Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. V ZB 252/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8109

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:070618BVZB252.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 252/17
vom

7. Juni 2018

in dem Rechtsstreit

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 7. Juni 2018
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und die Richter
Dr.
[X.] und Dr.
Hamdorf

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] zu 1 wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 8. November 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:

I.

Die Klägerin machte
als (ehemalige) Verwalterin einer Wohnungseigen-tümergemeinschaft in T.

ursprünglich gegen alle
[X.] als Gesamt-schuldner rückständige Hausgeldforderungen geltend. Die Beklagte zu 1, eine aus den [X.] zu 2 und 3 bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, war [X.] von zu dieser Gemeinschaft gehörenden Gewerbeeinhei-ten.
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Das Amtsgericht hat die von den [X.] zu 2 und 3 jeweils gegen [X.] eingelegten Einsprüche durch (zweites) [X.] verworfen und der Klage gegenüber der [X.] zu 1 mit [X.] vom 21. Oktober 2016 stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat der Prozessbe-vollmächtigte der [X.], Rechtsanwalt B.

, für die Beklagte zu 1 Beru-fung eingelegt und in der Berufungsbegründung mitgeteilt, dass die Beklagte zu 3 mit notarieller Vereinbarung vom 31.
März 2016 ihren Gesellschaftsanteil an der [X.] zu 1 einschließlich der Miteigentumsanteile an dem betreffenden Grundstück an den [X.] zu 2 übertragen habe. Zugleich hat er beantragt, das Rubrum auf Seiten der [X.] und Berufungsklägerin dahin zu berichti-gen, dass Partei des Rechtsstreits nunmehr der Beklagte zu 2 sei. Das [X.] hat die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen und die Kosten des Berufungsverfahrens Rechtsanwalt B.

auferlegt. Mit ihrer Rechtsbe-schwerde will die Beklagte
zu 1 die Aufhebung dieses Beschlusses und die [X.] an das [X.] erreichen.

II.

Das Berufungsgericht meint, die von Rechtsanwalt B.

für die Beklag-te zu
1 eingelegte Berufung sei unzulässig, weil dessen [X.] mit der [X.] von der [X.] zu 3 auf den [X.] zu 2 erlo-schen sei. Diese Abtretung habe zur Vollbeendigung der [X.] zu 1 ge-führt, da sich alle Gesellschaftsanteile in einer Hand vereinigt hätten. Die [X.] zu 1 habe daher zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung nicht mehr exis-tiert. Zwar erlösche eine erteilte Vollmacht nach § 672 BGB nicht automatisch mit dem Tod bzw. der Vollbeendigung des Vollmachtgebers. Diese [X.] gelte
aber nicht, wenn die Besorgung des Geschäfts nur für den lebenden 2
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bzw. noch existenten Auftraggeber Bedeutung habe. So liege es hier, weil die anwaltliche Vertretung in dem Rechtsstreit sich für die Beklagte zu 1 mit deren Vollbeendigung erledigt habe. Es stehe fest, dass weitere haftende Gesell-schafter nicht hinzutreten würden;
gegenüber den [X.] zu 2 und 3 lägen rechtskräftige [X.] über die gesamte Schuld vor.

Selbst wenn der Beklagte zu 2 durch die [X.] Gesamt-rechtsnachfolger der [X.] zu 1 geworden sein sollte, ändere dies an der Unzulässigkeit des Rechtsmittels nichts, da dieses ausdrücklich für letztere und nicht für den [X.] zu 2 eingelegt worden sei.

Die Kosten der Berufung seien dem [X.] handelnden Rechtsan-walt B.

aufzuerlegen. Ob dieser Regressansprüche gegen die [X.] zu 2 und 3 geltend machen könne, etwa weil er zu spät über die Vollbeendigung der [X.] zu
1 informiert worden sein sollte, könne offen bleiben.

III.

1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert. Gegen die Zulässigkeit im Übrigen erge-ben sich keine Bedenken, weil sich die Beklagte zu 1 gegen die prozessualen Folgerungen wendet, welche das Berufungsgericht aus ihrer fehlenden Partei-fähigkeit gezogen hat, und sie für diesen Streit als existent und parteifähig zu behandeln ist (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Mai 2010 -
II ZB 9/09, [X.], 1719 Rn. 3).
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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil
die angegriffene Entschei-dung von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht.

a) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die
[X.] zu 1 mit der Abtretung sämtlicher Gesellschaftsanteile der [X.] zu 3 an den [X.] zu 2 als einzigen weiteren Gesellschafter beendet wurde. Nach der Rechtsprechung des [X.] kann ein Gesellschafter [X.] Personenhandelsgesellschaft entsprechend § 142 HGB das Gesellschafts-unternehmen ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven übernehmen und wird hierdurch zum [X.] der mit der Übernahme aufgelösten Gesellschaft (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Juli 1967 -
II ZR 268/64,
[X.]Z 48, 203, 206; Senat, Urteil vom 9. Juli 1968 -
V [X.], [X.]Z 50, 307, 308). Ebenso erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wenn einer von zwei [X.] aus der Gesellschaft ausscheidet und sein Gesellschaftsanteil dem einzigen
verbleibenden Gesellschafter anwächst, der hierdurch zum [X.] wird (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Februar 2002

II
ZR
331/00, NJW 2002, 1207 unter 1.; [X.], Beschluss vom 31.
Mai 2010

II
ZB 9/09, [X.], 1719 Rn. 7). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn die Gesellschaft -
wie hier -
Eigentümerin eines Grundstücks ist; zur Um-schreibung des Eigentums auf den [X.] bedarf es in [X.] nicht der Auflassung an diesen, sondern nur der Berichtigung des Grundbuchs (vgl. Senat, Beschluss vom 24. November 1978 -
V [X.], WM
1979, 249).

b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, durch die Beendigung der [X.] zu
1 sei die Vollmacht ihres [X.] erloschen. Auf den Übergang des Vermögens einer Gesellschaft bürgerli-chen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft ohne Liquidation auf den 7
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letzten verbliebenen Gesellschafter sind die Regeln der §§ 239 ff., 246 ZPO und des § 86 Halbsatz 1 ZPO sinngemäß anzuwenden (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Februar 2002 -
II ZR 331/00, NJW 2002, 1207 unter 1. mwN). Danach ist die Rechtsanwalt B.

von der [X.] zu 1 erteilte [X.] ungeachtet des zwischenzeitlichen Erlöschens der [X.] zu 1 und der Rechtsnachfolge des [X.] zu 2 in ihr Aktiv-
und Passivvermögen als fort-bestehend anzusehen. Rechtsanwalt B.

war damit berechtigt, für die [X.] zu 1 Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts einzulegen.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts
stellt sich auch nicht aus an-deren Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Insbesondere war die Berufung der [X.] zu 1 nicht deshalb unzulässig, weil diese zum Zeitpunkt der Beru-fungseinlegung erloschen war und hierdurch ihre Parteifähigkeit verloren hatte. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Prozesspartei, deren Parteifä-higkeit in Streit steht, zur gerichtlichen Klärung dieser Frage als parteifähig zu behandeln ist. Eine nicht existente oder aus anderen Gründen parteiunfähige Partei kann Rechtsmittel
einlegen, um ihre Nichtexistenz oder anderweitig feh-lende Parteifähigkeit geltend zu machen oder um zu rügen, dass ihre Parteifä-higkeit vorinstanzlich zu Unrecht verneint worden ist ([X.], Beschluss vom 31.
Mai 2010 -
II ZB 9/09, [X.], 1719 Rn. 9 mwN). Ebenso kann sie das Rechtsmittel -
wie hier -
mit dem Ziel einlegen, ein anderes, ihrem Begehren entsprechendes [X.] zu erreichen (vgl. [X.], Beschluss vom 31.
Mai
2010 -
II ZB 9/09, aaO Rn. 11).
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IV.

Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Dieses wird nunmehr die von Rechtsanwalt B.

beantragte Rubrumsberichtigung (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 1. Dezember 2003 -
II ZR 161/02, [X.]Z 157, 151, 155; [X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl., § 246 Rn. 2b) vorzunehmen und sodann in der Sache über die von dem [X.] zu 2 als Rechtsnachfolger der [X.] zu
1 fortgeführte Berufung zu entscheiden haben.

[X.]

Weinland

[X.] Hamdorf
Vorinstanzen:

[X.], Entscheidung vom 21.11.2016 -
5 [X.]/15 WEG -

LG Koblenz, Entscheidung vom 08.11.2017 -
2 S 70/16 WEG -

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Meta

V ZB 252/17

07.06.2018

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. V ZB 252/17 (REWIS RS 2018, 8109)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8109

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