Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2013, Az. I ZR 13/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8368

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I ZR 13/12
Verkündet am:

6. Februar 2013

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
ZPO § 281 Abs. 1, § 313 Abs. 2, § 540 Abs. 1; [X.] §§ 87, 91, 92 Abs. 1
a)
Enthält ein Berufungsurteil unklare und lückenhafte Ausführungen dazu, [X.] Hilfsanträge eine Partei in der Berufungsinstanz gestellt hat, ist das Urteil wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden [X.] aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
b) Gegenstand einer gemäß §
281 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 87, 91, 92 Abs. 1 [X.] in Frage kommenden Verweisung an das für [X.] zu-ständige [X.] ist nicht die Prüfung von einzelnen rechtlichen Anspruchsgrundlagen, sondern umfasst den gesamten von der kartellrechtli-chen Fragestellung betroffenen Streitgegenstand.
[X.], Urteil vom 6. Februar 2013 -
I ZR 13/12 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 6. Februar 2013 durch [X.]
Dr.
[X.] und [X.], Prof.
Dr.
Büscher, Dr.
Koch und Dr.
Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 6. Zivilsenats des [X.]s Köln vom 21. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

.

-
und Heim-
werkermarktkette. Die Märkte werden teilweise von der Beklagten selbst, teil-weise von [X.]chisenehmern betrieben.
In den von [X.]chisenehmern
betriebenen Märkten werden neben den von der Beklagten zentral bezogenen Produkten auch solche Produkte [X.]--

Die Klägerin ist Lieferantin der Beklagten und auch einzelner [X.]chise-n-

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3
-
Die Beklagte betreibt für die gesamte Kette das Warenwirtschaftssystem s-senden Zugriff haben. Die Zugriffserlaubnis sieht bestimmte Regeln vor. So darf [X.] Personen der Zugriff nicht gestattet werden. Die Installation von Hard-
und Software und die Änderung von Systemeinstellungen darf nur nach Freigabe durch ein von der Beklagten bestimmtes Unternehmen vorge-nommen werden.
Während die Daten der bei der Beklagten zentral eingekauften Artikel elektronisch eingelesen und bestellt werden können, müssen die von den [X.]--werden; zudem sind deren Bestellungen nur über einen Papierausdruck mög-lich. Um diesen Bestellvorgang zu vereinfachen, entwickelte der für die [X.] freiberuflich tätige [X.] S. im Auftrag eines Mitarbeiters einer Komple-mentärin mehrerer [X.]chisenehmer der Beklagten eine se-programmiertes Makro, in dem in einer Excel-Datei hinterlegte Dateien der eingegeben werden konnten.
Als die Klägerin, die sich in Rahmenverträgen gegenüber einer großen Zahl von [X.]chisenehmern der Beklagten verpflichtet hatte, die Eingabe der -Daten in [X.] zu übernehmen, von der Programmierung der Umge-hungslösung erfuhr, beauftragte sie mindestens vier Personen (Artikelanleger) damit, die erforderlichen Daten mithilfe der [X.] in [X.] einzu-spielen. Bei den [X.] handelte es sich um zwei Mitarbeiter von O.
-
Märkten und zwei unternehmensfremde Personen. Ihnen wurden in O.
-Märk-
ten Benutzerkonten mit Marktleiterrechten eingerichtet. Sie erhielten die Datei --Daten auf einem USB-Stick. S.
entwickelte zudem im Auftrag der Klägerin eine Lösung zur Vereinfachung 4
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des Bestellvorgangs. Statt der Verwendung eines Papierausdrucks sollte da-nach die Ausgabe in einer einlesbaren [X.] erfolgen. Dieses Vorhaben wurde letztlich nicht umgesetzt.
Nachdem die Beklagte von diesen Vorgängen erfahren hatte, warf sie der Klägerin in zwei Schreiben vor, die Sicherungssysteme der Beklagten umgan-gen, in [X.] unbefugt eingegriffen und damit die Integrität und Funktionalität des Systems gefährdet zu haben. Das erste Schreiben vom 9. Juli 2010 war an eine Vielzahl von O.
-Märkten, das zweite vom 27. September 2010 an alle
aktiven [X.]chisepartner gerichtet.
Diese Schreiben hat die Klägerin mit der auf Untersagung und Widerruf gerichteten Klage als irreführend und herabsetzend angegriffen. Die Klage ist rechtskräftig abgewiesen worden. Im vorliegenden Revisionsverfahren geht es allein um die von der Beklagten erhobenen Widerklage, mit der sie in erster In-stanz beantragt hat,
es zu unterlassen,
1.
selbst oder durch Dritte Artikeldaten aus dem und/oder in das Warenwirt-schaftssystem [X.] der Beklagten mittels von der Beklagten nicht freigege-benen Hard-
und/oder Software zu importieren oder sonst Zugriff auf das Wa-renwirtschaftssystem [X.] der Beklagten zu nehmen oder durch beauftragte Dritte nehmen zu lassen,

2.
selbst oder durch Dritte eine Hard-
und/oder Software oder sonstige Vorge-hensweise, die eine elektronische Bestellung aus dem Warenwirtschaftssystem [X.] der Beklagten für nicht zentral über die Beklagte eingekauften Artikel (sogenannter i-Artikel) ermöglicht, zu entwickeln, herzustellen und/oder zu [X.].
Das [X.] hat die Klägerin auf die Widerklage antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des [X.]s in einem Teilurteil
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teilweise dahin abgeändert, dass auch die Widerklage nach dem Hauptantrag zu 1 und dem Antrag zu 2, einschließlich der insoweit geltend gemachten Hilfsanträge, abgewiesen wird.

r-

seine Unzuständigkeit festgestellt und insoweit den [X.] an das [X.] Düsseldorf verwiesen.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgericht-lichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat Unterlassungsansprüche der Beklagten ge-mäß § 4 Nr. 10 und 11 in Verbindung mit § 17 UWG und § 823 Abs. 1, §
1004 BGB verneint. Im Hinblick auf Ansprüche, die auf § 823 BGB in Verbindung mit § 1 [X.] gestützt sind, hat es seine Zuständigkeit verneint und die Sache an das für [X.] zuständige [X.] Düsseldorf verwiesen.
I[X.] Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsurteil lässt nicht hinreichend klar erkennen, welche [X.] die Beklagte gestellt hat. Es leidet deshalb an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfah-rensmangel, der zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache führt.
1. Gemäß § 313 Abs. 2 ZPO soll der Tatbestand des Urteils die erhobe-nen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs-
und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp darstellen. Diese Vorschrift gilt gemäß § 525 ZPO auch für das Beru-10
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fungsurteil, und zwar mit der Maßgabe, dass das Berufungsurteil nach § 540 Abs. 1 ZPO anstelle des Tatbestandes die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen enthält.
Die Bezugnahme
auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil kann sich allerdings naturgemäß nicht auf die im zweiten Rechtszug ge-stellten Anträge erstrecken. Die Aufnahme der [X.] in das [X.] ist daher unbedingt erforderlich. Soweit das Berufungsurteil auf die wörtliche Wiedergabe der [X.] verzichtet, muss es wenigstens erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat. Dabei müssen die tatbestandlichen Darstellungen in den Gründen des [X.] ausreichen, um eine revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermögli-chen. Das ist nicht der Fall, wenn tatbestandliche Darstellungen in einem [X.] fehlen oder derart widersprüchlich, unklar oder lückenhaft sind, dass sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung des [X.] nicht mehr zweifelsfrei erkennen lassen ([X.], Beschluss vom 13. August 2003 -
XII ZR 303/02, [X.]Z 156, 97, 99, mwN). Entsprechendes gilt, wenn die [X.] im Berufungsurteil die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge und daher das Ziel der Berufung nicht hinreichend deutlich erkennen lässt (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Februar 2003
VIII
ZR
262/02, [X.]Z 154, 99, 101; Urteil vom 14. Januar 2005 -
V [X.], NJW-RR 2005, 716, 717; Urteil vom 29.
März 2007
-
I [X.], [X.], 807 Rn. 5, 7 = [X.], 955

Fachanwälte; Urteil vom 25. Mai 2011 -
IV ZR 59/09, NJW 2011, 2054 Rn. 9; [X.]/[X.], ZPO, 29. Aufl., § 540 Rn. 8; Musielak/Ball, ZPO, 9.
Aufl., § 540 Rn. 3; [X.]/[X.], ZPO, 5. Aufl., § 540 Rn. 2). Dabei ist die Wiederga-be der [X.] auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil sie im Pro-tokoll über die mündliche
Verhandlung vor dem Berufungsgericht enthalten sind (§§ 525, 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Zwar unterliegt nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO 15
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der Beurteilung des [X.] auch dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist; dies betrifft
jedoch nur Parteivorbrin-gen tatsächlicher Art ([X.], NJW-RR 2005, 716, 717 mwN). Fehlt es an den beschriebenen Mindestvoraussetzungen, ist das Urteil bereits wegen dieses von Amts wegen zu berücksichtigenden [X.] aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ([X.]Z 154, 99, 101).

2. Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil nicht. Es enthält un-klare und lückenhafte Ausführungen dazu, welche Hilfsanträge die Beklagte in der Berufungsinstanz gestellt hat.
Das Berufungsgericht hat unter Ziffer II der Urteilsgründe ausgeführt:
Die Berufung hat hinsichtlich der Klageabweisung keinen Erfolg und hinsichtlich der Widerklage teilweise Erfolg; sie führt zur Abweisung der Widerklage nach dem Hauptantrag zu 1 und dem Antrag zu 2 einschließlich der Hilfsanträge. Wegen des ersten [X.] zu 1 (und der Entscheidung über diesen Antrag abhängigen weiteren Hilfsanträge) war der Rechtsstreit an das zuständige [X.] Düsseldorf zu verweisen.

n-schließen, dass die Beklagte sowohl im Hinblick auf den [X.] zu 1 als auch hinsichtlich des [X.]s zu 2 jeweils mehrere Hilfsanträge gestellt hat. Im Widerspruch dazu hat das Berufungsgericht unter Ziffer I der Urteilsgründe ausgeführt, die Beklagte verteidige das angefochtene landgericht-liche Urteil
mit der Maßgabe, dass zum Klageantrag zu 1 im Hinblick auf die dort geltend ge-machten kartellrechtlichen Ansprüche hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das [X.] Düsseldorf beantragt werde und im Antrag zu 2 die Handlungsalternat

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Weitere, über den Verweisungsantrag hinausgehende Hilfsanträge wer-den dort nicht erwähnt. Eine Auslegung der Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit lässt ebenfalls nicht hinreichend klar erkennen, welche Hilfsanträge mit wel-u-Inhalt der weiteren Subsumtion entnehmen. Damit ist dem Berufungsurteil Um-fang und Ziel der Berufung nicht mit der notwendigen Klarheit zu entnehmen.
II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
[X.] In der neuen Berufungsverhandlung wird das Berufungsgericht erneut zu prüfen haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang seine [X.] im Hinblick darauf zu verneinen ist, weil sich kartellrechtliche Fragen stellen (§§ 87, 91, 92 Abs. 1 [X.]). Dabei erstreckt sich eine insoweit gemäß §
281 Abs. 1 ZPO in Frage kommenden Verweisung an das für [X.] zustän-dige [X.] nicht -
wie das Berufungsgericht offenbar angenommen
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hat -
auf die Prüfung einzelner Anspruchsgrundlagen, sondern betrifft den ge-samten von der kartellrechtlichen Fragestellung betroffenen Streitgegenstand (vgl. [X.] in [X.]/Bunte, Kartellrecht, 11.
Aufl., § 87 [X.] Rn. 19; [X.]/[X.] aaO § 281 Rn. 8).

[X.]
Pokrant
Büscher

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.05.2011 -
31 O 609/10 -

O[X.], Entscheidung vom 21.12.2011 -
6 [X.] -

Meta

I ZR 13/12

06.02.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2013, Az. I ZR 13/12 (REWIS RS 2013, 8368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8368

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 13/12

IV ZR 59/09

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