Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.06.2020, Az. 6 C 14/18

6. Senat | REWIS RS 2020, 4089

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Gegenstand

Beanstandung der Ankündigung einer Dauerwerbesendung


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2018, berichtigt durch Beschluss vom 18. Mai 2018, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer rundfunkrechtlichen Beanstandungsverfügung, mit der die Beklagte festgestellt hat, dass die Klägerin gegen das Ankündigungserfordernis einer Dauerwerbesendung verstoßen hat.

2

Die Klägerin veranstaltet das bundesweit ausgestrahlte Fernsehprogramm "[X.]". In diesem Programm zeigte sie im [X.] an einen Werbeblock und vor der Musikshow "[X.]" die Dauerwerbesendung "[X.] mit [X.]" für den Musikstreamingdienst "A. ...". In dem fünf Sekunden dauernden Vorspann der Dauerwerbesendung war zunächst links unten im Bild der relativ kleine, farblich nur schwach abgehobene Schriftzug "Dauerwerbesendung" zu sehen, während aus dem Hintergrund ein Zweirad auf den Zuschauer zufuhr. Nach ca. einer Sekunde erschienen in der Mitte des Bildschirms die [X.] von "A. ..." und "A." sowie rechts unten das Symbol der Sendung "[X.]". Nach dieser Sequenz, die insgesamt ca. drei Sekunden dauerte, wechselte der Bildschirm auf den Sendungstitel "[X.] mit [X.]" mit dem Rapper [X.], der sich zur Begleitmusik bewegte. In diesem zweisekundigen Teil des Vorspanns waren die [X.] nicht mehr zu sehen. Nur der Schriftzug "Dauerwerbesendung" war weiterhin links unten auf dem Bildschirm eingeblendet. Anschließend führte der Moderator der Show "[X.]" ein Interview mit dem Rapper [X.], der danach einen Rap mit thematischem Bezug zur Show vortrug.

3

Die Beklagte erachtete die Dauerwerbesendung als nicht ordnungsgemäß angekündigt. Sie stellte nach Beschlussfassung durch die [X.] ([X.]) und Anhörung der Klägerin den Verstoß mit Bescheid vom 31. Mai 2017 fest und forderte die Klägerin auf, den Verstoß künftig zu unterlassen. Die hiergegen erhobene Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt:

4

Die Beklagte habe den Verstoß rechtsfehlerfrei festgestellt und sich ermessensfehlerfrei für die Beanstandung entschieden. Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 RStV müsse eine Dauerwerbesendung zu Beginn als solche angekündigt und während ihres gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden. Die Vorschrift bezwecke den Schutz des Zuschauers vor einer Täuschung über den werbenden Charakter der Dauerwerbesendung. Sie konkretisiere damit für [X.] das in § 7 Abs. 3 RStV verankerte Gebot der erkennbaren Trennung zwischen Werbung und Programm. [X.] stellten als solche eine Ausnahme vom rundfunkrechtlichen Trennungsgrundsatz dar, weil in ihrem Verlauf Werbung und programmliche Sendeelemente vermischt seien und für sie ein absolutes Trennungsgebot zwangsläufig nicht gelten könne. Die Ankündigung habe die Funktion, vor dem fließenden Übergang zwischen vorangegangenen [X.] und einer Dauerwerbesendung rechtzeitig zu warnen. Der Zuschauer solle damit auf die besonderen Gefahren einer Beeinflussung durch Werbung im Rahmen der programmintegrierten Werbeform einer Dauerwerbesendung vorbereitet werden.

5

Die Ankündigung dürfe nicht hinter den zu § 7 Abs. 3 RStV entwickelten Grundsätzen zurückbleiben. Zwischen anderen Sendeformaten und der Dauerwerbesendung müsse eine Zäsur liegen, die aufgrund ihres Gesamteindrucks eindeutig den Hinweis herausstellen müsse, dass unmittelbar im [X.] Werbung folge. Das [X.] müsse so ausgestaltet sein, dass es vom Zuschauer klar, deutlich und zweifelsfrei als solches erkennbar sei. Der durchschnittliche Zuschauer, der nicht übermäßig konzentriert das Programm an sich vorbeiziehen lasse, müsse aufgrund der Gestaltung des Hinweises, der Dauer seiner Einblendung und des Sendeumfelds durch bloßes Hinsehen ohne Nachdenken zu dem Schluss kommen können, dass als nächstes Werbung zu erwarten sei.

6

Gemessen hieran genüge das [X.] nicht den Anforderungen. Der am Anfang der Sendung zu sehende Schriftzug "Dauerwerbesendung" sei zwar eindeutig und grundsätzlich geeignet, die beschriebene Warnfunktion für den Zuschauer zu gewährleisten. Der Schriftzug sei jedoch in einer Weise mit Werbung und redaktionellen Elementen vermischt worden, die es ausschlössen, dass der Zuschauer ihn selbständig als Ankündigung einer nachfolgenden Werbung hätte wahrnehmen können. Da der Vorspann die für die Dauerwerbesendung charakteristische Vermischung von Werbung und redaktionellen Inhalten aufweise, könne er auch nicht als Ganzes die Anforderungen an ein selbständiges [X.] erfüllen, denn der Warnhinweis gehe aufgrund der Dominanz der gleichzeitig laufenden Werbebotschaft ins Leere. Die Ankündigung sei nicht wegen des zuvor gesendeten Werbeblocks entbehrlich.

7

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 26. April 2018 nach Zustimmung der Beklagten die Sprungrevision zugelassen und mit weiterem Beschluss vom 18. Mai 2018 sein Urteil berichtigt.

8

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Sprungrevision. Sie rügt die Übertragung der Grundsätze des [X.] auf das Ankündigungserfordernis, für das die Einblendung mit dem Schriftzug "Dauerwerbesendung" am Anfang der Sendung genüge. Das Merkmal "zu Beginn" bedeute, dass die Ankündigung am Anfang der Dauerwerbesendung erfolgen müsse; es sei rein zeitlich zu verstehen. Auch unter Zugrundelegung der erstinstanzlichen Auffassung lasse sich wegen des Sendeumfelds der Werbecharakter der Dauerwerbesendung und eine hinreichende Zäsur erkennen.

9

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht insbesondere geltend, dass die Ankündigung vor dem Beginn der Dauerwerbesendung liegen müsse.

Entscheidungsgründe

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision ist unbegründet und gemäß § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Das Urteil des [X.] [X.]uht weder auf der Verletzung von Bestimmungen des [X.] und Telemedien ([X.] - [X.]) vom 31. August 1991 i.d.[X.] des 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 8. März 2016 (GVBl. [X.]), die nach § 48 [X.] revisibel sind, noch auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

1. Das Verwaltungsgericht hat für die Feststellung des Verstoßes und die an die Klägerin gerichtete Aufforderung, diesen künftig zu unterlassen, rechtsfehlerfrei als Rechtsgrundlage § 38 Abs. 2 [X.] herangezogen. Stellt die zuständige Landesmedienanstalt fest, dass der Anbieter eines bundesweit ausgestrahlten Programms im Sinne von § 39 Abs. 1 [X.] gegen Bestimmungen des [X.]s verstoßen hat, trifft sie die erforderlichen Maßnahmen (§ 38 Abs. 2 Satz 1 [X.]), zu denen nach dessen Satz 2 die Beanstandung gehört. Die Beanstandung umfasst neben der Feststellung des Rechtsverstoßes zukunftsgerichtet das Gebot, den Verstoß zu beseitigen bzw. derartige Verstöße zu unterlassen.

2. Mit der Beanstandung rügt die Beklagte zutreffend, dass die Ankündigung der Dauerwerbesendung nicht die Anforderungen erfüllt, die § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.] an die Zulässigkeit der Ausstrahlung einer Dauerwerbesendung stellt. Die Auslegung und Anwendung des [X.]ses in § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.] unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle (zum Schleichwerbeverbot des § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.]: BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2016 - 6 [X.] 9.15 [[X.]:[X.]:BVerwG:2016:220616U6[X.]9.15.0] - BVerwGE 155, 270 Rn. 16).

Bei dem in § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.] normierten [X.] handelt es sich um eine besondere Ausprägung des [X.] bei einer Dauerwerbesendung (a)). Die Ankündigung ist ein selbständiges Element, das den Zuschauern eindeutig vor Augen führt, dass geschäftliche Werbung in Form der Dauerwerbesendung unmittelbar bevorsteht (b)). Sie muss so gestaltet sein, dass sie ihre Warnfunktion erfüllen kann (c)). Das [X.] ist mit der Programmfreiheit der Rundfunkveranstalter vereinbar (d)). In dem hier vorliegenden Fall genügte der Schriftzug "Dauerwerbesendung" in dem Vorspann nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ankündigung (e)).

a) Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.] müssen [X.] zu Beginn als Dauerwerbesendung angekündigt und während ihres gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden.

aa) Eine Dauerwerbesendung ist nach § 7 Abs. 5 Satz 1 [X.] zulässig, wenn der Werbecharakter der Sendung erkennbar im Vordergrund steht und die Werbung einen wesentlichen Bestandteil der Sendung darstellt. Der Dauerwerbesendung ist immanent, dass sie auch redaktionelle Bestandteile enthält, die den Rahmen für die Werbung bilden (vgl. [X.]. [X.]/273 S. 46; [X.], in: [X.]/Ring/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] JMStV, Stand: Juli 2016, § 7 [X.] Rn. 33 f.; ebenso Herkströter, ZUM 1992, 395 <403>). Dennoch handelt es sich insgesamt um Werbung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 7 [X.]. Danach ist Werbung dadurch gekennzeichnet, dass sie den entgeltlichen Absatz von Waren und Dienstleistungen fördern soll. Dies entspricht der Zielrichtung einer Dauerwerbesendung. Aufgrund der für die Dauerwerbesendung typischen Vermischung der werblichen mit redaktionellen Inhalten ist die von § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] geforderte Absetzung der Werbung vom Programm innerhalb der Dauerwerbesendung nicht möglich (vgl. Herkströter, ZUM 1992, 395 <403>).

Die Dauerwerbesendung ist nicht an das Werbeblockgebot gebunden, sondern kann als sog. Unterbrecherwerbung oder zwischen zwei Sendungen auch außerhalb eines Werbeblocks ausgestrahlt werden (vgl. Sack, [X.], 704 <709>; [X.], in: [X.]/Ring/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] JMStV, Stand: Juli 2016, § 7 [X.] Rn. 40). Sie unterscheidet sich von Werbespots in erster Linie dadurch, dass die Spots nicht zwingend redaktionell gestaltet sein müssen. Eine Werbesendung, die keinen redaktionellen Inhalt hat, ist daher auch bei einer gewissen Länge nicht als Dauerwerbesendung anzusehen (vgl. [X.]. [X.]/273 S. 46; ebenso [X.], in: [X.]/[X.]/Meyer, Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl. 2016, 26. Abschnitt Rn. 119 m.w.N.).

Allerdings können auch Werbespots redaktionell gestaltet sein. In diesen Fällen kann für die Abgrenzung von einer Dauerwerbesendung auf die Länge abgestellt werden: Denn während [X.] angesichts der in § 45 Abs. 1 [X.] normierten zeitlichen Begrenzung ihrer Ausstrahlung und des für sie geltenden Werbeblockgebots (zu Ausnahmen davon s. § 7a [X.]) regelmäßig nur von kurzer Dauer sind und sie ihre Werbebotschaft alsbald offenbaren müssen, ist dies bei [X.], die auch mehrere Minuten dauern können, nicht der Fall (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Okto[X.] 2008 - 7 [X.]S 08.2309 [[X.]:[X.]:BAYVGH:2008:1015.7[X.]S08.2309.0A] - juris Rn. 16 unter Hinweis auf OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Septem[X.] 2008 - OVG 11 S 51.08 [[X.]:[X.]:OVGBEBB:2008:0909.OVG11S51.08.0A] - [X.], 770 <771>). Von einer Dauerwerbesendung ist demzufolge auszugehen, wenn sie die Kriterien des § 7 Abs. 5 Satz 1 [X.] erfüllt, die für sie kennzeichnende Vermischung von redaktionellen und werblichen Elementen aufweist und ü[X.] die Länge herkömmlicher Werbespots hinausgeht. Hieran anknüpfend erachtet Ziff. 3 Abs. 3 Nr. 1 der Gemeinsamen Richtlinien der [X.], die Produktplatzierung, das Sponsoring und das Teleshopping im [X.][X.] vom 18. Septem[X.] 2012 als Trennlinie zwischen Werbespot und Dauerwerbesendung eine Dauer von 90 Sekunden für maßgebend; sie entfaltet jedoch als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift keine Bindungswirkung für die Gerichte (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 [[X.]:[X.]:BVerwG:2015:141015U6[X.]17.14.0] - BVerwGE 153, 129 Rn. 32 ff.).

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einer Dauerwerbesendung bei der Sendung "A. ..." ausgegangen, weil in ihr die werblichen Elemente für den Musikstreamingdienst mit redaktionellen Inhalten in Gestalt des Interviews mit dem Rapper [X.] vermischt waren.

bb) Bei der in § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.] geforderten Ankündigung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dessen Auslegung führt dazu, dass mit ihr vor allem die eindeutige Absetzung der Werbung vom restlichen Programm gewährleistet werden soll. Es handelt sich um eine auf die Dauerwerbesendung abgestimmte Ausprägung des [X.], die hinter den in § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] normierten Anforderungen nicht zurückbleiben darf.

Dieses Normverständnis ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.], der lediglich die Ankündigung der Dauerwerbesendung fordert, a[X.] keinen Bezug zu der nach § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] gebotenen eindeutigen Absetzung der Werbung von anderen Sendungsteilen aufweist. Auch die Regelungssystematik lässt offen, ob die Ankündigung neben § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] Anwendung findet oder a[X.] die Anforderungen des [X.] als spezielle Regelung für die Dauerwerbesendung in sich aufnimmt.

Allerdings rechtfertigen Sinn und Zweck der Ankündigungspflicht den Schluss, dass damit das Trennungsgebot im Bereich der [X.] gewährleistet und zugleich der erhöhten Verwechselungsgefahr beim Zuschauer ü[X.] die Bedeutung des [X.]s begegnet werden soll.

Dies ergibt sich zunächst daraus, dass das [X.] dieselben Ziele verfolgt wie das Trennungsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 - BVerwGE 153, 129 Rn. 11): Zum einen dient es vor allem dem Schutz des Publikums vor Irreführung ü[X.] die Bedeutung des [X.]s. Zum anderen soll es dazu beitragen, die Unabhängigkeit der Programmgestaltung und die Neutralität der Rundfunkveranstalter zu bewahren. Es soll nicht der Eindruck entstehen, der Rundfunk lasse geschäftliche Interessen Dritter in die Programmgestaltung einfließen oder bevorzuge bestimmte Wettbewer[X.] auf andere Weise, weil sie hierfür bezahlen.

Die Pflicht zur Ankündigung erweist sich als strengere Ausprägung des [X.]. Denn im Fall einer Dauerwerbesendung besteht anders als bei Werbespots aufgrund der Einbettung der Werbung in redaktionelle Elemente und ihrer Länge ein deutlich höheres Schutzbedürfnis. Der Zuschauer irrt sich leichter ü[X.] die Bedeutung des [X.]s und er kann die Dauerwerbesendung eher als bei einem Werbespot mit einem redaktionellen Sendungsteil verwechseln. Eine solche Verwechselung liegt ohne die Ankündigung insbesondere deshalb nahe, weil [X.] - wie dargelegt - zulässigerweise auch zwischen Sendungen mit ausschließlich redaktionellen Inhalten gesendet werden können. Da ein Zuschauer Berichterstattungen und Meinungsäußerungen im Programm aufgeschlossener gegenü[X.]steht und ihnen größere Bedeutung schenkt als den Aussagen geschäftlicher Werbung (vgl. zu dieser Annahme: BVerwG, Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 - BVerwGE 153, 129 Rn. 11 unter Hinweis auf [X.], Urteil vom 22. Februar 1990 - [X.] - [X.]Z 110, 278 <291>), ist der Verwechselungsgefahr bei einer Dauerwerbesendung ein höherer Stellenwert als bei Werbespots beizumessen. Vor diesem Hintergrund erfüllt die Ankündigung ü[X.] die eindeutige Absetzung der Werbung vom restlichen Programm hinausgehend eine herausgehobene Warnfunktion.

Bestätigt wird dieses Normverständnis durch Art. 19 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2010/13/[X.] des [X.] und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten ü[X.] die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie ü[X.] audiovisuelle Mediendienste; [X.] [X.], [X.]. [X.] [X.], [X.] - [X.]), der eine eindeutige Absetzung der Werbung von anderen Sendungsteilen verlangt. Die Norm erfasst nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. i [X.] jegliche Form der Wirtschaftswerbung. Sie gilt uneingeschränkt auch für [X.], da die [X.] für diese Werbeform keine Sonderregelung enthält. Die unionsrechtlichen Vorgaben an das Trennungsgebot sind von den Mitgliedstaaten - vorbehaltlich hier nicht bestehender abweichender Regelungen in der [X.] für bestimmte Formen der Werbung - bei der Umsetzung der Richtlinie zu [X.]ücksichtigen. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] gibt den Mitgliedstaaten insoweit einen Mindeststandard vor, der im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie nicht unterschritten werden darf. Dies zeigt Erwägungsgrund 83 der [X.], wonach es wesentlich ist, dass die Fernsehwerbung einer Reihe von Mindestnormen und Kriterien unterworfen wird und die Mitgliedstaaten das Recht behalten, ausführlichere oder strengere Bestimmungen und in bestimmten Fällen unterschiedliche Bedingungen für die ihrer Rechtshoheit unterworfenen Fernsehveranstalter einzuführen, um sicherzustellen, dass die Interessen der Verbraucher als Zuschauer umfassend und angemessen geschützt werden. In unionsrechtskonformer Auslegung ist hiernach der Ankündigung das Merkmal der eindeutigen Absetzung der Werbung vom restlichen Programm immanent.

cc) Die ebenfalls erforderliche Kennzeichnungspflicht der Dauerwerbesendung steht dem nicht entgegen. Die Kennzeichnungspflicht ist ein unabhängig von der Ankündigung zu [X.] selbständiges Merkmal. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.], der die Ankündigung zu Beginn als Dauerwerbesendung der Kennzeichnung während ihres gesamten Verlaufs als solche gegenü[X.]stellt und beides kumulativ einfordert. Die Eigenständigkeit des Merkmals ergibt sich a[X.] auch aus dem Sinn und Zweck der Kennzeichnungspflicht. Mit ihr will der Gesetzge[X.] die bei der Dauerwerbesendung bestehende erhöhte Verwechselungsgefahr hinsichtlich der Bedeutung des [X.]s vor allem auch für diejenigen Zuschauer ausschließen, die sich erst im Verlauf der Dauerwerbesendung zuschalten und die Ankündigung der Dauerwerbesendung verpasst haben; die Kennzeichnung soll ihnen den Werbecharakter unmittelbar vor Augen führen ([X.]. [X.]/273 S. 46; [X.], in: [X.]/Ring/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] JMStV, Stand: Juli 2016, § 7 [X.] Rn. 33). Aufgrund dieser eigenständigen Bedeutung von Ankündigung einerseits und Kennzeichnung andererseits kommt eine Absenkung der Anforderungen an die Ankündigung mit Blick auf die Kennzeichnungspflicht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Betracht.

b) Unter Berücksichtigung der Anforderungen, die das Trennungsgebot an die Absetzung der Werbung vom restlichen Programm stellt, und wegen der erhöhten Verwechselungsgefahr mit redaktionellen Sendungsteilen verlangt das [X.] ein selbständiges Element im Sinne einer Zäsur. Die Ankündigung muss eindeutig, zweifelsfrei und klar erkennbar sein. Daraus folgt, dass den Zuschauern [X.]eits vor Beginn der Dauerwerbesendung hinreichend deutlich gemacht werden muss, dass deren Ausstrahlung unmittelbar bevorsteht. Ihnen muss sich aufdrängen, dass als nächstes eine Dauerwerbesendung ausgestrahlt wird. Dies ist anzunehmen, wenn die Zuschauer aufgrund der Gestaltung des eingesetzten Mittels, der Dauer seiner Einblendung und des [X.] durch bloßes Hinsehen ohne Nachdenken zu dem Schluss kommen können, dass als nächstes eine Dauerwerbesendung zu erwarten ist. Es reicht nicht aus, dass sie hierfür das [X.] mit erhöhter Aufmerksamkeit verfolgen müssen. Dem Normzweck des [X.] trägt ein Maßstab für die Beurteilung der Eindeutigkeit Rechnung, der für das Fernsehen auf einen durchschnittlichen, nicht ü[X.]mäßig konzentrierten Zuschauer abstellt, der das Programm an sich vorbeiziehen lässt. Für das Nachmittags- und Vorabendprogramm sind jugendliche und alte Zuschauer einzubeziehen (vgl. ebenso zum Trennungsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.]: BVerwG, Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 - BVerwGE 153, 129 Rn. 20 ff.).

Soweit nach § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.] [X.] zu Beginn angekündigt werden müssen, bedeutet dies, dass die Ankündigung unmittelbar vor Beginn der Dauerwerbesendung platziert sein muss. Zwar lässt der Wortlaut der Norm es zu, das Merkmal "zu Beginn" zeitlich so zu verstehen, dass die Ankündigung mit dem Anfang der Dauerwerbesendung zusammenfallen könnte. Der Wortlaut lässt a[X.] mit Blick auf das [X.] auch ein funktionales Verständnis dieses Merkmals zu: Die Ankündigung ist unmittelbar vor dem Beginn der Sendung auszustrahlen und es dürfen zwischen ihr und der Dauerwerbesendung keine anderen Sendungsteile oder Werbung liegen, weil nur etwas unmittelbar Bevorstehendes zu Beginn angekündigt werden kann. Diese Auslegung ist durch den Sinn und Zweck der Ankündigung geboten. Denn die Ankündigung kann ihrer Warnfunktion nur Rechnung tragen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Dauerwerbesendung ausgestrahlt wird und nicht mit werblichen Elementen der Dauerwerbesendung vermischt wird. Allein auf diese Weise ist gewährleistet, dass sie der erhöhten Gefahr der Irreführung ü[X.] die Bedeutung des [X.]s bei der Dauerwerbesendung wirksam begegnet. Der Hinweis der Klägerin auf ein rein zeitliches Verständnis des Merkmals "zu Beginn" in anderen Rechtsvorschriften entfaltet für § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.] aufgrund der gebotenen [X.]eichsspezifischen, vor allem am Sinn und Zweck des [X.]ses orientierten Auslegung keine Bedeutung.

Schließlich hat das Verwaltungsgericht zutreffend hervorgehoben, dass die Verwendung des Wortes "Dauerwerbesendung" in der Ankündigung grundsätzlich geeignet ist, die von § 7 Abs. 5 Satz 2 [X.] bezweckte Warnfunktion zu erfüllen. Insoweit bieten sich vor allem optische Mittel für die Ankündigung an.

c) Die Ankündigung als selbständiges Element muss so gestaltet sein, dass sie ihre Warnfunktion erfüllen kann. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung scheidet eine Einbeziehung des vorangegangenen [X.]s aus. Die an die Gestaltung der Ankündigung zu stellenden Anforderungen sind unabhängig davon zu erfüllen, ob vor der Ankündigung ein [X.], Werbung oder andere Sendungsteile ausgestrahlt worden sind.

Entscheidend ist, dass die Ankündigung der eindeutigen Absetzung der Dauerwerbesendung vom restlichen Programm und dem erhöhten Schutzbedürfnis der Zuschauer Rechnung trägt. Die Ankündigung mit dem Inhalt, als Nächstes stehe eine Dauerwerbesendung unmittelbar bevor, erfüllt ihre Warnfunktion nur, wenn sie als selbständiges Element den Bildschirm optisch dominiert (vgl. entsprechend zum Trennungsgebot: BVerwG, Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 - BVerwGE 153, 129 Rn. 26 f.). Je stärker die Dominanz, desto eher ist der Schluss auf die Erfüllung der Warnfunktion gerechtfertigt. Die Dominanz hängt davon ab, welche Fläche die Ankündigung ausfüllt und an welcher Stelle des Bildschirms (zentral oder am Rand) sie platziert wird. Neben der optischen Gestaltung ist entscheidend, wie lange sie eingeblendet wird. Je mehr sie optisch zurücktritt, desto länger muss sie eingeblendet werden, um die Dauerwerbesendung vom restlichen Programm eindeutig absetzen zu können. Die Einblendung während eines kurzen Augenblicks wird auch bei optischer Dominanz der Ankündigung regelmäßig nicht ausreichen.

Wenn die Ankündigung vor der Dauerwerbesendung mit anderen redaktionellen Elementen vermischt wird, gelten gesteigerte Anforderungen, weil in einem solchen Fall die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf das Programm gerichtet sein wird. Die Warnfunktion darf nicht durch die gleichzeitige Ausstrahlung redaktioneller Elemente unterlaufen oder zunichte gemacht werden. Vielmehr ist sie nur gewährleistet, wenn die laufenden Bilder des Programms durch die optischen Mittel der Ankündigung weitgehend ü[X.]deckt oder der Schriftzug für einen längeren Zeitraum deutlich sichtbar im dargestellten Sinne eingeblendet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 - BVerwGE 153, 129 Rn. 27).

d) Das so verstandene [X.] ist mit der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Programmfreiheit privater Rundfunkveranstalter, die auch die Finanzierung des Programms durch Werbung umfasst (vgl. [X.], Beschluss vom 24. März 1987 - [X.], 478/86 - [X.]E 74, 297 <342>; BVerwG, Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 - BVerwGE 153, 129 Rn. 29), vereinbar. Es ist geeignet und erforderlich, um die Ziele des [X.] vor Irreführung sowie der [X.] der Veranstalter und der Unabhängigkeit der Programmgestaltung bei der besonderen Werbeform der [X.] zu erreichen. Zudem erweist es sich als angemessen, da die damit verbundenen Einschränkungen bei der Ausstrahlung der Dauerwerbesendung die Finanzierungsmöglichkeiten nicht ü[X.]mäßig beeinträchtigen, zumal [X.] nicht gemäß § 45 Abs. 1 [X.] auf den Anteil höchstzulässiger Werbung innerhalb einer Stunde angerechnet werden.

e) Anhand der dargestellten Anforderungen liegt hier eine ordnungsgemäße Ankündigung der Dauerwerbesendung "A. ..." [X.]eits deshalb nicht vor, weil sie nach den bindenden Feststellungen des [X.] nicht unmittelbar vor der Dauerwerbesendung ausgestrahlt, sondern am Anfang der Dauerwerbesendung platziert und mit werblichen Elementen, den Werbelogos von "A. ..." und "A.", verbunden worden ist.

Darü[X.] hinaus konnte das Wort "Dauerwerbesendung" die mit der Ankündigung verbundene Warnfunktion nicht erfüllen. Zwar war das Wort "Dauerwerbesendung" für eine Sekunde vor dem Hintergrund ohne Werbelogos eingeblendet. Es fehlte jedoch der Einblendung gerade unter dem zeitlichen Aspekt an der für die Warnfunktion erforderlichen Dominanz. Diese war nicht gegeben, weil der Schriftzug nur statisch im linken unteren Bereich und farblich nur schwach abgehoben platziert war, während in der Mitte des Bildschirms ein auf den Zuschauer fahrendes Zweirad zu sehen war und dieses dynamische Element die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich gezogen hatte. Gleiches gilt für die anschließende Einblendung der Werbelogos "A. ..." und "A." und die nachfolgende tanzende Bewegung des Rappers. Das Verwaltungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Zuschauer nicht in der gebotenen Weise die Ankündigung hat wahrnehmen können.

Aufgrund dieses Verstoßes durfte die Beklagte die hierauf bezogene Beanstandung aussprechen. § 38 Abs. 2 [X.] verpflichtet die zuständige Landesmedienanstalt zum Einschreiten und stellt nur die Wahl des konkreten Aufsichtsmittels in ihr Ermessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2016 - 6 [X.] 9.15 - BVerwGE 155, 270 Rn. 9). Bedenken an der Eignung und Erforderlichkeit der Beanstandung als mildestes Mittel und der damit verbundenen Aufforderung, einen derartigen Verstoß zukünftig zu unterlassen, bestehen im vorliegenden Fall nicht.

3. [X.] ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

6 C 14/18

24.06.2020

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Neustadt (Weinstraße), 21. Februar 2018, Az: 5 K 772/17.NW, Urteil

§ 2 Abs 2 Nr 7 RdFunkStVtr BW, § 7 Abs 3 RdFunkStVtr BW, § 7 Abs 5 RdFunkStVtr BW, § 7a RdFunkStVtr BW, § 38 Abs 2 RdFunkStVtr BW, § 45 Abs 1 RdFunkStVtr BW, Art 1 Abs 1 Buchst i EURL 13/2010, Art 19 Abs 1 S 2 EURL 13/2010, Art 5 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.06.2020, Az. 6 C 14/18 (REWIS RS 2020, 4089)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 4089

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