Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2017, Az. V ZB 109/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1082

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:071217BVZB109.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]/17
vom

7. Dezember 2017

in der Zwangsversteigerungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 74a Abs. 5 Satz 3 und 4
Die formelle Rechtskraft des Beschlusses über die Festsetzung des [X.] steht einer Neubewertung durch das Vollstreckungsgericht nicht entge-gen, wenn wesentliche neue Tatsachen eine Anpassung erfordern, die durch eine Beschwerde gegen die [X.] nicht mehr geltend gemacht wer-den konnten.
[X.], Beschluss vom 7. Dezember 2017 -
V [X.]/17 -
LG [X.]

[X.]

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 7. Dezember 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und Weinland, [X.]
Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des [X.] -
3. Zivilkammer -
vom 25.
April 2017 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt für die Gerichtsgebühren

Vertretung der Beteiligten zu 2 entfallen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 3 bis 5 betreiben die Zwangsversteigerung in den im Eingang dieses Beschlusses genannten Grundbesitz des Beteiligten zu 1 (im Folgenden: Schuldner). Die Beteiligte zu 2 ist Inhaberin der im Grundbuch unter Nr. 5 und 6 eingetragenen Grundpfandrechte. Das Vollstreckungsgericht holte im [X.] ein Wertgutachten ein und setzte durch Beschluss vom 3. Juni erhobene sofortige Beschwerde des Schuldners wies das [X.] mit [X.]
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schluss vom 30. November 2016 zurück. In dem Versteigerungstermin vom 9.

e-tender geblieben. Durch Beschluss vom selben Tag hat ihm das [X.] den Zuschlag erteilt. Die sofortigen Beschwerden des Schuldners und der Beteiligten zu 2 hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelas-senen Rechtsbeschwerde möchten sie weiterhin die Aufhebung des [X.] erreichen.

[X.]

Nach Auffassung des [X.] ist die Rüge der Beschwerde-führer, der Zuschlag sei aufzuheben, weil das zur Festsetzung des [X.] eingeholte Gutachten zeitlich überholt sei, nicht begründet. Zwar könne auch ein bereits unanfechtbarer Festsetzungsbeschluss durch das [X.] abgeändert werden, wenn seit der ersten [X.] [X.] neuer Tatsachen werterhöhende bzw. -mindernde Umstände eingetreten seien. Eine auf die Unrichtigkeit der [X.] gestützte [X.] könne aber gemäß § 100 Abs. 1 i.V.m. § 83 Nr. 5 [X.] nur begründet sein, wenn durch den Zuschlag ein Recht des Beschwerdeführers beeinträchtigt werde. Dies sei hier nicht der Fall. Auch wenn der Verkehrswert entsprechend d
-Grenze (§ 85a [X.]), auf de-ren Verletzung es für die Begründetheit der Beschwerde des Schuldners ent-scheidend ankomme. Die Beteiligte zu 2 wäre dadurch, dass das [X.] der
7/10-Grenze (§ 74a [X.]) vorrangigen Gläubiger diesen Betrag erheblich überschritten und die Beteiligte 2
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zu 2 deshalb in keinem Fall eine Erlösbeteiligung zu erwarten habe. [X.] hiervon sei das Vollstreckungsgericht auch nicht zu einer erneuten Wert-festsetzung verpflichtet gewesen. Der zwischen der Erstellung des [X.] und dem Versteigerungstermin im März 2017 liegende Zeit-raum von knapp drei Jahren sei nicht so groß, dass es unvertretbar sei, von der Einholung eines neuen Wertgutachtens abzusehen. In der Rechtsprechung sei bislang lediglich ein Zeitraum von ca. viereinhalb Jahren als zu lang erachtet worden.

I[X.]

Das hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdege-richt nimmt zu Recht an, dass ein Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 100 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 85a [X.] bzw. § 83 Nr. 5 i.V.m. § 74 a [X.] nicht gegeben ist.

[X.] steht, dass auf der Grundlage des von dem Vollstreckungsgericht
[X.] und § 85a Abs. 1 [X.] normierten Mindestwerte von 7/10 bzw. 5/10 des [X.] nicht unterschreitet und hiernach eine Versagung des [X.] nicht in Betracht kam. Hiergegen werden von der Rechtsbeschwerde keine Einwendungen erhoben.

2. Die Beschwerdeführer sind auch nicht deshalb in ihrem Recht auf Ver-sagung des Zuschlags verletzt, weil das Vollstreckungsgericht es abgelehnt hat, die [X.] vor der Versteigerung zu ändern.
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a) Gemäß § 74a Abs. 5 Satz 4 [X.] kann der Zuschlag oder die [X.] des Zuschlags mit der Begründung, der Grundstückswert sei unrichtig festgesetzt, nicht angefochten werden. Die Bindung des Vollstreckungsgerichts an die [X.] hindert grundsätzlich nicht nur eine erneute Prüfung des Wertes bei der Entscheidung
über den Zuschlag, sondern auch die [X.] und Änderung eines fehlerhaft festgesetzten Wertes. Macht ein [X.] nach Eintritt der formellen Rechtskraft des [X.]sbe-schlusses gegenüber dem Vollstreckungsgericht geltend, dieser
sei von Anfang an falsch gewesen, steht dies der Zuschlagserteilung daher nicht entgegen (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Dezember 2002 -
IX ZB 248/02, [X.]-Report 2003, 463). Diese Wirkung tritt gegenüber sämtlichen Verfahrensbeteiligten ein, de-nen der Beschluss gemäß § 329 Abs. 3 ZPO zugestellt und denen gegenüber er unanfechtbar geworden ist (vgl. [X.], [X.], 6. Aufl., § 74a Rn. 37; [X.]/[X.], [X.], § 74a Rn. 27; [X.], [X.], 21. Aufl., § 74a Rn.
7.11
f.). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gilt dies auch für die Verfahrensbeteiligten gemäß § 9 Nr. 2 [X.] (vgl. Senat, Beschluss vom 7.
Oktober 2010 -
V [X.], NJW-RR 2011, 233 Rn. 24), zu denen die [X.] zu 2 gehört.

b) Wie das Beschwerdegericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend sieht, schließt § 74a Abs. 5 Satz 4 [X.] eine Neubewertung des Verkehrswerts durch das Vollstreckungsgericht allerdings nicht generell aus. Vielmehr steht die formelle Rechtskraft des Beschlusses über die Festsetzung des Verkehrswertes einer solchen Neubewertung nicht entgegen, wenn wesentliche neue Tatsa-chen eine Anpassung erfordern, die durch eine Beschwerde gegen die Wert-festsetzung (§ 74a Abs. 5 Satz 3 [X.]) nicht mehr geltend gemacht werden konnten. Ändern sich die wesentlichen tatsächlichen Umstände,
auf denen die 6
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[X.] beruht, muss das Vollstreckungsgericht vor der [X.] den Verkehrswert an die veränderten Umstände gegebenenfalls von Amts wegen anpassen (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2007

[X.], NJW-RR 2008, 944 Rn. 11; [X.], Beschluss vom 10. Oktober 2003

[X.], NJW-RR 2004, 302, 303). Unterbleibt dies, kann das Recht eines Beteiligten auf Versagung des Zuschlags beeinträchtigt sein und hierauf eine Zuschlagsbeschwerde gestützt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 10. Oktober 2003

[X.], NJW-RR 2004, 302, 303). Dies kommt etwa bei einem Schuldner in Betracht, wenn das [X.] geringer als 5/10 (§ 85a Abs. 1 [X.]) des von ihm für zutreffend erachteten Verkehrswerts ist. Bei einem Beteiligten iSd §
74a Abs. 1 [X.] kommt es darauf an, ob das [X.] unter 7/10 dieses Werts bleibt (vgl. [X.], [X.], 21. Aufl., § 74a Rn. 9.12; [X.], [X.], 6. Aufl., § 74a Rn. 45).

c) Eine Anpassungsverpflichtung kommt aber nur bei Vorliegen neuer Tatsachen in Betracht. Ist der [X.]sbeschluss nicht angegriffen worden, können von dem Vollstreckungsgericht deshalb nur Tatsachen berück-sichtigt werden, die nach Ablauf der Frist zur Einlegung der sofortigen Be-schwerde gegen den Beschluss eingetreten sind (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
Oktober 2003 -
[X.], NJW-RR 2004, 302, 303). Wird ein Be-schwerdeverfahren gemäß § 74a Abs. 5 Satz 3 [X.] durchgeführt, ist der Zeit-punkt entscheidend, bis zu dem das Beschwerdegericht Vorbringen der [X.]n bei seiner Entscheidungsfindung noch berücksichtigen muss. Maßgeblich ist insoweit der Erlass des Beschlusses. Ein nicht zu verkündender Beschluss ist erlassen, wenn das Gericht sich seiner in einer der Verkündung vergleichba-ren Weise entäußert hat, d.h., wenn er mit dem Willen des Gerichts aus dem inneren Geschäftsbetrieb herausgetreten ist (vgl. Senat, Urteil vom
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16. September 2016

[X.], [X.], 147 Rn. 12; [X.], Urteil vom 1.
April 2004

IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1574, 1575 unter [X.] 2a).

d) Nach
diesen Grundsätzen ist es entgegen der Auffassung des [X.] unerheblich, welche Zeit zwischen der Erstattung des [X.] und der Zuschlagserteilung verstrichen war und ob ein Zeitraum von knapp drei Jahren Anlass bietet, die [X.] zu überprüfen. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde gegen die [X.] des Vollstreckungsgerichts. Da das [X.] dieses Rechtsmittel mit Beschluss vom 30. November 2016 zu-rückgewiesen hat und der Beschluss jedenfalls nicht vor dem Beschlussdatum erlassen worden sein kann, hätten nur nach diesem

frühesten -
Zeitpunkt ein-getretene Wertveränderungen Anlass für das Vollstreckungsgericht bieten [X.], den Verkehrswert vor der Versteigerung und der Erteilung des Zuschlags anzupassen. Nur auf solche Wertveränderungen kann die Zuschlagsbeschwer-de gestützt werden.

e) Dass das Beschwerdegericht hiernach bei der Frage, ob eine Neube-wertung des Verkehrswertes durch das Vollstreckungsgericht veranlasst war, den falschen Zeitraum in den Blick genommen hat, verhilft der Rechtsbe-schwerde aber nicht zum Erfolg. Die Entscheidung des [X.] stellt sich im Ergebnis als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO), weil die Rechtsbe-schwerde eine erhebliche Wertsteigerung in dem Zeitraum von rund drei Mona-ten vom 30. November 2016 bis zur Erteilung des Zuschlags am 9. März 2017 nicht aufzeigt und eine solche auch sonst nicht ersichtlich ist. Weiterer [X.] bedarf es hierzu nicht.

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aa) Dass in dem von dem Schuldner vorgelegten Privatgutachten der des von dem Vollstreckungsgericht beauftragten Sachverständigen von Anfang an für falsch hielt, besagt zu der hier entscheidenden Frage der Änderung der tatsächlichen Umstände nach dem 30. November 2016 nichts. Entsprechendes gilt für den Hinweis in der Rechtsbeschwerde, der Preisindex für selbst genutz-tes Wohneigentum in [X.] sei gerade in den Jahren 2014 bis 2016 sprunghaft angestiegen, wie ein Blick auf die Daten des [X.] und den vorgelegten Mietspiegel für die [X.] [X.] der vergangenen Jahre zeige. Auf eine Wertsteigerung seit dem [X.] kommt es nicht an. Dass die Wertsteigerung in dem kurzen Zeitraum nach Erlass der Beschwerde-entscheidung und vor dem Zuschlag eingetreten ist, lässt sich dem Vorbringen des Schuldners nicht entnehmen.

[X.]) Die auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs. 1 GG) gestützte Verfahrensrüge des Schuldners, das Beschwer-degericht habe sein Vorbringen aus dem während des Beschwerdeverfahrens eingereichten Schriftsatz vom 17. April 2017 übergangen, rechtfertigt keine ab-weichende Beurteilung. Die Rüge ist unbegründet.

(1) Richtig ist, dass der Schuldner in dem erwähnten [X.] hat, der aktuelle Verkehrswert der zu [X.] Wohnung betrage i-nem Internetportal bezogen, in der eine in dem Erdgeschoss der [X.] belegene Wohnung zu angeboten wird.

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(2) Dass das Beschwerdegericht auf dieses Vorbringen nicht ausdrück-lich eingegangen ist, verletzt den Schuldner jedoch nicht in seinem Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG, weil es hierauf für die Frage der Begründetheit des Rechtsmittels nicht ankommt. Dies folgt bereits daraus, dass die Anfechtung des Zuschlags grundsätzlich nur auf Gründe gestützt werden kann, die im Zeit-punkt der Zuschlagsverkündung dem Vollstreckungsgericht vorgelegen haben (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juni 2013

[X.], NJW-RR 2014, 61 Rn.
19). Der Schriftsatz vom 17. April 2017 ist jedoch erst in dem Verlauf des Beschwerdeverfahrens und damit nach der Zuschlagserteilung eingereicht [X.]. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass das Verkaufsangebot auch ungeeignet ist, eine nach dem 30. November 2016 eingetretene Wertsteigerung der Wohnung des Schuldners zu belegen.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich, und so auch hier, nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Januar 2007 -
V [X.], [X.]Z 170, 378 Rn. 7).

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Der Gegenstandswert für die Gerichtsgebühren bestimmt
sich nach dem Wert des Zuschlags (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG). Die Wert-festsetzung für die anwaltliche Vertretung des Schuldners beruht auf § 26 Nr. 2 [X.] und diejenige für die Vertretung der Beteiligten zu 2 beruht auf § 26 Nr. 1 [X.]. Beide Werte sind gemäß § 22 Abs. 1 [X.] zu addieren (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 26 Rn. 28 mwN; AnwK-[X.]/Mock, 8. Aufl., Vor [X.] 3311, 3312 Rn. 10).

Stresemann
Schmidt-Räntsch
Weinland

Göbel
Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.03.2017 -
42 K 29/04 -

LG [X.], Entscheidung vom 25.04.2017 -
3 T 64/17 -

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Meta

V ZB 109/17

07.12.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2017, Az. V ZB 109/17 (REWIS RS 2017, 1082)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1082

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 37/10

V ZR 3/16

V ZB 7/12

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