Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2000, Az. XII ZB 72/97

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2141

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[X.] ZB 72/97vom24. Mai 2000in der [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 24. Mai 2000 durch [X.] [X.] und [X.] Krohn, [X.], [X.]:Auf die weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Be-schluß des 17. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 11. April 1997 aufgehoben und die Sorge-rechtsentscheidung im Urteil des [X.] - vom 14. November 1996 (Nummer 2 des Te-nors) abgeändert.Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind [X.] wird auf [X.] übertragen. Im übrigen bleibt die gemeinsame el-terliche Sorge der Parteien bestehen.Die Kosten der Beschwerde und der weiteren Beschwerde wer-den gegeneinander aufgehoben.Der Wert für die Verfahren der Beschwerde und der weiteren Be-schwerde beträgt jeweils 1.500 DM.Gründe:[X.] der Ehe der Antragstellerin (Mutter), [X.] Staatsangehörige,und des Antragsgegners (Vater), [X.] Staatsangehöriger, stammt die- 3 -am 13. Mai 1993 geborene Tochter [X.]. Die Parteien leben seit [X.] getrennt. Das Kind lebt seither bei der Mutter. Der Vater hat [X.] mit ihm und zahlt Kindesunterhalt. Die Ehe der Eltern ist durch [X.] - Familiengericht - vom 14. November 1996 nach[X.]m Recht geschieden worden. Die elterliche Sorge für [X.] hat [X.] aufgrund des von den Eltern in der mündlichen [X.] unterbreiteten Vorschlags der Mutter übertragen, wasdiese im Rahmen des Scheidungsverfahrens auch beantragt hatte.Gegen das Verbundurteil hat der Vater wegen der Sorgerechtsentschei-dung Beschwerde eingelegt. Er hat die Belassung der gemeinsamen Sorge- auch aus ausländerrechtlichen Gründen - angestrebt, allerdings der Übertra-gung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter zugestimmt. Die [X.] sich mit einer Belassung der gemeinsamen Sorge nur für den Fall einver-standen erklärt, daß sie das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht erhält, [X.] hilfsweise die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.Das [X.] hat die Beschwerde zurückgewiesen. [X.] sich der Vater mit der zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der erweiterhin das gemeinsame Sorgerecht unter Belassung des Aufenthaltsbe-stimmungsrechts bei der Mutter anstrebt. Die Mutter hat die Zurückweisung [X.] beantragt. Sie widerspricht nunmehr der gemeinsamen elterlichenSorge, weil es zwischenzeitlich zu Meinungsverschiedenheiten zwischen [X.] und ihr gekommen sei.- 4 -II.Das Rechtsmittel hat Erfolg.1. Die [X.]n Gerichte sind für die [X.]. Dies folgt aus Art. 1 des [X.] über die Zustän-digkeiten von Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet [X.] von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961 - [X.] - ([X.]. 1971 [X.]), das in sachlicher (Maßnahmen zum Schutz der Person und des [X.]) und persönlicher Hinsicht eingreift, wobei gleichgül-tig ist, daß [X.] nicht zu den Vertragsstaaten gehört, da die [X.] keinen Vorbehalt nach Art. 13 Abs. 3 [X.] erklärt hat. Die in-ternationale Zuständigkeit entfällt nicht nach Art. 3 [X.]. Dabei kann [X.], ob das Kind die [X.] Staatsangehörigkeit besitzt, da es [X.] die [X.] Staatsangehörigkeit hat, die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2EGBGB entscheidend ist. Nach dem Gleichlaufgrundsatz kommt bei gegebenerinternationaler Zuständigkeit auch [X.]s Sachrecht zur Anwendung.2. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung imwesentlichen ausgeführt:Der damalige gemeinsame Wunsch der Parteien, die elterliche Sorge- bis auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das der Mutter allein zustehen [X.] - beiden Eltern zu belassen, könne nicht als formeller Vorschlag der [X.] § 1671 Abs. 3 BGB in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung (inder Folge als alte Fassung (a.F.) bezeichnet) angesehen werden. Denn er ha-be eine Regelung zum Inhalt, die das Gericht nach dem Gesetz nicht treffendürfe. Der von den Eltern gewünschten Abspaltung des [X.] stehe der für nicht nur vorläufige Regelungen geltende Grundsatz- 5 -der Unteilbarkeit der Personensorge entgegen. Mit der überwiegenden [X.] in Literatur und Rechtsprechung sei eine inhaltliche Aufteilung der [X.] auch im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 1671Abs. 4 Satz 2 BGB (a.F.) nicht möglich.Da kein gemeinsamer Vorschlag vorliege, sei die Regelung zu treffen,die dem Kindeswohl am besten entspreche. Diese liege in einer [X.]. Das Kind solle nach Auffassung beider Eltern bei der Mutter verbleiben.Es könne nicht übersehen werden, daß der Vater durch die Beteiligung [X.] persönliche ausländerrechtliche Nachteile abwenden wolle. [X.] der Mutter sei vor allem im Hinblick auf die anzustrebende Konti-nuität der Erziehung und ihre Kompetenz, dem Kind auch die Beziehung [X.] zu erhalten, geboten.Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.3. Es kann dahinstehen, ob - wie die weitere Beschwerde meint - [X.] Entscheidung nach § 1671 Abs. 3 BGB a.F. dem Willen der Eltern ent-sprechend ausschließlich das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteilübertragen werden konnte. Die Entscheidung des [X.] ist be-reits aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Gesetzesänderung durch dasInkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. Dezem-ber 1997 (Kindschaftsrechtsreformgesetz - [X.], [X.]. [X.], 2942,[X.]. 1998 I 946) aufzuheben. Nach den [X.] zum [X.] ist das Verfahren nach dem neuen Recht [X.]) Nach Art. 15 § 2 Abs. 4 [X.] ist eine Folgesache, die die Rege-lung der elterlichen Sorge nach § 1671 BGB a.F. betrifft, als in der [X.] -erledigt anzusehen, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten nach [X.] Juli 1998 ein Elternteil beantragt hat, daß ihm das Familiengericht die elterli-che Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Das Verfahrensoll damit nur fortgeführt werden, wenn klargestellt ist, daß ein solcher Antraggestellt ist. In bestimmten Fällen wird diese Voraussetzung auch erfüllt seinkönnen, wenn ein entsprechend eindeutiger Antrag schon vor Inkrafttreten desGesetzes gestellt worden ist (Begründung des Regierungsentwurfs zum[X.] BT-Drucks. 13/4899 S. 146).Letzteres ist hier der Fall. Die Mutter hat im Scheidungsverfahren [X.] gestellt, ihr die elterliche Sorge für das Kind [X.] zu übertragen. [X.] Begehren hat das Familiengericht im Scheidungsverbundurteil entspro-chen. Im Beschwerdeverfahren hat die Mutter sich zwar mit der gemeinsamenSorge einverstanden erklärt, wenn sie allein das Aufenthaltsbestimmungsrechterhalte. Hilfsweise hat sie aber weiterhin die Übertragung der alleinigen [X.]. Das [X.] hat die Beschwerde des [X.] zurückge-wiesen. Der von diesem eingelegten weiteren Beschwerde ist die Mutter ent-gegengetreten und hat die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt. Damitsind die Voraussetzungen, unter denen ein Sorgerechtsverfahren fortzuführenist, gegeben: Die Mutter hat einen eindeutigen Antrag auf Übertragung der [X.] gestellt und hieran im Beschwerdeverfahren hilfsweise sowie indem Verfahren der weiteren Beschwerde uneingeschränkt festgehalten.b) Zur Anwendung des materiellen Rechts der elterlichen Sorge enthältdas [X.] in Art. 224 § 2 EGBGB [X.] nur betreffend dieelterliche Sorge für Kinder, die für ehelich erklärt wurden. Auf die anderen [X.] ist dementsprechend auch in anhängigen Verfahren § 1671BGB in der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung anzuwenden ([X.] 7 -des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 13/4899 S. 144; Familienrechtsreform-kommentar/[X.] vor § 1626 BGB Rdn. 37).c) Nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist auf Antrag eines Elternteils diesemdie elterliche Sorge oder ein Teil davon allein zu übertragen, wenn der andereElternteil dem Antrag zustimmt, es sei denn, ein über 14 Jahre altes Kind wi-derspricht dem Vorschlag.aa) Das Beschwerdegericht hat sich nach der bis zum 30. Juni 1998geltenden Rechtslage daran gehindert gesehen, dem Willen der Eltern Rech-nung zu tragen, da eine Abspaltung des Aufenthaltsbestimmungsrechts von [X.] nicht möglich gewesen sei. § 1671 Abs. 1 BGB sieht [X.] solche Aufteilung ausdrücklich vor, indem es den Antrag auf [X.] Teils der elterlichen Sorge zuläßt (Begründung des Regierungsentwurfszum [X.] BT-Drucks. 13/4899 S. 98 f.; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 1671 Rdn. 18; [X.]/[X.] § 1671 Rdn. 12;[X.]/[X.], 59. Aufl. § 1671 Rdn. 11; [X.] FamRZ 1999, 1101,1105). Dementsprechend ist nunmehr eine Entscheidung möglich, die dem vordem Beschwerdegericht geäußerten Willen der Eltern entspricht. Das Be-schwerdegericht hat zwar die Frage der uneingeschränkten Eignung beiderElternteile zur Erziehung offengelassen, da es nach der von ihm vertretenenRechtsauffassung hierauf nicht ankam ([X.] unten). Der [X.] kann gleich-wohl in der Sache selbst entscheiden, da die vom [X.] festge-stellten Tatsachen für die Entscheidung nach § 1671 BGB in der jetzigen [X.] ausreichen.Nach der Neuregelung findet eine Überprüfung des übereinstimmendenelterlichen Vorschlags dahingehend, ob er dem Kindeswohl entspricht, nichtstatt ([X.]/[X.]/[X.] aaO Rdn. 8; [X.] -mentar/[X.] § 1671 BGB Rdn. 15). Allerdings muß eine Gefährdung [X.] ausgeschlossen werden, da sonst das Gericht nach § 1671 Abs. 3BGB von Amts wegen ein Verfahren nach § 1666 BGB einzuleiten hätte.Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung lassen sich den vom[X.] festgestellten Tatsachen indessen nicht entnehmen. [X.] der betreuenden Mutter ist ausdrücklich festgestellt [X.]. Hinweise darauf, daß der Vater nicht erziehungsgeeignet wäre, [X.] vor. Die Umgangskontakte finden regelmäßig statt und verlaufen pro-blemlos. Der Vater kommt seiner Unterhaltspflicht nach. Auch dem Bericht [X.], auf den sich das Beschwerdegericht bezieht ([X.] unten), sindkeine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß das Kindeswohl bei [X.] gemeinsamen Sorge mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechtsgefährdet sein könnte. Schließlich steht die vom Vater eingeräumte ausländer-rechtliche Bedeutung der Sorgerechtsbeteiligung seiner Eignung als Sorge-rechtsinhaber nicht entgegen. Angesichts der guten Beziehungen des Kindeszum Vater und der regelmäßigen Umgangskontakte wäre eine Beendigung [X.] des [X.] in [X.] nicht nur für diesen von Nachteil, son-dern hätte auch Auswirkungen auf das Wohl des Kindes, dem der regelmäßigeKontakt mit dem Vater zwangsläufig genommen würde. Deshalb kann nicht da-von ausgegangen werden, daß der Vater lediglich zu seinem eigenen [X.] formelle Rechtsposition erstrebt.bb) Das von der Mutter in der weiteren Beschwerde nunmehr [X.] verfolgte Begehren, ihr die [X.] zu übertragen, weil eszwischenzeitlich zu Problemen mit dem Vater gekommen sei, kann in der [X.] nicht berücksichtigt werden.- 9 -Im Rahmen des § 1671 Abs. 3 BGB a.F. war streitig, ob die Eltern an ei-nen gemeinsamen [X.] gebunden waren oder ein Elternteil die-sen einseitig widerrufen konnte. Ein Teil der Literatur hat letzteres im [X.] eine angenommene Vereinbarung der Eltern - bis auf Fälle der [X.] §§ 119, 123 BGB oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage - verneint(Erman/[X.], 9. Aufl., 1671 Rdn. 30; [X.]/[X.], 57. Aufl. § 1671Rdn. 23). Der [X.] hat einen Vertragscharakter oder eine vertragsähnlicheStruktur des gemeinsamen [X.] bereits zum alten Recht abgelehnt([X.]sbeschluß vom 14. Oktober 1992 - [X.]/91 - FamRZ 1993, 314,315). Die herrschende Meinung hat zuletzt den einseitigen Widerruf bis [X.] in der letzten Tatsacheninstanz für zulässig erachtet (vgl. dieNachweise bei [X.]/[X.]/[X.] aaO § 1671 Rdn. 24). Auch zumalten Recht war aber unstreitig, daß ein Widerruf jedenfalls dann nicht mehr [X.] kam, wenn das Verfahren in der weiteren Beschwerde anhängig war(vgl. Nachweise bei [X.]/[X.]/[X.] aaO Rdn. 24). Dies gilt [X.] der neuen Rechtslage.Der [X.] basiert auf einer den Eltern obliegenden Prüfung,welche Sorgerechtsregelung dem Kindeswohl nach der Trennung der [X.] besten entspricht. Kommen die Eltern einvernehmlich zu einer Lösung, istdavon auszugehen, daß sie in Ausübung ihrer Elternverantwortung die [X.] entsprechende Regelung gewählt haben ([X.] FamRZ 1996,S. 1181, 1183). Die Pflicht der Eltern zur Wahrung des Kindeswohls endet abernicht mit der getroffenen Einigung. Vielmehr können Entwicklungen währendder Trennungsphase eine andere als die ursprünglich gewählte Lösung als diedem Kindeswohl am besten entsprechende Regelung erscheinen lassen. [X.] Entwicklungen aber nur bis zur Entscheidung in der letzten Tatsachenin-stanz zu berücksichtigen sind, kann eine spätere Änderung der Verhältnisse- 10 -oder des Willens der Eltern nicht Grundlage für die Entscheidung über dieweitere Beschwerde sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der antragstellendeElternteil seinen Antrag aufrechterhält oder aber statt eines Teils der [X.] nunmehr die gesamte elterliche Sorge allein begehrt. Die in [X.] streitige Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn der [X.] antragstellende Elternteil seinen Antrag zurücknimmt, kann [X.], da diese Fallgestaltung hier nicht vorliegt.Die von der Mutter vorgetragenen Entwicklungen nach Abschluß derletzten Tatsacheninstanz können folglich nur in einem Verfahren nach § 1696BGB geltend gemacht werden.4. [X.] beruht auf § 93 a ZPO, der Beschwerdewertrichtet sich nach § 12 Abs. 3 GKG.[X.] Krohn [X.] Sprick Weber-Monecke

Meta

XII ZB 72/97

24.05.2000

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2000, Az. XII ZB 72/97 (REWIS RS 2000, 2141)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2141

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