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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Abschiebungsverbot; Einziehung zum Wehrdienst; Zumutbarkeit des Eigenverhaltens; richterliche Tatsachenwürdigung; Gefahrenprognose; Wahrscheinlichkeitsmaßstab
Die [X.]eschwerde, mit der eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend gemacht werden, ist unzulässig, da sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.
1. Aus dem Vorbringen der [X.]eschwerde ergibt sich nicht die geltend gemachte Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
Eine Divergenz im Sinne der genannten Vorschrift ist gegeben, wenn das [X.]erufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Es genügt nicht, wenn das [X.]erufungsgericht einen Rechtssatz im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung geboten sind (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133
Die [X.]eschwerde bezeichnet bereits keinen vom [X.]erufungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz, der von einem in der angeführten Entscheidung des [X.] (Urteil vom 3. November 1992 - [X.]VerwG 9 C 21.92 - [X.]VerwGE 91, 150) aufgestellten Rechtssatz abgewichen sein soll. Zwar trifft es zu, dass das [X.] in dem zitierten Urteil den Rechtssatz aufgestellt hat, dass ein Ausländer keines internationalen Schutzes als Flüchtling bedarf, wenn er die Gefahr politischer Verfolgung durch eigenes [X.] Verhalten abwenden kann. Selbst für den Fall, dass dieser Rechtssatz auf das entscheidungserhebliche Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 [X.] zu erstrecken sein sollte, ergibt sich aus dem [X.]eschwerdevorbringen kein hiervon abweichender Rechtssatz des [X.]erufungsgerichts. Die [X.]eschwerde räumt vielmehr ein, dass das Gericht auf die Zumutbarkeit einer Antragstellung auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer abgestellt hat, um den im [X.] Militärdienst drohenden Misshandlungsgefahren zu entgehen ([X.]eschwerdebegründung S. 2). Damit hat es seiner Entscheidung in der Sache sogar den Rechtssatz zugrunde gelegt, dessen Nichtbeachtung die [X.]eklagte rügt. Eine Abweichung ergibt sich auch nicht daraus, dass das [X.]erufungsgericht bei der Zumutbarkeit nicht auf die eigenen Vorstellungen und Wünsche des [X.]etroffenen abstelle, während nach der Rechtsprechung des [X.] objektive Zumutbarkeitsgesichtspunkte maßgeblich seien. Denn auch insoweit legt die [X.]eschwerde keinen von der Rechtsprechung des [X.] abweichenden Rechtssatz des [X.]erufungsgerichts dar. Vielmehr stützt sie ihre Rüge allein darauf, dass das [X.]erufungsgericht die Stellung eines Antrags auf Kriegsdienstverweigerung unter Vorspiegelung einer nicht vorhandenen inneren Überzeugung für nicht zumutbar erachte. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass der [X.]egriff der Zumutbarkeit vom [X.]erufungsgericht nicht objektiv verstanden, sondern von den eigenen Vorstellungen und Wünschen des Ausländers abhängig gemacht wird. In der Sache wendet sich die [X.]eschwerde in Gestalt einer [X.] gegen die konkrete Würdigung des Gerichts, welches Abwendungsverhalten es als zumutbar ansieht. Die Zulassung der Revision vermag sie damit jedoch nicht zu begründen.
2. Aus dem Vorbringen der [X.]eschwerde ergibt sich auch keine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die [X.]eschwerde sieht als klärungsbedürftig an, ob die Zumutbarkeit des [X.], das eine Gefahr nach § 60 Abs. 2 [X.] abzuwenden vermag, nach objektiven oder subjektiven Kriterien zu bestimmen ist ([X.]eschwerdebegründung S. 3). Sie legt jedoch nicht - wie erforderlich - die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage dar. Denn weder aus ihrem Vorbringen noch aus dem [X.]erufungsurteil selbst ergibt sich, dass das [X.]erufungsgericht die Zumutbarkeit nach subjektiven Kriterien bestimmt. Es leitet die Unzumutbarkeit vielmehr aus der (objektiven) Tatsache ab, dass die Stellung eines Antrags auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer der - vom [X.]erufungsgericht festgestellten - persönlichen Einstellung des [X.] widersprechen würde, unter Vorspiegelung einer nicht vorhandenen inneren Überzeugung erfolgen müsste und möglicherweise die [X.]egehung einer Straftat darstellen würde ([X.] 12).
3. Die [X.]eschwerde legt auch die geltend gemachten Verfahrensmängel der fehlerhaften richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.
Soweit die [X.]eschwerde mit ihrem Vorbringen eine Verletzung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltend macht ([X.]eschwerdebegründung S. 4 ff.), greift sie die Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung des [X.]erufungsgerichts an. Fehler in der Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung sind aber nach ständiger Rechtsprechung revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen (vgl. etwa [X.]eschluss vom 19. Oktober 1999 - [X.]VerwG 9 [X.] 407.99 - [X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11 m.w.N.). Ein [X.] kann allenfalls ausnahmsweise in [X.]etracht kommen, wenn die [X.]eweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder die allgemeinen Erfahrungssätze missachtet (vgl. etwa [X.]eschluss vom 16. Juni 2003 - [X.]VerwG 7 [X.] 106.02 - NVwZ 2003, 1132 <1135> = [X.] 303 § 279 ZPO Nr. 1 m.w.N.). Dass die angefochtene Entscheidung derartige Mängel aufweist, legt die [X.]eschwerde jedoch nicht dar.
Die Rüge der [X.]eklagten, das Gericht habe seiner Prognose, dass der Kläger bei Rückkehr nach [X.] zum Wehrdienst eingezogen werde, nicht den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde gelegt, begründet keine Verletzung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das angefochtene Urteil geht bei seiner Gefahrenprognose davon aus, dass dem Kläger die Einberufung "sehr wahrscheinlich" drohe ([X.] 11). Damit werden die Anforderungen an den nach der Rechtsprechung des [X.] zugrunde zu legenden Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - [X.]VerwG 10 C 5.09 - [X.]VerwGE 136, 377 Rn. 22) erfüllt, die prognostizierte Wahrscheinlichkeit liegt sogar höher. Es liegt im Rahmen richterlicher Tatsachenwürdigung, auch ohne Erhalt eines Einberufungsbefehls und auch bei Einreise außerhalb einer laufenden [X.] die Gefahr einer Einberufung des [X.] zum Wehrdienst für sehr wahrscheinlich zu halten. Aus der Tatsache, dass im Urteil keine ausdrücklichen Feststellungen zur Wehrdiensttauglichkeit des [X.] getroffen werden, lässt sich - entgegen der Auffassung der [X.]eklagten - nicht ableiten, die Prognose des Gerichts sei rein spekulativ. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Gericht von der Wehrdiensttauglichkeit des [X.] ausgegangen ist, auch wenn es diesen Umstand nicht ausdrücklich erwähnt. Aus dem Vorbringen der [X.]eschwerde, die sich gegen die Würdigung des [X.]erufungsgerichts zur Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung durch den Kläger wendet, ergibt sich - auf der Grundlage der Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts - ebenfalls keine Überschreitung der Grenzen richterlicher Tatsachen- und [X.]eweiswürdigung. Auf die von der [X.]eschwerde ebenfalls angegriffenen - möglicherweise defizitären - Feststellungen des Gerichts zu den Erfolgsaussichten einer Verweigerung des Wehrdienstes kommt es für die [X.]eurteilung der Überzeugungsbildung nicht an, da das Gericht seine Entscheidung - selbstständig tragend - auf die fehlende Zumutbarkeit einer solchen Verweigerung gestützt hat ([X.] 12).
Aus den vorstehend näher behandelten [X.] lässt sich auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs des [X.] ableiten (§ 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Eine "beharrliche Ignorierung" oder "selektive Wahrnehmung" der von der [X.]eklagten vorgebrachten Erkenntnisse und Argumente ergibt sich aus der Tatsachen- und [X.]eweiswürdigung des Gerichts nicht.
4. Der Senat sieht von einer weiteren [X.]egründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Meta
30.07.2012
Bundesverwaltungsgericht 10. Senat
Beschluss
Sachgebiet: B
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 17. April 2012, Az: 11 B 11.30469, Urteil
§ 60 Abs 2 AufenthG 2004, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 108 Abs 1 S 1 VwGO
Zitiervorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.07.2012, Az. 10 B 27/12 (REWIS RS 2012, 4186)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 4186
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
6 B 17/14 (Bundesverwaltungsgericht)
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