Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2016, Az. V ZB 70/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5082

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:220916BVZB70.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 70/16
vom

22. September 2016

in der Abschiebungshaftsache

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 22. September 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr.
[X.] und
Weinland, [X.] und die Richterin Haberkamp

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 11. Mai 2016 aufgehoben.

Die Beschwerde der [X.] gegen den Beschluss des [X.] vom 9. Mai 2016 wird als unzulässig verworfen.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 11. Mai 2016 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt
hat.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der [X.] auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt

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Gründe:

I.

Der Betroffene, ein gabunischer Staatsangehöriger, reiste unerlaubt in die [X.] ein. Das [X.] ordnete auf Antrag der Ausländerbehörde der [X.] (fortan: [X.]) am 14.
April 2016 Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 11. Mai 2016 an.

Nachdem der Betroffene in die [X.] verbracht worden war, beantragte die Zentrale Ausländerbehörde der [X.] (fortan: [X.]) aufgrund eines Amtshilfeersuchens der [X.] bei dem [X.] die Verlängerung der Haft bis zum 15. Juni 2016. Das [X.] hat mit Beschluss vom 9. Mai 2016 den Antrag mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass
die [X.] mit der Stellung eines Haftverlängerungsantrages die Grenzen zulässiger Amtshilfe nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 [X.] überschritten habe. Auf die Beschwerde der [X.] hat das [X.] mit Beschluss vom 11. Mai 2016 die Verlängerung der Abschiebungshaft
bis zum 26. Mai 2016 angeordnet. Mit [X.] vom 24.
Mai 2016 hat der Senat die Vollziehung der [X.] einstweilen ausgesetzt. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Betroffene die Feststellung, dass die Anordnung der Haftverlängerung ihn in seinen Rechten verletzt hat.

II.

Nach Ansicht des [X.] sind die Voraussetzungen für die Anordnung von Haft erfüllt, insbesondere habe der Haftverlängerungsantrag 1
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zulässigerweise von der [X.] in Amtshilfe gestellt werden können. Es habe sich lediglich um eine für die [X.] erbrachte ergänzende Hilfe gehandelt, die mit einer weiteren Aufgabenverlagerung auf die [X.] nicht verbunden gewesen sei.

III.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Entscheidung des [X.] hat den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt. Es hat die Beschwerde der [X.] rechtsfehlerhaft für zulässig gehalten und in der Sache selbst entschieden, obwohl es das Rechtsmittel mangels Beschwer-deberechtigung als unzulässig hätte verwerfen müssen.

1. Ebenso wie bei der Revision das [X.] wegen gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO prüft, ob die Berufung zulässig war, ist auch im Rechtsbeschwerdeverfahren die Zulässigkeit der Beschwerde von Amts we-gen zu prüfen. Dies ergibt sich aus der insoweit gleichlautenden Bestimmung des § 74 Abs. 3 Satz 3 FamFG (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Juli
2012
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IX ZB 42/10, [X.], 1876 Rn. 5; [X.]/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., §
74 Rn. 19 f.).

2. Die Beschwerde der [X.] gegen die Entscheidung des [X.] ist unzulässig.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Stellung eines Haftverlängerungs-antrages durch die [X.] innerhalb der Grenzen zulässiger Amtshilfe liegt (vgl. §
3 Abs. 2 Nr. 1 [X.] i.V.m. Ziff. 1.2.1 den besonderen Zuständigkeits-4
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regelungen der Zentralen Ausländerbehörden -
RdErl. d. [X.] des [X.] -15-39.16.01-5-Ums.[X.] vom 22. Februar 2008 i.V.m. Ziff.
1.2.3 der Abschiebungshaftrichtlinien -
RdErl. d. [X.]
-15-39.21.01-5-AHaftRL v. 19.1.2009). Denn unabhängig von der Beantwortung dieser Frage
ergibt sich daraus kein Beschwerderecht der [X.] gegen die die Haftverlängerung ablehnende Entscheidung des [X.]. Nach § 429 Abs. 1 FamFG steht das Recht der Beschwerde der zuständigen Behörde zu. Dies ist hier die das [X.] betreibende Auslän-derbehörde [X.]. An deren alleiniger Beschwerdeberechtigung ändert sich nichts dadurch, dass sie die [X.] durch ein Amtshilfeersuchen
mit der Stel-lung eines Haftverlängerungsantrages betraut hat. Nach Ziff. 1.2.1 Absatz 2 der Besonderen Zuständigkeitsregelungen der Zentralen Ausländerbehörden (RdErl. d. [X.] des [X.] -15-39.16.01-5-Ums.[X.] vom 22. Februar 2008) können die Ausländerbehörden für ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer, die sich in Haft befinden, die Amtshilfe der [X.] in Anspruch nehmen, wobei die originäre Zuständigkeit bei der [X.] verbleibt. Diese ist
daher in jedem Stadium Herrin des Verfahrens. Sie allein hat über die Durchführung des [X.]s im Ganzen zu entscheiden. Sie überträgt die Verantwortung für das jeweils durch Amtshilfe zu unterstützende [X.] nicht auf die hilfeleistende Behörde (vgl. [X.]/[X.]/Sachs, [X.], 8. Aufl., § 4 Rn. 7, § 7 Rn. 2). Die ersuchte [X.] hat daher -
unabhängig von der Frage, ob es sich bei der eigen-verantwortlichen Beantragung von Haftverlängerung
überhaupt um einen
zuläs-sigen
Amtshilfeakt
handeln kann -
kein Recht, über die erbetene
Maßnahme
hinaus von sich aus weitere
Verfahrensschritte in dem [X.],
wie etwa die Einlegung eines Rechtsmittels gegen eine in dem Verfahren ergangene gerichtliche Entscheidung, vorzunehmen.

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3. Das
Beschwerdegericht hätte demnach nicht in der Sache entschei-den und die Haftverlängerung anordnen dürfen. Vielmehr hätte es die Be-schwerde der [X.] als unzulässig verwerfen müssen. Da sich bereits [X.] die Rechtswidrigkeit der Haftverlängerungsanordnung ergibt, kommt es nicht mehr darauf an, dass diese auch deshalb rechtswidrig ist, weil die gemäß § 420 Abs. 1 Satz 1, § 425 Abs. 3 FamFG, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG zwingend notwendige Anhörung des Betroffenen zu dem Haftverlängerungsantrag (vgl. [X.]/Budde, FamFG, 18. Aufl., § 426 Rn. 11) unterblieben ist.
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IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs.
2, §
430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 [X.] analog. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 36 Abs. 2 GNotKG.

Stresemann [X.] Weinland

Kazele Haberkamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.05.2016 -
11 [X.] (B) 23/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 11.05.2016 -
5 [X.]/16 -

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Meta

V ZB 70/16

22.09.2016

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2016, Az. V ZB 70/16 (REWIS RS 2016, 5082)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5082

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V ZB 70/16

IX ZB 42/10

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