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PDF anzeigen[X.]:[X.]:[X.]:2016:270416U[X.]372.15.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
IV ZR 372/15
Verkündet am:
27. April 2016
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
[X.]Z: ja
[X.]R: ja
[X.] § 19 Abs. 4 und 5
1.
Das Rücktrittsrecht des Krankenversicherers bei grob fahrlässiger Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten ist nicht deshalb gemäß § 19 Abs. 4 [X.] aus-geschlossen, weil der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Versicherungs-schutz im Basistarif hat.
2.
Zu den formalen Anforderungen an eine Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 [X.].
3.
Der Wirksamkeit der Belehrung steht es nicht entgegen, dass bei der Darstellung der Rechtsfolgen der Vertragsanpassung nicht ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass kein Versicherungsschutz für einen bereits eingetretenen Versiche-rungsfall besteht, wenn durch Vertragsanpassung rückwirkend ein Risikoaus-schluss Vertragsbestandteil wird.
[X.], Urteil vom 27. April 2016 -
IV ZR 372/15 -
[X.] [X.]
[X.]
-
2
-
Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die
Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2016
für Recht erkannt:
Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 3. Zivil-senats des [X.] vom 9.
Juli 2015 wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einem privaten [X.] und auf Feststellung dessen
Fortbestehens in Anspruch.
Zwischen den Parteien besteht seit dem 1.
Januar 2012 ein Vertrag, dem unter anderem
"Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten-
und Krankenhaustagegeldversicherung"
(MB/KK 2009) zugrunde liegen. Im
Versicherungsantrag des [X.]
vom 29.
De-zember 2011 war den "Angaben zum Gesundheitszustand"
folgender fettgedruckter Hinweis
vorangestellt:
"Die Gesundheitsfragen sind
nach bestem Wissen sorgfäl-tig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen [X.] gemäß §
19 Abs.
5 [X.] unter Ziffer
12.
der [X.]
-
3
-
rungen
des Antragstellers und der zu versichernden Perso-nen."
Der Kläger beantwortete die diesem Hinweis nachfolgenden
Fra-gen
"Fanden in den letzten 3
Jahren Untersuchungen oder Behandlun-gen statt?" und "Wird eine Brille oder werden Kontaktlinsen getragen?" mit ja und verneinte die restlichen Fragen. [X.] gab er zur ersten Frage "Vorsorgeuntersuchungen
ohne Befund Juni 2010" an.
Ferner fand sich unter der Rubrik "Schlusserklärungen und Unter-schriften" mehrere Zeilen vor der [X.] der in Fettdruck ver-fasste
"Hinweis: Bevor Sie den Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auch die Erklärungen auf
den letzten Seiten. Sie [X.] unter anderem Ihre Erklärung zur generellen Entbin-dung von der Schweigepflicht (siehe
Ziffer
8 a und c), Ihre Einwilligung nach dem [X.] (siehe
Ziffer
9) und die Mitteilung nach §
19 Abs.
5 [X.] über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (siehe
Ziffer
12). Mit Ihrer Unterschrift machen Sie die [X.] zum Inhalt des Antrags."
Die dem Antragsformular beigefügten "Erklärungen des Antragstel-lers und der zu versichernden Personen"
enthalten unter Ziffer
12 eine eingerahmte "Mitteilung nach §
19 Abs.
5 [X.] über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht". Dort heißt es unter [X.]m:
"Welche vorvertraglichen Anzeigepflichten bestehen?
(fett-gedruckt)
i-
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3
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4
-
Welche Folgen können eintreten, wenn eine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wird?
(fettgedruckt)
1. Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes (fett-gedruckt) -
Verletzen Sie die vorvertragliche Anzeigepflicht, können wir vom Vertrag zurücktreten. Dies gilt nicht, wenn Sie nachweisen,
dass weder Vorsatz noch grobe Fahrläs-sigkeit vorliegt. Bei grob fahrlässiger Verletzung der Anzei-gepflicht haben wir kein Rücktrittsrecht, wenn wir den [X.] auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätten. Sofern
Versicherungsschutz nach dem Basistarif besteht, kann nur bei einer vorsätzlichen Verletzung der [X.] zurückgetreten werden.
3. Vertragsänderung (fettgedruckt)
-
Können wir nicht zu-rücktreten oder kündigen, weil wir den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Gefahrumstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätten, werden die anderen Bedingungen auf Verlangen Vertragsbestand-teil. Haben Sie die Anzeigepflicht fahrlässig verletzt, wer-den die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbe-standteil. "
Außerdem ließ sich die Beklagte vom Kläger eine zusätzliche "Er-klärung zum Antrag"
unterschreiben, in der sich unter anderem
folgender "Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht"
(fettgedruckt) befindet:
"Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berech-tigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beach-ten Sie hierzu die Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrages. Sie enthalten u.a. die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 [X.] über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen An-zeigepflicht."
5
-
5
-
Nach Vertragsschluss reichte der Kläger bei der [X.] [X.] ein und verlangte deren Erstattung. Anlässlich der Über-prüfung der Rechnungen holte die Beklagte verschiedene Arztberichte ein. Aus einem Arztbericht vom 20.
Februar 2013 ergibt sich, dass der Kläger in jener Praxis im Zeitraum von März 2011 bis Mai 2011 fünfmal in ärztlicher Behandlung
wegen anhaltender belastungsabhängiger bren-nender Schmerzen und Kribbelparästhesien an beiden Fußsohlen war. Diagnostiziert wurden
eine Arthrose der Mittelfußgelenke mit Metatarsal-gie beidseits bei [X.] beidseits und Hallux Valgus beidseits sowie Spreizfuß beidseits, Osteochondrose, Spondylarthrose der unteren LWS und rheumafaktorpositive Oligoarthritis. Ferner befand sich der Kläger in internistischer Mitbehandlung bei einem Rheumatologen. In
der
Stel-lungnahme eines weiteren Arztes vom 13.
Februar 2013
heißt es, dass der Kläger dort im Juni und Juli 2011 in Behandlung war und bei ihm [X.] Anämie und erhöhte Leberwerte festgestellt wurden. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 2. März 2013 den Rücktritt vom Vertrag
und wiederholte diesen am 16.
März 2013.
Das [X.] hat die auf Zahlung nicht erstatteter Rechnungen in Höhe von 2.142,87
i-schen den Parteien bestehende [X.] durch den seitens der [X.] erklärten Rücktritt nicht aufgelöst wurde, sondern ab Beginn von Vergangenheit und Zukunft weiter fortbesteht, und [X.] vorgerichtlicher Kosten gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlan-desgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen.
Mit der [X.] verfolgt dieser
sein Begehren weiter.
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7
-
6
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Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
[X.] Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 1279 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Beklagte sei gemäß §
19 Abs.
2 [X.] wirksam vom [X.] zurückgetreten. Der Kläger habe seine Anzeigepflicht schuldhaft dadurch verletzt, dass er die Frage nach Untersuchungen oder Behandlungen, die in den letz-ten drei Jahren vor Antragstellung stattgefunden hätten, mit dem bloßen Hinweis auf Vorsorgeuntersuchungen ohne Befund im Juni 2010 objektiv unrichtig beantwortet habe. Nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme stehe ferner fest, dass die Falschangaben gefahrerheblich seien. Dem Kläger falle bezüglich dieser Angaben zumindest grobe Fahrlässigkeit zur Last. Die Auffassung, wonach bei einer unrichtigen Beantwortung von Gesundheitsfragen
gemäß §
19 Abs.
4 Satz
1 [X.] das Rücktritts-recht des privaten Krankenversicherers ausgeschlossen sei, sofern die Grenze zum Vorsatz nicht überschritten, vielmehr nur grobe Fahrlässig-keit festzustellen sei, werde nicht geteilt. Zwar habe der Versicherer dem Versicherungsnehmer unter den Voraussetzungen des §
193 Abs.
5 Satz
1 und 2 [X.] Versicherungsschutz im Basistarif zu gewähren und dürfe diesen Antrag nur unter den Voraussetzungen des
§
193 Abs.
5 Satz
4 [X.] ablehnen.
Daraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, die Beklagte könne im Streit um die Wirksamkeit der Kündigung des vorliegenden [X.]es, der nicht im Basistarif geführt worden sei, nicht damit gehört werden, dass sie den [X.] mit dem Kläger nicht geschlossen hätte. §
19 Abs.
4 [X.] erfasse den möglichen Tarifwechsel 8
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in den Basistarif nicht. "Andere Bedingungen" im Sinne von §
19 Abs.
4 [X.] seien [X.], Prämienerhöhungen, Selbstbehalt, [X.] Laufzeiten sowie eine andere Versicherungssumme und setzten damit voraus, dass der abgeänderte Vertrag dem ursprünglichen Vertragstyp entspräche. Das sei beim Basistarif nicht der Fall.
Schließlich sei auch das Belehrungserfordernis des §
19 Abs.
5 [X.] eingehalten. Der Kläger habe eine Erklärung unterzeichnet, die un-ter der
durch Fettdruck hervorgehobenen
Überschrift "Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht" einen Hinweis auf die Erklärungen auf den letzten Seiten des [X.] enthalten habe. Hier finde sich in Ziffer
12 ein
durch Einrahmung hervorgehobener
Text, der die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ausführ-lich darstelle.
I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Ohne Erfolg macht die Revision zunächst geltend, die von der [X.] verwendete Belehrung genüge
nicht den
Anforderungen
des §
19 Abs.
5 Satz
1 [X.]. Hiernach stehen dem Versicherer die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den
Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer [X.]verletzung hingewiesen hat.
a) Der Senat hat bereits zu §
28 Abs.
4 [X.] entschieden, dem Er-fordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform genüge es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einen
Fragebo-gen oder ein sonstiges
Schreiben aufnimmt, in welchen dem Versiche-10
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rungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Versicherungsfalles gestellt werden (Urteil vom 9.
Januar 2013
IV
ZR 197/11, [X.]Z 196, 67 Rn.
15). Einer von sonstigen Erklärungen getrennten Urkunde bedarf es für die gesonderte Mitteilung in Textform nicht. Entsprechendes gilt auch für die Regelung in §
19 Abs.
5 [X.]. Allerdings muss die Belehrung in diesen Fällen drucktechnisch so gestaltet sein, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (Senatsurteil aaO Rn.
24).
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass [X.] Voraussetzungen hier erfüllt sind. Im Antragsformular verweist die Beklagte zunächst im Fettdruck unmittelbar vor den Gesundheitsfragen darauf, dass eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht den Versicherer zum Rücktritt, zur Kündigung oder zur Vertragsanpassung berechtigen kann. Hierzu wird auf die näheren Ausführungen zur Bedeu-tung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß §
19 Abs.
5 [X.] unter Ziffer 12 der Erklärungen des Antragstellers verwiesen. In der ebenfalls im Antragsformular enthaltenen Rubrik "Schlusserklärungen und Unter-schriften" erfolgt ein weiterer in Fettdruck gehaltener Hinweis auf die "letzten Seiten"
und die dort enthaltenen Erklärungen zu den Folgen der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht. Hierzu nimmt die [X.] erneut auch ausdrücklich auf Ziffer 12 der dem Antragsformular beigefügten Erklärungen Bezug. In diesen selbst werden sodann die [X.] und Rechtsfolgen der der [X.] zustehenden Rechte gemäß §
19 Abs. 2 bis 4 [X.] im Einzelnen geschildert. Dieser Hinweis ist mit einem schwarzen Rahmen umrandet. Ferner sind die Überschrift zu Ziffer 12 sowie im weiteren Text der Hinweis auf die Folgen einer [X.] der vorvertraglichen Anzeigepflicht einschließlich unter anderem
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der Zwischenüberschriften "Rücktritt und Wegfall des Versicherungs-schutzes"
und "Vertragsänderung"
fettgedruckt.
Zusätzlich
hat die Beklagte den Kläger in der von ihm unterschrie-benen "Erklärung zum Antrag" in einem gesonderten "Hinweis zur vor-vertraglichen Anzeigepflicht" erneut darauf aufmerksam gemacht, dass die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung oder zu einer Vertragsanpassung berechti-gen kann. Hierzu hat sie wiederum auf die Erklärungen auf den "letzten Seiten"
des Antrags zu §
19 Abs.
5 [X.] verwiesen. Die Überschrift "Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht" ist fettgedruckt. Die beson-dere Bedeutung dieser Erklärung wird dem Versicherungsnehmer dadurch verdeutlicht, dass er neben dem eigentlichen [X.] noch zusätzlich diese Erklärung zum Antrag zu unterschreiben hat.
Die Beklagte hat den Kläger auf diese Weise
mehrfach in druck-technisch hervorgehobener Form auf die ihr bei Verletzung der vorver-traglichen Anzeigepflicht zustehenden Rechte hingewiesen. Eine [X.] "Doppelbelehrung", in der der Versicherer zunächst
unmittelbar im räumlichen Zusammenhang mit den gestellten Gesundheitsfragen (und hier ergänzend durch eine gesondert zu unterschreibende Erklärung) auf die möglichen Folgen der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht all-gemein hinweist und diese sodann
an einer genau bezeichneten Stelle im Einzelnen erläutert, ist mit dem Belehrungserfordernis des §
19 Abs.
5 [X.] vereinbar (vgl. hierzu [X.] München
r+s 2016, 68 Rn.
4-6;
Beschluss vom 8.
September 2015,
VersR 2016, 515; anders [X.] Hamm VersR 2016, 103
unter 1).
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b) Auch inhaltlich ist die Belehrung in Ziffer 12 der dem Antrags-formular beigefügten Erklärungen nicht zu beanstanden.
aa) Der Wirksamkeit der Belehrung steht es nicht entgegen, dass bei der Darstellung der Rechtsfolgen der Vertragsanpassung nicht aus-drücklich darauf verwiesen wird, dass kein Versicherungsschutz für ei-nen bereits eingetretenen Versicherungsfall besteht, wenn durch [X.]sanpassung rückwirkend ein Risikoausschluss Vertragsbestandteil wird, der ein Risiko betrifft, das sich sodann in dem eingetretenen Versi-cherungsfall realisiert hat ([X.], 1357
unter (1) b; [X.] Mün-chen
VersR 2016, 515
Rn.
7; a.A. LG Dortmund NJW-RR 2013, 1371 Rn.
44;
r+s 2013,
322 Rn.
15-18; Urteil vom 10.
März 2011
2 O 105/10, juris Rn.
30). Zwar fehlt -
worauf die Revision zutreffend hinweist -
in der Belehrung anders als beim Rücktritt ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass der Versicherungsschutz auch rückwirkend verlorengehen kann. Dies vermittelt dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer aber nicht den Eindruck, dass es hierzu bei der rückwirkenden Vertragsanpassung im Umkehrschluss nicht kommt. Vielmehr wird für ihn
durch den aus-drücklichen Hinweis, dass bei fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil werden, hin-reichend deutlich, dass er nicht nur im Falle des Rücktritts seinen Versi-cherungsschutz für die Vergangenheit verlieren kann, sondern auch die Gefahr der rückwirkenden Einführung eines Risikoausschlusses besteht, was dann zwangsläufig mit dem Verlust des Versicherungsschutzes für bereits eingetretene Versicherungsfälle verbunden ist.
bb) Soweit die Beklagte in Ziffer 12 der dem Antragsformular [X.] Erklärungen ferner darauf verweist, im Falle von [X.] nach dem Basistarif könne der Versicherer nur bei einer 17
18
19
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11
-
vorsätzlichen Verletzung der Anzeigepflicht vom Vertrag zurücktreten, kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht darauf an, ob [X.] Belehrung richtig ist, da für den Kläger zu keinem Zeitpunkt
[X.] im Basistarif bestand. Er war von vornherein in einem [X.]n Tarif versichert. Die insoweit erteilte Belehrung betrifft hier mithin ei-nen anderen, strukturell nicht vergleichbaren Vertragstyp
(nachfolgend unter 2.).
2. Dem
Rücktrittsrecht der [X.] steht
auch nicht §
19 Abs.
4 [X.]
entgegen. Hiernach ist das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht ausgeschlossen, sofern
er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen,
geschlossen hätte. Die anderen Bedin-gungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
Gemäß §
194 Abs.
1 Satz
3 [X.] ist §
19 Abs.
4 [X.] auf die Krankenversicherung nur dann nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer
wie hier nicht
die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat.
a) Unterschiedlich beurteilt wird, ob das Rücktrittsrecht des [X.] bei grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers ausge-schlossen ist, wenn der Versicherer verpflichtet ist, dem Versicherungs-nehmer Versicherungsschutz im Basistarif zu gewähren. Teilweise wird die Auffassung
vertreten, dass der Versicherer in diesen Fällen nur bei vorsätzlicher Anzeigepflichtverletzung zum Rücktritt berechtigt ist, weil die Versicherung im Basistarif zu den "anderen Bedingungen" im Sinne von §
19 Abs.
4 [X.] zähle ([X.] [X.], Urteil vom 19.
Ja-nuar 2011
7 U 77/10, juris Rn.
38-40; [X.], Urteil vom 23. November 20
21
-
12
-
2012
5 O 46/12, juris Rn.
40; FA-Komm/[X.]/[X.], §
19 Rn.
134; [X.] in jurisPR-VersR 11/2014 Anm.
6). Begründet wird dies damit, dass der Versicherer den Antrag auf Versicherungsschutz im Basistarif gemäß §
193 Abs.
5 Satz
4 [X.] nur ablehnen dürfe, wenn dem
Antragsteller zumindest eine vorsätzliche Verletzung der vorvertraglichen [X.]
zur Last falle. Bei
einer grob fahrlässigen Anzeigepflichtverletzung stünden dem Versicherer die Rechte aus § 193 Abs.
5 Satz
4 [X.] nicht zu, so dass er verpflichtet sei, den Versicherungsnehmer in einem derar-tigen Fall gemäß §
19 Abs.
4 [X.] zu den anderen Bedingungen im [X.] des Basistarifs zu versichern.
Das Berufungsgericht sowie das [X.] Dortmund (r+s 2015, 244) vertreten demgegenüber die Auffassung, der Kontrahierungszwang des Krankenversicherers zum Abschluss einer Versicherung im Basistarif schließe auch bei grob fahrlässiger Verletzung vorvertraglicher [X.]en das Rücktrittsrecht nicht im Sinne von §
19 Abs.
4 [X.] aus.
b) Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu. Hierfür sprechen [X.] Wortlaut und Systematik der gesetzlichen Regelungen. Das [X.] schließt nicht jede Möglichkeit des Versicherers aus, sich von einem [X.] auch dann zu lösen, wenn mit diesem eine Pflicht nach §
193 Abs.
3 Satz
1 [X.] erfüllt wird. So finden wegen [X.] vorvertraglicher Anzeigepflichten weiterhin die §§
19
ff., 22 [X.] Anwendung. Sie erfahren lediglich gemäß §
194 Abs.
1
Satz
3
[X.] eine Modifikation dahin, dass §
19 Abs.
4 [X.] auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden ist, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat (vgl. hierzu Senatsurteil vom
7.
De-zember 2011
[X.], [X.], 219
Rn. 22). Eine Beschrän-22
23
-
13
-
kung des Rücktrittsrechts auf Fälle vorsätzlicher Anzeigepflichtverletzung enthalten die §§
19
ff., 194 Abs.
1 Satz
3 [X.] demgegenüber nicht.
Ferner umfasst der Begriff der "anderen Bedingungen" im Sinne von §
19 Abs.
4 [X.] den Vertragsschluss im Basistarif von vornherein nicht. §
19 Abs.
4 [X.] knüpft an die Verletzung der Anzeigepflicht nach §
19 Abs.
1 und 2 [X.] hinsichtlich der anzugebenden gefahrerheblichen Umstände an. Es handelt sich mithin um verschwiegene oder falsch an-gegebene Gefahrumstände, bei deren richtiger Kenntnis der Versicherer den Vertrag gar nicht oder nicht zu diesen Bedingungen abgeschlossen hätte. Um solche vertragsändernden Umstände geht es beim Basistarif nicht, da bei diesem
-
mit Ausnahme von § 203 Abs. 1 Satz 3 [X.] -
kei-ne Risikoprüfung im Rahmen der Entscheidung über die Annahme des Antrages stattfindet. Unter "anderen Bedingungen" im Sinne von §
19 Abs.
4 [X.] sind vielmehr
[X.], Prämienerhöhungen, Selbstbehalte, andere Laufzeiten, andere Versicherungssummen oder ähnliches zu verstehen ([X.], 244 unter [X.]; Prölss/[X.]/Armbrüster, [X.] 29.
Aufl. §
19 Rn.
115).
Der Basistarif stellt gegenüber den übrigen Tarifen in der privaten Krankenversicherung einen anderen Vertragstyp dar, so dass nicht von "anderen Bedingungen"
im Sinne von §
19 Abs.
4 [X.] gesprochen wer-den kann (vgl. LG Dortmund
aaO). Hierbei spielt es
anders als die Re-vision meint
keine Rolle, dass der Gesetzgeber grundsätzlich die Mög-lichkeit eines Wechsels zwischen Basistarif und Normaltarifen bei beste-hendem Versicherungsverhältnis in der privaten Krankenversicherung eröffnet. Mit dem [X.] des §
204 [X.] wird aus [X.] Gründen bezweckt, insbesondere älteren Versicherungsnehmern bei Schließung ihres [X.] die Möglichkeit zu eröffnen, eingetretene Kos-24
25
-
14
-
tensteigerungen durch einen Wechsel in einen anderen Tarif zu vermei-den (Senatsurteile vom 15. Juli 2015
IV ZR 70/15, [X.], 1012 Rn. 8; vom 12. September 2012
[X.], [X.], 1422 Rn. 7).
Das ändert indessen nichts daran, dass zwischen der Versicherung im Basistarif und den Normaltarifen in der privaten Krankenversicherung strukturelle Unterschiede
bestehen. Für den Basistarif im Sinne von §
12
Abs. 1a
[X.] a.[X.] (ab
1.
Januar
2016: §
152
[X.]) sieht der Gesetzgeber bestimmte Vertragsinhalte vor, die bei anderen Krankenversicherungs-verträgen der privatautonomen Gestaltung der Parteien überlassen sind. Lediglich für den Basistarif besteht ein Kontrahierungszwang des [X.] nach §
193 Abs.
3 Satz
1, Abs.
5 [X.]. Bei diesem ist ferner
wie schon ausgeführt -
gemäß §
203 Abs.
1 Satz
3 [X.] nur eine ein-geschränkte Risikoprüfung zulässig, soweit sie für Zwecke des [X.] nach §
12g [X.] (ab 1. Januar 2016: § 154 [X.]) oder für spätere Tarifwechsel erforderlich ist. §
204 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 Halb-satz
4
und 5
[X.]
enthält schließlich Sonderregelungen für den Wechsel des [X.] vom Basistarif in einen anderen Tarif und umgekehrt (vgl. er-gänzend §
20 MB/KK 2009).
Die Gegenauffassung hätte
zur Folge, dass der Versicherer zu ei-nem Abschluss des [X.] verpflichtet wird, obwohl der Versicherungsnehmer einen derartigen Antrag zu keinem Zeitpunkt ge-stellt hat. Auch hier hat der Kläger weder bei der ursprünglichen Antrag-stellung noch anlässlich des Rücktritts der [X.] vom Vertrag den Abschluss einer Versicherung im Basistarif
beantragt. Soweit die [X.] geltend macht, auf gebotene Nachfrage in der Berufungsinstanz hätte er einen solchen Antrag gestellt, vermag dies einen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts nicht zu begründen. Dieses war gemäß §
139 ZPO nicht verpflichtet, den Kläger danach zu befragen, ob er, falls die [X.]
-
15
-
te wegen Falschangaben wirksam vom Vertrag zurückgetreten sein soll-te, bei ihr
oder bei einem anderen Versicherer einen Vertrag im Basistarif schließen wolle. So hat der Kläger auch auf den Hinweis des Berufungs-gerichts vom 3.
November 2014 unter anderem
zur Problematik des §
19 Abs. 4 [X.] in keiner Weise reagiert und selbst nicht geltend gemacht, zumindest im Basistarif bei der [X.] weiterversichert werden
zu wollen.
Der Kläger wird durch den Rücktritt der [X.] im Übrigen auch nicht schutzlos gestellt. Den Interessen des Versicherungsnehmers wird dadurch Rechnung getragen, dass diesem gemäß
§ 193 Abs. 5 [X.] ein Anspruch zusteht, bei jedem in [X.] zum Geschäftsbetrieb zuge-lassenen Versicherungsunternehmen im Basistarif versichert zu werden (Senatsurteile vom 7. Dezember 2011
IV ZR 105/11, [X.]Z 192, 67 Rn.
38; [X.], [X.], 219 Rn. 24). Der Kläger kann entwe-der bei einem anderen Versicherer einen Antrag auf Aufnahme in den Basistarif stellen oder auch von der [X.] den Neuabschluss eines [X.] verlangen, sofern sich diese nicht auf die Ableh-nungsgründe des §
193 Abs.
5 Satz
4 [X.] berufen kann. Der Rücktritt der [X.] von dem zwischen den Parteien gerade nicht im Basistarif geschlossenen Vertrag bleibt entgegen der Revision hiervon [X.].
Gegen eine Beschränkung des Rücktrittsrechts des Versicherers über den Wortlaut der §
19 Abs.
4, §
194
Abs.
1 Satz
3 [X.] hinaus sprechen schließlich auch praktische Gründe (vgl. hierzu auch Senatsur-teil vom 7.
Dezember 2011
IV ZR 105/11, [X.]Z 192, 67 Rn.
39 für den Fall der fristlosen Kündigung eines [X.]es). Der Versicherer müsste im Falle einer grob fahrlässigen Verletzung der An-27
28
-
16
-
zeigepflicht seinen Rücktritt vom [X.] beschränken, der über den Basistarif hinausgeht. Hierzu müssten in der [X.] jeweils die Tarife genannt werden, auf die sich der Rücktritt bezieht und diejenigen, die weiter im Basistarif bestehen bleiben. Für diesen Teil des Vertrages, der den Basistarif abdeckt, bestünde ein Rücktrittsrecht nur im Falle vorsätzlichen Handelns des Versicherungsnehmers. Eine derartige Differenzierung nach verschiedenen Arten des [X.] sowie un-terschiedlichen Schuldformen trüge zur Übersichtlichkeit und [X.] nicht bei, sondern begründete
die Gefahr, dass ein im Übrigen
berechtigter Rücktritt aus formalen Gründen unwirksam wäre.
[X.] [X.] Dr.
Karczewski
[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.07.2014 -
2-23 O 203/13 -
[X.] [X.], Entscheidung vom 09.07.2015 -
3 U 122/14 -
Meta
27.04.2016
Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2016, Az. IV ZR 372/15 (REWIS RS 2016, 12280)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 12280
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
IV ZR 372/15 (Bundesgerichtshof)
Private Krankenversicherung: Rücktrittsrecht des Krankenversicherers bei grob fahrlässiger Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten; Anforderungen an die Belehrung …
20 U 169/14 (Oberlandesgericht Hamm)
Nachträglicher Risikozuschlag bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht
20 U 316/21 (Oberlandesgericht Hamm)
20 U 160/19 (Oberlandesgericht Hamm)