Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2012, Az. 2 StR 346/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 10238

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BUNDESGE[X.]ICHTSHOF

BESCHLUSS
2 St[X.] 346/11
vom
11.
Januar 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat am 11.
Januar 2012
beschlossen:

1.
Es wird festgestellt, dass der [X.] nicht ordnungsgemäß be-setzt ist.
2.
Die Hauptverhandlung
wird ausgesetzt.

Gründe:

Der [X.] ist nicht ordnungsgemäß besetzt. Der Geschäftsverteilungs-plan, mit dem Vorsitzender [X.] am [X.]
Dr. [X.] ab 1.
Januar
2012 dem 2. Strafsenat als Vorsitzender
zugewiesen ist, steht mit Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG nicht in Einklang. Das
hat der [X.], auch ohne dass eine ausdrückliche Besetzungsrüge vorliegt, von Amts wegen zu prüfen. Dies
führt zur Aussetzung der Hauptverhandlung.

I.
Die Stelle des Vorsitzenden des 2.
Strafsenats des [X.] ist seit dem ruhestandsbedingten Ausscheiden der vormaligen Vorsitzenden 1
2
-
3
-
zum 31.
Januar 2011 unbesetzt; der Geschäftsverteilungsplan weist seit diesem Zeitpunkt den Vorsitz
mit "N.N."
aus. Die Funktion des Vorsitzenden im [X.], dem im Hinblick auf eine voraussichtlich
längere Vakanz zum 1.
Februar 2011 als Ersatz für die ausgeschiedene Vorsitzende [X.] am [X.] Dr.
[X.] zugeteilt worden ist, hat vom 1.
Februar bis 31.
Dezember 2011 der stellvertretende Vorsitzende, [X.] am [X.] Prof.
Dr.
Fischer,
wahrgenommen.
Die Stelle des Vorsitzenden des 2.
Strafsenats ist weiterhin vakant. Der stellvertretende Vorsitzende dieses [X.]s, der sich neben anderen um diese Stelle beworben hat, hat die ihm erteilte Anlassbeurteilung angefochten und gegen die beabsichtigte Ernennung eines anderen Bewerbers Antrag auf einst-weiligen [X.]echtsschutz gestellt. Mit Beschluss vom 24.
Oktober
2011 hat [X.] das [X.] im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle zu besetzen, bevor [X.] am [X.] Prof.
Dr.
Fischer unter Beachtung der [X.]echtsauffassung des Gerichts neu [X.] worden ist. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Am 11.
Januar 2012 ist dem [X.] am [X.] Prof.
Dr.
Fischer eine neue Beurteilung ausgehändigt worden.
Das Be-setzungsverfahren, dessen weitere Dauer derzeit nicht absehbar ist,
kann
da-her seinen Fortgang nehmen.
Das Präsidium des [X.] hat am 15.
Dezember
2011 meh-rere Mitglieder des 2.
Strafsenats zu einer geplanten Änderung des Geschäfts-verteilungsplans für das Geschäftsjahr 2012 angehört und sodann diese Ände-rung beschlossen. Danach ist mit Wirkung vom 1.
Januar
2012
dem [X.] des 4.
Strafsenats, Vorsitzender
[X.] am [X.] Dr.
[X.], der zum 30.
Juni 2012 in den [X.]uhestand treten wird, auch der 3
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4
-
Vorsitz des 2.
Strafsenats übertragen worden; zugleich bestimmt der [X.], dass die Tätigkeit im 2.
[X.] Vorrang gegenüber der-jenigen im 4.
Strafsenat hat. [X.] am [X.] Prof.
Dr.
Schmitt, der bisher allein Mitglied des 2.
Strafsenats war, wurde mit jeweils 50% seiner Arbeitskraft dem 2. und 4.
Strafsenat zugewiesen.
Grund für diese Änderung des [X.] war, dass das Präsidium des [X.] eine weitere Wahrnehmung der Aufgaben des [X.]svorsitzenden durch den Stellvertreter im 2.
Strafsenat nicht mehr für zulässig hielt, weil es sich nach Ablauf von elf
Monaten der Vakanz nicht mehr um eine vorübergehende
Verhinderung im Sinne des §
21f Abs.
2 [X.].

II.
Der Geschäftsverteilungsplan, mit dem Vorsitzender [X.] am Bundes-gerichtshof Dr.
[X.] ab 1.
Januar
2012 zugleich dem 2.
und
dem
4. Straf-senat als Vorsitzender zugewiesen ist, steht nicht mit Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG in Einklang.
1.
Jeder Spruchkörper hat bei auftretenden Bedenken die Ordnungsmä-ßigkeit seiner Besetzung -
von Amts wegen
-
zu prüfen und darüber in eigener Verantwortung zu entscheiden (vgl. [X.] 95, 322, 330). Dies gilt [X.] vom Vorliegen eines Besetzungseinwands von Verfahrensbeteiligten. Dem steht
auch nicht die [X.]echtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
entgegen, wonach ein Geschäftsverteilungsplan solange als verbindlich anzusehen ist, bis seine [X.]echtswidrigkeit (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) festgestellt oder er anderweitig aufgehoben ist (vgl. BVerwGE 50, 11 ff.). Diese
bezieht sich
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5
-
allein auf die [X.]echtslage bei der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung eines [X.] durch [X.], die sich durch die Geschäftsverteilung in eigenen [X.]echten verletzt sehen. Es entbindet deshalb
die Fachgerichte im [X.]ahmen der ihnen obliegenden Pflicht zur Justizgewährung
nicht davon,
die [X.]echtmäßigkeit ihrer Besetzung jeweils eigenständig zu prüfen und darüber zu entscheiden
(vgl. [X.], 900). Denn ein gesetzwidrig besetztes Gericht ist nicht zur Sachentscheidung berufen (vgl. etwa auch §
338 Nr.
1 StPO).
Zu beachten ist freilich, dass die Überprüfung von [X.] im Hinblick auf deren [X.]echtsnatur Grenzen unterliegt. Geschäftsvertei-lungspläne werden vom Präsidium eines Gerichts in Wahrnehmung der ihm nach §
21e [X.] übertragenen Aufgabe in richterlicher Unabhängigkeit be-schlossen (vgl. [X.], 147, 148 f). Die Verteilung der richterlichen Aufgaben liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Präsidiums, dem dabei ein weiter Ein-schätzungs-
und Prognosespielraum eingeräumt ist. Dieser ist nach ständiger [X.]echtsprechung der Verwaltungsgerichte erst überschritten, wenn für die Ent-scheidungen kein sachlicher Grund ersichtlich ist und die Verteilung der Ge-schäfte maßgeblich durch sachfremde Erwägungen geprägt,
also die Grenze zur objektiven Willkür überschritten ist (vgl. BVerwG
NJW 1982, 2274; s. auch [X.] NJW 2008, 909). Dies führt naturgemäß dazu, dass der [X.] insoweit nur einer beschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, die sich nicht darauf zu erstrecken hat, ob sich die getroffene [X.]egelung als die zweckmäßigste darstellt oder sich bessere Alternativen angeboten hätten.
Davon unberührt bleibt aber die Prüfung, ob im [X.]ahmen des Geschäfts-verteilungsplans der Grundsatz des
gesetzlichen [X.]s nach Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG mit seinen Gewährleistungen hinreichende Beachtung gefunden hat (vgl. [X.] 95, 322, 330).
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-
2.
Schon angesichts des eingeschränkten [X.] stellt der [X.] die Ausgangsüberlegung
des Präsidiums, der Vorsitz im 2.
Strafsenat könne nach elf Monaten der Vakanz nicht länger von dem geschäftsplanmäßi-gen Vertreter wahrgenommen werden, nicht in Frage. Die Ansicht, es liege an-gesichts der Dauer des Besetzungsverfahrens eine nicht nur vorübergehende Verhinderung des Vorsitzenden vor, die eine Vertretung durch den Stellvertreter gemäß §
21f Abs.
2 Satz
1 [X.] nicht mehr erlaube, ist nach [X.] zwar nicht zwingend, aber jedenfalls vertretbar und ersichtlich frei von [X.] (vgl. hierzu [X.], 154; [X.], 47; BVerwG NJW 2001, 3493; BSG NJW 2007, 2717).

Soweit der [X.] anderer Auffassung ist und im Falle einer Vakanz bei Durchführung eines gesetzlich geregelten Konkurrentenstreitverfahrens, an dessen Ende -
anders etwa als bei unabsehbarer Erkrankung, die auch mit dauernder
Dienstunfähigkeit enden kann
-
in jedem Fall eine Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erfolgt, in der [X.]egel eine nur vorübergehende Verhin-derung des Vorsitzenden annehmen will, steht dies zu der Entscheidung des Präsidiums und zu den genannten Entscheidungen anderer Bundesgerichte nicht in Widerspruch. Die zitierte [X.]echtsprechung
hat eine solche [X.] nicht zum Gegenstand, ist
einzelfallbezogen ergangen und wollte ausdrück-lich starre Fristen und allgemein geltende [X.]egeln für die Auslegung des Begriffs der "vorübergehenden"
Verhinderung im Sinne von §
21f Abs.
2 [X.] nicht auf-stellen. Zudem besteht in der zugrundeliegenden Konstellation, in der Gerichte zur Klärung von im Zusammenhang mit der eingeleiteten Stellenbesetzung ent-standenen [X.]echtsfragen aufgerufen sind, nicht die Gefahr, die Exekutive könne durch [X.] oder sachlich nicht begründetes Zuwarten mit der Stellen-besetzung Einfluss auf die konkrete Besetzung des Gerichts nehmen (vgl. [X.] 18, 423, 426; [X.] NJW 1986, 1326).
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7
-
Gegenstand der Prüfung durch den [X.] ist daher
nicht etwa die Frage, ob das Präsidium überhaupt hätte tätig werden können oder müssen, sondern allein, ob die aufgrund der vom Präsidium vertretbar angenommenen Pflicht zum Tätigwerden konkret getroffene
Entscheidung, den 2. und den 4. Straf-senat des [X.] mit demselben [X.] als Vorsitzenden
zu be-setzen, mit Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG in Einklang steht.
3.
Art.
101
Abs.
1
Satz
2
GG gewährleistet das [X.]echt auf den gesetzli-chen [X.]. Ziel der Verfassungsgarantie ist es, der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorzubeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung beru-fenen [X.] eröffnet sein könnte ([X.] 95, 322, 327). Damit
sollen die Unabhängigkeit der [X.]echtsprechung gewahrt und das Vertrauen der [X.] und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Ge-richte gesichert werden. Deshalb verpflichtet Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG [X.] den Gesetzgeber dazu, eine klare und abstrakt-generelle [X.]sordnung zu schaffen, die für jeden denkbaren Streitfall im Voraus den [X.]ich-ter bezeichnet, der für die Entscheidung zuständig ist. Normen, die gerichtliche Zuständigkeiten bestimmen, sind so zu fassen, dass aus ihnen der im Einzelfall zuständige [X.] möglichst eindeutig erkennbar wird. Das Gebot der normati-ven [X.] wendet sich aber auch an die Judikative, die neben den Organen von Legislative und Exekutive ebenfalls Adressat der Garantie
des Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG ist ([X.] 82, 286, 298). Daher sind sowohl das Präsidium eines Gerichts beim Beschluss der [X.] als auch die gerichtlichen Spruchkörper in ihren Mitwirkungsregelungen von Ver-fassungs
wegen gehalten, hinreichend bestimmte [X.]egelungen zur [X.] des einzelnen [X.]s zu schaffen.

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-
Nach ständiger [X.]echtsprechung des [X.] hat Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG darüber hinaus einen materiellen
Gewährleistungs-gehalt. Die Verfassungsnorm garantiert, dass der [X.]echtssuchende im Einzelfall vor einem [X.] steht, der unabhängig und unparteilich ist und die [X.] und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet ([X.] 82, 286, 298; 89, 28, 36). Der Normgeber einer Zuständigkeits-
oder Beset-zungsregelung hat deshalb Vorsorge dafür zu treffen, dass die [X.]bank im Einzelfall mit [X.]n besetzt ist, die dem zur Entscheidung anstehenden Streitfall mit der erforderlichen professionellen Distanz gegenüberstehen und ihr Amt in inhaltlicher Unabhängigkeit sachgerecht ausüben können.
Art. 101
Abs.
1
Satz
2
GG ist somit nicht nur als formale Bestimmung zu verstehen, die schon erfüllt ist, wenn die [X.]zuständigkeit abstrakt-generell für alle anhängig werdenden Verfahren geregelt ist. "Ungesetzlich"
ist auch der-jenige [X.], der in seiner Person nicht den materiellen Anforderungen des Grundgesetzes entspricht
(vgl. [X.] 82, 286, 298).
a) Der vom Präsidium des [X.] mit Wirkung ab 1.
Januar 2012 beschlossene Geschäftsverteilungsplan, durch den dem Vorsitzenden [X.] am [X.] Dr.
[X.] der Vorsitz in zwei [X.] zugleich übertragen worden ist, scheint auf den ersten Blick dem Gebot der normativen [X.] zu genügen. Zwar fehlt -
anders als bei [X.] am [X.] Prof.
Dr.
Schmitt, der beiden [X.]en jeweils mit der Hälfte seiner Arbeitskraft zugewiesen ist
-
eine ausdrückliche Bestimmung dar-über, wie die Arbeitskraft des Vorsitzenden [X.]s am [X.] Dr.
[X.] auf die [X.]e zu verteilen ist. Bei Auslegung der getroffenen [X.]egelungen für den 2. und 4. Strafsenat ergibt sich aber, dass ihm -
ohne dass es insoweit auf die Frage der Verteilung seiner Arbeitskraft ankäme
-
jeweils allein und eigenverantwortlich, somit in vollem Umfang, die Wahrnehmung des 15
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-
Vorsitzes in beiden [X.]en obliegt. Damit erfährt die Zuweisung des [X.] im Ausgangspunkt eine hinreichend bestimmte [X.]egelung, die auch in der Vergangenheit -
etwa bei zusätzlicher Übertragung eines Vorsitzes in einem Spezialsenat
-
verfassungsrechtlich unbeanstandet geblieben ist.
Zu berücksichtigen ist hier freilich die Besonderheit, dass dem [X.] [X.] am [X.] Dr.
[X.] der Vorsitz in zwei voll ausge-lasteten [X.] des [X.] übertragen worden ist, die für sich, wie bisher unbezweifelt geblieben ist, jeweils die volle Arbeitskraft eines Vorsitzenden [X.]s beanspruchen. Daher könnten Zweifel aufkommen, wie der im Geschäftsverteilungsplan vorgesehene, allerdings nicht näher erläuterte Vorrang des Vorsitzes im 2.
Strafsenat zu verstehen ist und ob er dem Gebot der normativen [X.] hinsichtlich gleichzeitiger Anforderungen durch den 2.
und 4.
Strafsenat entspricht. Denn es liegt auf der Hand, dass es im Geschäftsablauf zweier Strafsenate -
bezogen auf den Vorsitz
-
ständig zu Kollisionen hinsichtlich unterschiedlicher zu erfüllender Aufgaben kommen kann. Dies gilt unabhängig davon, dass beide [X.]e in ihren [X.] jeweils alternierende Beratungswochen vorgesehen haben. Gleichwohl können Organisations-
und Verwaltungsangelegenheiten, Bera-tungs-
und Verhandlungstermine des einen [X.]s zeitgleich mit Aufgaben im anderen [X.] zusammentreffen. Ob jede Form einer dienstlichen Beanspru-chung im 2.
Strafsenat, etwa auch die Auslastung mit [X.], es rechtfertigt, die Wahrnehmung des Vorsitzes im 4.
Strafsenat zurück-zustellen, lässt sich der Vorrangregelung nicht eindeutig entnehmen; diese könnte auch auf [X.] hinsichtlich aller oder einzelner richterlicher Aufgaben beschränkt sein.
Insoweit spricht [X.] dafür, dass im Geschäftsverteilungsplan ein vermeidbarer Spielraum verbleibt, weil er offen lässt, in welchen Fällen mögli-18
19
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-
cher dienstlicher Verhinderung im 2.
Strafsenat die richterliche Tätigkeit im 4.
Strafsenat zurücktreten darf. Der [X.] braucht dies nicht zu entscheiden, da nach seiner Ansicht die Übertragung eines Doppelvorsitzes jedenfalls mit der materiell-rechtlichen Gewährleistung des Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG nicht in Einklang zu bringen ist.
b) Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG stellt -
wie oben dargelegt
-
materielle An-forderungen an den gesetzlichen [X.], die auch das Präsidium bei der Auf-stellung seiner [X.] zu beachten hat. Nur der neutrale, unparteiliche und unabhängige [X.] ist "gesetzlicher [X.]"
im Sinne der Verfassungsnorm. Herausragende Bedeutung kommt dabei der durch Art.
97 GG geschützten Unabhängigkeit des [X.]s zu, die ihrerseits nicht nur zu den grundlegenden verfassungsgestaltenden Strukturprinzipien des Grundgesetzes zählt, sondern vor allem auch notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs ist (vgl. Papier NJW 1990, 8, 9). [X.] garantierter effektiver [X.]echtsschutz ist (unter anderem) nur durch sachlich und persönlich unabhängige [X.] möglich. Aus diesem Grund sind sie [X.] unabsetzbar und unversetzbar ([X.] 14, 156, 193; 17, 252, 259).
Darin aber erschöpft sich die Gewährleistung der richterlichen Unabhän-gigkeit nicht; sie fordert auch Minimalbedingungen für die freie Ausübung der richterlichen Tätigkeit. So wenig ein [X.] durch Maßnahmen der Geschäfts-verteilung aus seinem Amt verdrängt werden darf (vgl. [X.] 17, 252, 259; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 28.
November 2007 -
2 Bv[X.] 1431/07
-
NJW 2008, 909), indem ihm durch den [X.] praktisch kaum noch Aufgaben zugewiesen werden, so wenig darf er mit unerfüllbaren Aufgaben beauftragt
werden, indem ihm ein Pensum auferlegt wird, das sich in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt (vgl. [X.], Urt. vom 3.
Dezember 2009 -
[X.]iZ([X.]) 1/09
-
juris). Eine sichere oder auch nur in Kauf 20
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11
-
genommene dauerhafte Überlastung eines [X.]s beeinträchtigt ohne [X.] die gleichmäßige Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs der [X.]echtssuchenden (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
November 2005 -
1 A 494/05
-
juris) und stellt damit die Unabhängigkeit des [X.]s bei der Erledigung
der ihm übertragenen Aufgaben in Frage (vgl. [X.], 211
ff.).
Maßgeblich für die Beurteilung, ob das übertragene Pensum sich (noch) sachgerecht erledigen lässt, ist ein [X.] Maßstab. Es ist nicht auf die individuelle Belastbarkeit des einzelnen [X.]s abzustellen (vgl. [X.], Urt. vom 3.
Dezember 2009 -
[X.]iZ([X.]) 1/09
-
juris), erst [X.]echt nicht darauf, ob ein [X.] bereit und subjektiv willens ist, ein beliebiges, gegebenenfalls weit überdurchschnittliches Pensum zu leisten. Vielmehr
ist zu fragen, ob es sich um ein Arbeitspensum handelt, das sich allgemein -
nach der Lebenserfahrung, den für Fälle der betreffenden Art üblichen Maßstäben und den Anforderungen, welche an [X.] in der entsprechenden Funktion nach allgemeiner Erfahrung
gestellt werden können
-
auf Dauer erledigen lässt, oder ob es diese Grenze überschreitet.
Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass ein [X.] -
obgleich er [X.] festen Arbeitszeitregelung unterliegt
-
nicht zur
zeitlich unbegrenzten
Erfül-lung dienstlicher Angelegenheiten verpflichtet ist. Seine Arbeitsleistung
orien-tiert sich unter Beachtung dienstlicher Notwendigkeiten, die vorübergehend ei-nen höheren Arbeitseinsatz erfordern können, an der für Beamte geltenden [X.]e-gelarbeitszeit und an dem von [X.]n in vergleichbarer Position in dieser Zeit geleisteten Arbeitspensum ([X.], 211 ff.). Nur im [X.]ahmen dieser Ver-pflichtung ist er zur Wahrnehmung dienstlicher Belange verpflichtet; nur in [X.] [X.]ahmen kann auch der [X.]echtssuchende davon ausgehen,
dass der [X.]ich-22
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-
12
-
ter seinen Teil zur Erfüllung des grundrechtlich garantierten Justizgewährungs-anspruchs beiträgt.
c) Legt man diesen Maßstab zugrunde, stellt sich die Frage, ob die Über-tragung eines Doppelvorsitzes in zwei [X.] des [X.] ein Arbeitspensum beinhaltet, das sich nach [X.] Betrachtung sach-gerecht von einem Vorsitzenden so bewerkstelligen lässt, dass der [X.] rechtsuchender Beschwerdeführer dadurch nicht beein-trächtigt wird. Der [X.] verneint dies.
[X.]) Für diese Einschätzung ist es nicht entscheidend, wie an anderen Bundesgerichten verfahren wird. Sowohl die Arbeitsweise wie auch die tatsäch-liche Belastungssituation an den verschiedenen Bundesgerichten mit jeweils unterschiedlichen Verfahrensordnungen weichen so stark voneinander ab, dass aus der Handhabung dort (zwingende) [X.]ückschlüsse auf die [X.] in den [X.] des [X.] nicht gezogen werden können. So können sich sowohl aus der von einem [X.] zu bearbeitenden Anzahl von Verfahren als auch aus der konkreten Bearbeitungsweise erhebliche Unter-schiede ergeben. Die Arbeit der Strafsenate des [X.] ist dadurch geprägt, dass der weitaus größte Teil der Verfahren -
mehr als 90%
-
im Beschlussverfahren nach §
349 Abs.
1 bis 4 StPO erledigt werden. In diesen
Verfahren werden die Sachen nicht vorvotiert, sondern vom Berichterstatter in der Beratung vorgetragen. Dies stellt an die Leitungs-
und Überwachungsfunk-tion des Vorsitzenden hohe Anforderungen, die nicht dadurch umgangen oder gemindert werden können, dass durch Bestellung eines "Zweitberichterstatters"
das so genannte "Vier-Augen-Prinzip"
ohne Beteiligung des Vorsitzenden ge-wahrt wird.
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-
13
-
Eine sachgerechte Ausübung der Leitungsfunktion durch den [X.] -
als regelmäßig besonders erfahrenen, qualifizierten und leistungsstarken [X.]
-
setzt voraus, dass dieser die im [X.] zu entscheidenden Fälle kennt, die inmitten stehenden [X.]echtsprobleme wahrnimmt und überdenkt, mögliche Lösungen ins
Auge fasst und die Beratung ggf. entsprechend lenkt (zum nor-mativ begründeten richtungsweisenden Einfluss des Vorsitzenden auf die [X.]echtsprechung, die sich auch auf seine Vorbereitung auszuwirken hat; vgl.
[X.] NJW 2009, 931; s. auch [X.] NJW 2004, 3482). Dies ist ohne vertiefte Fallkenntnis nicht möglich; entsprechende Kenntnisse können dem [X.] auch nicht zuverlässig durch bloßen mündlichen Vortrag eines anderen
[X.]s
in einem Maß vermittelt werden, das eine inhaltliche "Leitung"
der Be-ratung
ermöglicht.
[X.] der Tätigkeit der Strafsenate des [X.] ist die rechtli-che Überprüfung schriftlicher, oft umfangreicher Urteilsgründe anhand ebenfalls schriftlicher -
teilweise sehr umfangreicher, komplexer und differenzierter, oft auch wenig strukturierter
und problematisch abgefasster
-
[X.]evisionsschrift-sätze. Diese Aufgabe kann sachgerecht nur erfüllt werden, wenn die in den sog. "[X.]sheften"
-
die mitunter viele hundert Seiten umfassen können
-
enthalte-nen [X.]evisionsunterlagen sorgfältig durchgearbeitet werden. So verlangt bei-spielsweise oft schon die Auslegung von -
umfangreichen
-
[X.]evisionsrügen und das Erkennen von darin enthaltenen [X.]echtsproblemen eine vertiefte Kenntnis der Problematik oder lang zurück reichender [X.]echtsprechungs-Entwicklung. All dies kann dem Vorsitzenden nicht durch den Vortrag eines -
unter Umständen weniger erfahrenen
-
Berichterstatters vermittelt werden.

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14
-
bb) Unerheblich für die hier zu entscheidende Konstellation ist auch, dass an Landgerichten, auch an
Oberlandesgerichten, ein Doppel-
oder sogar [X.] durchaus vorkommt
(vgl. etwa [X.]St 8,
17; [X.] MD[X.] 1966, 1023; [X.]. [X.] StV 2003, 11; [X.], [X.], 241; s. auch die einen Sonderfall betreffende Entscheidung [X.] NJW 1967, 1566, 1567
=
[X.]Z 47, 289 in Widerspruch zu [X.]Z 37, 210 und ohne [X.] auf eine tatsächliche Belastung des Vorsitzenden).
Grundlage dafür ist, dass an diesen Gerichten häufig Spruchkörper ge-bildet sind oder von Gesetzes wegen zu bilden sind, denen
in der gerichtlichen Praxis nur eine geringe Geschäftsaufgabe zufällt. Das kann
im Bereich der Strafrechtspflege etwa Auffangkammern
oder
Strafkammern für besondere Ge-schäftsaufgaben nach §§
74 Abs. 2, 74a, 74b, 74c [X.]
betreffen. In solchen Spruchkörpern
kann ein Vorsitzender [X.] den Vorsitz je nach konkretem Zuschnitt mit einem so geringen Teil seiner gesamten Arbeitskraft ausfüllen, dass er daneben noch einen anderen Vorsitz wahrnehmen kann.
Dies ist in den [X.] des [X.] nicht der Fall. Diese sind sämtlich voll ausgelastet. Der 4.
Strafsenat hatte im Jahr 2011 682 Neu-eingänge, der 2.
Strafsenat 623, zusätzlich 325 Beschwerden und Gerichts-standsbestimmungen. Der 4.
Strafsenat ist für das Geschäftsjahr 2012 für die OLG-Bezirke
[X.]ostock und S[X.]rbrücken entlastet worden; dies wird zu einer [X.]eduzierung der [X.] um ca. 120 [X.]evisionen führen.
[X.]) Für die Beurteilung des [X.]s ist auch die individuelle Leistungsfä-higkeit und Leistungsbereitschaft des Vorsitzenden [X.]s am Bundesge-richtshof Dr.
[X.] nicht entscheidungserheblich. Dies entspricht der [X.]echtsprechung des [X.] zur Beurteilung des Leistungsverhal-tens von [X.]n, ergibt sich aber auch aus Folgendem:
28
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-
Abgesehen davon, dass sich eine formelle Dokumentation seiner Leis-tungsbereitschaft weder im Geschäftsverteilungsplan noch in den [X.] der betroffenen [X.]e noch an anderer Stelle findet, sind schon im Vorfeld der Änderung
der Geschäftsverteilung zum 1.
Januar 2012, aber auch danach Gestaltungsmöglichkeiten
erörtert worden, die zu einer [X.]eduzie-rung der Arbeitslast des Vorsitzenden führen können. Umfang und Ausmaß dessen, was der Vorsitzende über seine rechtliche Verpflichtung hinaus zu leis-ten bereit und imstande ist, können
aber auf diese Weise insbesondere aus Sicht des rechtssuchenden Bürgers im Voraus weder bestimmt noch auch nur erkannt werden. Der Umfang überobligatorischer Arbeitsleistung bis an die Grenze des Möglichen kann jederzeit -
aus beliebigen Gründen
-
eingeschränkt oder verändert werden, ohne dass ihre Erfüllung von dem Vorsitzenden recht-lich verlangt werden oder er auch nur zu einer verbindlichen Auskunft angehal-ten werden könnte.
[X.]) Die Übertragung eines Doppelvorsitzes bei zwei [X.] des [X.] stellt
ein Arbeitspensum dar, das dem Vorsitzenden -
unabhängig von seiner konkreten
Person
-
nicht mehr die verantwortungsvolle Ausübung der richterlichen Tätigkeit in beiden [X.]en ermöglicht (vgl. zum gleichzeitigen Vorsitz in mehreren Strafkammern beim Landgericht [X.]St 2, 71, 73, wo der [X.] aber -
wie bei [X.]St 8, 17, 18
-
nicht auf die damit ver-bundene Belastung des Vorsitzenden und den Einfluss auf dessen Unabhän-gigkeit, sondern auf dessen fehlenden
richtungsgebenden Einfluss zur Leitung
der Spruchkörper abstellt). Das gilt auch unter Berücksichtigung von denkba-ren, rechtlich zulässigen Entlastungen. Dies führt zu einer die Unabhängigkeit beeinträchtigenden Überbelastung und dazu, dass der überbelastete Vorsitzen-de [X.] nicht mehr der "gesetzliche [X.]"
im Sinne von Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG ist. Mit der Übertragung eines weiteren Vorsitzendenamts wird dem [X.] -
ungeachtet der konkreten Belastung im einzelnen [X.]
-
ein über 32
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16
-
dem bisherigen Maß voller Belastung liegendes Arbeitspensum auferlegt, das sich nicht nur gegenüber früherer Belastung, sondern auch im Verhältnis zu anderen Vorsitzenden von [X.] beim [X.] im Januar 2012 einer doppelten Belastung annähern dürfte. Es ist bislang nicht in Frage gestellt worden, dass bereits die Leitung eines Strafsenats beim Bundesge-richtshof die Arbeitskraft eines Vorsitzenden im Wesentlichen ausschöpft.
Es liegt demnach auf der Hand, dass der gleichzeitige Vorsitz in zwei voll belasteten [X.] nicht ohne gravierende, den [X.] substanziell einschränkende Qualitätseinbußen ausgeübt werden kann. Dies gilt auch, soweit man davon ausginge, dass Vorsitzender
[X.] am Bun-desgerichtshof Dr.
[X.] durch die Vorrangregelung zu Gunsten des 2.
Strafsenats im Ergebnis eine bis zu 25% reichende Entlastung der Aufgaben im 4. Strafsenat (vgl. [X.]Z 37, 210, 216; zur möglichen Vertretung auch [X.]St 28, 290, 293) erfahren könnte (insoweit allerdings fraglich; vgl. dazu [X.]. [X.] StV 2003, 11, wonach
dann, wenn dem Vorsitzenden ei-nes Spruchkörpers zusätzliche Aufgaben -
insbesondere der Vorsitz in einem weiteren Spruchkörper
-
übertragen werden, die er in Folge ohnehin [X.] voraussehbar nicht erbringen kann, in Bezug auf die zu-sätzlichen Aufgaben ein Fall der Verhinderung nach §
21f Abs.
2 [X.] nicht vorliegen soll). Auch ein Arbeitspensum, das "nur"
175% desjenigen eines durchschnittlichen Vorsitzenden [X.]s ausmacht, ist ohne eine exorbitante Steigerung der Arbeitsleistung nicht zu bewältigen. Ein solches Maß an [X.] schuldet der [X.], wenn überhaupt, allenfalls bei ganz beson-derer, nicht vorhersehbarer dienstlicher Notwendigkeit, und dies auch nur "vo-rübergehend". [X.] ist er aber verpflichtet, planmäßig und für einen län-geren Zeitraum, der hier angesichts der Unabsehbarkeit des Besetzungsverfah-rens bis zu sechs Monaten (bis zur Pensionierung des Vorsitzenden [X.]s 34
-
17
-
am [X.] Dr.
[X.]) dauern kann, gleichzeitig nahezu zwei volle Stellen als Vorsitzender auszufüllen.
ee) Ein anderes Ergebnis könnte sich ergeben, wenn es -
rechtlich zu-lässig im Hinblick auf Aufgaben und Funktion eines Vorsitzenden [X.]s
-
Möglichkeiten gäbe, ihn ohne Beeinträchtigung des [X.]s von gewissen Aufgaben freizustellen, um ihm so Freiräume für den gleichzeitigen Vorsitz in zwei [X.]en des [X.] zu schaffen. Be-reits im Vorfeld der Änderung der Geschäftsverteilung zum 1.
Januar
2012, ins-besondere auch im [X.]ahmen der Anhörung durch das Präsidium am 15. [X.], sind mögliche organisatorische Maßnahmen erörtert worden, die zu einer [X.]eduzierung der Arbeitslast des Vorsitzenden führen und es ihm so überhaupt erst ermöglichen könnten, den Vorsitz in zwei [X.] zugleich zu führen (weil Einigkeit bestand, dass eine Verdopplung der Arbeitsleistung durch Leitung von zwei [X.]en mit insgesamt mehr als 1.300 [X.]evisionssachen im Jahr nicht möglich ist, wenn nach "normalen"
[X.]egeln gearbeitet werde). Der [X.] sieht solche Möglichkeiten nicht. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus einem teilweisen Verzicht auf das Studium des [X.]evisionsheftes (vgl. schon oben).

Nach § 21f Abs.
1 [X.] führt der Vorsitzende [X.] in den [X.]s-spruchkörpern den Vorsitz, er nimmt prinzipiell an allen Verfahren teil. Der [X.] leitet die Beratung, er stellt die Fragen und sammelt die Stimmen (§
194 Abs.
1 [X.]). Er übernimmt in der [X.]egel keine eigenen Berichterstattun-gen und beschränkt sich regelmäßig -
ohne besondere Gestaltung in einzelnen Verfahren
-
darauf, durch die Leitung von Beratung und Hauptverhandlung die Einheitlichkeit der [X.]echtsprechung des [X.]s sicherzustellen.

35
36
-
18
-
Die Begleitung und Kontrolle des Berichterstatters durch den [X.] erweist sich als notwendig, um einen grundrechtlich garantierten effektiven [X.]echtsschutz durch den erforderlichen substanziellen Zugriff auf die inmitten stehenden [X.]echtsfragen sicherzustellen. Würde man hierauf verzichten, so [X.] das Amt eines [X.]svorsitzenden insgesamt überflüssig, da es auf
eine "Lenkung der [X.]echtsprechung"
durch einen besonders qualifizierten [X.] nicht mehr ankäme.
Daher hat sich in langjähriger Praxis des [X.] ein bisher auch nicht in Frage gestelltes Verständnis herausgebildet, wonach es selbst-verständliche Pflicht eines Strafsenatsvorsitzenden ist, selbst jedes [X.]sheft zu lesen und sich aufgrund dessen eine (der Auffassung des Berichterstatters gegenüberzustellende und in die [X.]echtsprechung des [X.]s einzuordnende) Ansicht von den in dem jeweiligen Verfahren anfallenden [X.]echtsfragen zu [X.]. Eine Delegation dieser Aufgabe, etwa an den stellvertretenden [X.] oder an einen Zweitberichterstatter, verträgt sich mit einem solchen
Ver-ständnis nicht; die Lektüre etwa der Zuschriften des [X.] kann zwar einen allgemeinen Überblick über die inmitten stehenden [X.]echtsfra-gen verschaffen, keinesfalls aber die eigene Kenntnis des [X.]shefts erset-zen.
Zudem wäre eine Selbststeuerung der Arbeitslast durch den [X.] [X.] auch
kein legitimer Grund für ein daran orientiertes Verständnis von Zuständigkeits-
oder Mitwirkungsregeln (vgl. [X.] 54, 277, 295). Die [X.] der Kontrolle und damit des
gerichtlichen [X.]echtsschutzes in Strafsachen mit ihrer hohen Eingriffsintensität hängt mangels Kenntnis der [X.]evisionsunter-lagen der übrigen Mitglieder des [X.]s in [X.] stark von der Maßstabslenkung und Erörterungsleitung durch den Vorsitzenden ab. Die Kenntnis des in den Akten zugrunde liegenden Streitstoffs ist und bleibt ange-37
38
39
-
19
-
sichts der derzeitigen Handhabung grundsätzlich vom [X.] geforderte und damit rechtst[X.]tlich unabdingbare Voraussetzung für die Leitung und Führung eines Strafsenats beim [X.] (vgl. auch [X.] [X.], 241
zur Wahrnehmung eines Vorsitzes bei einem Verwaltungsgerichtshof, bei dem -
nicht zuletzt im Interesse einer sachgerech-ten und verantwortungsvollen Ausübung der Leitungsfunktion
-
von einem [X.]n die Übernahme von [X.] erwartet wird).
d) Dieses Ergebnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die vom Präsidium des [X.] beschlossene Einrichtung eines Dop-pelvorsitzes in der vorliegenden Form als einzig denkbare Lösung des oben unter Ziff. II. 2 dargestellten Problems in Betracht käme. Dies ist nämlich nicht der Fall. Vielmehr sind Alternativen denkbar, die bei entsprechender Ausgestal-tung nicht Gefahr laufen, mit Art.
101 Abs.
1 Satz
2
GG voraussichtlich in [X.] zu geraten. Dies könnte etwa eine vorübergehende Verkleinerung der Ge-schäftsaufgabe des
2.
und/oder 4.
Strafsenats auf ein Maß sein, welches einen Doppelvorsitz ermöglicht. Denkbar wäre auch eine Zuweisung des [X.] des 4.
Strafsenats allein an den 2.
Strafsenat -
unter Inkaufnahme einer vorübergehenden Vakanz im 4.
Strafsenat
-; schließlich, auf der Grundlage der [X.]smeinung zu §
21f Abs.
2 [X.], auch eine weitere Fortführung der [X.].

III.
Die Feststellung der Unvereinbarkeit der Geschäftsverteilungsregelung mit Art.
101 Abs.
1 Satz
2
GG, die nicht gemäß Art.
100 Abs.
1 GG zur Vorlage an das [X.] zwingt, hat der [X.] von Amts wegen zu berücksichtigen. Sie führt zur Aussetzung der [X.]evisionshauptverhandlung, um 40
41
-
20
-
dem Präsidium Gelegenheit zu geben, eine mit der Verfassung in Einklang ste-hende [X.]egelung herbeizuführen.

[X.]

Fischer

Krehl

Eschelbach

Ott

Meta

2 StR 346/11

11.01.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2012, Az. 2 StR 346/11 (REWIS RS 2012, 10238)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10238

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 328/11

3 StR 235/11

3 StR 208/11

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