Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.11.2017, Az. KZR 42/15

Kartellsenat | REWIS RS 2017, 2453

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Gegenstand

Kartellrecht: Verzinsung von Kartellschadensersatzansprüchen und Forderungen aus Bußgeldbescheiden aus der Zeit vor Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle


Tenor

Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, ihre zugelassene Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 9. September 2015 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

I. Die Klägerin, die [X.] und der Länder ([X.]), schließt mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes (Beteiligten) [X.] in Form von Gruppenversicherungsverträgen ab. Auf dieser Grundlage gewährt sie den Arbeitnehmern der Beteiligten nach Maßgabe ihrer Satzung ([X.]S) eine zusätzliche Alters-, [X.] und Hinterbliebenenversorgung. § 23 Abs. 2 [X.]S verpflichtet ausscheidende Beteiligte, einen Gegenwert zur Deckung der aus dem [X.] nach dem Ausscheiden des Beteiligten zu erfüllenden Verpflichtungen zu zahlen.

2

Die Beklagte, eine Krankenkasse, kündigte ihre Beteiligung bei der Klägerin zum 31. Dezember 2003. Auf die Gegenwertforderung der Klägerin leistete die Beklagte zum 7. Januar 2004 eine Abschlagszahlung in Höhe von 15 Millionen [X.]uro. Nachdem die Klägerin den zu zahlenden Gegenwert aufgrund eines versicherungsmathematischen Gutachtens auf 23.442.800,32 [X.]uro berechnet hatte, zahlte die Beklagte am 9. Mai 2005 weitere 1.835.153,02 [X.]uro sowie Kosten für das Gegenwertgutachten in Höhe von 11.426 [X.]uro. Die von der Klägerin erhobene Klage auf Zahlung weiterer 5,5 Millionen [X.]uro nebst Zinsen ist rechtskräftig abgewiesen worden. Die Beklagte hat im Wege der Anschlussberufung Rückzahlung der geleisteten [X.], näher bestimmte Zinsen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Klägerin beantragt.

3

Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, hat die Beklagte beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an sie Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des § 247 BGB aus 15 Millionen [X.]uro seit dem 7. Januar 2004 und aus weiteren 1.846.579,02 [X.]uro seit dem 9. Mai 2005 zu zahlen.

4

Das Berufungsgericht hat diesem Antrag nur teilweise stattgegeben. Auf die Revision der [X.] hat der Senat dieses Berufungsurteil mit Urteil vom 6. November 2013 ([X.], [X.], 1) insoweit aufgehoben, als die Widerklage hinsichtlich der Zinsen auch mit dem Teil abgewiesen worden ist, der eine Zinshöhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nicht übersteigt. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat die Beklagte ihren auf Zahlung weiterer Zinsen gerichteten Antrag mit der Maßgabe weiterverfolgt, dass Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für die [X.] bis zum 6. April 2010 begehrt werden.

5

Das Berufungsgericht hat dem Antrag erneut nur teilweise stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren auf Zahlung weiterer Zinsen gerichteten Antrag weiter.

6

II. Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der [X.] durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (dazu [X.]). Die Revision hat zudem keine Aussicht auf [X.]rfolg (dazu II 2).

7

1. [X.]in Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.

8

a) Das Berufungsgericht hat der Frage nach der Höhe der [X.] der [X.] grundsätzliche Bedeutung beigemessen, weil über die Revisionen gegen die Urteile des Berufungsgerichts vom 27. August 2014 noch nicht entschieden worden war. Nachdem der Senat über eine dieser Revisionen entschieden hat ([X.], Urteil vom 24. Januar 2017 - [X.], [X.], 563 - [X.]-Gegenwert II), ist die vom Berufungsgericht als grundsätzlich erachtete Frage beantwortet.

9

In diesem Urteil hat der Senat die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts gebilligt, § 33 Abs. 3 Satz 4 und 5 [X.] in der am 1. Juli 2005 in [X.] getretenen Fassung der [X.] (nachfolgend [X.] 2005) seien auf vor dem 1. Juli 2005 erfolgte [X.] an die Klägerin nicht anzuwenden, so dass Verzugszinsen gemäß § 288 BGB nicht bereits ab [X.]intritt des Schadens verlangt werden könnten. Dafür sei maßgeblich, dass der Kartellrechtsverstoß, der die Rückzahlungspflicht der [X.] begründet, jeweils mit der [X.]ntgegennahme der einzelnen [X.] durch die Klägerin vollendet und abgeschlossen war. Die Neufassung des § 33 [X.] durch die [X.] entfalte keine Rückwirkung auf bei ihrem Inkrafttreten bereits abgeschlossene [X.] ([X.], [X.], 563 Rn. 54 f.).

Für diese Beurteilung war damit allein tragend, dass die den Kartellrechtsverstoß begründenden Zahlungen an die Klägerin vor dem Inkrafttreten der [X.] erfolgten. Keine Bedeutung hat der Senat demgegenüber dem von der Revision der [X.] betonten Umstand beigemessen, dass in jenem Verfahren Zinsen auf der Grundlage von § 33 Abs. 3 Satz 4 und 5 [X.] 2005 nur für die [X.] ab Inkrafttreten dieser Vorschriften am 1. Juli 2005 und nicht bereits ab dem [X.]punkt der Zahlung gefordert wurden. [X.]ntgegen der Ansicht der [X.] gibt es daher keine Grundlage, bei vor Inkrafttreten der [X.] erfolgten Zahlungen unterschiedliche Zinssätze für die [X.] vor und nach dem 1. Juli 2005 anzuwenden.

b) [X.]ntgegen der Ansicht der [X.] besteht kein Anlass, die Rechtsprechung des Senats zur zeitlichen Anwendung von § 33 Abs. 3 Satz 4 und 5 [X.] 2005 zu überdenken. Zwar hat es der Senat gebilligt, § 81 Abs. 6 [X.], der ebenfalls durch die [X.] eingeführt worden ist, auf die Zinszahlungsanforderung durch die Kartellbehörde bereits ab Inkrafttreten dieser Vorschrift auf zuvor erlassene Bußgeldbescheide anzuwenden (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Januar 2012 - [X.], WuW/[X.] D[X.]-R 3607 Rn. 1, 5). Die Vorschrift des § 81 Abs. 6 [X.] verfolgt indes einen anderen Zweck als die Regelungen des § 33 Abs. 3 Satz 4 und 5 [X.] 2005, die auf den Ausgleich durch [X.] verursachter Schäden gerichtet sind. Denn bei § 81 Abs. 6 [X.] handelt sich um eine vollstreckungsrechtliche Regelung. Deshalb sind sämtliche nicht vollstreckte Bußgeldbescheide ab dem [X.]punkt des Inkrafttretens des § 81 Abs. 6 [X.] zu verzinsen, unabhängig davon, wann die Tat beendet war oder der Bußgeldbescheid erlassen wurde (Raum in [X.]/Bunte, [X.] Kartellrecht, 12. Aufl., § 81 Rn. 193; [X.], [X.], 289, 291). Die Auslegung des § 81 Abs. 6 [X.] ist daher für die dem zivilen Deliktsrecht zugehörige Vorschrift des § 33 Abs. 3 Satz 4 und 5 [X.] 2005 ohne Bedeutung.

c) Anders als die Beklagte meint, liegt im Streitfall kein der Anwendung der Grundsätze der [X.]ntscheidung [X.] entgegenstehender fortgesetzter, andauernder und zum Schadensersatz verpflichtender Kartellrechtsverstoß auch für die [X.] nach dem 1. Juli 2005 vor. Die Beklagte beruft sich dafür allein auf [X.] Verhalten der Klägerin in den Jahren 2014 bis 2017. [X.]in jeweils mit der [X.]ntgegennahme der [X.] vollendeter Kartellrechtsverstoß kann indes nicht Jahre später aufgrund eines prozessualen Verhaltens der Klägerin wieder aufleben.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf [X.]rfolg.

§ 33 Abs. 3 Satz 4 und 5 [X.] 2005 sind auf vor dem 1. Juli 2005 erfolgte [X.] an die Klägerin nicht anzuwenden (vgl. oben Rn. 9 bis 12). Die Beklagte kann höhere als die ihr vom Berufungsgericht zugesprochenen Zinsen auch nicht deshalb beanspruchen, weil der Senat insoweit gemäß § 318 ZPO an sein Revisionsurteil in dieser Sache vom 6. November 2013 gebunden wäre.

Aus § 318 ZPO ergibt sich keine Selbstbindung des [X.] im zweiten Rechtsgang ([X.], Beschluss vom 6. Februar 1973 - GmS-OGB 1/72, [X.]Z 60, 392, 396). Zwar besteht grundsätzlich eine Selbstbindung des [X.], das erneut mit der Sache befasst wird, an seine erste, der Zurückverweisung der Sache zugrundeliegende Rechtsauffassung ([X.]Z 60, 392, 397). [X.] im Revisionsurteil des Senats war aber allein, dass im ersten Berufungsurteil der Antrag der [X.] auf Zinsen nach kartellrechtlichen Vorschriften bereits mangels [X.] der hiesigen Klägerin abgewiesen worden ist. Dagegen hat sich der Senat dort nicht mit der Anwendbarkeit von § 33 Abs. 3 [X.] 2005 auf Altfälle befasst. Abweichendes ergibt sich nicht aus Rn. 67 des Revisionsurteils, wo der Senat ausgeführt hat, der auf Kartellrecht gestützte Zinsanspruch der [X.] sei nach § 33 Abs. 3 Satz 5 [X.] 2005, § 288 Abs. 1 BGB auf fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz ab [X.]ntstehung des Schadens begrenzt. Mit dieser Aussage wird allein die von der [X.] im ersten Revisionsverfahren vertretene Rechtsauffassung zurückgewiesen, bei ihrem Rückzahlungsanspruch handele es sich um eine [X.]ntgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB, so dass ihr noch höhere Zinsen zustünden. Auf die Anwendbarkeit von § 33 Abs. 3 Satz 5 [X.] 2005 auf Altfälle kam es hierfür nicht an.

III. [X.]s besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

IV. Streitwert der Revision: 2.491.876,80 [X.]uro

Limperg       

      

Meier-Beck       

      

Kirchhoff

      

Bacher       

      

Deichfuß       

      

Hinweis:   Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Meta

KZR 42/15

14.11.2017

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Karlsruhe, 9. September 2015, Az: 6 U 193/10 (13) (Kart)

§ 33 Abs 3 S 4 GWB vom 07.07.2005, § 33 Abs 3 S 5 GWB vom 07.07.2005, § 81 Abs 6 GWB vom 07.07.2005, GWBÄndG 7, § 288 BGB, § 289 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.11.2017, Az. KZR 42/15 (REWIS RS 2017, 2453)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2453

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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