Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2017, Az. 4 StR 142/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 4693

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Gegenstand

Gesetzeskonkurrenz zwischen der strafbaren Manipulation eines Kfz-Wegstreckenzählers und einem Betrug


Leitsatz

Kommt es in der Folge der strafbaren Manipulation eines Kfz-Wegstreckenzählers zu einem Betrug, besteht zwischen § 263 StGB und § 22b StVG regelmäßig Gesetzeskonkurrenz.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Dezember 2016, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass im Fall II. 6 die tateinheitliche Verurteilung wegen Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern entfällt.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten „wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen, Betruges in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zum Missbrauch von [X.], wegen Anstiftung zum Missbrauch von [X.] sowie wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchtem Betrug“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat in dem aus der [X.] ersichtlichen, geringfügigen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 [X.].

I.

2

Den vom Beschwerdeführer erhobenen Verfahrensrügen bleibt der Erfolg aus den in der Antragsschrift des [X.] vom 4. April 2017 dargelegten Gründen versagt. Der Erörterung bedarf nur das Folgende:

3

1. Die Rüge, dass das [X.] seiner Beweiswürdigung zugrunde gelegt habe, der Mitangeklagte habe sich - ebenso wie der Beschwerdeführer - „zur Sache nicht eingelassen“ ([X.]), während durch das [X.] bewiesen ist, dass der Mitangeklagte am 15. Dezember 2016 „weiter zur Sache“ aussagte, das [X.] habe also bei der Urteilsfindung nicht alles verwertet, was Gegenstand der Hauptverhandlung war (§ 261 [X.]), ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

4

Auch wenn der Mitangeklagte formal kein Zeuge und deshalb weder zu einer Aussage verpflichtet ist (§ 243 Abs. 5 Satz 1 [X.]) noch durch den Beschwerdeführer unmittelbar befragt werden darf (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 2 [X.]), sind seinen Angaben im Verhältnis zum Beschwerdeführer nicht die Wirkungen einer Einlassung, sondern diejenigen einer Zeugenaussage beizumessen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 22. Juni 2005 - 2 StR 4/05, [X.]R [X.]. 6 Abs. 3 Buchst. d Fragerecht 5; vom 9. Juni 2009 - 4 [X.], [X.]R [X.]. 6 Abs. 3 Buchst. d Fragerecht 7; vom 15. Juni 2010 - 3 [X.], [X.], 589; [X.] NStZ 2007, 103, 104, [X.] in [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., [X.]. 6, Rn. 22). Die Anforderungen an den [X.] richten sich dementsprechend nicht nach den für die Nichtberücksichtigung der Einlassung eines Angeklagten, sondern der Aussage eines Zeugen entwickelten Grundsätzen. Deshalb muss ein Angeklagter, rügt er eine Verletzung von § 261 [X.] mit der Begründung, der Tatrichter habe sich im Urteil mit den Angaben eines in der Hauptverhandlung vernommenen Mitangeklagten zu Unrecht nicht auseinandergesetzt, den Inhalt der betreffenden Aussage mitteilen. Ferner muss dargetan werden, dass die Angaben des Mitangeklagten für den Tatrichter zum Entscheidungszeitpunkt erörterungsbedürftig waren und zu welchem Ergebnis die vermisste Berücksichtigung der Aussage geführt hätte (für die Aussage eines Zeugen vgl. [X.], Urteile vom 13. Januar 2005 - 4 [X.], [X.], 228; vom 25. August 2005 - 5 [X.], Rn. 4; [X.], [X.], 26. Aufl., § 261 Rn. 185).

5

Den Inhalt der am 15. Dezember 2016 gemachten Angaben des Mitangeklagten trägt die Revision nicht vor.

6

2. Auch die weiteren Verfahrensrügen genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.].

7

Soweit der Beschwerdeführer die Zurückweisung des Antrags auf Beiziehung von Ermittlungsakten gegen    [X.]unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Beschränkung der Verteidigung rügt (§ 338 Nr. 8 [X.]), genügt der [X.] schon deshalb nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.], weil sich aus ihm die konkrete Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem [X.] und dem Urteil nicht ergibt. Dies muss die Revision im Rahmen ihrer Vortragspflicht jedoch darlegen; die Behauptung, die Beschränkung sei lediglich generell (abstrakt) geeignet, das Urteil zu beeinflussen, genügt nicht (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 11. November 2004 - 5 [X.], [X.]St 49, 317, 327 f. mwN).

8

Die allgemein gehaltene Behauptung der Revision, im Fall der Kenntnis des Inhalts der betreffenden Akte wären „entsprechende Beweisanträge gestellt worden“, die dazu geführt hätten, dass das Gericht „ein vorsätzliches Handeln seitens des Revisionsführers nicht mehr festgestellt hätte“, erfüllt diese Darlegungsanforderungen nicht.

II.

9

Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Sie führt im Fall II. 6 der Urteilsgründe wegen einer Korrektur des [X.] lediglich zu einer geringfügigen Änderung des Schuldspruchs.

1. Das [X.] hat den Angeklagten in diesem Fall wegen Betruges (§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB) in Tateinheit mit Anstiftung zum Missbrauch von [X.] (§ 22b [X.]) zu einer Einzelstrafe von einem Jahr verurteilt. Nach den Feststellungen verkaufte er im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten ein Kraftfahrzeug an einen gutgläubigen [X.] zu einem Preis von 17.800 Euro. Der Wegstreckenzähler des Pkws war zuvor auf Veranlassung des Angeklagten und des Mitangeklagten von einem Unbekannten manipuliert worden, sodass er statt der tatsächlichen Laufleistung von 333.000 km eine solche von nur 165.303 km auswies. Dem Käufer entstand ein Schaden von mindestens 7.590 Euro.

2. Die Beurteilung des [X.] zwischen Betrug im Sinne des § 263 StGB und einer Straftat nach § 22b [X.] hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

a) § 22b [X.] wurde durch Gesetz vom 14. August 2005 ([X.] I 2412) neu in das [X.] eingefügt, um mit Blick auf § 268 StGB (vgl. dazu [X.], Urteil vom 7. Februar 1980 - 4 [X.], [X.]St 29, 204) und § 263 StGB Sanktionslücken zu schließen (BT-Drucks. 15/5315, S. 8; vgl. MüKoStVR/[X.], § 22b [X.], Rn. 1; [X.], SVR 2011, 164, 165; [X.], [X.], 70). Das Verfälschen der Messung eines Wegstreckenzählers im Sinne des § 22b [X.] stellt sich als typische Vorbereitungstat eines Betruges dar, die regelmäßig nicht von einem eigenständigen Unrechtsgehalt geprägt ist ([X.], aaO, Rn. 2; vgl. dazu allg. [X.]/Kühl, StGB, 28. Aufl., Vor § 52 Rn. 33). Kommt es in der Folge einer solchen Manipulation zu einer strafbaren Betrugshandlung, tritt § 22b [X.] als mitbestrafte Vortat daher regelmäßig im Wege der [X.] hinter § 263 StGB zurück (ebenso [X.], aaO, Rn. 9; offen gelassen bei [X.], aaO, S. 71).

b) Die gebotene Änderung des Schuldspruchs nötigt jedoch nicht zur Aufhebung des Ausspruchs über die Einzelstrafe und die Gesamtstrafe. Es kann ausgeschlossen werden, dass die [X.] wegen des verbleibenden Vergehens des Betruges auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte, zumal die Realisierung der Betrugstat mittels der Manipulation des Wegstreckenzählers bei der Strafzumessung hätte berücksichtigt werden dürfen.

Sost-Scheible     

       

Cierniak     

       

[X.]

       

Bender     

       

Quentin     

       

Meta

4 StR 142/17

27.09.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 27. September 2017, Az: 4 StR 142/17, Beschluss

§ 52 StGB, § 53 StGB, § 263 StGB, § 22b StVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2017, Az. 4 StR 142/17 (REWIS RS 2017, 4693)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4693


Verfahrensgang

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Az. 4 StR 142/17

Bundesgerichtshof, 4 StR 142/17, 27.09.2017.

Bundesgerichtshof, 4 StR 142/17, 27.09.2017.


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