22. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 70
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Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25.09.2019 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Köln, 16 O 503/18, unter Zurückweisung des Rechtsmittels des Klägers abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg, die zulässige Berufung des Klägers hat hingegen keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat dem Kläger zu Unrecht einen Anspruch auf Herausgabe des Versteigerungserlöses in Höhe von 1.668,12 € zuerkannt. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erlösherausgabe nicht zu. Dementsprechend war der Berufung des Beklagten im Hauptantrag, mit dem er die Urteilsabänderung und vollständige Klageabweisung begehrt, stattzugeben und die Berufung des Klägers hinsichtlich des Berufungsantrags zu Ziffer 1., mit dem er die Zahlung eines weiteren Betrages von 5.546,88 € (Versteigerungserlös i.H.v. 7.215,00 € – zugesprochener 1.668,12 €), hilfsweise in Höhe von 2.399,20 € (7.215,00 € – Mietforderung 3.147,68 € – 1.668,12 €) begehrt, zurückzuweisen.
a) Der Kläger rügt allerdings zu Recht, dass dem Landgericht bei der Ermittlung der Höhe des vom Beklagten erzielten Versteigerungserlöses ein Fehler unterlaufen ist. Ausweislich des Versteigerungsprotokolls (Bl. 280 GA) hat die Verwertung des Inventars insgesamt einen Betrag i.H.v. 7.215,00 € ergeben und nicht - wie vom Landgericht angenommen - von 5.245,00 €. Allerdings hat auch der Kläger in seinem Klageantrag zu 2. den Versteigerungserlös, den er zunächst mit 5.365,00 € angegeben hatte, auf Nachfrage des Landgerichts (Bl. 320 RS GA) lediglich in dieser Höhe beziffert. Das Landgericht hat von den 5.245,00 € die von ihm als berechtigt angesehene Forderung des Beklagten für rückständige Mieten i.H.v. 3.576,88 € abgezogen und ist so zu dem auszukehrenden Betrag von 1.668,12 € gelangt; richtigerweise hätte das Landgericht aber den sich nach seinen Berechnungen ergebenden Zahlungsanspruch auf der Basis eines Verkaufserlöses von 7.215,00 € berechnen müssen, was nach der Bewertung des Landgerichts einen Anspruch auf Erlösherausgabe i.H.v. 3.638,12 € ergeben hätte, der sich auch innerhalb des Klagebegehrens gehalten hätte, § 308 ZPO. Dem Kläger steht jedoch ein Zahlungsanspruch auch unter Berücksichtigung eines Verkaufserlöses von 7.215,00 € unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
b) Ein Anspruch des Klägers auf Herausgabe des Versteigerungserlöses von 1.668,12 € ergibt sich entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht nach bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten, wobei hier nur ein Anspruch nach §§ 816 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB in Betracht kommt. Damit scheidet auch der vom Kläger geltend gemachte weitere Zahlungsanspruch von 5.546,88 € bzw. hilfsweise 2.399,20 € aus.
Nach 816 Abs. 1 Satz 1 BGB hat ein Nichtberechtigter, der über einen Gegenstand eine Verfügung trifft, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, dem Berechtigten das durch die Verfügung Erlangte herauszugeben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, da der Beklagte aufgrund des von ihm geltend gemachten Vermieterpfandrechts zum Verkauf der streitgegenständlichen Gegenstände berechtigt war. Denn gemäß § 1228 Abs. 2 BGB ist der Pfandgläubiger zum Verkauf berechtigt, sobald seine Forderung ganz oder zum Teil fällig ist, und er die Sachen in Besitz hat (§ 1231 BGB). Davon ist das Landgericht nur in Bezug auf eine rückständige Mietforderung des Beklagten in Höhe von 3.576,88 € ausgegangen. Zu Recht beanstandet der Beklagte aber, dass das Landgericht die Kautionsforderung nicht als vom Vermieterpfandrecht umfasst angesehen hat. Für die Frage, ob der Beklagte die Verwertung der hier streitgegenständlichen Gegenstände als Berechtigter oder Nichtberechtigter durchgeführt hat, ist allein auf die Kautionsforderung abzustellen, da der Beklagte ausweislich des an den Gerichtsvollzieher erteilten Auftrags vom 18.05.2018 (Anlage B 1, Bl. 27 ff. AH) auch nur insoweit eine Verwertung hat durchführen lassen. Der Gerichtsvollzieher ist ausweislich der Mitteilung vom 31.07.2018 (Anlage 5, Bl. 15 AH) an die Schuldnerin auch nur insoweit tätig geworden. Ob der Beklagte die Verwertung stattdessen auf andere Forderungen hätte stützen können, ist unerheblich, weil es auf die konkrete Verwertungsmaßnahme ankommt. Dem Beklagten stand jedoch insoweit eine fällige Forderung zu, die durch das Vermieterpfandrecht an den später verwerteten Sachen gesichert wurde (dazu unter aa) und er hatte die verwerteten Sachen auch im Besitz (dazu unter bb). Der Verwertungsbefugnis des Beklagten stand schließlich auch das am 12.03.2018 über das Vermögen der Schuldnerin eröffnete Insolvenzverfahren nicht entgegen (dazu unter cc).
aa) Dem Beklagten stand ein Vermieterpfandrecht wegen der nicht erfüllten Kautionsforderung zu, die auch fällig war.
(1) Das Vermieterpfandrecht sichert alle Forderungen aus dem Mietverhältnis. Das sind solche, die sich aus dem Wesen des Mietvertrages als entgeltlicher Gebrauchsüberlassung ergeben (BGH, Urteil vom 06.12.1972 - VIII ZR 179/71 -, NJW 1973, 238, 239). Dazu gehört aber auch die hier mietvertraglich vereinbarte Kautionsforderung. Soweit das Landgericht angenommen hat, diese sei im Hinblick auf das nach § 551 BGB geltende Kumulationsverbot nicht durch das Vermieterpfandrecht gesichert, da ansonsten eine doppelte Sicherung vorläge, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar wird dies teilweise in der Literatur vertreten (Lammel in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 562 Rn. 41; Blank/Börstinghaus in: Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 562 Rn. 7). Jedoch wird dabei verkannt, dass die für das Wohnraummietrecht geltende Norm des § 551 BGB ausweislich der fehlenden Verweisung in § 578 BGB für die Geschäftsraummiete nicht anwendbar ist, weshalb diese der Sicherung der Kautionsforderung durch das Vermieterpfandrecht nicht entgegensteht (vgl. auch LG Regensburg, Urteil vom 05.08.1991 - 1 O 50/91 -, NJW-RR 1992, 717, 718; Geldmacher in: Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 562 Rn. 77; C. Schultz in: BeckOK MietR, 25. Ed. 01.08.2021, § 562 Rn. 43.5; V Emmerich in: Staudinger, BGB, (2021) § 562, Rn. 27; Bruns, NZM 2019, 46, 52).
Eine restriktive Auslegung des § 562 BGB wegen einer Kumulation der Sicherheiten ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht veranlasst. Dies würde vielmehr zu einer – von § 578 BGB gerade ausgeschlossenen – Anwendung des § 551 BGB durch die Hintertür führen. Zudem weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass auch bei vollständiger Leistung der Mietsicherheit das Vermieterpfandrecht kraft Gesetzes in voller Höhe kumulativ zur Mietsicherheit entsteht. Der Vermieter darf durch den Verzug des Mieters mit der Kautionszahlung nicht schlechter gestellt werden, als er gestanden hätte, wenn dieser seine Verpflichtung erfüllt hätte. In diesem Falle hätte der Beklagte aber die noch offenen Forderungen aus dem Mietverhältnis ohne weiteres gegen den Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Kaution aufrechnen können. Insoweit hat er auch ein Bedürfnis an der Sicherung der Kautionsforderung, da diese nach dem Vertrag an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist, während die noch offenen sonstigen Forderungen zwischen den Parteien streitig sind.
(2) Dem Beklagten stand auch ein fälliger Anspruch auf Kautionszahlung in Höhe von 50.000 €, zumindest aber in Höhe von 11.067,00 € zu.
(a) Die mietvertragliche Kautionsabrede im Mietvertrag der Schuldnerin und dem Beklagten ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht wegen Übersicherung unwirksam.
Eine Obergrenze für eine Kaution gibt es für Gewerberaummietverträge anders als für Wohnraummietverträge (§ 551 BGB: dreifache Monatsmiete) nicht. Sie steht daher grundsätzlich zur Disposition der Parteien, soweit ein Sicherheitsinteresse des Vermieters besteht und solange die Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB, § 242 BGB, §§ 305 ff BGB) nicht erreicht wird (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.09.2006 – 3 U 78/06 -, BeckRS 2006, 11112; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2009 – 10 U 2/09 -, BeckRS 2009, 27752; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.10.2004 – 2 U 194/03 -, BeckRS 2004, 11900 Rn. 21; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 551 BGB Rn. 118; Moeser in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kapitel 12, Rn. 38 ff.; Blank/Börstinghaus in: Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 551 Rn. 129). Maßgeblich ist grundsätzlich das Interesse des Vermieters an der Sicherung seiner Erfüllungsansprüche aus dem Mietvertrag (Mietzinsen, Nebenkosten), welches insbesondere auch von der vereinbarten Dauer des Mietvertrages und der Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung des Vertrages abhängig ist. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Kaution auch Schadensersatzansprüche (z.B. § 280 BGB) und Ansprüche nach dem Ende des Mietvertrages (§ 546 a BGB; § 280 BGB) bis zur Rückgabe des Mietobjekts erfasst sowie gegebenenfalls – wie hier - auch Prozesskosten. Vor diesem Hintergrund erscheint die hier mit gut 13 Monatsmieten sicherlich recht hoch angesetzte Kaution als noch gerechtfertigt. Denn gerade bei einem Gewerbemietverhältnis können bei einer fristlosen Kündigung und Streit über deren Berechtigung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens bis zur Rückgabe der Mietsache zwölf Monate durchaus vergehen; hinzu kommt bei einem – wie hier mit der Verlängerungsoption von 2 x fünf Jahren gegebenen – Zeitmietvertrag der etwaige Kündigungsfolgeschaden bis zu einer Neuvermietung.
Letztlich bedarf die Frage vorliegend aber keiner abschließenden Entscheidung, denn selbst wenn man von einer Übersicherung ausginge, wäre die Kautionsabrede nicht völlig unwirksam, sondern nur insoweit, als sie überhöht ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.06.2004 – VIII ZR 243/03 -, NJW 2004, 3045 f.). Geschuldet wäre dann eine angemessene Kaution, die in Anlehnung an § 551 BGB jedenfalls mit der dreifachen Monatsmiete von ursprünglich 3.689,00 € anzusetzen wäre, so dass sich der Kautionsanspruch des Beklagten zumindest auf 11.067,00 € beläuft.
(b) Die Kautionsforderung ist auch nicht verwirkt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist mithin verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Dabei besteht zwischen dem Zeitmoment und dem Umstandsmoment insoweit eine Wechselwirkung, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände umso geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2000 - X ZR 150/98 -, BGHZ 146, 217, 224 f.; Urteil vom 19.10.2005 - XII ZR 224/03 -, WM 2006, 977, 979 f.). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (vgl. nur BGH, Urteile vom 12.07.2016 - XI ZR 501/15 -, BGHZ 211, 105 Rn. 40 und XI ZR 564/15 -, BGHZ 211, 123 Rn. 37; Urteil vom 14.03.2017 - XI ZR 442/16 -, WM 2017, 849 Rn. 27; Urteil vom 16.05.2017 - XI ZR 586/15 -, WM 2017, 1258 Rn. 27).
Vorliegend hat der Beklagte zwar erstmals 29 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses die Kautionsforderung gegenüber der Mieterin, der A GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) geltend gemacht. Jedoch fehlt es am Vorliegen eines Umstandsmoments, denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, inwiefern der Beklagte – außer durch seine Untätigkeit – bei der Schuldnerin das Vertrauen geweckt hat, er werde die Kautionsforderung nicht mehr geltend machen. Die bloße Untätigkeit von ca. zweieinhalb Jahren rechtfertigt ein solches Vertrauen noch nicht. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch ersichtlich, inwieweit sich die Schuldnerin tatsächlich aufgrund dieses Vertrauens in ihren Vermögensdispositionen eingerichtet hat.
(c) Auch soweit der Kläger erstinstanzlich geltend gemacht hat, dass es überhaupt keine Kautionsforderung gegeben habe, kann dem nicht gefolgt werden. Soweit er dies daraus herleiten will, dass die frühere Prozessbevollmächtigte des Beklagten dies gegenüber dem Insolvenzverwalter der Schuldnerin bestätigt hat (Bl. 17, 131, 171 GA), ist dieser Schluss nicht gerechtfertigt. Abgesehen davon, dass der Beklagte die Behauptung des Klägers bestritten hat (Bl. 312 GA), spricht bereits die Regelung im Vertrag gegen einen solchen Schluss. Dass der Beklagte auf die Forderung verzichtet hat, hat der Kläger nicht dargelegt. Insoweit lässt sich auch aus der bloßen Äußerung der Prozessbevollmächtigten des Beklagten nichts herleiten. Dass der Beklagte sich den entsprechenden Vortrag des Insolvenzverwalters in dem Verfahren 22 U 45/19 hilfsweise zu Eigen gemacht hat, erfolgte lediglich zum Zwecke der Begründung der Nichteinhaltung der Schriftform nach § 550 BGB und rechtfertigt daher ebenfalls keine andere Bewertung.
(d) Der Beklagte verhält sich entgegen der Ansicht des Klägers im Hinblick auf die Kündigung des Mietverhältnisses auch nicht widersprüchlich. Denn die Beendigung des Mietverhältnisses steht der Forderung der Kaution nicht entgegen, sofern der Vermieter schlüssig vorträgt, es bestünden noch Zahlungsansprüche gegen den Mieter, zu deren Sicherung er die Kaution benötige (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.1981 - VIII ZR 332/79 -, NJW 1981, 976, 977 zu Pacht; Hinweisbeschluss vom 22.11.2011 – VIII ZR 65/11 -, NJW 2012, 996 Rn. 2 zu Miete; a.A.: Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 551 BGB Rn. 66; Bieber in: MünchKomm BGB, 8. Aufl., § 551 BGB Rn. 18, wonach nicht der Vermieter das Bestehen von Forderungen darlegen muss, sondern der Mieter unzulässige Rechtsausübung wegen geringerer oder gar keiner Forderung). Nach der Beendigung des Mietverhältnisses hat die Kaution nicht nur eine Sicherungs- sondern auch eine Verwertungsfunktion, da der Vermieter dann auch mit streitigen aus dem Mietverhältnis stammenden Ansprüchen gegen den Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Barkaution aufrechnen kann (BGH, Urteil vom 24.07.2019 – VIII ZR 141/17 -, NJW 2019, 3371 Rn. 26; Urteil vom 28.10.2020 – VIII ZR 230/19 -, NJW-RR 2021, 15 Rn. 47). Ein Rückzahlungsanspruch des Mieters besteht erst, wenn das Sicherungsbedürfnis entfallen ist, mithin zu dem Zeitpunkt, in dem dem Vermieter keine Forderungen mehr aus dem Mietverhältnis zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen kann (BGH, Versäumnisurteil vom 20.07.2016 – VIII ZR 263/14 NJW 2016, 3231 Rn. 12). Der Beklagte hat bereits in dem Schreiben vom 18.05.2018 an den Gerichtsvollzieher (Anlage B 1, Bl. 27 AH) den Kautionsanspruch mit drohenden Prozesskosten sowie Forderungen in Höhe von insgesamt 41.286,10 €, nämlich rückständiger Miete bis zum 30.11.2017 in Höhe von 5.776,88 €, einem Mietausfallschaden vom 01.12.2017 bis 30.05.2018 gemäß § 546 a BGB in Höhe von 30.000 € und Rechtsanwaltsgebühren für den Ausspruch der Kündigung vom „19.12.2018“ und für das Verfahren vor dem LG Köln (8 O 422/17) und OLG Köln (22 U 183/17) in Höhe von 5.509,22 €, begründet. Auf dieses Schreiben sowie das weitere eingeleitete Verfahren zwischen dem Beklagten und dem Insolvenzverwalter der Schuldnerin (LG Köln, 26 O 199/18 = OLG Köln, 22 U 45/19) hat er mit Schriftsatz vom 03.09.2018 (Bl. 21 GA) Bezug genommen und dargelegt, dass weitere Prozesskosten drohten, derzeit aber nicht beziffert werden könnten. In der Berufungsinstanz hat er einen Anspruch auf Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 5.829,37 € näher dargelegt. Die Kaution sichert nach § 16 des Mietvertrages auch solche Kosten.
An die Darlegungslast des Vermieters sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Er ist nicht verpflichtet, die streitigen Ansprüche in allen Einzelheiten darzustellen. Ausreichend ist, dass die von ihm vorzutragenden Tatsachen so konkret sind, dass sie auf Grund einer juristischen Subsumtion geeignet sind, den geltend gemachten Anspruch als in der Person des Beklagten entstanden erscheinen zu lassen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.01.2000 - 10 U 182/98 - NZM 2001, 380 unter Hinweis auf BGH, NJW 1991, 2707). Nach diesen Maßstäben hat er jedoch schon in Bezug auf den Mietrückstand in einer Höhe von 3.147,68 € sowie die Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 5.829,37 € ein Sicherungsbedürfnis in Höhe von zumindest 8.977,05 € schlüssig dargelegt. Im Einzelnen gilt folgendes:
(aa) Der Beklagte hat Mietrückstände im Jahr 2017 schlüssig dargelegt, wenngleich auch nur in Höhe von 3.147,68 € und nicht wie vom Landgericht angenommen in Höhe von 3.576,88 €. Dem Landgericht ist insoweit ein Rechenfehler unterlaufen, indem es lediglich den Nettobetrag des für unberechtigt gehaltenen Differenzbetrags für die Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung von 2.200 € (11 x 200 €) von der vom Beklagten dargelegten Forderung (einschließlich Betriebskostenerhöhung) von 5.776,88 € in Abzug gebracht hat. Nach den zutreffenden Berechnungen des Klägers in dem Tabellenblatt (Anlage AK 5, Bl. 186 GA) sowie im Schriftsatz vom 08.07.2018 (Bl. 276 GA), die der Berechnung in der Berufungsbegründung (Bl. 595 f. GA) entspricht, ergibt sich jedoch – ohne die erhöhte Betriebskostenvorauszahlung - lediglich ein Rückstand von 3.147,68 €.
Soweit der Beklagte in seiner Kontoaufstellung (Anlage B 6, Bl. 114 GA), die hinsichtlich der von der Schuldnerin geleisteten Zahlungen mit der Aufstellung des Klägers übereinstimmt, zusätzlich noch den Nachzahlungsbetrag aus der Nebenkostenabrechnung 2016 (jetzt vorgelegt als Anlage BB 2, Bl. 530 f. GA) in Höhe von 9,41 € sowie 1,79 € („USt.Nachzahlung“), insgesamt 11,20 € eingestellt hat, fehlt es diesbezüglich an jeglichem Vortrag, da er ausschließlich Mietrückstände geltend gemacht hat, so dass diese Beträge nicht berücksichtigt werden können. Erstmalig in der Berufungsinstanz hat er die entsprechende Betriebskostenabrechnung vorgelegt, dies aber lediglich zum Nachweis einer erhöhten Betriebskostenvorauszahlung. Der Beklagte hat die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung in der Berufungsinstanz in Abrede gestellt (Bl. 681 GA).
Ohne Erfolg wendet sich der Kläger mit seiner Berufung dagegen, dass das Landgericht eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB um monatlich 689,00 € auf 3.000 € wegen der Untersagungsverfügung der Stadt Köln im März 2016 hinsichtlich der Nutzung der Galerie sowie des Kellers als Versammlungsstätte nicht anerkannt hat. Es kann dahinstehen, ob insoweit ein Mangel der Mietsache zu bejahen ist und ob die – im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils und insoweit mit Bindungswirkung für den Senat festgestellte (§§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) – dennoch erfolgte Weiternutzung der Galerie und des Kellers einer Mietminderung entgegensteht. Denn nach Ziffer 7 des Mietvertrages war die Minderung u.a. nur dann zulässig, wenn der Mieter seine Minderungsabsicht dem Vermieter einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich angekündigt hat. Gegen eine derartige Klausel bestehen keine Bedenken, da sie nur die Möglichkeit der Minderung im laufenden Mietverhältnis einschränkt, nicht aber das Recht des Mieters, seine Zahlung unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zurückzufordern (vgl. nur OLG Köln, Urteil vom 25.10.2013 – 1 U 19/13 -, BeckRS 2013, 21123; Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 536 Rn. 462). Der Kläger hat zwar unter Vorlage des Schreibens vom 23.03.2016 (Anlage AK 2, Bl. 177 GA) behauptet, er habe die Minderung angekündigt. Er ist für seine Behauptung jedoch beweisfällig geblieben. Der Beklagte hat dies und den Zugang des Schreibens bestritten (Bl. 314, 334 GA). Die vom Kläger als Beweis angebotene eigene „Parteieinvernahme“ (Bl. 279 GA) im Sinne einer Parteivernehmung kommt nach §§ 447, 448 ZPO nicht in Betracht. Soweit der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 30.11.2021 (Bl. 746 GA) geltend macht, eine Ankündigung der Mietminderung sei nicht erforderlich gewesen, weil zum einen darüber bereits zuvor diskutiert worden sei, zum anderen sich die Mietminderung über mehrere Monate hinweg gezogen habe, so dass eine jeweils erneute Ankündigung in den Folgemonaten nicht mehr erforderlich gewesen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass der Beklagte die Ankündigung der Mietminderung bestritten hat (Bl. 314 GA) und der diesbezügliche Vortrag des Klägers, man habe darüber zuvor diskutiert, gänzlich unsubstantiiert ist, da nicht dargelegt wurde, wann dies zwischen wem Gesprächsthema gewesen sein soll, verkennt er, dass nach den mietvertraglichen Vereinbarungen eine schriftliche Ankündigung vorausgesetzt war. Der Schriftform kommt insoweit konstitutive Bedeutung i.S.v. § 125 Satz 2 BGB zu (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2015 – XII ZR 84/14, NZM 2015, 861 Rn. 28 f., BGH, Urteil vom 23. 01.2013 – XII ZR 35/11 -, NJW 2013, 1082 Rn. 8 zu Kündigung). Ohne weitere Informationen zu der reduzierten Mietzahlung musste der Beklagte ohnehin nicht von der Geltendmachung eines Minderungsrechts ausgehen.
(bb) Der Beklagte hat ferner in der Berufungsinstanz einen Anspruch auf Ersatz der im Verfahren vor dem Landgericht Köln, 8 O 422/17, bzw. OLG Köln, 22 U 183/17, entstandenen Rechtsanwaltskosten sowie der aufgrund der Verwertung der Gegenstände entstandenen Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von insgesamt 5.829,37 € schlüssig dargelegt. Insoweit kommt es nicht – wie das Landgericht und die Parteien meinen – auf das Bestehen eines Vermieterpfandrechts an, da die hier streitgegenständliche Verwertung, wie ausgeführt, nur aufgrund der Kautionsforderung erfolgt ist. Maßgeblich ist daher, ob die Forderung, die nach Ziffer 16 des Mietvertrages grundsätzlich auch Rechtsverfolgungskosten sichert, schlüssig dargelegt wurde. Dies ist im Hinblick auf die mit der Berufungserwiderung vom 06.04.2021 (Bl. 694 GA) unter erstmaliger Vorlage der anwaltlichen Kostennote vom 28.01.2020 (Bl. 698 GA) näher konkretisierten Anwaltskosten für das Verfahren vor dem Landgericht Köln, 8 O 422/17, bzw. OLG Köln, 22 U 183/17, in Höhe von 4.737,40 € sowie der erstmalig in der Berufungsinstanz geltend gemachten Gerichtskosten für das Berufungsverfahren (22 U 183/17) entsprechend der Gerichtskostenrechnung vom 17.01.2020 (Bl. 697 GA) in Höhe von 964,00 € und der ihm mit Rechnung vom 04.09.2018 (Bl. 696 GA) für die Versteigerung am 04.09.2018 berechneten Gerichtsvollzieherkosten von 127,97 € der Fall. Damit hat der Beklagte Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 5.829,37 € schlüssig dargelegt. Dies gilt auch für die Rechtsverfolgungskosten im Zusammenhang mit dem Verfahren 8 O 422/17 bzw. 22 U 183/17, da das zunächst zugunsten der Schuldnerin ergangene landgerichtliche Urteil aufgrund des Versäumnisurteils des Oberlandesgerichts zeitlich nach der Entscheidung des hier angegriffenen Urteils aufgehoben und die Schuldnerin zur Kostentragung verpflichtet worden ist. Der Kläger hat die geltend gemachten Positionen im Übrigen auch nicht in Abrede gestellt, weshalb sie als unstreitig anzusehen sind.
(cc) Ob daneben noch weitere Ansprüche bestehen, kann an sich dahinstehen, da ein Sicherungsbedürfnis für die Kautionsforderung in Höhe von insgesamt 8.977,05 € dargelegt wurde, die den Versteigerungserlös von 7.215,00 € bereits übersteigt. Der Senat teilt aber die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass der Beklagte weder einen Anspruch auf Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen noch einen Anspruch auf Nutzungsausfall schlüssig dargelegt hat.
(aaa) Die Rüge des Beklagten, das Landgericht habe seinen Vortrag zur einvernehmlichen Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung von 700 € auf 900 € als nicht ausreichend substantiiert angesehen, hat im Ergebnis keinen Erfolg. Richtig ist zwar, dass entgegen der Annahme des Landgerichts, der Beklagte habe eine diesbezügliche beiderseitige Abrede schon nicht behauptet, seine frühere Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 03.09.2018 (Bl. 20 f. GA) sich die Ausführungen in der als Anlage B 2 zur Akte gereichten Feststellungsklage vom 25.07.2018 (Anlage B 2, Bl. 30 ff. AH) ausdrücklich zu Eigen gemacht hat. In dieser wird unter Beweisantritt ausgeführt, nach Zusammenlegung der Heizungsanlagen für das Haus sei vereinbart worden, dass die Kosten des Heizöls vom Vermieter vorgeschossen würden und Gegenstand der Betriebskostenabrechnung sein sollten, weshalb die Nebenkostenvorauszahlung von 700 € einvernehmlich auf 900 € erhöht und entsprechende Zahlungen sodann geleistet worden seien. Der Kläger hat den Vortrag jedoch in Abrede gestellt, ohne dass der Beklagte sein Vorbringen substantiiert hat, wann, zumindest aber mit wem von der Schuldnerin die Vereinbarung getroffen worden sein soll – diese Angabe ist zur Beurteilung einer einvernehmlichen Betriebskostenerhöhung erforderlich - und ab wann die erhöhten Zahlungen geleistet worden sein sollen. Im Mietvertrag ist eine Umlage der Heizkosten nicht vorgesehen. Auch aus den vorgelegten Kontoauszügen für das Jahr 2017 ergibt sich nicht, dass Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 900 € netto zuzüglich MwSt gezahlt wurden. Vielmehr leistete der Kläger auf die Mietforderung einschließlich Nebenkostenvorauszahlung pauschal Beträge von jeweils 1.250 € und 500 €. Soweit die Beträge in Höhe von 500 €, die ohnehin nicht ganzjährig geleistet wurden, in der Kontoübersicht (Anlage AK 4, Bl. 184 f. GA) als „Miete - erhöhte Vorauszahlung“ bezeichnet sind, entsprechen diese gerade nicht dem angeblich erhöhten Betrag von 900 €, so dass sich aus der Bezeichnung nichts herleiten lässt. Es kann dahinstehen, ob das Landgericht den Beklagten auf die Ergänzungsbedürftigkeit seines Vorbringens hätte hinweisen müssen, da sich nach dem in der Berufungsinstanz nunmehr ergänzten Vorbringen nicht ergibt, dass eine etwaige Hinweispflichtverletzung für die Entscheidung ursächlich gewesen ist. Der Beklagte legt nunmehr eine E-Mail des Klägers vom 15.09.2015 (Anlage BB 1, Bl. 529 GA) vor, wonach er „die Miete auf 4 angehoben“ habe. Das Schreiben verhält sich aber nicht zur Höhe einer darin enthaltenen Betriebskostenvorauszahlung. In den vorgelegten Kontoauszügen für das Jahr 2017 findet sich auch keine entsprechende Zahlung. Auch die als Anlage BB 2 vorgelegte Nebenkostenabrechnung vom 06.06.2017 für das Jahr 2016 stützt nicht die behauptete Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung infolge der Heizkosten. Diese werden nämlich gerade nicht auf die Schuldnerin umgelegt und auch keine Heizkosten-Istvorauszahlung der Schuldnerin in Ansatz gebracht. Lediglich die Betriebskosten-Istvorauszahlung entspricht dem Jahresbetrag von 900 € netto monatlich. Geschuldet war die Betriebskostenvorauszahlung jedoch zuzüglich MwSt, so dass die Vorauszahlung ebenfalls nicht die behauptete Einigung widerspiegelt.
(bbb) Den vom Beklagten geltend gemachten Anspruch wegen Nutzungsausfalls für die Zeit vom 01.12.2017 bis zum 30.05.2018 gemäß § 546 a Abs. 1 BGB (vgl. Anlage B 1, Bl. 28 AH) hat das Landgericht zutreffend mit der Begründung verneint, dass es an einem „Vorenthalten“ der Mietsache durch die Schuldnerin bzw. den Insolvenzverwalter fehlte, nachdem die Schuldnerin seit dem 30.11.2018 keinen Besitz mehr an den Räumlichkeiten hatte – diesen hatte aufgrund des Erhalts der Schlüssel und nachfolgenden Schlösseraustauschs bereits der Beklagte, so dass ein Herausgabe- und Räumungsanspruch nicht mehr bestand. Soweit der Beklagte den Nutzungsausfall erstinstanzlich ferner damit begründet hat, dass aufgrund der von der Schuldnerin widerrechtlich erwirkten einstweiligen Verfügung (LG Köln, einstweilige Verfügung vom 12.12.2017, 8 O 422/17, bestätigt durch das landgerichtliche Urteil vom 21.12.2017) eine Neuvermietung zunächst nicht habe erfolgen können, hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB mangels Pflichtverletzung verneint, da die einstweilige Verfügung nicht widerrechtlich erwirkt worden sei. Dem ist der Beklagte mit der Berufung nicht mehr entgegengetreten, insbesondere fehlt es in dem vorliegenden Verfahren an Vortrag zur materiellen Rechtswidrigkeit der einstweiligen Verfügung und einer Pflichtverletzung der Schuldnerin. Zwar hat der Senat mit Versäumnisurteil vom 11.12.2019 das landgerichtliche Urteil abgeändert und die einstweilige Verfügung aufgehoben. Hintergrund dessen war jedoch, dass die Schuldnerin im Termin anwaltlich nicht vertreten war.
bb) Der Beklagte war zum Zeitpunkt der Verwertung auch im Besitz der von der Schuldnerin im Mietobjekt eingebrachten Sachen, die nicht dem Pfändungsschutz des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unterlagen und somit von seinem Vermieterpfandrecht umfasst waren, § 562 Abs. 1 BGB. Denn der Pfändungsschutz nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO bezieht sich grundsätzlich nur auf persönlich zu erbringende Arbeitsleistungen, nicht hingegen auf den durch eine Kapitalgesellschaft – wie hier der Schuldnerin als GmbH - unter Einsatz von Erwerbsgehilfen zu erzielenden Gewinn (BGH, Urteil vom 06.12.2017 – XII ZR 95/16 -, NJW 2018, 1083 Rn. 9).
cc) Dass im Frühjahr 2018 und damit vor dem Versteigerungstermin vom 04.09.2018 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, macht den Beklagten entgegen der Ansicht des Klägers nicht zum Nichtberechtigten.
(1) Nach § 173 Abs. 1 InsO ist der Gläubiger, dem ein Absonderungsrecht nach § 50 Abs. 1 InsO zusteht - wie hier dem Beklagten aufgrund eines Vermieterpfandrechts -, auch in der Insolvenz der Schuldnerin zur Verwertung berechtigt, wenn eine Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters nicht besteht. Eine Verwertungsbefugnis steht dem Insolvenzverwalter für bewegliche Sachen, für die ein Absonderungsrecht besteht, nach § 166 Abs. 1 InsO aber nur dann zu, wenn er sich im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im – unmittelbaren oder ggf. schutzwürdigen mittelbaren - Besitz der Sachen befindet. Dies war jedoch nicht der Fall. Weder hat er aufgrund der Insolvenzeröffnung und seiner Bestellung unmittelbaren Besitz an den Gegenständen begründet (§ 148 Abs. 1 InsO) noch hatte er schutzwürdigen mittelbaren Besitz (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.2015 − IX ZR 272/13 -, NZI 2016, 21 Rn. 20; Brinkmann in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 166 Rn. 14 ff.). Unmittelbaren Besitz hatte vielmehr unstreitig der Beklagte, der am 30.11.2017 die Schlösser des Mietobjekts hat austauschen lassen. Eine Neuvermietung erfolgt nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten zunächst nicht, weshalb er auch Nutzungsersatz für die Monate Dezember 2017 bis März 2018 (Bl. 100 GA) bzw. Mai 2018 (Anlage B 1, Bl. 28 AH) beanspruchte. Auch der Kläger hat vorgetragen, dass eine Neuvermietung nicht erfolgt ist, weil zunächst umfangreiche Sanierungsarbeiten vorgenommen worden sind. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unmittelbaren Besitz hatte, ergibt sich auch aus dem Kaufvertrag vom 20./22.08.2018 (Anlage 4, Bl. 13 AH), in dem der Insolvenzverwalter darauf hinweist, dass „ausschließlichen Besitz“ der Beklagte hat. Grundsätzlich reicht zwar auch der mittelbare Besitz des Schuldners aus, um die Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters zu begründen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Sicherungsnehmer bzw. Pfandgläubiger selbst unmittelbarer Besitzer ist. In diesem Fall ist der Absonderungsberechtigte, hier der Beklagte, gemäß § 173 Abs. 1 InsO zur Verwertung der Sachen berechtigt (vgl. BGH, Urteil vom 11.01.2018 – IX ZR 295/16 -, NZI 2018, 396 Rn. 22; Urteil vom 05.05.2011 – IX ZR 144/10 -, NZI 2011, 602 Rn. 31; Urteil vom 14.04.2016 – IX ZR 176/15 -, NZI 2016, 633 Rn. 11 f.). Auch der Umstand, dass der Beklagte nach der Übergabe des Kündigungsschreibens an Herrn B im November 2017, sich den Schlüssel zum Mietobjekt von diesem – ohne Zustimmung des hiesigen Klägers als (Mit-)Geschäftsführer – hat aushändigen lassen und dadurch unmittelbaren Besitz an den im Mietobjekt befindlichen Gegenständen begründet und sodann die Schlösser ausgetauscht hat, führt nicht zu einem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters infolge verbotener Eigenmacht des Beklagten. Dieser hatte lediglich die Möglichkeit, die Herausgabe der Gegenstände kraft eines der Schuldnerin zustehenden Besitzanspruchs nach §§ 858, 861 Abs. 1 BGB zu verlangen, um mit dem unmittelbaren Besitz das Verwertungsrecht nach § 166 Abs. 1 InsO wiederzuerlangen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 23.09.2009 – 4 U 60/09 -, juris Rn. 48; Brinkmann in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 166 Rn. 12; Dithmar in: Braun, InsO, 8. Aufl., § 166 Rn. 11; Sinz in: K. Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 166 Rn. 11; Lütcke in: BeckOK InsR, 24. Ed. 15.07.2021, § 166 Rn. 23; wohl a.A. Kern in: MünchKommInsO, 4. Aufl., § 166 Rn. 32). Ein Verwalter kann, wenn der Absonderungsberechtigte unmittelbaren Besitz an den beweglichen Sachen hat, ggf. auch nach § 173 Abs. 2 InsO vorgehen, und dem Gläubiger durch das Insolvenzgericht eine Frist zur Verwertung setzen lassen, nach deren fruchtlosen Ablauf er das Verwertungsrecht zurückerhält. Vorliegend hat der Insolvenzverwalter der Schuldnerin jedoch keine Maßnahmen ergriffen, um das Inventar zurückzuerhalten, weshalb das Verwertungsrecht dem Beklagten gemäß § 173 InsO in dem dargestellten Umfang zustand.
Da mithin dem Beklagten und nicht dem Insolvenzverwalter das Verwertungsrecht zustand, führte der dennoch durchgeführte Verkauf der dem Vermieterpfandrecht des Beklagten unterliegenden Gegenstände durch Kaufvertrag vom 20./22.08.2018 an den Kläger entgegen der Ansicht des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 20.11.2021 nicht dazu, dass dem Beklagten nur noch ein Anspruch aus § 170 InsO gegen den Insolvenzverwalter zustand. Vielmehr führte die Veräußerung lediglich zu einem mit dem dinglichen Recht des Absonderungsberechtigten belasteten Eigentumserwerb des Klägers (vgl. Eckardt in: Jaeger, InsO, § 166 Rn. 269 f.).
(2) Soweit der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 30.11.2021 darauf verweist, dass für die Berechtigung der Zwangsvollstreckung nicht auf eine Forderung abgestellt werden darf, die – wie vorliegend die Prozesskosten aufgrund des Versäumnisurteils des Senats vom 11.12.2019 - erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, übersieht er, dass die Zwangsvollstreckung lediglich auf die Kautionsforderung gestützt wurde. Der Kautionsanspruch sichert – wie ausgeführt - nach § 16 des Mietvertrages aber auch die sich aus Rechtsstreitigkeiten aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechtsverfolgungskosten.
(3) Schließlich geht auch der Verweis des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 30.11.2021 auf § 50 Abs. 2 InsO in Bezug auf die Kautionsforderung fehl. Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 InsO kann das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters im Insolvenzverfahren wegen der Miete für eine frühere Zeit als die letzten zwölf Monate vor der Eröffnung des Verfahrens sowie wegen der Entschädigung, die infolge einer Kündigung des Insolvenzverwalters zu zahlen ist, nicht geltend gemacht werden. Die Regelung ist für die Kautionsforderung schon nicht einschlägig, da sich diese schon dem Wortlaut nach auf „Miete“, mithin auf periodisch zu zahlende Leistungen bezieht. Eine entsprechende Beschränkung der Einzelzwangsvollstreckung sieht auch § 562d BGB vor, der sich ebenfalls nur auf Mietzinsen bezieht. Für eine analoge Anwendung besteht angesichts des klaren Wortlauts kein Raum. Im Übrigen sichert die Kautionsforderung vorliegend auch keine Mietzinsen, die älter als zwölf Monate sind.
c) Dem Kläger steht der geltend gemachte Erlös auch nicht unter schadensrechtlichen Gesichtspunkten nach §§ 990, 989 BGB oder § 823 Abs. 1 BGB zu. Die Versteigerung war nicht rechtswidrig.
aa) Eine Veräußerung des Pfandes ist u.a. dann nicht rechtmäßig, wenn ein Pfandrecht nicht bestand. Ferner ist gemäß § 1243 BGB von der Rechtswidrigkeit auszugehen, wenn u.a. gegen die Vorschriften des § 1228 Abs. 2 BGB (Fälligkeit der Forderung) oder des § 1230 Satz 2 BGB (kein über die erforderliche Befriedigung hinausgehender Verkauf) oder § 1237 Satz 1 BGB (öffentliche Bekanntmachung der Versteigerung) verstoßen wird. Auch wenn der Kläger die Rechtmäßigkeit der Versteigerung – mit Ausnahme des schon erstinstanzlich gerügten fehlenden Pfandrechts an der Kautionsforderung – nunmehr erstmalig in der Berufungsinstanz dezidiert in Abrede gestellt hat, ist der diesbezügliche Tatsachenvortrag – mit Ausnahme des angeblichen Dritteigentums an der Digitalkamera – zu berücksichtigen, da sich dieser auf die bereits erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen stützt, deren Existenz und Inhalt zwischen den Parteien nicht streitig ist. § 531 ZPO steht der Berücksichtigung daher nicht entgegen. Etwas anderes gilt für die erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Behauptung, die versteigerte Digitalkamera (Pos. 67) habe im Eigentum der Ehefrau des Klägers gestanden. Da dies vom Beklagten bestritten worden ist, ist der Vortrag mangels Darlegung der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Die in der Berufungsinstanz nach dem berücksichtigungsfähigen Vortrag des Klägers gerügten Verstöße liegen jedoch entweder nicht vor oder führen zumindest nicht zur Unwirksamkeit des Pfandverkaufs gegenüber den Erwerbern.
bb) Der Kläger rügt insoweit ohne Erfolg, dass ein Pfandrecht mangels Bestehens einer Forderung gegen die Schuldnerin nicht bestanden hat. Wie ausgeführt, bestand ein Vermieterpfandrecht bezüglich der Kautionsforderung. Die Kautionsforderung war in Höhe von 50.000 €, zumindest aber in Höhe von rund 11.000 € wirksam vereinbart worden, ein Sicherungsbedürfnis lag in Höhe von rund 9.000 € vor. Die Forderung war auch fällig, so dass Pfandreife i.S.v. § 1228 Abs. 2 BGB eingetreten war.
cc) Entgegen der Ansicht des Klägers waren der versteigerte C D (Pos. 4) und die versteigerte Digitalkamera (Pos. 67) mit einem Vermieterpfandrecht belastet. Der Beklagte hat bereits mit dem Kündigungsschreiben vom 30.11.2017 (Anlage B 5, Bl. 112 GA) ausdrücklich sein Vermieterpfandrecht geltend gemacht. Dieses bezog sich ersichtlich auf sämtliches in den Mieträumen befindliche Inventar der Schuldnerin. Von einer zwischenzeitlich erfolgten Pfandfreigabe ist entgegen der im nachgelassenen Schriftsatz vom 30.11.2021 wiederholten Rechtsauffassung des Klägers nicht auszugehen. Wie der Kläger selbst ausführt, hat der Beklagte durch die Hausverwaltung mit Schreiben vom 18.01.2018 (Anlage B 8, Bl. 307 GA) dem Insolvenzverwalter der Schuldnerin mitgeteilt, auf welche Gegenstände sich das Vermieterpfandrecht erstreckt, wobei in dem Schreiben auch der D (Pos. 4) aufgeführt war (vgl. Bl. 607 GA). In dem weiteren Schreiben der Gerichtsvollzieherin vom 31.07.2018 an den Insolvenzverwalter (Anlage 5, Bl. 16 ff AH), wonach der Gläubiger wegen nicht geleisteter Kautionsforderung in Höhe von 50.000 € sein gesetzliches Pfandrecht an den mit “x“ gekennzeichneten Gegenständen der beigefügten Liste der F geltend mache, ist zudem die Position 67 (Digitalkamera E) angekreuzt. Soweit in der Liste der F nunmehr die Position 4 nicht angekreuzt wurde, lässt sich ein Freigabewille des Beklagten nicht feststellen, zumal der D ebenfalls veräußert wurde. Es liegt diesbezüglich allenfalls ein Verstoß wegen nicht ordnungsgemäßer Benachrichtigung des Insolvenzverwalters der Schuldnerin als zum Zeitpunkt der Benachrichtigung berechtigten Eigentümerin des Inventars gemäß § 1234 Abs. 1 Satz 2 BGB vor. Ein solcher tangiert jedoch nicht die Rechtmäßigkeit des Pfandverkaufs, da § 1243 Abs. 1 BGB nur die Vorschrift des § 1234 Abs. 1 Satz 1 BGB aufzählt.
dd) Ein Verstoß gegen § 1230 Satz 2 BGB i.V.m. § 818 ZPO, § 183 Abs. 6 GVGA liegt ebenfalls nicht vor. Die Versteigerung erfolgte angesichts der dem Beklagten zustehenden Kautionsforderung von 50.000 €, für die zumindest in Höhe von rund 9.000 € ein Sicherungsbedürfnis bestand, nicht im Übermaß.
ee) Die Rüge des Klägers, die auf ein angebliches Vermieterpfandrecht wegen der vermeintlichen Nichtleistung einer Kaution in Höhe von 50.000 € gestützte Verkaufsandrohung verstoße gegen § 1234 Abs. 1 Satz 2 BGB, geht ebenfalls fehl, da – wie ausgeführt - ein Kautionsanspruch des Beklagten bestand und daran auch ein Vermieterpfandrecht bestand.
ff) Ein etwaiger Verstoß gegen § 184 GVGA wegen unvollständiger oder fehlerhafter Erstellung des Versteigerungsprotokolls führt nach § 1243 Abs. 2 BGB nicht zur Rechtswidrigkeit der Versteigerung. Soweit ein solcher Verstoß ggf. eine Schadensersatzverpflichtung begründen kann, hat der Kläger einen solchen Anspruch nicht dargelegt. Ein etwaiger Formverstoß zieht als Schadensersatz auch nicht die Erstattung des Verkaufserlöses nach sich.
gg) Da ein Übererlös angesichts der bestehenden Kautionsforderung, an der ein schlüssig dargelegtes Sicherungsbedürfnis von jedenfalls 8.977,05 € bestand, und dem Versteigerungserlös von 7.215,00 € nicht erzielt wurde, steht dem Kläger als Eigentümer der verwerteten Gegenstände auch nach hier unterstellter Verrechnung der Forderungen des Beklagten mit der Kautionsforderung kein Anspruch auf (teilweise) Erlösherausgabe zu.
d) Der Kläger kann den Zahlungsanspruch auch nicht in Höhe von 360,75 € auf den im nachgelassenen Schriftsatz vom 30.11.2021 hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Kostenpauschale gemäß §§ 170 Abs. 1, 171 Abs. 1 InsO aus abgetretenem Recht stützen. Es kann dahinstehen, ob die darin liegende Klageänderung nach Schluss der mündlichen Verhandlung überhaupt noch berücksichtigungsfähig sowie nach § 533 ZPO zulässig ist, denn jedenfalls ist sie nicht begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus §§ 170 Abs. 1, 171 Abs. 1 InsO auf Zahlung der Kostenpauschale für die Verwertung aus abgetretenem Recht. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass der Kläger insoweit aktivlegitimiert ist. Denn aus dem vom Kläger in Bezug genommenen Kaufvertrag vom 22.08.2018 (Anlage 4, Bl. 13 ff. AH) ergibt sich die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs des Insolvenzverwalters an den Kläger nicht. In Ziffer 1. des Vertrages ist nur von der Abtretung von Herausgabe- und Wertersatzansprüchen für die verkauften und im F-Gutachten aufgeführten Gegenstände die Rede. Dass eine Abtretung des Anspruchs auf die sich nach der Insolvenzordnung ergebende Kostenpauschale für die vom Insolvenzverwalter vorgenommene Verwertung außerhalb des schriftlichen Kaufvertrages getroffen worden ist, lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Aber selbst wenn von einer solchen Abtretung auszugehen wäre, kann der Kläger diese vorliegend nicht beanspruchen, da dem Insolvenzverwalter ein Verwertungsrecht nach § 166 Abs. 1 InsO nicht zustand. Ein Anspruch auf die Kostenpauschale im Sinne von §§ 170, 171 InsO entsteht jedoch nur, wenn der Insolvenzverwalter eine Verwertung aufgrund eines nach § 166 InsO begründeten Verwertungsrechts vornimmt oder hätte vornehmen können. Erst das dem Insolvenzverwalter in § 166 InsO über die allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 InsO hinaus verliehene Verwertungsrecht bildet die Grundlage für die Verwertung (vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2013 - IX ZR 49/12 -, WM 2013, 1514 Rn. 10) und demzufolge auch für die anfallende Kostenpauschale (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2019 – IX ZR 50/17 –, juris Rn. 26). Wie ausgeführt, stand vorliegend jedoch nicht dem Insolvenzverwalter das Verwertungsrecht nach § 166 Abs. 1 InsO zu, sondern dem Beklagten nach § 173 Abs. 1 InsO.
2. Die Berufung des Klägers hat auch im Übrigen keinen Erfolg.
Dem Kläger steht der mit dem Berufungsantrag zu 2. geltend gemachte Herausgabeanspruch hinsichtlich der Gegenstände gemäß der Positionen 25 (Vakuumiergerät G), 29 (Sous Vide Gerät), 55 (2 Tresore) und 78 (Stapelstühle) der Liste der F gemäß § 985 BGB nicht zu.
a) Der Kläger hat zwar aufgrund des Kaufvertrages vom 20./22.08.2018 das Eigentum durch Abtretung des Herausgabeanspruchs der Schuldnerin bzw. des Insolvenzverwalters an den im Gutachten der F vom 07.02.2018 aufgeführten Gegenständen der Positionen 25, 29, 55 und 78 erworben.
aa) Soweit der Beklagte im Schriftsatz vom 29.07.2019 den vom Kläger in der Klageschrift behaupteten Abschluss des Kaufvertrages vom 20./22.08.2018 zwischen ihm und dem Insolvenzverwalter der Schuldnerin (Anlage 4, Bl. 13 ff. AH) sowie den Eintritt der unter Ziffer 3. des Kauvertrages für die Übereignung und Abtretung der Herausgabe- und Wertsetzansprüche aufschiebenden Bedingung - die Kaufpreiszahlung in Höhe von 1.795,00 € - erstmals mit Nichtwissen bestritten hat, hat das Landgericht dieses zu Recht gemäß § 296 Abs. 1 ZPO als präkludiert angesehen. Die vom Beklagten mit seiner Berufung dagegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Ein Verfahrensfehler des Landgerichts liegt nicht vor.
Der Kläger hatte bereits mit der Klageschrift vorgetragen, dass er mit dem Kaufvertrag vom 20./22.08.2018 die von ihm herausverlangten Gegenstände, auf die sich seine Klageanträge bezogen, zum Kaufpreis von 1.750 € erworben hat. Sein Vortrag beschränkte sich ersichtlich nicht nur darauf, einen schuldrechtlichen Kaufvertrag abgeschlossen zu haben, sondern bezog sich auf den Erwerb als solchen und damit auch auf den dinglichen Erwerb als Voraussetzung für den von ihm geltend gemachten Herausgabeanspruch. Ein Hinweis des Landgerichts an den Beklagten war insoweit nicht erforderlich. Der Beklagte hat den Vortrag des Klägers offensichtlich auch dahingehend verstanden, wenn er im Schriftsatz vom 30.01.2019 ausführt, dass der Kläger aufgrund der rechtmäßigen Verwertung „sein vermeintliches Eigentum in jedem Fall verloren hat“ (Bl. 100 GA). Dennoch hat er den Abschluss des Kaufvertrages und den Eigentumserwerb nicht innerhalb der vom Landgericht wirksam gesetzten Erwiderungsfrist (§ 275 Abs. 1 ZPO) binnen eines Monats in der Verfügung vom 27.11.2018 (Bl. 58 f. GA), der vormaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 13.12.2018 (Bl. 62 GA), in Abrede gestellt. Dafür hätte jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten bereits von Anfang an und nicht erst ab der Klageerweiterung des Klägers vom 08.03.2019 (Bl. 171 GA) oder Klageerweiterung/-beschränkung vom 08.07.2019 (Bl. 274 GA) Anlass bestanden, da sich die Aktivlegitimation des Klägers schon bezüglich der ursprünglich geltend gemachten Klageansprüche – Drittwiderspruchs- und Herausgabeklage – aus dessen Eigentum herleitete und er überdies bereits mit dem - zeitlich vor der landgerichtlichen Fristsetzung eingereichten - Schriftsatz vom 27.09.2018 (Bl. 51 GA) die Klage mit dem dortigen Klageantrag zu 3. auf Schadensersatzansprüche umgestellt hat. Insoweit kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass sein fehlendes Bestreiten infolge der wiederholt erfolgten „Klageänderungen“ hinfällig gewesen wäre. Insoweit übersieht er, dass es sich bei den modifizierten Klageanträgen vom 08.03.2019 und 08.07.2019 um nach § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Anpassungen und nicht um eine Klageänderung gemäß § 263 ZPO handelt. Die von ihm zitierte und sich auf § 263 ZPO beziehende Kommentarstelle (Becker-Eberhard in: MünchKommZPO, 5. Aufl., § 263 Rn. 51; Bl. 527 GA) ist daher schon nicht einschlägig. Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz an seinem Bestreiten des Kaufvertragsabschlusses und der Kaufpreiszahlung festhält, bleibt er damit daher gemäß § 531 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen.
bb) Dem Eigentumserwerb des Klägers steht auch nicht der vom Beklagten gerügte Verstoß gegen § 166 InsO, wonach dem Insolvenzverwalter ein Verwertungsrecht nur zusteht, wenn er im Besitz der Gegenstände ist, entgegen. Denn nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf Seite 18 des Urteils, auf die Bezug genommen wird, ist die ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 166 Abs. 1 InsO vorgenommene Verfügung des Insolvenzverwalters über das – wie hier - im Eigentum der Schuldnerin stehende bewegliche Absonderungsgut nicht unwirksam, sondern führt lediglich zu einem mit dem dinglichen Recht des Absonderungsberechtigten belasteten Eigentumserwerb des Käufers (vgl. Eckardt in: Jaeger, InsO, 1. Aufl., § 166 Rn. 269 f.). Damit setzt sich die Berufung des Beklagten nicht auseinander.
cc) Die streitgegenständlichen Sachen waren auch nicht Gegenstand der Versteigerung vom 04.09.2018, so dass der Kläger sein Eigentum nicht verloren hat.
b) Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist ferner davon auszugehen, dass der Beklagte Besitz an den Gegenständen der Positionen 25, 29, 55 und 78 hat. Darlegungs- und beweispflichtig für den Besitz des Beklagten zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. zumindest bis zur Rechtshängigkeit der Klage ist der Kläger als Anspruchssteller. Dieser hat entsprechenden Besitz des Beklagten behauptet. Der Beklagte hat einen solchen zwar bestritten, jedoch weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass das einfache Bestreiten nicht ausreichend gewesen ist. Der Beklagte hätte vielmehr substantiiert bestreiten müssen. Denn der Beklagte hat unmittelbar nach der fristlosen Kündigung am 30.11.2017 die Schlösser des Mietobjekts ausgetauscht. Dass sich die Gegenstände der Positionen 25, 29 und 55 zu der Zeit in dem Mietobjekt befunden haben, ergibt sich zum einen aus dem Schreiben der Hausverwaltung vom 15.01.2018 (Anlage B 9, Bl. 318 f. GA), in dem die Gegenstände aufgeführt sind und bestätigt wird, dass sich diese in den ehemaligen Geschäftsräumen der Schuldnerin befinden und dem Vermieterpfandrecht unterliegen. Ferner ergibt sich dies auch aus der Marktwertermittlung der F vom 07.02.2018, in welcher die Positionen 25, 29, 55 und 78 ebenfalls aufgeführt sind. Insoweit hatte der Beklagte zunächst unmittelbaren Besitz an den Gegenständen. Durch die vom Kläger behauptete und von dem Beklagten nicht in Abrede gestellte spätere Vermietung des Ladenlokals einschließlich des Inventars an die H UG wurde der Beklagte mittelbarer Besitzer, da der neue Mieter dem Beklagten den Besitz vermittelte, § 868 BGB. Mittelbarer Besitz ist im Rahmen des Herausgabeanspruchs nach § 985 BGB ausreichend (Spohnheimer in: BeckOGK BGB, Stand 01.08.2021, § 985 Rn. 51). Vor diesem Hintergrund reichte das einfache Bestreiten des Besitzes durch den Beklagten nicht aus, vielmehr hätte er, da ein Besitzverlust in seiner Sphäre liegt, substantiiert bestreiten und darlegen müssen, wieso er nicht mehr Besitzer der Gegenstände ist. Mangels ausreichenden Bestreitens gilt der Vortrag des Klägers daher als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.
c) Dem Herausgabeanspruch des Klägers hinsichtlich der Gegenstände der Positionen 25, 29, 55 und 78 kann der Beklagte aber gemäß § 986 Abs. 2 BGB sein fortbestehendes Vermieterpfandrecht entgegenhalten. Nach Verrechnung des Kautionsanspruchs gemäß § 367 Abs. 1 BGB zunächst auf die Rechtsverfolgungskosten aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren sowie Versteigerungskosten, auf die sich der Beklagte im Rahmen der Berufungserwiderung (Bl. 694 GA) ausdrücklich beruft, verbleibt zunächst ein Betrag von 1.385,63 € (= 7.215,00 € – 5.829,37 €). Nach weiterer Verrechnung dieses Betrages mit den noch offenstehenden Mietrückständen von 3.147,68 € verbleibt eine Restmietforderung von 1.762,05, derentwegen ein Vermieterpfandrecht an den vier herausbegehrten Positionen besteht, welches der Beklagte im Laufe des Verfahrens auch mehrfach geltend gemacht hat. Die Forderung übersteigt den Wert der Gegenstände, denn nach dem Wertgutachten der F vom 07.02.2018 kommt der Position 25 ein Liquidationswert von 60 € und ein Fortführungswert von 160,00 €, den übrigen drei Positionen jeweils ein Liquidationswert von 100 € und ein Fortführungswert von jeweils 300 € zu.
Für ein Erlöschen des Vermieterpfandrechts bestehen keinerlei Anhaltspunkte, denn eine Freigabe der Gegenstände liegt ersichtlich nicht vor. Von der auch in der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021 angesprochenen Möglichkeit, die Gegenstände nach § 562c BGB durch Zahlung einer Sicherheitsleistung von dem Pfandrecht zu befreien, die auch für den Kläger als Dritten besteht, hat dieser keinen Gebrauch gemacht.
3. Der nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 30.11.2021 (Bl. 744 ff. GA) gibt keinen Anlass, die Verhandlung gemäß § 156 ZPO wieder zu eröffnen. Die vom Kläger gerügte Verletzung seines Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Senat hat die Sache im Termin vom 10.11.2021 sehr ausführlich mit den Parteien erörtert und ausweislich des Sitzungsprotokolls auch auf die Bewertung der Sach- und Rechtslage durch ihn hingewiesen. Im Hinblick darauf, dass die Hinweise erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt sind, hat er dem Kläger einen Schriftsatznachlass gewährt, §§ 139 Abs. 5, 296a Satz 2 ZPO. Den Inhalt des nachgelassenen Schriftsatzes hat der Senat sodann zur Kenntnis genommen, dessen Entscheidungserheblichkeit geprüft und sich auch in seiner Entscheidung mit den vorgebrachten Argumenten im Einzelnen auseinandergesetzt. Indes vermag der Vortrag des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz die von ihm geltend gemachten Ansprüche nicht zu begründen und ist damit nicht rechtserheblich. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist daher nicht veranlasst. Dies gilt auch im Hinblick auf das Vorbringen des Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17.12.2021 (Bl. 749 ff. GA).
II.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V. m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
2. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
3. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 7.600,00 € festgesetzt und berücksichtigt die Berufungen der Parteien wie folgt:
a) Berufung Kläger:
Zahlung 5.546,88 €
Herausgabe (Werte entspr. Wertgutachten F) 360,00 €
5.906,88 €
b) Berufung Bekl.: 1.668,12 €
c) Insgesamt: 7.575,00 €
Meta
22.12.2021
Oberlandesgericht Köln 22. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: U
Vorgehend: Landgericht Köln, 16 O 503/18
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 22.12.2021, Az. 22 U 13/20 (REWIS RS 2021, 70)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 70
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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