Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. KZR 108/10

Kartellsenat | REWIS RS 2012, 7749

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
KZR
108/10
Verkündet am:
27. März 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Elektronischer Programmführer
[X.] § 50;
[X.] § 18; [X.] § 20 Abs. 1
a)
Die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich ge-schützter Text-
und Bildbeiträge, die von Fernsehsendern zur Vorankündi-gung und Bewerbung ihrer Programme im [X.] bereitgestellt werden, durch den
Betreiber eines werbefinanzierten elektronischen Programmfüh-rers ist nicht als Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 [X.] gerechtfertigt.

b)
Der Umstand, dass eine Verwertungsgesellschaft der Aufsicht durch das Pa-tentamt unterliegt (§§
18
ff.
[X.]), steht der Geltendmachung des Ein-wands [X.] Ungleichbehandlung durch den von der [X.] auf Unterlassung in Anspruch genommenen Werknutzer nicht entgegen.

[X.], Urteil vom 27. März 2012 -
KZR 108/10 -
[X.]

[X.]
-
2
-

Der Kartellsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 27. März 2012 durch den Präsidenten des [X.] Prof.
Dr.
Tolksdorf, [X.]
Dr.
Meier-Beck, Dr.
Kirchhoff, Dr.
Löffler und Dr.
Bacher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 15. Dezember 2009 aufge-hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Verwertungsgesellschaft nach §
1 [X.], nimmt auf-grund von [X.] Urheber-
und Leistungsschutzrechte der Fernsehsender
DSF Deutsches Sportfernsehen, Kabel eins, [X.], [X.], [X.], Sat
1, [X.] und [X.]
(im Folgenden: Sendeunter-nehmen)
wahr. In den [X.] wurden
der Klägerin als Treu-händerin zur ausschließlichen Wahrnehmung auch das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§
19a [X.]) von Text-
und Bildmaterial und ergänzend das Recht zur Vervielfältigung (§
16 [X.]) zum Zwecke der [X.]
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digung der jeweiligen Sendung im Rahmen eines elektronischen Programmfüh-rers ([X.] = EPG) eingeräumt. In §
1 Nr.
2 Buchst.
f.
der Wahrnehmungsverträge
hieß es:
Von der Rechteeinräumung ist nicht die Einwilligung umfasst, das [X.] im [X.] verbunden mit Werbeinhalten darzustellen. Eine solche Einwilligung kann nur von den jeweiligen Sendeunternehmen erteilt werden.
Die Sendeunternehmen
stellen in sogenannten "[X.]"
auf Inter-netseiten
Texte und Bilder zur Vorankündigung und Bewerbung ihres [X.] ein.
Die Beklagte betreibt im [X.] einen für die Nutzer kostenlosen werbefi-nanzierten elektronischen Programmführer. Dazu entnimmt sie ohne Zustim-mung der Klägerin oder der ihr angeschlossenen Sendeunternehmen
fortlau-fend Programminformationen (Texte und Bilder) aus den [X.] der Sendeunternehmen, indem sie diese herunterlädt, abspeichert und zur [X.] ihres werbefinanzierten Angebots auf ihren Webservern zum Abruf durch
die Allgemeinheit bereitstellt.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Vervielfältigung (§
16 [X.]) und öffentlichen Zugänglichmachung von
Text-
und Bildmaterial (§
19a [X.]) in Anspruch, welches die Sendeunternehmen
auf ihren [X.]-seiten zur Ankündigung ihrer Programme zur Verfügung stellen. Sie macht gel-tend, die Beklagte dürfe nicht fremdes, urheberrechtlich geschütztes Pro-grammbegleitmaterial anstelle von eigenen Anstrengungen zur Erzielung von
Werbeeinnahmen kostenlos nutzen.
Das [X.] ([X.], ZUM 2009, 980) hat die Beklagte [X.] unter Androhung von [X.] verurteilt, es zu unterlassen,
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4
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a)
das Bildmaterial zur Ankündigung der Programme [X.], Kabel eins, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.], wie es von den genannten Sendern auf [X.]seiten ("[X.]") unter den Adressen [] zur Verfügung gestellt wird,
und
b)
das Wortmaterial zur Ankündigung der Programme [X.], Kabel eins, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.], wie es von den genannten Sendern auf den genannten [X.]seiten zur Verfügung gestellt wird, insbesondere wie die aus der Anlage 1 zum Urteil er-sichtlichen Textbeispiele 1, 2 und 3,
zu vervielfältigen und im Rahmen von elektronischen Programmführern im [X.] öffentlich zugänglich zu machen.
Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben ([X.], ZUM 2010, 362). Mit der vom Senat zugelassenen Revision
verfolgt die Beklagte ih-ren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Die Klägerin beantragt, die [X.] zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch gemäß §
97 Abs.
1, §
2 Abs.
1 Nr.
1 und 5, §
72 Abs.
1, §§
16, 19a [X.], §
6 Abs.
1 [X.] in Verbindung mit den [X.] der Sendeunternehmen bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Klägerin sei nach den [X.] berechtigt, die [X.] in Anspruch zu nehmen. Dem stehe nicht entgegen, dass sie keine [X.] erteilen könne, das Programmankündigungsmaterial verbunden mit Werbeinhalten im [X.] darzustellen. Die Aktivlegitimation sei auch nicht deswegen zu verneinen, weil die Einräumung des Rechts
der öffentlichen Zu-gänglichmachung nach §
19a [X.]
zur Wahrnehmung durch die Klägerin als 6
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kartellrechtlich relevanter Zusammenschluss im Sinne der Verordnung ([X.])
Nr.
139/2004 des Rates vom 20.
Januar 2004 über die
Kontrolle von [X.] (nachfolgend: [X.]) zu werten und daher schwebend unwirksam sei.
Die Übernahme von urheberrechtlich geschütztem Text-
und Bildmaterial durch die Beklagte sei
rechtswidrig und
nicht als Berichterstattung über [X.] durch §
50 [X.] gerechtfertigt.
Die Beklagte könne dem Unterlassungsanspruch nicht mit Erfolg das kar-tellrechtliche Diskriminierungs-
und Behinderungsverbot und das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung entgegenhalten. Sie habe keinen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages über die kostenfreie Nut-zung der Programminformationen in werbefinanzierten elektronischen [X.].
Die Klägerin sei nicht befugt, Rechte zur Nutzung zusammen mit Werbung zu vergeben. Überdies dürfe sie gemäß §
11 Abs.
2 [X.] Nut-zungsrechte nur gegen Vergütung einräumen. Ob die Sendeunternehmen ge-gen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot verstießen, weil sie den [X.] Nutzungsrechte an Programminformationen seit langem
kosten-frei einräumten, sei im vorliegenden Rechtsstreit, an dem die [X.] nicht als Partei beteiligt seien, nicht zu entscheiden. Es könne [X.] bleiben, ob die Klägerin und die Sendeunternehmen gemäß §
36 Abs.
2 [X.]
für die Beurteilung
einer kartellrechtlich verbotenen Diskriminierung
als einheitliches Unternehmen anzusehen seien. Eventuelle kartellrechtliche [X.] unterlägen nicht der zivilgerichtlichen Kontrolle im Rahmen des vor-liegenden Prozesses, sondern ausschließlich der nach §
18 [X.] vom Pa-tentamt im Einvernehmen mit dem [X.] auszuübenden Aufsicht über die Klägerin.
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I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat [X.]. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass die Klägerin zur Wahrnehmung der geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprü-che berechtigt und die Nutzung des Text-
und Bildmaterials urheberrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann aber ein Verstoß der Klägerin gegen das kartellrechtliche Diskriminie-rungsverbot nicht verneint werden.
1. Die gegen die Annahme der Aktivlegitimation der Klägerin erhobenen [X.] der Revision greifen nicht durch.
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, es stehe der Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung der Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung von Bild-
und Text-material der Sendeunternehmen im Zusammenhang mit Werbung nicht
ent-gegen, dass die Klägerin zur positiven Rechteeinräumung für eine
solche
Nutzung nicht berechtigt sei, sondern nach der in §
1 Nr.
2 Buchst.
f der [X.] getroffenen Regelung eine Einwilligung nur durch die Sendeunternehmen selbst erteilt werden könne.
a)
Soweit die Revision geltend macht, die Ansicht des Berufungsgerichts verstoße gegen anerkannte Grundsätze der Vertragsauslegung, versucht sie, die Auslegung des [X.] durch das Berufungsgericht durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler darzutun. Die von der [X.] in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat ge-prüft, allerdings nicht für durchgreifend erachtet (§
564 ZPO).
b) Entgegen der Auffassung der Revision führt der vom Berufungsgericht angenommene Inhalt der Vereinbarung in den [X.] auch nicht zu einer unzulässigen Rechteaufspaltung.
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Nach der Rechtsprechung des [X.] müssen die sich aus dem umfassenden [X.] ergebenden persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Befugnisse nicht in einer Hand liegen. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Berechtigten einer Verwertungsge-sellschaft Nutzungsrechte, deren Ausübung das Urheberpersönlichkeitsrecht in besonderer
Weise berühren kann, nur unter einer Bedingung zur Wahrneh-mung einräumen, die ihnen die Zustimmung vorbehält (vgl. [X.], Urteil vom 11.
März 2010

I
ZR
18/08, [X.], 920 Rn.
35
= [X.], 1268

Klingeltöne für Mobiltelefone
II). Entsprechendes gilt für die
im Streitfall
maß-gebende Regelung, mit der sich die Sendeunternehmen eine Einwilligung zur Darstellung des [X.] im [X.] verbunden mit Werbeinhalten vorbehalten haben.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei die urheberrechtliche Schutz-fähigkeit des Bildmaterials sowie jedenfalls der von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Textbeispiele bejaht. Soweit die Revision geltend macht, dem Textmaterial mangele es "regelmäßig"
bereits an der Schutzfähigkeit, setzt sie ihre eigene Bewertung an die Stelle der Beurteilung durch das Berufungsge-richt, ohne einen Rechtsfehler darzutun.
3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Übernahme des Text-
und Bildmaterials sei nicht als Berichterstattung über Tagesereignisse im Sinne von §
50 [X.] zulässig, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
a) Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder ähnliche technische Mittel ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar wer-den, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.
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b) Das Berufungsgericht ist

von der Revision unbeanstandet

davon ausgegangen, dass das Ereignis, über das im elektronischen Programmführer unterrichtet wird, das künftig auszustrahlende Fernsehprogramm ist. Es kann offenbleiben, ob dieses Programm ein Geschehen ist, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist und damit die Voraussetzungen eines Tagesereignisses gegeben
sind (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Dezember 2007

I
ZR
42/05, [X.]Z 175, 135 Rn.
48

TV-Total). Jedenfalls fehlt es an den weiteren Voraussetzun-gen der
Schrankenregelung des §
50 [X.].
aa) Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die Programminformationen in Form von Textbeiträgen zutreffend angenommen, dass die Anwendung des §
50 [X.] bereits deshalb ausscheidet, weil diese Texte nicht im Verlaufe der angekündigten Fernsehsendung wahrnehmbar seien.
Ohne Erfolg wendet die Revision gegen diese Beurteilung ein, der im Textmaterial zusammengefasste Inhalt der Sendung finde sich zumindest mittelbar während der Ausstrahlung wieder. Die Einbeziehung einer
solchen
"mittelbaren"
Wahrnehmbarkeit
in das Berichterstattungsrecht
überschreitet den möglichen Wortsinn der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs grundsätzlich eng auszulegenden Schrankenbestimmung des §
50
[X.] (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Juli 2002

I
ZR
285/99, [X.], 1050, 1051 = [X.], 1302

Zeitungsbericht als Tagesereignis; [X.], [X.], 4.
Aufl.,
§
50 Rn.
4, jeweils mwN).
[X.]) Im Hinblick auf das Bildmaterial macht die Revision geltend, es handele sich dabei um Szenenbilder (MAZ-Bilder), die im Verlauf der Fernsehsendungen sichtbar würden, während die Revisionserwiderung im Wege der [X.] geltend macht, dass es sich bei den von den Sendeunternehmen zur Verfügung gestellten Lichtbildern nahezu ausschließlich 19
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um sogenannte Standfotos, also von [X.] gesondert angefertigte, "gestellte"
Lichtbilder handele. Diese und die weitere Frage, ob die Schrankenbestimmung bereits deshalb nicht eingreift, weil es nicht um eine eigene Berichterstattung, sondern um die Übernahme einer fremden [X.] geht (vgl. dazu [X.], ZUM 2008, 916, 921),
können
offenbleiben.

[X.]) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen
hat, ist §
50 [X.] jedenfalls deshalb
nicht anwendbar, weil eine erlaubnis-
und vergütungsfreie öffentliche Wiedergabe der Programminformationen durch die Beklagte nicht geboten ist.
Die Schrankenregelung des §
50 [X.] dient der Meinungs-
und Pres-sefreiheit sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Sie soll die anschauliche Berichterstattung über aktuelle Ereignisse in den Fällen, in denen Journalisten oder ihren Auftraggebern die rechtzeitige Einholung der erforderlichen Zustimmungen noch vor dem Abdruck oder der Sendung eines aktuellen Berichts nicht möglich oder nicht zumutbar ist, dadurch erleichtern, dass sie die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe ge-schützter Werke, die im Verlauf solcher Ereignisse wahrnehmbar werden, ohne den Erwerb entsprechender Nutzungsrechte und ohne die Zahlung einer Vergütung erlaubt. Ist es dem Berichterstatter oder seinem Auftraggeber möglich und zumutbar, vor dem Abdruck
oder der Sendung des Berichts die Zustimmung des [X.] einzuholen, gibt es keine Rechtfertigung dafür, sich über die Belange des Berechtigten hinwegzusetzen ([X.]Z 175, 135 Rn.
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TV-Total).
Der Beklagten ist es

wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenom-men hat

ohne Weiteres möglich und zumutbar, vor der Übernahme der in Rede stehenden Texte und Bilder aus den [X.] in den elektronischen 23
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Programmführer die Zustimmung der Berechtigten einzuholen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung nicht schützenswerte Interessen der übrigen Beteiligten aus dem Blick verloren. Das von der Revision angeführte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Eigeninteresse der Sendeunternehmen an einer Werbung für ihr [X.] sind auch dann gewahrt, wenn die Beklagte nach Zustimmung der Berechtigten und gegen Zahlung einer Vergütung auf die urheberrechtlich geschützten Programminformationen der Sendeunternehmen zugreift, um über deren Fernsehprogramme zu berichten. Der von der Revision weiter angeführte Gesichtspunkt, dass Zeitschriftenverlagen die entsprechenden Informationen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, ist möglicherweise kartellrechtlich bedeutsam
(dazu unten
5.), kann aber die Anwendung der Schrankenregelung nach §
50 [X.] nicht rechtfertigen.
4. Ohne Erfolg meint die Revision, dass im Falle des Obsiegens der Klägerin das Geschäftsmodell eines
"unabhängigen werbefinanzierten [X.]-EPG"
unmöglich würde. Die
Revision macht
insoweit geltend, die
Beklagte müsse dann gebührenpflichtige Lizenzverträge abschließen und könne die Gebühren nicht durch Werbung refinanzieren, weil die Lizenzverträge ein ausdrückliches Werbe-
und Empfehlungsverbot enthielten. Damit würde es zu einer Monopolisierung der Berichterstattung über das [X.] Fernsehpro-gramm in den Händen der Sendeanstalten kommen, was mit einer Ein-schränkung der freien Berichterstattung über das Fernsehprogramm einher-gehen würde, welche von den Fernsehanstalten gelenkt werden könne.
Mit diesem Vorbringen legt die Revision keine Rechtsverletzung dar. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist Art.
5 Abs.
1 GG nicht betroffen. Der Beklagten geht es im Streitfall nicht um die Zulässigkeit einer eigenen Berichterstattung über das Programm der Sendeunternehmen, 26
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sondern um das Recht zur kostenfreien Übernahme von Bild-
und Textbeiträgen, die die Sendeunternehmen zur Verfügung stellen.
5. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne gegenüber dem Unterlassungsbegehren der Klägerin nicht einwenden, die Weigerung der Sendeunternehmen, ihr das Text-
und Bildmaterial wie den [X.] kostenfrei zur Verfügung zu stellen, verstoße gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot, hält hingegen der Nachprüfung nicht stand.
a) Das Berufungsgericht hat die Frage einer
Diskriminierung im Sinne von §
20 Abs.
1 [X.] und die insoweit zu beantwortende Vorfrage offengelassen, ob es sich die Klägerin zurechnen lassen muss, dass die Sendeunternehmen die Rechte für die Nutzung von Programminformationen Presseverlagen kostenlos einräumen. Zur Begründung hat es ausgeführt, möglicherweise vorliegende kartellrechtliche Versäumnisse unterlägen nicht der zivilgericht-lichen Kontrolle, sondern allein der Prüfung der Aufsichtsbehörde gemäß §
18 [X.]. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
b) Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass gegen Ansprüche von Verwertungsgesellschaften der Einwand der kartellrechtswidrigen Ungleichbehandlung
vor den Zivilgerichten
erhoben werden
kann (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Januar 1970

KZR
3/69, [X.], 200

Tonbandgeräte-Importeur). Auch in der Literatur wird

soweit ersichtlich

einhellig vertreten, dass die Aufsicht gemäß §§
18
ff. [X.] den Weg der Nutzer zu den ordent-lichen Gerichten nicht versperrt (Reinbothe in Schricker/Loewenheim
aaO §
18 [X.] Rn.
2 [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl.,
§
18 [X.] Rn.
2; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 3.
Aufl.,
§
19 [X.] Rn.
10; [X.] in Kreile/[X.]/[X.], Recht und Praxis der [X.], 28
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-

2.
Aufl., Kap.
18 Rn.
170, jeweils mwN).
Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck dieser Vorschriften rechtfertigen ein anderes Verständnis.
c) Der Klägerin ist im Hinblick auf den
Einwand der Diskriminierung gemäß §
20 [X.] das Verhalten der Sendeunternehmen
zuzurechnen. Denn die Klä-gerin
kann als Verwertungsgesellschaft nicht weitergehend Unterlassung ver-langen als die Sendeunternehmen, deren Rechte sie wahrnimmt.

d) Mangels gegenteiliger Feststellungen ist für die revisionsrechtliche Be-urteilung zugrunde zu legen, dass die Überlassung der Nutzungsrechte an Text-
und Bildmaterial einen sachlich eigenständigen Markt betrifft, auf dem die Sendeunternehmen und die Klägerin marktbeherrschend
sind. Allein diese
kön-nen
die Nutzungsrechte an den Bildern und beschreibenden Texten zu ihrem zukünftigen Fernsehprogramm
einräumen
(vgl. zu Sendeunternehmen auch [X.], Urteil vom 6.
April 1995

Verbundene Rechtssachen [X.] und [X.], Slg
1995, [X.]-838 = [X.]. 1995, 490, 493 Rn.
53

[X.]; [X.], [X.] 1997, 214, 215
f.; [X.], [X.], 421, 423).
e) Für das Revisionsverfahren ist ferner davon auszugehen, dass die Einräumung von Nutzungsrechten an Text-
und Bildbeiträgen mit Programmin-formationen einen Geschäftsverkehr betrifft, der Printverlagen
auf der einen und Betreibern
elektronischer Programmführer auf der anderen Seite
als
gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Programminformationen, die für die Erstellung einer ge-druckten Programmvorschau verwendet werden, in
Format und Inhalt identisch sind mit denjenigen Informationen, die in elektronischen Programmführern [X.] finden. Auch die Funktionen, die Betreiber von elektronischen Pro-31
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-

grammführern und Herausgeber gedruckter Programmzeitungen gegenüber dem Verbraucher erfüllten, seien identisch.
f) Für das Revisionsverfahren kann damit auch eine Ungleichbehandlung im Sinne von §
20 Abs.
1, 2.
Altern.
[X.] nicht verneint werden. Die [X.] stellen Printverlagen die Nutzungsrechte an Programminforma-tionen in ihren [X.] unentgeltlich zur Verfügung, behandeln also die Verlage und die Beklagte ungleich.
g) Feststellungen zu einer möglichen sachlichen Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung hat das Berufungsgericht -
von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig -
nicht getroffen. Ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Un-gleichbehandlung kann nicht ohne weiteres in dem Umstand gesehen werden, dass die Beklagte die Programminformationen zusammen mit Werbung
veröffentlichen will. Denn
das
ist
auch bei den nach der Lebenserfahrung regelmäßig jedenfalls teilweise durch Anzeigen finanzierten Programm-zeitungen und -zeitschriften der Fall. Dazu, ob eine Ungleichbehandlung von Printverlagen und Betreibern elektronischer Programmführer etwa deswegen gerechtfertigt sein kann, weil die Sendeunternehmen ihre Programme selbst zwar nicht in Printmedien, ohne weiteres aber im [X.] präsentieren könnten und zudem die Nutzungsmöglichkeiten gezielter Werbung bei elektronischen Programmführern weit über diejenigen in Printmedien hinausgingen (vgl. dazu [X.], [X.] 2010, 283, 299), fehlt es bislang an hinreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts.
II[X.] Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist.
34
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-

IV. Für die neue Verhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:
1.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass
der [X.] der
Unterlassungsanträge
nicht entgegensteht, dass ihnen
keine Kri-terien für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Text-
und Bildbeiträge ent-nommen werden können (vgl. [X.], Urteil vom 16. Januar 1997

I
ZR
9/95, [X.]Z 134, 250, 254

CB-Infobank
I). Allerdings ist ein Unterlassungsantrag
dann
unbegründet, wenn er
derart abstrakt gefasst ist, dass er auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst und dadurch die konkrete Verletzungsform verfehlt ([X.], Urteil vom 11.
Dezember 2003

I
ZR
50/01, [X.], 605, 607 = [X.], 735

Dauertiefpreise; Urteil vom 29.
März 2007

I
ZR
164/04, [X.], 987 Rn.
22 = [X.], 1341

Änderung der Voreinstellung
I; Urteil vom 29.
April 2010

I
ZR
202/07, [X.], 749 Rn.
26 = [X.], 1030

Erinnerungswerbung im [X.]; Urteil vom 1.
Dezember 2010

I
ZR
12/08, [X.], 134 Rn.
20, 22
= [X.], 249

Perlentaucher).
Das Berufungsgericht wird unter diesem Gesichtspunkt
nach §
139 Abs.
1 ZPO auf die Stellung sachdienlicher, die konkrete Verletzungsform zutreffend be-schreibender
Anträge hinzuwirken haben, sofern nach seinen Feststellungen
Grund zu der Annahme besteht, dass nicht sämtliche von den [X.] in die [X.] eingestellten Bild-
und Textbeiträge urheberrechtli-chen Schutz genießen.
2. Im Hinblick auf den Einwand der Beklagten, die Aktivlegitimation der Klägerin sei zu verneinen, weil die Einräumung der Rechte an Programminfor-mationen gemäß §
19a [X.] zur Wahrnehmung durch die Klägerin einen
kar-tellrechtlich relevanten
Zusammenschluss darstelle, der durch die [X.] gesondert hätte genehmigt werden müssen, wird angesichts des auf die Zukunft gerichteten Klageantrags auf die geänderte
Gesellschafterstruk-tur der Klägerin abzustellen sein.
37
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39
-
15
-

3. Dem von der Beklagten erhobenen
Einwand der kartellrechtlichen Un-gleichbehandlung stehen im Streitfall nicht die Grundsätze der Entscheidung "[X.]"
des Senats entgegen, wonach der kartellrechtliche [X.] neben der Abgabe eines unbedingten Angebots auf [X.] eines Lizenzvertrages auch die Zahlung oder die Hinterlegung einer angemessenen Lizenzgebühr voraussetzt (Urteil vom 6.
Mai 2009

KZR
39/06, [X.]Z 180, 312 Rn.
29
ff.; vgl. auch §
11 Abs.
2 [X.]). Denn der von der [X.]n erhobene kartellrechtliche Einwand beruht im Streitfall gerade auf der Behauptung einer Ungleichbehandlung gegenüber Presseverlagen, denen die von der Beklagten begehrten Rechte unentgeltlich eingeräumt werden.
Tolksdorf

Meier-Beck

Kirchhoff

Löffler

Bacher
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.05.2009 -
5 O 2742/08 -

[X.], Entscheidung vom 15.12.2009 -
14 [X.] -

40

Meta

KZR 108/10

27.03.2012

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. KZR 108/10 (REWIS RS 2012, 7749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7749

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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