leistungsempfänger und fehlende Anrechnung auf den Ausgleichsbetrag verloren sind. Weiterhin sind wegen der lau-fenden [X.] in der Regel keine Rücklagen für die Erfüllung 26
27
-
12
-

der Ausgleichsforderung gebildet worden. Daher ist es für den [X.]den von gravierendem Nachteil, dass die finanziellen Lasten der [X.] auf einmal fällig gestellt werden (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
60
ff.; [X.] [X.]O Rn.
52
ff.; jeweils m.w.[X.]).

b) Die Einmalzahlung bedingt weiterhin, dass alle derzeitigen und künftigen Leistungen der Kasse in den kommenden Jahren in eine [X.] Summe umgerechnet werden müssen. Die Bewertung von [X.] der
Kasse,
die unter Umständen erst in Jahrzehnten zu erbringen sind, birgt erhebliche Prognoserisiken (Lebenserwartung, Zinsentwick-lung, etc.). Zwar gibt es für den [X.] keine Nachschuss-pflicht bei zu niedriger Kalkulation und keine Rückerstattung bei zu hoher Kalkulation.
Das Risiko, dass sich die Prognosen als unzutreffend [X.], wird daher sowohl vom [X.] als auch von der Kasse gemeinsam getragen.
Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich aber bereits daraus, dass man das
ausgeschiedene Mitglied
einem der-art gravierenden Prognoserisiko aussetzt, obwohl dies nicht zwingend notwendig ist, da es Möglichkeiten zur Ausgestaltung des [X.] gibt, die dieses Risiko nicht aufweisen. Zu nennen
ist etwa die so genannte Erstattungslösung, bei der der Ausscheidende die Renten für seine Arbeitnehmer zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt erstattet, d.h. nicht heute künftige Renten mit einem prognostizierten Barwert zahlt, sondern künftig das ausgleicht, was die Kasse jeweils bei Fälligkeit an seine (ehemaligen) Beschäftigten leistet (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
63
f.; [X.] [X.]O Rn.
55
f.; jeweils m.w.[X.]).
28
-
13
-

c) Soweit der Kläger
sein Interesse an einem "schnellen Schnitt" und einer zügigen Vertragsabwicklung betont, berücksichtigt er
nicht, dass er ein Versicherungsvertragsverhältnis betreut, das zunächst auf unbestimmte [X.] abgeschlossen wurde. Auch nach einer Kündigung hat sich die Kasse wegen des Weiterbestehens der Verpflichtungen gegen-über ihren Versicherten auf eine über viele Jahre angelegte [X.] und damit auf ein langes Nachwirken der
gekündigten Mitglied-schaft einzustellen. Einen "schnellen Schnitt" gibt es unter Berücksichti-gung der Leistungsseite ohnehin nicht. Daher stellt es für den Kläger keinen übermäßigen Nachteil dar, sich auch beim finanziellen Ausgleich der [X.] auf einen längeren Abwicklungszeitraum einzustellen, auch wenn dies möglicherweise mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand verbunden ist. Er ist nicht gehindert, das
ausscheidende Mitglied
mit die-sen Kosten angemessen zu belasten (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
66; [X.] [X.]O Rn.
58).

d) Die vom Kläger
befürchtete Erhöhung des [X.] ist gegenüber den Interessen des ausgeschiedenen Mitglieds
nachrangig. Bei einer ungekündigten Mitgliedschaft sieht sich der Kläger
in der Lage, dieses Insolvenzrisiko auf zeitlich unbestimmte [X.] zu tragen. Dabei trifft er allerdings für den Fall der Privatisierung Vorkehrungen, um diesem Risiko zu begegnen, z.B. die selbstschuldnerische Bürgschaft einer juris-tischen Person des öffentlichen Rechts (§
11
Abs.
3 [X.] i.V.m.
§
12 Abs.
1 Satz
2 [X.]). Die derzeit zur Begrenzung des [X.] allein vorgesehene Ausgestaltung des [X.] als Einmalzah-lung ist unverhältnismäßig. Zum einen trifft sie unterschiedslos alle [X.] und damit auch solche, die nicht insolvenzfähig sind oder deren Insolvenzrisiko voll abgesichert ist -
etwa weil nach einer Privatisierung 29
30
-
14
-

die selbstschuldnerische Bürgschaft einer nicht insolvenzfähigen juristi-schen Person des öffentlichen Rechts vorgelegt wurde. Zum anderen schneidet sie dem ausscheidenden Mitglied die Möglichkeit einer alterna-tiven Insolvenzsicherung wie die Bürgschaft einer nicht insolvenzfähigen juristischen Person des öffentlichen Rechts, die Deckungszusage eines Versicherers oder eine entsprechende Bankbürgschaft ab (vgl. Senatsur-teile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
67
ff.; [X.] [X.]O Rn.
59
ff.).

e) Die gegen diese Interessenabwägung vorgebrachten Einwände der Revision überzeugen nicht.

[X.]) Anders als die Revision meint, führt die Möglichkeit der Stun-dung nach §
15
Abs.
5
Satz
2 [X.] zu keinem Ausgleich, der
die Unan-gemessenheit beseitigt. Eine wegen ihres Inhalts unwirksame Bestim-mung wird nicht dadurch wirksam, dass der Berechtigte davon nicht in vollem Umfang Gebrauch macht (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
71; [X.] [X.]O Rn.
63).

[X.]) Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht zwingend, dass eine Einmalzahlung deshalb für das
ausscheidende
Mitglied
von Vorteil ist, weil es
bei einer anderen Ausgestaltung Rückstellungen nach §§
249, 253 HGB und §
6a EStG bilden müsste. Für eine ungewisse Verbindlichkeit i.S. des §
249 Abs.
1 Satz
1 HGB -
wie eine Versor-gungsverpflichtung des Arbeitgebers
-
darf eine Rückstellung nur dann gebildet werden, wenn aus der Sicht des [X.] eine Inan-spruchnahme des Verpflichteten wahrscheinlich ist. Der Träger des [X.] muss nicht damit rechnen, selbst aus der Versorgungsverpflich-tung in Anspruch genommen zu werden, wenn anfallende Versorgungs-31
32
33
-
15
-

leistungen nach den am Bilanzstichtag bestehenden Erkenntnissen vo-raussichtlich von einer Versorgungskasse weiter erbracht werden (Se-natsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
72
f.; [X.] [X.]O Rn.
64
f.; jeweils m.w.[X.]).

4.
§
15
Abs.
2 [X.] ist -
worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist
-
weiterhin gemäß §
307
Abs.
1 Satz
2 BGB intransparent, weil nicht alle Berechnungsgrundlagen des [X.]
offen gelegt werden. Der Verweis in §
15 Abs.
2 Satz
1
[X.] auf die Berechnung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen genügt nicht, um den Versicherungsnehmer in die Lage zu versetzen, die gegen ihn erhobene Ausgleichsforderung nachzuvollziehen und zu überprüfen. §
15
Abs.
2 [X.] nennt zwar einige Rechnungsgrundlagen, allerdings ohne den [X.] auf Vollständigkeit zu erheben. Berechnungsmethode und [X.] wie z.B. die zu Grunde gelegten Sterbetafeln sind we-der aus der Satzung noch aus veröffentlichten [X.] vollständig ersichtlich. Eine unangemessene Benachteiligung des ausgeschiedenen Mitglieds liegt mithin in der Gefahr, dass
es
wegen un-klar abgefasster Bedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, weil ihm die unklaren Berechnungsgrundlagen die Möglichkeit zu einer eigen-ständigen Überprüfung der erhobenen Ausgleichsforderung -
ggf. mittels eines eigenen Gutachtens
-
nehmen (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
74
ff.; [X.] [X.]O Rn.
66
ff.; jeweils m.w.[X.]).

5. Da §
15
Abs.
1 und 2 [X.]
aus den genannten Erwägungen unwirksam ist, kommt es auf etwaige weitere [X.] nicht an.

34
35
-
16
-

6.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht für die durch die un-wirksame Bestimmung des [X.] entstandene Regelungslü-cke eine ergänzende Vertragsauslegung zugelassen, die die Möglichkeit einer neuen Satzungsregelung einschließt. Es hat die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung beanstandungsfrei bejaht und hierbei insbesondere herausgestellt, dass der ersatzlose Wegfall der Ausgleichsregelung für die Kasse eine unzumutbare Härte wäre. Die ansonsten eröffnete Mög-lichkeit der ausgleichslosen Abwälzung von [X.] auf die [X.] Mitglieder stellte eine gravierende Belastung der Solidarge-meinschaft dar. Eine Beendigung der Mitgliedschaft ohne jeglichen [X.] Ausgleich kann
auch die Beklagte redlicherweise nicht für sich in Anspruch
nehmen. Die Parteien hätten bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach [X.] und Glauben deshalb vereinbart, dass eine Neuregelung des [X.] im Satzungsänderungs-verfahren rückwirkend auch für die bereits beendete Mitgliedschaft [X.] sein soll. Zur jetzigen Ausgestaltung des [X.] kommen

36
-
17
-

zahlreiche Alternativen in Betracht, wie die bereits erwähnte Erstattungs-lösung (vgl. Senatsurteile vom 10.
Oktober 2012 -
[X.] [X.]O Rn.
79
ff.; [X.] [X.]O Rn.
71
ff.; jeweils m.w.[X.]).

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr.
Karczewski

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.03.2010 -
9 O 2917/05 -

OLG Naumburg, Entscheidung vom 28.02.2012 -
12 U 34/10 -

Meta

IV ZR 131/12

13.02.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2013, Az. IV ZR 131/12 (REWIS RS 2013, 8215)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8215

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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