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PDF anzeigen [X.][X.]/05
vom 25. Mai 2005 in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja
[X.] §§ 1680 Abs. 2 und 3, 1626 a Abs. 1, 1626 b Abs. 3, 1666 Hat das [X.] der nach § 1626 a Abs. 2 [X.] allein sorgeberechtigten Mutter das Sorgerecht (teilweise) nach § 1666 [X.] entzogen und es nicht zu-gleich nach § 1680 Abs. 2 und 3 [X.] auf den Vater übertragen, kann der Vater insoweit das alleinige Sorgerecht weder durch Sorgeerklärung noch durch Hei-rat mit der Mutter, sondern allein durch eine familiengerichtliche Entscheidung nach § 1696 [X.] erlangen. [X.], Beschluß vom 25. Mai 2005 - [X.] - [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 25. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Dem betroffenen Kind wird wegen Versäumung der Rechtsbe-schwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Auf die Rechtsbeschwerde des betroffenen Kindes wird der Be-schluß des 12. Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 18. November 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das [X.] zurückverwiesen. [X.]: 3.000 •
Gründe: [X.] Die Verfahrensbeteiligten streiten um das Sorgerecht für das am [X.] 2003 geborene Kind [X.] (früher B.). Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Eltern des betroffenen Kindes, die im Zeitpunkt der Geburt nicht miteinander verheiratet waren. Auf Antrag des Ver-- 3 - fahrensbeteiligten zu 4 (im folgenden: Jugendamt) entzog das Amtsgericht der Mutter schon wenige Tage nach der Geburt mit vorläufiger Anordnung vom 15. Januar 2003 die elterliche Sorge und übertrug diese dem Jugendamt. Am Folgetag erkannte der Vater mit Zustimmung der Mutter die [X.]chaft an. Nach Anhörung der Beteiligten und Einholung eines Sachverständigengutach-tens entzog das Amtsgericht der Mutter durch Beschluß vom 30. Mai 2003 auch in der Hauptsache das Sorgerecht und beließ es beim Jugendamt. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde wies das [X.] nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten und des Sachverständigen mit Beschluß vom 29. Juli 2004 zurück. Am 5. August 2004 schlossen die Eltern des Kindes miteinander die Ehe. Im vorliegenden Verfahren hat der Vater beantragt, das Sorgerecht auf ihn, hilfsweise auf die Beteiligten zu 3 (Großeltern) zu übertragen. Das Amtsge-richt hat die Anträge nach Anhörung der Beteiligten und des Sachverständigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] "für erledigt" erklärt. Dagegen wendet sich das vom Landkreis vertretene Kind mit seiner - zugelassenen - Rechtsbeschwerde.
I[X.] Die statthafte (§ 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch sonst zulässi-ge (§ 621 e Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. i.V. mit § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO) Rechts-beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur [X.] an das Berufungsgericht. - 4 - 1. Das [X.] hat das Verfahren für erledigt erklärt, weil der Vater durch die Heirat mit der Mutter das Sorgerecht für das betroffene Kind erlangt habe. Daß der Mutter vor der Eheschließung das Sorgerecht für ihr Kind entzogen war, stehe der Begründung des Sorgerechts durch Heirat gemäß § 1626 a Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht entgegen. Denn der Vater erwerbe mit der Hei-rat das Sorgerecht nicht abgeleitet von der Mutter. Vielmehr erstarke sein [X.] wegen aus dem eigenen [X.] zu dem Kind, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Wegen der [X.] von der Rechtsprechung des [X.]s Nürnberg ([X.], 135, 136) hat es die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung [X.]. 2. Die angefochtene Entscheidung hält den Angriffen der Rechtsbe-schwerde nicht stand. Indem das [X.] der Mutter zuvor das Sorge-recht entzogen hatte, ohne es zugleich nach § 1680 Abs. 2 Satz 2 in Verbin-dung mit Abs. 3 [X.] dem Vater zu übertragen, hat es auch über dessen [X.] entschieden. Nach dieser gerichtlichen Entscheidung konnte der Vater das Sorgerecht weder durch eine Sorgeerklärung nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 [X.] noch durch Heirat mit der Mutter nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 2 [X.] erlan-gen. a) In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings die Frage umstritten, ob der Vater durch die Heirat mit der Mutter gemäß § 1626 a Abs. 1 [X.] eine ge-meinsame Sorge lediglich abgeleitet von dem dann bestehenden Sorgerecht der Mutter erlangt, oder ob die Heirat lediglich ein bislang bestehendes Hinder-nis für das vollständige Sorgerecht des [X.] aus dem Weg räumt und er [X.] stets das ungeschmälerte Sorgerecht erlangt. - 5 - Teilweise wird in der Literatur vertreten, daß der Vater durch die Heirat das ungeschmälerte Sorgerecht erhält, selbst wenn der Mutter zuvor das ge-samte Sorgerecht oder Teile davon entzogen worden waren ([X.] [[X.]] 2001, 411 f.; [X.]/[X.] [13. Bearb. 2002] § 1626 a Rdn. 26 [zur Heirat; mißverständlich, soweit der hinzutretende Elternteil "die entsprechende Rechtsstellung" erlangen soll und weil zugleich auf die §§ 1678 Abs. 1, 1680 Abs. 3 [X.] verwiesen wird]). Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen sei es geboten, daß der Vater durch die Heirat mit der Mutter sein originäres, [X.]es Elternrecht erhalte, auch wenn der Mutter die elterliche Sorge zuvor (teil-weise) entzogen wurde. Überwiegend wird hingegen die Auffassung vertreten, daß der Vater nach einem (teilweisen) Entzug des Sorgerechts der Mutter weder durch [X.] Sorgeerklärung noch durch Heirat mit der Mutter ein unbeschränktes Sorge-recht erlangen kann ([X.]/[X.]/[X.] Eherecht 4. Aufl. § 1626 a [X.] Rdn. 7 [zur Sorgeerklärung] und Rdn. 8 [zur Heirat]; MünchKomm/[X.] [X.] 4. Aufl. § 1626 a Rdn. 22 [zur Heirat]; [X.]/[X.] [X.] 64. Aufl. § 1626 a Rdn. 8 [zur Sorgeerklärung]; [X.]/[X.]/[X.] [X.] § 1626 a Rdn. 13 [zur Sorgeerklärung] und Rdn. 12 [zur Heirat]; [X.] [X.] 2001, 231 [zur Sorgeerklärung]; Juris [X.]/Schwer, 2. Aufl. 2003, § 1626 a Rdn. 10 [zur Sorgeerklärung]; Juris [X.]/[X.] 1680 Rdn. 16 ff.; [X.] [X.], 1035, 1036 [zur Heirat]; KG [X.] 2003, 606 [zur Sorgeerklärung]; zweifelnd [X.], [X.] [[X.]] 2001, 515; [X.]/[X.] aaO Rdn. 46, 73 [zur Sorgeerklärung]). b) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Nur sie steht im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften der §§ 1626a, 1626b, 1680 Abs. 2 und 3 und 1696 [X.] und dem Willen des Gesetzgebers. - 6 - aa) Nach § 1626 b Abs. 3 [X.] ist eine Sorgeerklärung unwirksam, so-weit eine gerichtliche Entscheidung über die elterliche Sorge nach den §§ 1671, 1672 [X.] getroffen oder eine solche Entscheidung nach § 1696 Abs. 1 [X.] geändert wurde. Hat also ein [X.] auf der Grundlage dieser [X.] über das Sorgerecht entschieden, können die Eltern nach der aus-drücklichen gesetzlichen Regelung im Umfang dieser Entscheidung kein Sorge-recht des [X.] allein durch eine Sorgeerklärung herbeiführen. Stattdessen kommt eine Abänderung der gerichtlichen Entscheidung nach § 1696 Abs. 1 [X.] in Betracht. Nach dem Sinn dieser gesetzlichen Vorschrift gilt gleiches auch dann, wenn der allein sorgeberechtigten Mutter zuvor das Sorgerecht nach § 1666 [X.] entzogen worden war (vgl. [X.] [X.] 2001, 515, 517). Denn wenn dem allein sorgeberechtigten Elternteil die elterliche Sorge [X.] entzogen wurde, ist ihm damit auch keine Befugnis zum Abschluß einer gemeinsamen Sorgeerklärung mehr verblieben. Auch nach dem Willen des [X.] ist eine Sorgeerklärung nach vorangegangener Entziehung des Sorgerechts nach § 1666 [X.] erst dann wieder zulässig, wenn diese Entschei-dung zuvor gemäß § 1696 Abs. 2 [X.] wieder aufgehoben wurde. Würde man in solchen Fällen den Eltern hingegen die Abgabe von Sorgeerklärungen ge-statten, bestünde die Gefahr eines mit dem Kindeswohl unvereinbaren "Hin und Her" der elterlichen Sorge (Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Kind-schaftsrechts [Kindschaftsrechtsreformgesetz - [X.]] BT-Drucks. 13/4899 S. 94). [X.]) Gleiches gilt für die Möglichkeit einer Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 2 [X.] durch Heirat mit der Mutter. Auch auf diese Weise erlangt der Vater nur den Teil des Sorgerechts, über den das [X.] nicht zuvor entschieden hatte und der der Mutter deswegen verblieben war. Denn nach § 1680 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 3 [X.] liegt im Umfang der gerichtlichen Entscheidung nach § 1666 [X.] auch eine - 7 - Entscheidung zum Sorgerecht des [X.] vor. Wurde nämlich dem Elternteil, dem die elterliche Sorge nach § 1626 a Abs. 2 [X.] allein zustand, das Sorge-recht (teilweise) entzogen, hat das [X.] dieses - wenn es dem Wohl des Kindes dient - dem Vater zu übertragen. Entsprechend fällt selbst dann das Sorgerecht nicht automatisch dem anderen Elternteil zu, wenn einem Elternteil die [X.], die ihm anlässlich von Trennung und Scheidung übertragen wurde, entzogen werden muß. Auch dann hat das [X.] nach den §§ 1696, 1671 [X.] ausdrücklich dar-über zu entscheiden, ob das Sorgerecht dem anderen Elternteil oder einem Vormund übertragen wird ([X.] BT-Drucks. 13/4899 [X.]). Nach den §§ 1680, 1696 [X.] hat das [X.] im Falle einer Entziehung des [X.]s also stets über den Verbleib der elterlichen Sorge zu entscheiden - und sei es durch Bestellung eines Vormunds nach den §§ 1773 ff. [X.]. Weil es in diese Entscheidung immer auch die Frage einzubeziehen hat, ob es das Sorgerecht im Umfang der Entziehung auf den anderen Elternteil überträgt, liegt auch diesem gegenüber stets eine gerichtliche Entscheidung vor, die nicht ohne erneute gerichtliche Entscheidung abgeändert werden kann. Das folgt letztlich auch aus § 1696 [X.], wonach vormundschaftsgerichtliche oder familienge-richtliche Entscheidungen stets durch eine neue gerichtliche Entscheidung ab-zuändern sind. Im Umfang der Entziehung des Sorgerechts steht die gerichtli-che Entscheidung deswegen einer allein vom Willen der Eltern abhängigen Er-langung des alleinigen Sorgerechts nach § 1626 a Abs. 1 [X.] entgegen. [X.]) Die in diesem Sinne auszulegende gesetzliche Regelung steht auch nicht im Widerspruch zu dem in Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Elternrecht. [X.] kommt es nicht auf die Frage an, ob das Sorgerecht des [X.] im Falle einer Heirat mit der Mutter als originäres Recht erstarkt oder ob der Vater sein - 8 - Recht von der Mutter ableitet und schon deswegen das (gemeinsame) Sorge-recht nur in dem Umfang erwerben kann, in dem es auch der Mutter zusteht. Denn die gesetzliche Regelung dient dem Elternrecht des [X.] und dem natürlichen Interesse an einer Erlangung des Sorgerechts in doppelter Hinsicht. Einerseits sind die persönlichen Bindungen des [X.] zu seinem Kind unter Berücksichtigung der Belange des Kindeswohls nach § 1680 [X.] schon im Zeitpunkt der Entziehung des Sorgerechts zu prüfen. Auf dieser gesetzlichen Grundlage haben die Vorinstanzen dem Vater hier das Sorgerecht nicht über-tragen. Wenn aber schon eine (negative) gerichtliche Entscheidung auch ihm gegenüber vorliegt, die sein Elternrecht und zugleich das Kindeswohl berück-sichtigt, schließt dieses auch nach dem Maßstab, daß die Übertragung des Sorgerechts dem Kindeswohl dienen muß, einen Grundrechtsverstoß aus (vgl. [X.] FamRZ 2003, 1447, 1448). Andererseits sieht § 1696 [X.] auch für den Vater eine Möglichkeit zur Abänderung der gerichtlichen Entscheidung vor und läßt auch eine spätere Übertragung des Sorgerechts auf den Vater zu, wenn dieses dem Wohl des Kindes dient ([X.] BT-Drucks. 13/4899 [X.]). Hahne [X.] [X.] [X.]Dose
Meta
25.05.2005
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2005, Az. XII ZB 28/05 (REWIS RS 2005, 3443)
Papierfundstellen: REWIS RS 2005, 3443
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