Bundessozialgericht, Urteil vom 01.12.2016, Az. B 14 AS 34/15 R

14. Senat | REWIS RS 2016, 1526

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - statthafte Klageart - Anfechtungs- und Verpflichtungsklage - Grundsicherung für Arbeitsuchende - abschließende Entscheidung nach § 328 Abs 3 SGB 3 - maßgebende Rechtslage - Einkommensberücksichtigung - Einkommen aus selbstständiger Arbeit - Betriebsausgaben - Kosten für die Nutzung eines Kfz - überwiegende betriebliche Nutzung - Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht)


Leitsatz

Dass die Kosten für den Unterhalt eines Kraftfahrzeugs bei überwiegend privater Nutzung von der Absetzung als betriebliche Ausgabe bei Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit ausgenommen sind, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird der Beschluss des [X.] vom 6. August 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe der abschließend festzustellenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] unter Berücksichtigung insbesondere von Aufwendungen für die Pkw-Nutzung bei selbständiger Arbeit für die [X.] vom 1.3. bis zum 31.8.2010.

2

Das beklagte Jobcenter bewilligte den verheirateten Klägern zu 1) und 2) und ihrem mit ihnen im Haushalt lebenden damals 19-jährigen [X.], dem Kläger zu 3), für den streitbefangenen [X.]raum vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv monatlich 863,49 [X.] unter Berücksichtigung des von der Klägerin zu 2) bezogenen Alg iHv monatlich 527,40 [X.] und von Einkommen des [X.]es als Auszubildender (Bescheid vom [X.]). Nachdem der Kläger zu 1), ein selbständiger Bauingenieur mit Büro in der gemeinsamen Wohnung, eine Übersicht über seine Einnahmen und Ausgaben im streitbefangenen [X.]raum vorgelegt hatte, stellte der Beklagte die Leistungen abschließend fest und forderte die Erstattung überzahlter vorläufiger Leistungen. Dabei legte er unter Außerachtlassung eines Teils der geltend gemachten betrieblichen Aufwendungen zuletzt ein durchschnittliches monatliches Einkommen des [X.] zu 1) iHv 882,95 [X.] zugrunde und setzte die Ansprüche der Kläger monatlich für die [X.] vom 1.3. bis 31.5.2010 auf 228,84 [X.], für Juni 2010 auf 669,06 [X.] und für Juli und August 2010 auf 350,08 [X.] und die zu erstattenden Beträge gegenüber dem Kläger zu 1) auf 1284,35 [X.], gegenüber der Klägerin zu 2) auf 1284,48 [X.] und gegenüber dem Kläger zu 3) auf 657,25 [X.] fest (Bescheide vom 18. und 19.10.2011 sowie [X.] vom 28.10.2011).

3

Auf die Klagen mit dem Ziel, die endgültigen Leistungen wie vorläufig bewilligt festzusetzen und die [X.] aufzuheben, hat das [X.] den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide sinngemäß verurteilt, die Leistungsansprüche der Kläger im streitbefangenen [X.]raum unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen monatlichen Einkommens des [X.] zu 1) aus selbständiger Tätigkeit iHv 796,23 [X.] festzustellen und die [X.] entsprechend zu reduzieren (Urteil vom [X.]); die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Ganz überwiegend sei die endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs der Kläger nicht zu beanstanden. Zwar seien weitere betriebliche Aufwendungen einkommensmindernd zu berücksichtigen, jedoch nicht bei der von den Klägern geltend gemachten Pkw-Nutzung. Der private Fahrzeuggebrauch habe im streitbefangenen [X.]raum bei 9627 Kilometern gelegen und die betriebliche Nutzung von 4104 Kilometern weit überwogen. Nach § 3 Abs 7 Satz 3 und 5 [X.] seien daher nur 410,10 [X.] abzusetzen und nicht 5082,97 [X.], wie vom Kläger zu 1) unter Hinweis auf die Kosten einer Reparatur des Pkw geltend gemacht. Die Berufungen der Kläger hiergegen hat das L[X.] zurückgewiesen (Beschluss vom [X.]). Weitergehende Ansprüche bestünden nicht. Insbesondere seien die Ausgaben für den Pkw nicht wie tatsächlich angefallen als betriebliche Ausgabe abzusetzen.

4

Mit ihren vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Für die Frage nach der überwiegenden Pkw-Nutzung sei auf das Kalenderjahr und nicht auf den Bewilligungszeitraum abzustellen. Abweichende Regelungen der [X.] verstießen gegen höherrangiges Recht und seien daher nicht anzuwenden. Anderenfalls müsste ein Selbständiger, der sich im [X.]-Bezug befinde, etwaige Reparaturkosten für ein Kraftfahrzeug aus der Regelleistung bestreiten, die dafür aber nicht vorgesehen sei, mit der Folge, dass ihm nicht das grundgesetzlich garantierte Existenzminimum zur Verfügung stünde.

5

Die Kläger beantragen,
den Beschluss des [X.] vom 6. August 2014 aufzuheben, das Urteil des [X.] vom 23. August 2013 und den Leistungsbescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2011 zu ändern sowie ihre Ansprüche monatlich für die [X.] vom 1. März bis zum 31. August 2010 auf 863,49 [X.] insgesamt festzusetzen und die [X.] des Beklagten vom 18. Oktober 2011 und 19. Oktober 2011 in Gestalt der [X.] vom 28. Oktober 2011 aufzuheben.

6

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind insofern begründet, als der angefochtene Beschluss des [X.] aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]G). Zutreffend hat es zwar entschieden, dass der überwiegende Teil der Aufwendungen für den von den Klägern genutzten Pkw nicht von den Betriebseinnahmen des [X.]) abzusetzen ist. Eine abschließende Entscheidung des Senats über den von den Klägern geltend gemachten Anspruch auf weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den streitbefangenen [X.]raum über den vom [X.] zuerkannten Betrag hinaus lassen die tatsächlichen Feststellungen des [X.] gleichwohl nicht zu.

8

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den Entscheidungen der Vorinstanzen der Leistungsbescheid des Beklagten vom 18.10.2011 und seine [X.] vom 18.10.2011 und 19.10.2011 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.10.2011, soweit das [X.] auf die Berufungen der Kläger entschieden hat, dass die Bescheide über den Ausspruch des [X.] hinaus nicht weiter zu ändern und den Klägern mithin weder noch höhere abschließende Leistungen zuzuerkennen noch die festgesetzten [X.] weiter zu reduzieren sind. Nicht Gegenstand des Verfahrens sind dagegen der Leistungsbescheid und die [X.] vom 24.1.2011, nachdem sie auf die Widersprüche der Kläger durch die Bescheide vom 18.10. und 19.10.2011 vollständig ersetzt worden und damit erledigt sind (§ 39 Abs 2 [X.]B X). Diese Begrenzung des Streitgegenstands hat das Revisionsgericht als Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu beachten, obwohl das Berufungsgericht Feststellungen zu diesen Bescheiden nicht getroffen hat (zur Prüfung in der Revisionsinstanz [X.] vgl nur B[X.] Urteil vom 29.6.1995 - 11 [X.]/94 - B[X.]E 76, 178, 180 = [X.] 3-4100 § 58 [X.] 30).

9

2. Zutreffend verfolgen die Kläger ihr Begehren im Wege (kombinierter) Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 und 2, § 56 [X.]G). Durch den Leistungsbescheid vom 18.10.2011 und die [X.] vom 18. und 19.10.2011 hat der Beklagte gestützt auf § 40 Abs 2 [X.] [X.]B II (idF der Neufassung des [X.]B II vom 13.5.2011, [X.]) iVm § 328 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.]B III (idF des [X.] vom [X.], [X.] 926) den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II in geringerer Höhe zuerkannt als vorläufig bewilligt und sie nach § 40 Abs 2 [X.] [X.]B II iVm § 328 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]B III zur Erstattung der überzahlten vorläufig erbrachten Leistungen herangezogen. Mit den Klagen hiergegen und dem Vorbringen, ihnen stünden abschließend Leistungen in der vorläufig bewilligten Höhe zu, beanspruchen die Kläger inzident die vorläufige Bewilligung nach § 40 Abs 2 [X.] [X.]B II iVm § 328 Abs 2 [X.]B III für "endgültig zu erklären".

Demgemäß richtet sich das Klageziel neben der Aufhebung der [X.] und der Änderung des Leistungsbescheids auch darauf, den Beklagten zu verpflichten auszusprechen, dass ihnen abschließend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wie vorläufig bewilligt zuerkannt werden (ähnlich die stRspr zur Klage auf Zuschuss statt Darlehen: vgl nur B[X.] Urteil vom 13.11.2008 - [X.] AS 36/07 R - B[X.]E 102, 68 = [X.] 4-4200 § 23 [X.], Rd[X.]3; B[X.] Urteil vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 7/08 R - [X.] 4-5910 § 88 [X.] Rd[X.]0; B[X.] Urteil vom 6.8.2014 - B 4 [X.]/13 R - [X.] 4-4200 § 23 [X.]8 Rd[X.]2). Insoweit steht der Zulässigkeit einer Leistungsklage entgegen, dass die Kläger weitere Geldleistungen nicht beanspruchen; bei einer reinen Anfechtungsklage würde der [X.] insgesamt entfallen, ohne dass dem verfahrensrechtlichen Anspruch der Kläger auf eine abschließende Entscheidung über ihr ursprüngliches Leistungsbegehren (vgl dazu nur B[X.] Urteil vom 29.4.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-4200 § 40 [X.] Rd[X.] 21 ff) durch feststellenden Verwaltungsakt Rechnung getragen wäre; das wäre mangels Gestaltungswirkung auch durch die Ergänzung um einen Feststellungsantrag nicht zu erreichen.

3. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Kläger auf abschließende Feststellung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II vom 1.3. bis zum [X.] sind § 40 Abs 2 [X.] [X.]B II iVm § 328 [X.]B III sowie die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff [X.]B II idF, die das [X.]B II und das [X.]B III vor dem streitbefangenen [X.]raum zuletzt durch das Gesetz vom 17.7.2009 ([X.] 1990) bzw vom [X.] ([X.] 926) erhalten haben. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen [X.]punkt geltende Recht anzuwenden (vgl letztens B[X.] Urteil vom 19.10.2016 - [X.] [X.]/15 R - vorgesehen für [X.] 4, Rd[X.]5 mwN).

a) Die Grundvoraussetzungen, um [X.] zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1 [X.]B II), erfüllten die Kläger hinsichtlich des Alters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in [X.]; ebenso wenig lag ein Ausschlusstatbestand vor, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] ergibt.

b) Nicht abschließend beurteilen kann der Senat aufgrund der Feststellungen des [X.] hingegen, ob und ggf inwieweit die Kläger im streitbefangenen [X.]raum auch hilfebedürftig nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.], §§ 9, 11, 12 [X.]B II waren. [X.] im Sinne der genannten Vorschriften ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern in Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen können, sind auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern zu berücksichtigen (§ 9 Abs 2 Satz 2 [X.]B II). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs 2 Satz 3 [X.]B II).

Insoweit erlauben die Feststellungen des [X.] und des in Bezug genommenen Urteils des [X.] bereits nicht die Beurteilung der [X.]keit des im Haushalt der Eltern lebenden [X.] und demzufolge seiner Zugehörigkeit zu deren Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 [X.] 4 [X.]B II), was auch im Hinblick auf ihre [X.]keit nicht offen bleiben darf (vgl nur B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.]2); ob sein Bedarf (287 Euro Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 Satz 2 [X.]B II idF des Gesetzes zur Änderung des [X.]B II und anderer Gesetze vom [X.], [X.] 558 iVm den Bekanntmachungen über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 Satz 1 [X.]B II für die [X.] ab [X.] und [X.] vom [X.], [X.] 1342 und vom 7.6.2010, [X.] 820 sowie anteilige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abhängig von der Zahl der [X.]) durch das zu berücksichtigende Einkommen unter Einschluss ggf von Kindergeld 11 Abs 1 Satz 3, 2 [X.]B II idF des Gesetzes zur Änderung des [X.]B II und anderer Gesetze vom [X.], [X.] 558) nicht gedeckt ist, lässt sich mangels näherer Angaben zur Höhe der Ausbildungsvergütung und zu einem etwaigen Kindergeldbezug nicht entscheiden.

Entsprechendes gilt für die Deckung der Bedarfe jedenfalls der Kläger zu 1) und 2) (jeweils 323 Euro Regelleistung gemäß § 20 Abs 3 und Abs 2 Satz 1 [X.]B II idF des Gesetzes zur Änderung des [X.]B II und anderer Gesetze vom [X.], [X.] 558 iVm den Bekanntmachungen über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 Satz 1 [X.]B II für die [X.] ab [X.] und [X.] vom [X.], [X.] 1342 und vom 7.6.2010, [X.] 820 sowie anteilige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abhängig von der Zahl der [X.]) und ggf des [X.] zu 3) durch das zu berücksichtigende Einkommen des [X.]), weil zu den von den Betriebseinnahmen iHv 9350,66 Euro abzusetzenden tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs 2 [X.]B II aF abzusetzenden Beträge (zu den Einzelheiten der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens bei selbständiger Arbeit vgl nur B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/13 R - B[X.]E 114, 136 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.] 26 ff) sowie zu den Absetzbeträgen nach § 11 Abs 2 [X.]B II aF - von den Aufwendungen für die Pkw-Nutzung abgesehen (dazu sogleich 4. und 5.) - ebenfalls nähere Feststellungen fehlen, weshalb schließlich auch der [X.] nach § 30 [X.]B II aF nicht abschließend bestimmt werden kann. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das [X.] daher diese Feststellungen noch zu treffen und hiernach zu entscheiden haben, ob den Klägern über die aus dem Urteil des [X.] sich ergebenden Beträge hinaus weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II im streitbefangenen [X.]raum zustehen.

4. Zutreffend allerdings ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Ausgaben für den von den Klägern genutzten Pkw nur zu einem geringen Teil von den Betriebseinnahmen des [X.]) abzusetzen sind.

a) Maßgebend für die Bestimmung des bei selbständiger Tätigkeit zu berücksichtigenden Einkommens sind neben den Regeln von (hier noch) § 11 Abs 2 und § 30 [X.]B II aF (nunmehr: §§ 11 und 11b [X.]B II) die Vorgaben von § 3 [X.]-V (idF der [X.] zur Änderung der [X.]/Sozialgeld-Verordnung vom 18.12.2008, [X.] 2780). Hiernach ist bei der Berechnung des Einkommens [X.] aus selbständiger Arbeit von den Betriebseinnahmen auszugehen, welche alle [X.] aus selbständiger Arbeit erzielten Einnahmen sind, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen (§ 3 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.]-V). Hiervon sind die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs 2 [X.]B II aF abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen (§ 3 Abs 2 [X.]-V). Im gleichberechtigten Zusammenwirken von § 11 Abs 2 [X.]B II aF und § 3 [X.]-V sind daher solche Ausgaben keine "Betriebsausgaben" iS des § 3 [X.]-V, die zugleich Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 [X.]B II aF sind ([X.] in Eicher, [X.]B II, 3. Aufl 2013, § 11 Rd[X.]3 "Rohergebnis aus betrieblichen Einnahmen und rein betrieblichen Ausgaben"). Die Beträge, die sich aus § 11 Abs 2 [X.]B II aF ergeben, werden erst in einem abschließenden Schritt von dem nach § 3 Abs 4 [X.]-V monatsweise verteilten Einkommen abgesetzt (B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/13 R - B[X.]E 114, 136 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.] 26; B[X.] Urteil vom 5.6.2014 - B 4 [X.]/13 R - [X.] 4-4225 § 3 [X.] Rd[X.]7 mwN).

b) Für die Absetzung der Ausgaben für ein jedenfalls auch betrieblich genutztes Kraftfahrzeug bestimmt § 3 Abs 7 [X.]-V: "Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich genutzt, sind die tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben für dieses Kraftfahrzeug als betriebliche Ausgabe abzusetzen. Für private Fahrten sind die Ausgaben um 0,10 Euro für jeden gefahrenen Kilometer zu vermindern. Ein Kraftfahrzeug gilt als überwiegend betrieblich genutzt, wenn es zu mindestens 50 Prozent betrieblich genutzt wird. Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend privat genutzt, sind die tatsächlichen Ausgaben keine Betriebsausgaben. Für betriebliche Fahrten können 0,10 Euro für jeden mit dem privaten Kraftfahrzeug gefahrenen Kilometer abgesetzt werden, soweit der erwerbsfähige [X.]e nicht höhere notwendige Ausgaben für Kraftstoff nachweist."

c) Zutreffend ist das [X.] hiernach davon ausgegangen, dass die tatsächlichen Ausgaben für den von den Klägern genutzten Pkw im streitbefangenen [X.]raum von der Kilometerpauschale nach § 3 Abs 7 Satz 5 [X.]-V abgesehen nicht als Betriebsausgaben abzusetzen sind. Nach den mit [X.] nicht angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) lag der private [X.] im streitbefangenen [X.]raum bei 9627 Kilometern und der betriebliche bei 4104 Kilometern. Damit gilt der Wagen nach § 3 Abs 7 Satz 3 [X.]-V während dieser [X.] nicht als überwiegend betrieblich genutzt. Allein hierauf kommt es entgegen der Auffassung der Kläger an. [X.] von den im jeweiligen Bewilligungszeitraum tatsächlich zugeflossenen Einnahmen aus selbständiger Arbeit sind nach § 3 Abs 2 [X.]-V nur die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben. Demgemäß kann sich auch die Notwendigkeit einer Ausgabe nur nach den Umständen in gerade diesem [X.]raum beurteilen. Bestand danach - aus welchen Gründen auch immer - währenddessen nur in untergeordnetem Maße Anlass für die betriebliche Verwendung eines auch privat genutzten Kraftfahrzeugs, dann können die hierfür getätigten Ausgaben nach der (nicht zu beanstandenden, dazu unter 5.) Regelung des § 3 Abs 7 Satz 4 [X.]-V mit Ausnahme von der Kilometerpauschale nach § 3 Abs 7 Satz 5 [X.]-V nicht als betrieblich notwendig angesehen werden. Dass es im Steuerrecht bei der Ermittlung von Betriebsausgaben auf andere [X.]räume ankommt, ist demgegenüber nach § 3 Abs 2 [X.]-V ("ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften") unbeachtlich.

d) Bei Berücksichtigung nur der Kilometerpauschale nach § 3 Abs 7 Satz 5 [X.]-V von 0,10 Euro für jeden gefahrenen Kilometer beläuft sich der Absetzbetrag für den betrieblichen Nutzungsanteil von 4104 Kilometern des demnach im hier maßgeblichen [X.]raum als privat anzusehenden Pkw auf 410,40 Euro. Insoweit ist weder ersichtlich, dass der Kläger zu 1) iS von § 3 Abs 7 Satz 5 Halbsatz 2 [X.]-V höhere notwendige Ausgaben für Kraftstoff aufgewandt hätte. Noch betreffen die Wege von seinem Büro in der Wohnung zu den von ihm betreuten Baustellen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte iS von § 6 Abs 1 [X.] Buchst b [X.]-V (idF der [X.] zur Änderung der [X.]/Sozialgeld-Verordnung vom [X.], [X.] 2340) mit der Folge, dass er gestützt auf die Öffnungsklausel in § 6 Abs 1 [X.] Buchst b [X.]-V uU sonstige höhere notwendige Ausgaben geltend machen könnte (vgl zur Anwendbarkeit von § 6 Abs 1 [X.] Buchst b [X.]-V bei Fahrten Selbständiger zur Arbeitsstätte B[X.] Urteil vom 5.6.2014 - B 4 [X.]/13 R - [X.] 4-4225 § 3 [X.] Rd[X.] 23).

5. Die Begrenzung der Absetzbarkeit betrieblicher Kraftfahrzeugaufwendungen durch § 3 Abs 7 Satz 4 und 5 [X.]-V ist entgegen der Auffassung der Kläger durch die Verordnungsermächtigung gedeckt und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

a) § 13 Abs 1 [X.] [X.]B II ermächtigt den Verordnungsgeber zum Erlass einer Verordnung, in der die Berücksichtigung und Berechnung von Einkommen näher geregelt wird. Hinsichtlich des Ausmaßes der Ermächtigung enthält § 13 Abs 1 [X.] [X.]B II eine Regelung, die den hier eingeräumten Gestaltungsspielraum jedenfalls in Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des [X.]B II hinreichend eingrenzt; die Ermächtigung des § 13 Abs 1 [X.] [X.]B II genügt dem Bestimmtheitsgebot des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG (B[X.] Urteil vom 30.7.2008 - [X.] [X.]/07 R - juris Rd[X.]3; B[X.] Urteil vom 22.8.2013 - [X.] [X.]/13 R - B[X.]E 114, 136 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.]4).

b) Dass die Kosten für den Unterhalt eines Kraftfahrzeugs bei überwiegend privater Nutzung von der Absetzung als betriebliche Ausgabe ausgenommen sind, verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Schon zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Besserstellung selbständig tätiger [X.]-Bezieher ist es geboten, bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs zu sowohl betrieblichen als auch privaten Zwecken die iS von § 11 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]B II aF zur Einkommenserzielung notwendigen Ausgaben von den Aufwendungen abzugrenzen, die dem privaten Bereich zuzuordnen und demzufolge von [X.] selbst zu tragen sind. Dass der Verordnungsgeber dabei unter verschiedenen möglichen Aufteilungsansätzen auf den überwiegenden [X.] abgestellt und ausgehend hiervon die Kosten für den Fahrzeugunterhalt entweder dem betrieblichen oder dem privaten Bereich zugerechnet hat, ist nicht zu beanstanden.

Diese Abgrenzung ist einerseits praktikabel und vermeidet Streit darüber, welcher Nutzung im Einzelfall die jeweiligen Kosten zuzuordnen sind. Andererseits wird der Nachteil der fehlenden Absetzbarkeit von Unterhaltskosten bei einer überwiegend privaten Nutzung durch den Vorteil ausgeglichen, dass sie bei einem nur untergeordneten privaten Gebrauch trotz des privaten Verursachungsanteils in vollem Umfang als betrieblich veranlasst behandelt werden. Nicht zuletzt darf der Verordnungsgeber berücksichtigen, dass nach der von [X.] wegen nicht zu beanstandenden Leitentscheidung des Gesetzgebers die Existenzsicherung nach dem [X.]B II nicht die Kosten für den Betrieb und die Unterhaltung von Kraftfahrzeugen umfasst, weshalb Ausgaben hierfür im Regelbedarf nicht berücksichtigt sind (vgl B[X.] Urteil vom 12.7.2012 - [X.] [X.]53/11 R - B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 72; B[X.] Urteil vom [X.] AS 47/12 R - juris Rd[X.]9; zur [X.]mäßigkeit [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 1/09 [X.] - [X.]E 125, 175, 240 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]2 Rd[X.]79). Das rechtfertigt ebenfalls die Wertung, dass die Kosten für den Unterhalt eines nicht überwiegend betrieblich genutzten Fahrzeugs selbst anteilig nicht aus Steuermitteln bestritten werden sollen.

c) Grundrechte der Kläger stehen dem nicht entgegen. Insbesondere ist das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG (hierzu grundlegend [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 1/09 [X.] - [X.]E 125, 175 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]2) nicht verletzt. Wenn der Gesetzgeber die Kosten zur Unterhaltung eines Kraftfahrzeugs vertretbar nicht dem durch Grundsicherungsleistungen nach dem [X.]B II zu sichernden menschenwürdigen Existenzminimum zuordnet, darf der Verordnungsgeber die Absetzbarkeit solcher Kosten davon abhängig machen, dass sie vorrangig durch Zwecke der Einkommenserzielung bedingt sind und die private Nutzung nur untergeordnete Bedeutung hat. Dass den selbständig tätigen Beziehern existenzsichernder Leistungen nach dem [X.]B II hiernach ebenso wie anderen [X.] nach dem [X.]B II ggf eine Einschränkung ihrer dem privaten Bereich zuzurechnenden Pkw-Nutzung zugemutet wird, ist von [X.] wegen hinzunehmen.

Art 3 Abs 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Gegenüber abhängig Beschäftigten liegt bereits keine Ungleichbehandlung vor, weil sie ebenfalls - über die für Arbeitnehmer wie Selbständige gleichermaßen geltende Regelung des § 6 Abs 1 [X.] Buchst b [X.]-V hinaus - grundsätzlich keine Ansprüche nach dem [X.]B II auf Übernahme von Kosten für den Unterhalt eines Kraftfahrzeugs haben. Soweit die Öffnungsklausel in § 6 Abs 1 [X.] Buchst b Halbsatz 2 [X.]-V weiter gefasst ist als die in § 3 Abs 7 Satz 5 Halbsatz 2 [X.]-V, wird das ausgeglichen durch die Absetzungsmöglichkeit für privat (mit-)bedingte Unterhaltskosten bei überwiegender betrieblicher Nutzung nach § 3 Abs 7 Satz 1 [X.]-V. Soweit innerhalb der Gruppe der selbständigen Bezieher von [X.]B II-Leistungen unterschieden wird zwischen Selbständigen mit überwiegend betrieblicher und überwiegend privater Nutzung eines Kraftfahrzeugs, ist das zum einen bereits durch die unterschiedliche [X.] entweder zum betrieblichen oder privaten Bereich hinreichend gerechtfertigt. Zum anderen würde eine unterschiedslose Absetzbarkeit ohne Rücksicht auf den Anteil der privaten Pkw-Nutzung eine schwerlich zu rechtfertigende Besserstellung gegenüber den [X.] begründen, denen existenzsichernde Leistungen zum Unterhalt eines Kraftfahrzeugs überhaupt nicht zur Verfügung stehen.

Zuletzt sind auch die Grundrechte aus Art 12 Abs 1 und Art 14 Abs 1 GG nicht berührt, weil weder die Freiheit der Berufsausübung noch die Eigentumsgarantie Ansprüche auf staatliche Förderung der Teilnahme am Wettbewerb gewährleisten. Insofern ist der Kläger zu 1) auch nicht benachteiligt im Verhältnis zu Selbständigen, die nicht im Leistungsbezug nach dem [X.]B II stehen, wie er geltend macht. Denn auch ihnen werden Mittel für den Unterhalt der von ihnen genutzten Kraftfahrzeuge nicht gewährt.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das [X.] auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 14 AS 34/15 R

01.12.2016

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Berlin, 23. August 2013, Az: S 117 AS 31799/11, Urteil

§ 54 Abs 1 S 1 SGG, § 40 Abs 2 Nr 1 SGB 2 vom 13.05.2011, § 328 Abs 3 S 1 SGB 3, § 328 Abs 3 S 2 Halbs 1 SGB 3, § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 2 vom 24.12.2003, § 9 Abs 1 SGB 2 vom 24.12.2003, § 9 Abs 2 S 1 SGB 2, § 9 Abs 2 S 3 SGB 2, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 24.12.2003, § 11 Abs 2 S 1 Nr 5 SGB 2 vom 24.12.2003, § 13 Abs 1 Nr 1 SGB 2, § 3 Abs 1 S 1 AlgIIV 2008, § 3 Abs 1 S 2 AlgIIV 2008, § 3 Abs 2 AlgIIV 2008 vom 18.12.2008, § 3 Abs 4 S 3 AlgIIV 2008 vom 17.12.2007, § 3 Abs 7 S 1 AlgIIV 2008, § 3 Abs 7 S 3 AlgIIV 2008, § 3 Abs 7 S 4 AlgIIV 2008, § 3 Abs 7 S 5 AlgIIV 2008 vom 18.12.2008, § 6 Abs 1 Nr 3 Buchst b AlgIIV 2008 vom 23.07.2009, Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 80 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 01.12.2016, Az. B 14 AS 34/15 R (REWIS RS 2016, 1526)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1526

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvL 1/09

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