Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.06.2015, Az. 1 BvR 1227/14

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2015, 10250

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Unaufhebbarkeit der Minderjährigenadoption nach Eintritt der Volljährigkeit der adoptierten Person verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden


Tenor

1. Der Beschwerdeführerin wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt M… beigeordnet.

2. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a [X.] nicht zur Entscheidung angenommen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg, weil die angegriffene Entscheidung des [X.], wonach weder § 1763 Abs. 1 BGB noch § 1771 Satz 1 BGB die Aufhebung einer Minderjährigenadoption nach Eintritt der Volljährigkeit der angenommenen Person zulassen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dies gilt auch für die Einschätzung des [X.], dass diese Rechtslage mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

2

Die Kammer verkennt nicht, dass die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten betroffen ist. Die familienrechtliche Zuordnung im Rahmen eines [X.] mag für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität in bestimmten Situationen ähnliche Bedeutung gewinnen wie etwa die biologische Abstammung (vgl. [X.] 79, 256 <268 f.>), der Personenstand (vgl. [X.] 128, 109 <124 m.w.N.>) oder auch der rechtlich zugewiesene Name (vgl. [X.] 78, 38 <49>). Sofern mit der Unaufhebbarkeit der Annahme Belastungen für die Angenommenen verbunden sind, werden diese durch die Möglichkeit der Durchtrennung des namensrechtlichen Bandes (§ 3 [X.]) sowie der Abwehr unerwünschter unterhaltsrechtlicher (§ 1611 BGB) und erbrechtlicher (§ 2339 BGB) Folgen gemildert.

3

Dass der Gesetzgeber nicht darüber hinaus auch die Aufhebung der Adoption minderjährig Angenommener nach Eintritt der Volljährigkeit vorgesehen hat, liegt noch im Gestaltungsspielraum, welcher dem Gesetzgeber bei der rechtlichen Ausgestaltung der Familie zukommt (vgl. [X.] 133, 59 <84 f.>). Der Gesetzgeber hat bei dieser Ausgestaltung des Adoptionsrechts konsequent die verfassungsrechtlich legitime Zielsetzung verfolgt, die dauerhafte Integration angenommener Kinder in die aufnehmende Familie durch vollständige Angleichung des rechtlichen Status leiblicher und angenommener Kinder zu fördern (BTDrucks 7/3061, [X.]). Von einer Durchbrechung dieser Gleichstellung hat er auch hinsichtlich der Aufhebbarkeit des [X.] gezielt abgesehen (a.a.[X.], S. 27). Dass demgegenüber eine Volljährigenadoption aufgelöst werden kann, wenn sie nicht mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption erfolgte (§ 1771 Satz 1 BGB), ist konsequent, weil die oder der Angenommene hier wegen der schwachen Adoptionswirkungen von vornherein rechtlich nicht in gleichem Maße in die Familie aufgenommen wird wie bei der Minderjährigenadoption. [X.] ist auch, dass die Adoption Minderjähriger in besonderen Situationen aufgelöst werden kann, solange die oder der Angenommene minderjährig ist (§ 1763 Abs. 1 BGB), weil angesichts der Unzulässigkeit einer sogenannten Kettenadoption (§ 1742 BGB) nur so die Möglichkeit besteht, dass das minderjährige Kind, das der elterlichen Pflege und Erziehung bedarf, durch erneute Adoption geeignete Eltern erhält.

4

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1227/14

08.06.2015

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 12. März 2014, Az: XII ZB 504/12, Beschluss

Art 6 GG, § 1763 Abs 1 BGB, § 1771 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.06.2015, Az. 1 BvR 1227/14 (REWIS RS 2015, 10250)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10250


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 1227/14

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1227/14, 08.06.2015.


Az. XII ZB 504/12

Bundesgerichtshof, XII ZB 504/12, 12.03.2014.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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15 W 270/00 (Oberlandesgericht Hamm)


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