Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2015, Az. XII ZB 156/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13479

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Gegenstand

Versorgungsausgleichsverfahren: Bemessung des Teilungsaufwands des Versorgungsträgers einer betrieblichen Altersversorgung unter Pauschalierung der Teilungskosten


Leitsatz

1. Gegen die im Rahmen einer Mischkalkulation vorgenommene Pauschalierung der Teilungskosten in Form eines Prozentsatzes in Höhe von 2-3% des ehezeitlichen Kapitalwerts eines Anrechts bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. In diesem Fall sind die pauschalen Teilungskosten für jedes Anrecht allerdings durch einen Höchstbetrag zu begrenzen, wobei ein Höchstbetrag von nicht mehr als 500 € in der Regel die Begrenzung auf einen im Sinne von § 13 VersAusglG angemessenen Kostenansatz gewährleistet.

2. Macht der Versorgungsträger demgegenüber geltend, dass ein Höchstbetrag von 500 € für seine Mischkalkulation nicht auskömmlich sei und trägt er in diesem Zusammenhang zum durchschnittlich zu erwartenden Teilungsaufwand vor, hat sich die Angemessenheitsprüfung daran zu orientieren, bis zu welchem Höchstbetrag der Versorgungsträger höherwertige Anrechte belasten muss, damit seine Mischkalkulation insgesamt aufgeht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 18. März 2015, XII ZB 74/12).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 4 wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des [X.] vom 22. Februar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das [X.] zurückverwiesen.

[X.] 1.680 €

Gründe

I.

1

Der 1955 geborene Ehemann und die ebenfalls 1955 geborene Ehefrau haben am 22. Juli 1983 die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde am 26. Mai 2011 zugestellt.

2

In der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Juli 1983 bis zum 30. April 2011 hat die Ehefrau Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Anrechte der kirchlichen Zusatzversorgung und der privaten Rentenversicherung erworben. Der Ehemann hat neben [X.] der gesetzlichen Rentenversicherung ein betriebliches Anrecht bei dem Beteiligten zu 4 (im Folgenden: [X.] - [X.]) erworben. Der [X.] hat den Ehezeitanteil der Versorgung in seiner Auskunft mit einem Kapitalwert von 358.137 € angegeben und bei [X.] in Höhe von 6.000 € einen Ausgleichswert von 176.068,50 € vorgeschlagen. Der Erhebung dieser [X.] liegt Ziff. 5 der "Bestimmungen zur Umsetzung des Tarifvertrags zum Versorgungsausgleich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen" zugrunde, wonach bei der internen Teilung [X.] in Höhe von 3 % des [X.] - höchstens 6.000 € - anzusetzen und hälftig von beiden Ehegatten zu tragen sind.

3

Das Amtsgericht hat die Ehe durch Beschluss vom 15. November 2011 rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - zu Lasten des betrieblichen Anrechts des Ehemannes beim [X.] unter Berücksichtigung von [X.] in Höhe von lediglich 500 € im Wege interner Teilung zugunsten der Ehefrau ein auf das Ende der Ehezeit bezogenes Anrecht in Höhe von 178.818,50 € übertragen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der [X.] das Ziel vollständiger Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten [X.] in Höhe von 6.000 € weiter.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

5

1. Das Beschwerdegericht hat die Ansicht vertreten, dass die Kosten der internen Teilung des betrieblichen Anrechts des Ehemannes aus seiner Versorgung beim [X.] auf einen Betrag von 500 € zu begrenzen seien und diese Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Prozentual ermittelte [X.] seien vom Ansatz her zulässig. Wenn [X.] mit einem Prozentsatz vom Deckungskapital abgeleitet würden, seien sie allerdings auf einen Höchstbetrag zu begrenzen. Bei der Bestimmung der Obergrenze könnten die Größe des Versicherungskollektivs, die Komplexität der Zusagen sowie der Umstand berücksichtigt werden, ob das Versorgungssystem versicherungsförmlich organisiert oder auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten sei. In der Rechtsprechung seien bislang verschiedene Obergrenzen in einer Größenordnung zwischen 250 € und 1.300 € ohne konkreten Nachweis bzw. detaillierte Begründung der Kosten akzeptiert worden. Der [X.] habe im vorliegenden Fall seine [X.] nicht konkret dargetan. Er habe nicht dargelegt, wie sich die in der Beschwerdebegründung aufgeführten jährlich anfallenden Personal- und Sachkosten ermittelten. Die mitgeteilten Kosten rechtfertigten darüber hinaus bereits rechnerisch keinen Kostenansatz von 6.000 €. Mangels detaillierter Darlegungen zu den tatsächlich entstehenden Kosten sei lediglich ein Höchstbetrag von 500 € als angemessen im Sinne von § 13 [X.] anzusehen. Dabei sei nicht zu verkennen, dass es sich bei der pauschalen Ermittlung von [X.] immer um eine Mischkalkulation handele. Außergewöhnlich hohe [X.] seien aber nur bei einem konkreten Nachweis berücksichtigungsfähig. Es könne dabei im vorliegenden Fall offen bleiben, ob höhere [X.] dann zu akzeptieren seien, wenn der Versorgungsträger detailliert zu den durchschnittlich bei einer internen Teilung anfallenden Kosten vortrage. Denn dies habe der [X.] nicht getan. Selbst wenn die vom [X.] dargestellten Kosten von insgesamt etwa 2.700 € die durchschnittlich anfallenden Kosten darstellen sollten, wäre eine Obergrenze von 6.000 € nicht mehr angemessen, weil sie bei dem 2,2-fachen der durchschnittlichen Kosten liegen würde.

7

2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

8

a) Nach § 13 [X.] kann der Versorgungsträger im Rahmen der internen Teilung angemessene [X.] mit den [X.] beider Ehegatten verrechnen. Die Angemessenheit der geltend gemachten [X.] hat das Gericht von Amts wegen (§ 26 FamFG) zu prüfen. Hält es diese unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände für unangemessen, kann es einen geringeren als den vom Versorgungsträger beanspruchten Betrag verrechnen ([X.]sbeschluss vom 11. Juli 2012 - [X.] 459/11 - FamRZ 2012, 1549 Rn. 24).

9

b) Zutreffend sind die rechtlichen Ausgangspunkte des [X.]. Gegen eine Pauschalierung der [X.] auf der Grundlage pauschaler Kostenabzüge in Höhe von 2-3 % des ehezeitbezogenen [X.] des auszugleichenden Anrechts bestehen keine grundsätzlichen Bedenken ([X.]sbeschlüsse vom 1. Februar 2012 - [X.] 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 47 und vom 4. April 2012 - [X.] 310/11 - FamRZ 2012, 942 Rn. 17 ff. [X.]). Mit der Pauschalierung der [X.] geht eine Mischkalkulation des Versorgungsträgers einher, nach der bei bestimmten [X.] höhere [X.] umgelegt werden als tatsächlich angefallen sind, damit im Gegenzug bei kleineren [X.] auch niedrigere und den tatsächlichen Aufwand nicht deckende [X.] erhoben werden können. Insoweit enthält die Mischkalkulation auch eine Komponente des [X.] Ausgleichs, weil bei der Verfolgung eines konsequenten Stückkostenansatzes das Risiko einer weitgehenden Aufzehrung kleinerer Anrechte durch die [X.] in Kauf genommen werden müsste. Auch im Rahmen einer solchen Mischkalkulation wäre allerdings ein [X.] unangemessen, der einerseits die Anrechte der Ehegatten empfindlich schmälern würde und andererseits außer Verhältnis zu dem tatsächlichen Aufwand des Versorgungsträgers stünde. Um dies zu vermeiden, ist es daher auch für diese Art der pauschalen Berechnung der [X.] notwendig, die [X.] für ein auszugleichendes Anrecht durch einen Höchstbetrag zu begrenzen ([X.]sbeschlüsse vom 1. Februar 2012 - [X.] 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 50 f. und vom 4. April 2012 - [X.] 310/11 - FamRZ 2012, 942 Rn. 19 f.).

c) Liegt dem Ansatz von [X.] - wie hier - eine Pauschalierung in Form eines Prozentsatzes des ehezeitlichen [X.] mit einer Höchstgrenze zugrunde, hat sich die [X.] im Ausgangspunkt daran zu orientieren, bis zu welchem Höchstbetrag der Versorgungsträger höherwertige Anrechte belasten muss, damit seine Mischkalkulation - gegebenenfalls unter Berücksichtigung eines von ihm erhobenen [X.] - insgesamt aufgeht. Der [X.] hat für diese Fälle bereits anerkannt, dass die gebotene Begrenzung auf angemessene [X.] bei einer Obergrenze von nicht mehr als 500 € typischerweise als gewährleistet angesehen werden kann, ohne dass der Versorgungsträger zu den Einzelheiten seiner Mischkalkulation näher vortragen muss ([X.]sbeschlüsse vom 18. März 2015 - [X.] 74/12 - zur Veröffentlichung bestimmt; vom 1. Februar 2012 - [X.] 172/11 - FamRZ 2012, 610 Rn. 52 und vom 4. April 2012 - [X.] 310/11 - FamRZ 2012, 942 Rn. 21; vgl. auch Dose [X.] 2014, 433, 439 f.). Hält der Versorgungsträger eine solche Obergrenze nicht für auskömmlich, bietet insbesondere eine quantifizierende Analyse der tatsächlich zu erwartenden durchschnittlichen (Stück-)Kosten bei einem pauschalierenden Kostenansatz eine taugliche Hilfestellung bei der Festlegung angemessener Obergrenzen für den [X.] ([X.]sbeschluss vom 18. März 2015 - [X.] 74/12 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch [X.]/[X.] [X.] 2011, 52, 54). Dabei darf die Obergrenze bei einer Mischkalkulation naturgemäß die durchschnittlich zu erwartenden tatsächlichen Kosten nicht unterschreiten (vgl. [X.]/Hufer/[X.] 2011, 1401, 1404).

d) Insoweit hat das Beschwerdegericht erhebliches Vorbringen des [X.] hinsichtlich der bei dem Versorgungsträger tatsächlich anfallenden [X.] übergangen.

Der [X.] hat zu seiner internen Kostenkalkulation in der Beschwerdebegründung konkreten Vortrag gehalten und den jährlichen [X.] pro Anrecht in der Anwartschafts- und Leistungsphase - aufgeschlüsselt nach Personalaufwand für die laufende Verwaltung und für die Rentenberechnung, Gutachterkosten für die Berechnung der Pensionsrückstellungen sowie EDV-Kosten - im Einzelnen beziffert. Zwar ist es durchaus zutreffend, dass der [X.] diese von ihm geltend gemachten Kostenansätze nur allgemein erläutert, aber keine weitergehenden Berechnungsgrundlagen mitgeteilt hat, welche die Herleitung des von ihm unterbreiteten Zahlenwerks nachvollziehbar und überprüfbar machen. [X.] war das Beschwerdegericht gemäß § 220 Abs. 4 FamFG berechtigt und im Hinblick auf den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) auch verpflichtet, sich die vom [X.] mitgeteilten Kostenansätze in dieser Hinsicht erläutern zu lassen. Mit Recht macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass für den [X.] auch aus dem Hinweisbeschluss vom 18. Januar 2012 nicht ersichtlich war, worauf sich die vom Versorgungsträger erwarteten ergänzenden Angaben konkret beziehen sollten.

Liegen indessen hinreichend konkrete und nachvollziehbare Angaben zu den internen Kostenstrukturen des Versorgungsträgers vor, wird es für das Gericht in der Regel möglich sein, mit sachverständiger Hilfe den Barwert der tatsächlich zu erwartenden Verwaltungskosten in durchschnittlichen (Muster-) Fällen zu bestimmen und damit ein Hilfsmittel für die Beurteilung der Frage nach einer angemessenen Obergrenze für den pauschalen [X.] zu erlangen.

III.

Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, so dass es dem [X.] verwehrt ist, abschließend zu entscheiden (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).

Nur ergänzend bemerkt der [X.], dass die vom [X.] angestellte überschlägige Berechnung, wonach durch die Verwaltung des Anrechts der 59-jährigen Antragstellerin für die voraussichtliche Dauer von 25 bis 30 Jahren bei einem jährlichen [X.] in Höhe von 91,40 € gesamte Verwaltungskosten von gerundet 2.300 € bis 2.700 € entstünden, in dieser Form nicht tragfähig sein dürfte. Zum einen fällt ein Teil der vom [X.] geltend gemachten jährlichen Verwaltungskosten schon nach dessen eigenem Vortrag in der [X.] nicht an (43 €). Zum anderen wird in dieser Berechnung - wie es zur Bestimmung des [X.] erforderlich wäre - weder Dynamik noch Abzinsung berücksichtigt.

[X.]                         Günter

              Botur                                [X.]

Meta

XII ZB 156/12

25.03.2015

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 22. Februar 2012, Az: 10 UF 327/11

§ 13 VersAusglG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2015, Az. XII ZB 156/12 (REWIS RS 2015, 13479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13479

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