18. Senat | REWIS RS 2023, 10742
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In der Beschwerdesache
…
betreffend die Patentanmeldung 10 2019 129 136.4
(hier: Zurückweisung der Anmeldung)
hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], [X.] und Dipl.-Phys. [X.] sowie der Richterin Dipl.-Phys. Zimmerer
beschlossen:
1. Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
2. [X.] wird zugelassen.
I.
1. Der Beschwerdeführer ist Anmelder der am 29. Oktober 2019 beim [X.] ([X.]) eingereichten Patentanmeldung 10 2019 129 136.4 mit der Bezeichnung
„[X.] AND METHODS FOR [X.] ENHANCED ATTENTION“.
Als Erfinder wurde auf dem Formblatt zur Erfinderbenennung eine künstliche Intelligenz mit der Bezeichnung „[X.] – Die Erfindung wurde selbständig durch eine künstliche Intelligenz erzeugt.“ angegeben.
Mit der am 1. November 2019 versendeten amtlichen Empfangsbestätigung wurde dem Anmelder der Eingang von Unterlagen zur Patentanmeldung bestätigt, nicht jedoch zur Erfinderbenennung.
Mit Schreiben vom 27. November 2019 bat der Anmelder um Korrektur der amtlichen Empfangsbestätigung hinsichtlich der Erfinderbenennung.
Im Zuge eines am 10. Dezember 2019 versandten, amtlichen Formmängelbescheids wurde dem Anmelder mitgeteilt, dass das eingegangene Formblatt nicht als eine rechtswirksame Erfinderbenennung anzuerkennen sei, welche den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 37 [X.], 7 [X.] entsprechen würde. Formal sei daher kein Erfinder im Sinne des [X.]es benannt, weshalb das Vorliegen einer Erfinderbenennung auch nicht bestätigt werden könne. Zur Nachreichung einer rechtswirksamen Erfinderbenennung wurde dem Anmelder die 15-Monatsfrist gemäß § 37 Abs. 1 [X.] ab [X.] der Patentanmeldung (7. November 2018) gewährt.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2020 trat der Anmelder der Mitteilung entgegen, wonach keine rechtswirksame Erfinderbenennung abgegeben worden sei. Er reichte eine in Bezug auf die [X.] korrigierte Fassung einer Erfinderbenennung ein und beantragte weiterhin die Erteilung eines Patents auf Grundlage der am 29. Oktober 2019 sowie der am 7. Februar 2020 hinsichtlich eines Adresszusatzes korrigierten Erfinderbenennung mit der weiterhin als „[X.]“ bezeichneten künstlichen Intelligenz als Erfinder.
2. Mit am 27. März 2020 an den Bevollmächtigten des Anmelders zugestellten Beschluss der Prüfungsstelle 57 des [X.]s vom 24. März 2020 wurde die Anmeldung zurückgewiesen, da die Erfinderbenennung nicht den gesetzlichen Vorschriften gemäß § 42 Abs. 3 [X.] i. V. m. §§ 37 Abs. 1 [X.], 7 [X.] entspreche.
Zur Begründung führt die Prüfungsstelle aus, als Erfinder sei von dem Anmelder auf dem Formblatt zur Erfinderbenennung die Bezeichnung einer künstlichen Intelligenz angegeben. Unter einer künstlichen Intelligenz sei ein technisches System, also ein Gegenstand, wie beispielsweise eine Maschine und im weiteren Sinne eine nicht-menschliche Entität zu verstehen. Die Angabe einer Bezeichnung einer nicht-menschlichen Entität als Erfinder erfülle nicht die Anforderungen an die Erfinderbenennung im Sinne des § 37 [X.] i. V. m. § 7 [X.].
Mittels der §§ 37 [X.], 7 [X.] beabsichtige der Gesetzgeber, dass als Erfinder nur eine natürliche Person benannt werde. Zwar sei dem Anmelder zuzustimmen, dass im [X.] eine natürliche Person als Erfinder nicht explizit vorgeschrieben sei. Gleichwohl nenne § 43 Abs. 2 [X.] „... die Person des Erfinders ...“. Unter einer „Person“ sei weder ein Gegenstand noch eine künstliche Intelligenz zu verstehen.
Der Name des Erfinders ermögliche es, dass diesem Rechte zugeordnet werden können. So entstehe mit dem schöpferischen Akt der Erfindung für den Erfinder das sogenannte allgemeine Erfinderrecht, welches das Einzelpersönlichkeitsrecht als auch das materielle Recht auf das Patent gemäß § 6 [X.] umfasse. Ferner habe der Erfinder gemäß § 63 [X.] das Recht auf Nennung in der [X.], der Patentschrift und dem Patentregister.
Im Gegensatz hierzu besitze eine künstliche Intelligenz weder Rechtspersönlichkeit, noch Rechtsfähigkeit, weil ein Gegenstand bzw. eine nicht-menschliche Entität kein vom Gesetzgeber vorgesehenes Rechtssubjekt sei. Eine künstliche Intelligenz könne daher kein Träger von Rechten und Pflichten sein. Allein die Bezeichnung einer künstlichen Intelligenz erlaube dieser nicht die Ausübung von Rechten oder die Zuweisung von Pflichten.
Eine künstliche Intelligenz besitze weder Rechtspersönlichkeit noch Rechtsfähigkeit, weil ein Gegenstand bzw. eine nicht-menschliche Entität kein Rechtssubjekt sei, welches vom Gesetzgeber vorgesehen sei. Nachdem eine künstliche Intelligenz nicht Träger von Rechten und Pflichten sein könne, könne diese auch nicht Träger des Rechts auf das Patent gemäß § 6 [X.] sein. Ebenfalls komme eine Rechtsinhaberschaft der künstlichen Intelligenz von Eigentumsrechten an deren Ausgangsprodukt nicht in Frage.
Eine Übertragung jeglichen Rechts von einer künstlichen Intelligenz auf den Anmelder und damit eine Rechtsnachfolge könne somit nicht erfolgen. Vielmehr habe eine künstliche Intelligenz weder einen Rechtsanspruch an ihrem Ausgangspunkt, welcher kraft Gesetzes oder durch Vertrag auf einen Rechtsnachfolger übertragen werden könnte, noch sei sie zu sonst einem Rechtsgeschäft, wie zur Begründung einer Zustellvollmacht, fähig.
Der Anmelder könne somit als Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigter der künstlichen Intelligenz weder Rechtsnachfolger des Rechts auf das Patent im Sinne des § 37 Abs. 1 [X.] noch Zustellungsbevollmächtigter der künstlichen Intelligenz sein.
Mit Ablauf der Frist gemäß § 37 Abs. 1 [X.] von 15 Monaten nach dem Prioritätszeitpunkt habe der Anmelder auf dem amtlich versendeten Formmängelbescheid hin keine natürliche Person als Erfinder benannt und auch nicht hinreichend dargelegt, wie das Recht auf das Patent auf ihn gelangt sei.
3. Gegen den Beschluss des [X.]s vom 24. März 2020 hat der Anmelder mit am 27. April 2020 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz vom 24. April 2020 Beschwerde eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 10. Juli 2020 begründet hat.
Erfinder der beanspruchten Erfindung sei [X.], ein System von künstlichen neuronalen Netzen, das in der Lage sei, neue Konzepte zu entwerfen, zu entwickeln oder zu verwerfen. Ohne menschliche Mitwirkung könne [X.] eine Erfindung hervorbringen und bewerten.
Der Anmelder habe [X.] als Erfinder benannt, da die Erfindung keiner natürlichen Person zugeschrieben werden konnte. Natürlich hätte der Anmelder sich selbst als Erfinder benennen können. Dann hätte das Patentamt die falsche Erfinderbenennung akzeptiert und die Patentanmeldung nicht zurückgewiesen. Die Nennung von [X.] als Erfinder wäre aber mit der Wahrheitspflicht nicht vereinbar (§ 124 [X.]).
Folge man der Ansicht der Prüfungsstelle, stecke der Anmelder in einem Dilemma, entweder benenne er den wahren Erfinder [X.] mit der Folge der Zurückweisung der Anmeldung oder er benenne einen falschen Erfinder.
Es gehe in dieser Beschwerde nicht darum, ob [X.] rechtsfähig sei. Eine Software sei eine Sache und damit nicht rechtsfähig.
Es gehe nicht darum, ob [X.] Patentanmelder sein könne. Mangels Rechtsfähigkeit sei das ausgeschlossen und davon abgesehen auch nicht wünschenswert.
Es gehe in dieser Sache auch nicht darum, ob künstliche Intelligenz dazu in der Lage sei, Erfindungen hervorzubringen, die keinem menschlichen Erfinder zugeordnet werden können. Unbestritten seien die meisten Anwendungen künstlicher Intelligenz nicht dazu in der Lage, eigenständig Erfindungen hervorzubringen, da sie lediglich als Tools zur Lösung vorbestimmter Aufgaben eingesetzt würden.
Es gebe aber bereits heute einige Anwendungen künstlicher Intelligenz – und [X.] sei eine davon –, die eigenständig Erfindungen hervorbringen könnten. Die vorliegende Patentanmeldung sei bereits der Beweis, dass dies möglich sei.
Im vorliegenden Fall liege eine Erfindung vor, die sogar vom [X.] im Verfahren der Patentanmeldung GB 1818161.0 als patentfähig eingeschätzt worden sei.
Die Erfindung sei also zweifellos vorhanden. Sie sei eine Tatsache und sie sei nicht herrenlos. Da [X.] als Erfinder der Sache nicht rechtsfähig sei, bedürfe es einer Zuordnung der Erfindung an eine rechtsfähige Person. Dafür komme nur [X.] in Frage. Er sei Inhaber des Rechts an der Erfindung, da er Eigentümer von [X.] sei.
Das Recht an der Erfindung, wie auch das Recht auf das Patent unterfalle dem Eigentumsschutz des Artikels 14 GG. Ein Eingriff in dieses Eigentumsrecht sei nur durch gesetzliche Regelung zulässig. An einer solchen Regelung fehle es im vorliegenden Fall.
Dennoch führe die von der Prüfungsstelle vertretene Auffassung zwingend dazu, dass Patentanmeldungen auf von einer künstlichen Intelligenz gemachten Erfindungen stets zurückgewiesen werden müssten. Es bestünde für den Inhaber des Rechts an der Erfindung und auf das Patent keine Möglichkeit des Patentschutzes. Sein Recht werde ihm ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung verwehrt.
Die von der Prüfungsstelle vertretene Auslegung der §§ 37 Abs. 1 [X.] und 7 [X.] verletze daher das Eigentum des Anmelders ohne ausreichenden sachlichen Grund. Sie verstoße damit gegen Artikel 14 GG und sei somit nicht verfassungskonform. [X.] sei eine Software, die auf Hardware ausgeführt werde. Damit sei sie eine Sache, die selbst nicht Eigentümerin des Rechts an der Erfindung sein könne. Der Eigentumserwerb an Produkten einer Sache (= „Fruchterwerb“ bzw. im [X.]“) sei rechtlich unproblematisch, sodass das Recht einer Erfindung ohne weiteres im Moment seiner Entstehung auf den Eigentümer der Sache übergegangen sei. Der Eigentümer der künstlichen Intelligenz [X.] sei der Anmelder.
Auch wenn der Erwerb des Rechts auf das Patent rechtlich anders zu beurteilen wäre, so komme als Eigentümer doch nur der Anmelder in Frage, denn [X.] sei zugleich Eigentümer, Besitzer, Hersteller/Programmierer und Betreiber von [X.]. Es gebe keinen Anknüpfungspunkt für eine andere Zuordnung des Rechts an der Erfindung.
Die Zuordnung des Rechts zum Anmelder sei hier also nicht problematisch und dürfe ohnehin nicht in Frage gestellt werden. Das [X.] habe sich so zu verhalten und seine Entscheidung so zu treffen, als läge das Recht bei dem Anmelder, selbst wenn die Prüfungsstelle Zweifel daran habe, ja selbst wenn sie Kenntnis eines abweichenden Sachverhalts hätte.
Der Anmelder sei somit Inhaber des Rechts an der Erfindung und auf das Patent. Eine Zurückweisung der Anmeldung wegen mangelnden Rechtsübergangs sei dem [X.] verwehrt.
Das Recht auf das Patent sei als Eigentumsrecht verfassungsrechtlich geschützt. Es einzuschränken, bedürfe gesetzlicher Regelungen. Es gebe keine gesetzliche Regelung, die die Benennung einer künstlichen Intelligenz als Erfinder ausschließe. Weder der Wortlaut noch der Wille des historischen oder heutigen Gesetzgebers und nicht der Zweck des Gesetzes sprächen dagegen, künstliche Intelligenz als Erfinder zu benennen.
Ferner sei dem Patentamt die Prüfungskompetenz sowohl für die Richtigkeit der Erfinderbenennung als auch für die Berechtigung des Anmelders entzogen.
Die Benennung von [X.] als Erfinder sei demnach nicht zu beanstanden.
4. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2021 hat der Senat der Präsidentin des [X.]s gemäß § 77 Satz 1 [X.] anheimgegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten. Der Senat hat in dem Anheimgabebeschluss darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nach seiner vorläufigen Auffassung keinen Erfolg haben dürfte, weil die Erfinderbenennung nicht den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Die Präsidentin des [X.]s solle zu der Frage Stellung nehmen, ob als Erfinder in einer Erfinderbenennung gemäß § 37 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 7 [X.] ausschließlich natürliche Personen genannt werden dürfen. Die Präsidentin des [X.]s ist dem Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 21. März 2022 beigetreten.
5. Mit Schriftsatz vom 21. März 2023 hat der Anmelder einen neuen Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 4 gestellt und hierzu die folgenden Anlagen [X.] bis [X.] eingereicht:
In der mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2023 hat der Anmelder drei weitere Hilfsanträge, und zum Hilfsantrag 5 folgende Anlage [X.] eingereicht:
Der Anmelder beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle 57 des [X.]s vom 24.03.2020 aufzuheben und die mit Schriftsatz vom 21. März 2023 als Anlage [X.] eingereichte Erfinderbenennung als form- und fristgerecht anzuerkennen (Hauptantrag).
Hilfsweise beantragt der Anmelder – jeweils wiederum verbunden mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des [X.]s aufzuheben –
gemäß Hilfsantrag 1:
die mit Schriftsatz vom 21. März 2023 als Anlage [X.] eingereichte Erfinderbenennung als form- und fristgerecht anzuerkennen und die Änderung der Beschreibungsseite 1 gemäß Anlage [X.] zuzulassen;
gemäß Hilfsantrag 2:
die mit Schriftsatz vom 21. März 2023 als Anlag [X.] eingereichte Erfinderbenennung als form- und fristgerecht anzuerkennen;
gemäß Hilfsantrag 2A, eingereicht in der mündlichen Verhandlung:
Es wird festgestellt, dass die Einreichung einer Erfinderbenennung entbehrlich ist. Die Änderung der Beschreibungsseite 1 gemäß Anlage [X.] wird zugelassen.
gemäß Hilfsantrag [X.], eingereicht in der mündlichen Verhandlung:
Es wird festgestellt, dass die Einreichung einer Erfinderbenennung entbehrlich ist.
gemäß Hilfsantrag 3:
Die mit Schriftsatz vom 21. März 2023 als Anlage [X.] eingereichte Erfinderbenennung als form- und fristgerecht anzuerkennen und die Änderung der Beschreibungsseite 1 gemäß Anlage [X.] zuzulassen;
gemäß Hilfsantrag 4:
Die mit Schriftsatz vom 21. März 2023 als Anlage [X.] eingereichte Erfinderbenennung als form- und fristgerecht anzuerkennen;
gemäß Hilfsantrag 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung:
Die als Anlage [X.] eingereichte Erfinderbenennung wird als form- und fristgerecht anerkannt.
6. Die Präsidentin des [X.]s hat keinen Antrag gestellt. Sie ist jedoch den Ausführungen des Anmelders in vollem Umfang entgegengetreten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil die Erfinderbenennung des Anmelders im Hauptantrag und in den [X.] nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Der Anmelder ist formell durch die Zurückweisung seiner Anmeldung beschwert. Ferner geht der erkennende Senat zugunsten des Anmelders davon aus, dass dieser mit seinem Rechtsmittel nicht nur ein wissenschaftliches Interesse an der [X.]ärung einer interessanten Rechtsfrage verfolgt, was seiner Beschwerde mangels [X.] die Zulässigkeit nehmen würde (vgl. B[X.] GRUR 2013, 78 ff. - „[X.]“; auch: [X.] in [X.]/[X.]/[X.], PatRKomm, 4. Aufl., [X.] § 73 Rn. 25), sondern nach wie vor einen Schutzrechtserwerb anstrebt und damit ein legitimes wirtschaftliches Interesse verfolgt.
Der Anmelder übersieht allerdings, dass es nach [X.] Recht für die Beurteilung, ob eine Erfindung vorliegt und im Sinne von § 4 [X.] auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ohne Belang ist, auf welchen tatsächlichen Werdegang die Erfindung sich gründet und ob benannte Personen in zutreffender Weise als Erfinder anzusehen sind; eine Erfindung wird nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt, sodass es gleichgültig ist, ob sie auf bewusstem Denken, systematischem Arbeitseinsatz mit planmäßigen Versuchen oder lediglich auf der Ausnutzung zufällig aufgedeckter, naturgesetzlicher Zusammenhänge beruht oder – wie hier – auf den Einsatz von [X.] (vgl. Busse/Keukenschrijver, [X.], 9. Aufl., § 4 Rn. 13; [X.] 2016, 475, 481 - „[X.]“). In keinem der genannten Fälle besteht irgendeine erkennbare Notwendigkeit, auf die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder zu verzichten, um das begehrte Patent zu erhalten.
Hieraus folgt, dass das vom Anmelder beschriebene „Dilemma“, einerseits nach § 124 [X.] pflicht- und wahrheitsgemäß das System [X.] als Erfinder benennen zu müssen und hierdurch andererseits die Zurückweisung der Anmeldung zu erleiden, überhaupt nicht besteht. Die in § 124 [X.] geregelte Wahrheitspflicht bezieht sich ausschließlich auf tatsächliche Umstände, während es sich bei der Überzeugung des Anmelders, dass nicht er selbst, sondern seine von ihm entwickelte [X.] der Erfinder sei, lediglich um eine Rechtsmeinung handelt. Da die Äußerung von [X.] nicht der Wahrheitspflicht unterliegt (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., §124 Rn. 7; Hofmeister in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., [X.] § 124 Rn. 2; [X.] 2006, 754, 756, Rn. 18 - „[X.]“), besteht für den Anmelder auch insoweit kein rechtliches Hindernis, sich selbst als Erfinder zu benennen.
Dennoch kann dem Anmelder im Ergebnis ein Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden. Seine Überzeugung, dass eine [X.] in gleicher Weise wie eine natürliche Person als Erfinder in Betracht zu ziehen sei und die Benennung eines entsprechenden Systems als Erfinder statthaft sein müsse, spiegelt eine Rechtsmeinung wider, die mittlerweile von einigen Stimmen für vertretbar angesehen wird (vgl. [X.] die Nachweise bei Dornis in GRUR 2021, 784 ff.). Für das [X.] Patentrechtssystem hat das [X.] die Möglichkeit, eine [X.] als Erfinder zu benennen, zwischenzeitlich mit einer Entscheidung vom 30. Juli 2021 bejaht (vgl. [X.].: [X.]). Vor diesem Hintergrund erschiene es unangemessen, dem Anmelder die vorliegende Rechtsverfolgung von vornherein mit der Begründung zu verweigern, dass er jederzeit (wenn auch im Widerspruch zu seiner eigenen Überzeugung) die Möglichkeit gehabt hätte, sich selbst als Erfinder zu benennen.
2. Begründetheit der Beschwerde
Zum Hauptantrag
Die Erfinderbenennung des Anmelders im Hauptantrag erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 37 [X.] und § 7 [X.]. Erfinder kann nur eine natürliche Person und keine künstliche Intelligenz sein (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 37 Rn. 13, § 6 Rn. 18).
Eine natürliche Person ist der Mensch in seiner Rolle als Rechtssubjekt, d. h. als Träger von Rechten und Pflichten (vgl. [X.], [X.], § 1 Rn. 1). Hierzu zählt nicht die vom Anmelder als Erfinder genannte künstliche Intelligenz, bei der es sich um eine Sache bzw. Maschine handelt, die nicht Träger von Rechten und Pflichten sein kann.
Entgegen der vom Anmelder im Amts- und im Beschwerdeverfahren vertretenen Auffassung kann eine künstliche Intelligenz nicht Erfinder eines Patents sein.
Es entspricht dem Zweck des Gesetzes, dass eine Maschine nicht als Erfinder benannt werden kann. Vor Inkrafttreten des geänderten [X.]es von 1936 mit dem § 26 [X.] in der damaligen Fassung pflegte man in Ermangelung nachweisbarer schöpferischer Beiträge einzelner Betriebsangehöriger das Vorhandensein einer identifizierbaren [X.] überhaupt zu leugnen und stattdessen eine anonyme Betriebserfindung anzunehmen, welche als eine im Betrieb gemachte Erfindung definiert war, die durch die Erfahrungen, Hilfsmittel, Anregungen oder Vorarbeiten des Betriebs derart beeinflusst ist, dass sie sich nicht auf erfinderische Leistungen bestimmter Persönlichkeiten zurückführen lässt. Seit Inkrafttreten dieses Gesetzes, das die [X.] schützen wollte, ist die Person des Erfinders bzw. Miterfinders anzugeben, dessen [X.] je nach den Umständen, die zur Erfindung geführt haben, auf unterschiedlichen Beiträgen beruhen kann. Da § 26 [X.] der damaligen Fassung bzw. der nunmehr geltende § 37 [X.] die [X.] schützen soll, ist eindeutig, dass eine Maschine nicht als Erfinder oder Miterfinder genannt werden kann, unabhängig davon, wie groß die maschinelle Hilfe bei der Entwicklung der Erfindung gewesen sein mag.
Es ist auch nichts prinzipiell Anderes, ob man Betriebserfindungen ohne Angabe eines persönlichen Erfinders verhindern wollte, oder Erfindungen einer maschinellen künstlichen Intelligenz, die in einem Betrieb zur Entwicklung einer Erfindung zu Hilfe genommen wird. Ob man nun auf dem Standpunkt steht, ein Betrieb als Ganzes habe die Erfindung gemacht oder eine einzelne Maschine, die im Betrieb steht, ist kein prinzipieller Unterschied, der es rechtfertigen würde, das Erfordernis der Benennung eines oder mehrerer Erfinder bei der Anmeldung anzugeben, als nicht mehr vom Gesetzeszweck umfasst zu sehen. Es ist auch kein prinzipieller Unterschied, ob ein Erfinder sich eines Computers bedient, um Rechnungen durchzuführen, die er alleine nicht schaffen würde, oder ob er sich einer Maschine bedient, die in der Lage ist, bei neuem Input die Algorithmen selbständig ohne erneute Programmierung anzupassen. Die Maschine ist dadurch nicht selbst schöpferisch tätig. Selbst wenn ein Programmierer einen Zufallsgenerator einsetzen würde, sodass nicht immer das gleiche Ergebnis herauskäme, bedient sich der Erfinder bzw. bedienen sich die Erfinder nur der Maschine, die nach welchen Algorithmen auch immer, nur rechnet.
In der Anmeldung muss daher der Anmelder angeben, ob nur er sich der Maschine für seine Erfindung bedient hat oder ob daran andere Personen beteiligt waren. Die Frage, wer im konkreten Fall der Erfinder ist, wenn die Erfindung mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz gemacht wurde, mag nicht einfach zu beantworten sein. [X.] der Anmelder dann als Erfinder angibt, ob er allein es war oder andere Personen, die sich der künstlichen Intelligenz bedienten, wird vom [X.] nicht nachgeprüft. [X.]n ein Erfinder der Ansicht ist, er sei vom Anmelder zu Unrecht nicht genannt worden (vgl. § 63 Abs. 2 [X.]), so ist der Streit darüber vor den ordentlichen Gerichten zu führen.
[X.]n der Anmelder meint, er sei als Eigentümer, Besitzer, Hersteller/Programmierer und Betreiber von [X.] die einzige Person, die einen Anknüpfungspunkt für die Zuordnung des Rechts an der Erfindung biete und es gäbe keine anderen Personen, die einen Beitrag zur Erfindung geliefert haben, so spricht nichts dagegen, dass er sich als Erfinder im Sinne des [X.]es bezeichnet, weil er allein sich der Maschine bedient hat. [X.]n er Zweifel hat, ob nicht auch oder nur derjenige daran beteiligt ist, der diese Software bedient, so muss der Anmelder sich selbst entscheiden, ob dieser sich allein oder auch der Maschine bedient hat, um zur Erfindung zu gelangen, sodass er als Erfinder (mit)genannt werden muss. Das Amt prüft dies jedenfalls nicht nach. Der Anmelder kann sich aber nicht um die Angabe dadurch drücken, die Person anzugeben, die für sich die angemeldete Erfindung der künstlichen Intelligenz bedient haben, indem er eine Maschine als Erfinder benennt.
Soweit der Anmelder meint, die Rechtsfrage, ob eine Maschine mit künstlicher Intelligenz als Erfinder genannt werden kann, sei höchstrichterlich noch nicht entschieden, weshalb die Anmeldung jedenfalls nicht im Rahmen der [X.] zurückgewiesen werden dürfte, kann dem nicht gefolgt werden. § 37 [X.] sagt auch nach der Rechtsprechung eindeutig, dass als Erfinder nur eine Person angegeben werden kann (bzw. mehrere Personen genannt werden müssen, wenn es sich um Miterfinder handelt). Eine Maschine ist eindeutig keine Person und daher nicht in der Erfinderbenennung anzugeben. Unerheblich ist dabei, ob es bereits eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dem Fall gibt, dass als Erfinder eine Maschine mit künstlicher Intelligenz angegeben wurde. Würde ein Anmelder als Erfinder eine Pflanze oder [X.] benennen, weil er der Ansicht wäre, dass für die besondere Oberfläche, die er in seiner Anmeldung beschreibt, der „wahre Erfinder“ eine Pflanze oder [X.] auf seinem Balkon sei, oder würde er statt der Person des Erfinders nur dessen „graue Gehirnzellen“ angeben, so läge auch ein offensichtlicher Mangel vor, auch wenn es dazu noch keine BGH-Entscheidung gibt.
Der Hinweis des Anmelders, dass das [X.] eine Parallelanmeldung akzeptiert habe, ändert nichts an der eindeutigen Rechtslage.
Soweit der Anmelder geltend macht, die Bundesregierung möchte den Einsatz von künstlicher Intelligenz fördern, ändert dies auch nichts an der derzeitigen Rechtslage.
Zu Hilfsantrag 1
Auch die Erfinderbenennung des Anmelders im Hilfsantrag 1 erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 37 [X.] und § 7 [X.]. Wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt, kann nur eine natürliche Person Erfinder sein und keine künstliche Intelligenz (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 37 Rn. 13, § 6 Rn. 18).
In der zum Hilfsantrag 1 eingereichten Anlage [X.] und der geänderten Beschreibungsseite 1 gemäß Anlage [X.] heißt es, Erfinder sei [X.] und
„Die Erfindung wurde selbständig durch eine künstliche Intelligenz erzeugt.“
Die vom Anmelder in der Beschreibung genannte künstliche Intelligenz kann nicht Erfinder sein. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag Bezug genommen.
Zu Hilfsantrag 2
Auch die Erfinderbenennung des Anmelders im Hilfsantrag 2 erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 37 [X.] und § 7 [X.]. Wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt, kann nur eine natürliche Person Erfinder sein und keine künstliche Intelligenz (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 37 Rn. 13, § 6 Rn. 18).
Die in der zu Hilfsantrag 2 eingereichten Anlage [X.] als Erfinder benannte künstliche Intelligenz mit dem Namen [X.] kann nicht Erfinder sein. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag Bezug genommen.
Zu Hilfsantrag 2A
Nicht gewährbar ist auch der Hilfsantrag 2A, mit dem der Anmelder beantragt, festzustellen, dass die Einreichung einer Erfinderbenennung entbehrlich sei und die Änderung der Beschreibungsseite 1 gemäß Anlage [X.] zugelassen wird.
Wie bereits zu Hilfsantrag 1 ausgeführt, heißt es in der geänderten Beschreibungsseite 1 gemäß Anlage [X.]:
„Die Erfindung wurde selbständig durch eine künstliche Intelligenz erzeugt.“
Die vom Anmelder in der Beschreibung genannte künstliche Intelligenz kann nicht Erfinder sein. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag Bezug genommen.
Zu Hilfsantrag [X.]
Nicht gewährbar ist der Hilfsantrag [X.], mit dem der Anmelder beantragt, festzustellen, dass die Einreichung einer Erfinderbenennung entbehrlich sei.
Eine Erfinderbenennung ist gesetzlich zwingend vorgeschrieben, wie sich aus § 37 [X.] ergibt. Eine fehlende Erfinderbenennung führt zur Zurückweisung der Anmeldung (vgl. [X.]/[X.] a. a. [X.], § 37 Rn. 18).
Zu Hilfsantrag 3
Auch die Erfinderbenennung des Anmelders in Hilfsantrag 3 erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 37 [X.] und § 7 [X.]. Wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt, kann nur eine natürliche Person Erfinder sein und keine künstliche Intelligenz (vgl. [X.]/[X.] a. a. [X.], § 37 Rn. 13, § 6 Rn. 18).
In der zum Hilfsantrag 3 als [X.] eingereichten Erfinderbenennung wird zwar der Anmelder und damit eine natürliche Person als Erfinder benannt. Im Widerspruch hierzu steht jedoch die zu Hilfsantrag 3 eingereichte geänderte Beschreibungsseite 1 gemäß Anlage [X.], in der es ausdrücklich heißt:
„Die Erfindung wurde selbständig durch eine künstliche Intelligenz erzeugt.“
Die vom Anmelder in der Beschreibung genannte künstliche Intelligenz kann nicht Erfinder sein. Insoweit wird er auf die Ausführungen zum Hauptantrag zurückgenommen.
Zu Hilfsantrag 4
Nicht gewährbar ist auch der Hilfsantrag 4, mit dem der Anmelder beantragt hat, die als Anlage [X.] eingereichte Erfinderbenennung als form- und fristgerecht anzuerkennen. Wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt, kann nur eine natürliche Person Erfinder sein und keine künstliche Intelligenz (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 37 Rn. 13, § 6 Rn. 18).
In der zum Hilfsantrag 4 eingereichten Anlage [X.] heißt es nach dem Namen des Anmelders:
„Die Erfindung wurde selbständig durch die künstliche Intelligenz [X.] erzeugt.“
Wie bereits ausgeführt, kann eine künstliche Intelligenz nicht Erfinder sein. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag Bezug genommen.
Zu Hilfsantrag 5
Nicht gewährbar ist auch der Hilfsantrag 5, mit dem der Anmelder beantragt hat, die als Anlage [X.] eingereichte Erfinderbenennung als form- und fristgerecht anzuerkennen. Wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt, kann nur eine natürliche Person Erfinder sein und keine künstliche Intelligenz (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 37 Rn. 13, § 6 Rn. 18).
In der zum Hilfsantrag 5 eingereichten Anlage [X.] heißt es nach dem Namen des Anmelders:
„der die künstliche Intelligenz [X.] dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren.“
Abweichend von der Entscheidung des [X.] vom 11. November 2021 in dem Verfahren 11 W (pat) 5/21 vertritt der Senat die Auffassung, dass die zusätzliche Angabe in der Erfinderbenennung gegen § 7 Abs. 2 [X.] verstößt. Der angefügte Zusatz, wonach die künstliche Intelligenz namens [X.] dazu veranlasst habe, die Erfindung zu generieren, führt zu einem Widerspruch zu der Angabe, Erfinder sei der Anmelder.
Wie bereits ausgeführt, kann eine künstliche Intelligenz nicht Erfinder sein. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen.
Somit war die Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen.
3. Die Rechtsbeschwerde war hinsichtlich der Frage, ob eine künstliche Intelligenz ([X.]) als Erfinder im Sinne von § 37 Abs. 1 [X.] benannt werden kann, und zur Frage, ob § 7 [X.] dahingehend als abschließend zu verstehen ist, dass auch nur die im Katalog des Absatzes 2 genannten Angaben in der Erfinderbenennung statthaft sind, zuzulassen. Die beiden Rechtsfragen sind von grundsätzlicher Bedeutung und erfordern zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.]).
Meta
21.06.2023
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.06.2023, Az. 18 W (pat) 28/20 (REWIS RS 2023, 10742)
Papierfundstellen: REWIS RS 2023, 10742
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
18 W (pat) 28/20 (Bundespatentgericht)
Patentbeschwerdesache –Anheimgabebeschluss – Zur Frage der Benennung einer künstlichen Intelligenz als Erfinder
11 W (pat) 5/21 (Bundespatentgericht)
Patentbeschwerdeverfahren – "FOOD CONTAINER“ – zur Erfinderbenennung – Erfinder kann nur eine natürliche Person sein …
Patentanmeldung: Benennung einer Künstlichen Intelligenz als Erfinder - DABUS
20 W (pat) 12/21 (Bundespatentgericht)
Beschwerdesache – Patentanmeldung – Verfahrenskostenhilfe im Erteilungsverfahren
11 W (pat) 3/17 (Bundespatentgericht)
Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Fondue-Einrichtung" – fehlende Erfinderbenennung – Begründung für Widerruf eines Patents wegen widerrechtlicher Entnahme …