Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2022, Az. 3 StR 46/22

3. Strafsenat | REWIS RS 2022, 2943

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Gegenstand

Strafverurteilung wegen Betäubungsmitteldelikten: Erweiterte Einziehung von Taterträgen; Einziehung von Betäubungsmitteln und Pkw


Tenor

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. September 2021, soweit es sie betrifft,

a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass die Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;

b) im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben, im Hinblick auf den PKW [X.] mit Ausnahme der zugehörigen Feststellungen; diese werden aufrechterhalten. Die Einziehung von 4.390 € Bargeld und zehn Betäubungsmitteleinzelmengen entfällt.

Im Umfang der Aufhebung betreffend die Einziehung des PKW [X.] wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum "unerlaubten" Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt und sie im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es die Einziehung eines PKW [X.], eines [X.] in Höhe von 4.390 € und von zehn Betäubungsmitteleinzelmengen angeordnet. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zur Neufassung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Ausspruchs über die Einziehung; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen unterstützte die Angeklagte eine Drogenbeschaffungsfahrt ihres gesondert verfolgten Lebensgefährten nach [X.], indem sie diese als Fahrerin des Begleitfahrzeugs [X.] absicherte. Der Lebensgefährte wurde gleichwohl kontrolliert, und die erworbenen Betäubungsmittel wurden sichergestellt. Anlässlich einer noch am Tattag durchgeführten Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten wurden 4.390 € Bargeld sowie zehn Betäubungsmitteleinzelmengen sichergestellt. Das [X.] hat sich die Überzeugung verschafft, dass das Geld aus anderen Straftaten des Lebensgefährten stammte.

3

2. [X.] ist - auf der Grundlage der zutreffenden rechtlichen Würdigung der Tat durch das [X.] - im Schuldspruch neu zu fassen. Hinsichtlich des abgeurteilten Delikts aus dem Betäubungsmittelstrafrecht ist die ausdrückliche Bezeichnung als "unerlaubt" entbehrlich, da Straftaten nach dem [X.] ausschließlich den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln betreffen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5. August 2014 - 3 [X.], juris Rn. 8; vom 8. April 2020 - 3 StR 55/20, juris Rn. 2; vom 10. November 2020 - 3 StR 355/20, juris Rn. 2; vom 9. Februar 2021 - 3 StR 449/20, juris Rn. 3).

4

3. Während die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils zum Schuldspruch im Übrigen und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat, unterliegt der Ausspruch über die Einziehung der Aufhebung. Soweit es das Bargeld und die Betäubungsmittel betrifft, hat die Anordnung der Einziehung zu entfallen.

5

a) Die Einziehung der in der Wohnung der Angeklagten sichergestellten Betäubungsmitteleinzelmengen kann keinen Bestand haben. Zwar kommt hinsichtlich des Rauschgifts als [X.] grundsätzlich eine Einziehung nach § 33 Satz 1 BtMG in Betracht. Voraussetzung hierfür ist indes, dass die Betäubungsmittel Gegenstand der von der Anklage umschriebenen und vom Gericht festgestellten Tat sind ([X.], Beschlüsse vom 7. Februar 2017 - 3 [X.], [X.], 220; vom 25. April 2017 - 3 StR 81/17, [X.], 487, 488; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 6. Aufl., § 33 Rn. 26 mwN). Das ist hinsichtlich der zehn in der Wohnung der Angeklagten aufgefundenen Betäubungsmitteleinzelmengen nicht der Fall.

6

b) Auch die Einziehung des [X.] von 4.390 € ist rechtsfehlerhaft. Voraussetzung einer erweiterten Einziehung, entweder von Taterträgen gemäß § 73a Abs. 1 StGB oder des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB, ist, dass es sich bei dem Gegenstand um einen solchen handelt, den der Täter oder Teilnehmer durch eine andere rechtswidrige Tat oder für sie erlangt hat und der oder dessen Surrogat bei Begehung der Anknüpfungstat noch im Vermögen des betroffenen [X.] oder Teilnehmers vorhanden war ([X.], Beschlüsse vom 3. November 2020 - 6 [X.], juris Rn. 7; vom 21. September 2021 - 3 StR 158/21, [X.], 83 Rn. 13; Urteil vom 1. Juni 2021 - 1 [X.], NStZ-RR 2021, 336, 338). Hieran fehlt es, weil das Geld nach der Überzeugung des [X.]s nicht aus anderen rechtswidrigen Taten der Angeklagten, sondern aus solchen des Lebensgefährten herrührte. Dass die Angeklagte sich an dessen weiteren rechtswidrigen Taten beteiligte oder selbst andere rechtswidrige Taten beging, ist nicht festgestellt.

7

Da der Ausspruch über die Einziehung der Betäubungsmittel und des Bargelds nur wegen einer Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben ist und weitere, die Einziehung tragende Feststellungen nicht zu erwarten sind, entscheidet der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst dahin, dass die Anordnung der Einziehung in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang entfällt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13. September 2011 - 3 [X.], juris Rn. 3; vom 7. Februar 2017 - 3 [X.], juris Rn. 5; vom 25. April 2017 - 3 StR 81/17, [X.], 487, 488).

8

c) Schließlich unterliegt die Anordnung der Einziehung des PKW [X.] ebenfalls der Aufhebung. Das [X.] hat nicht erkennbar bedacht, dass die Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB eine Ermessensentscheidung voraussetzt ([X.], Beschlüsse vom 12. Juni 2018 - 1 [X.], juris Rn. 2; vom 19. Dezember 2019 - 4 StR 187/19, juris Rn. 4; [X.]/Schluckebier/[X.]/[X.], StGB, 5. Aufl., § 74 Rn. 16). Eine solche kann angesichts des Wertes des PKW [X.] von mindestens 7.000 € und der untergeordneten Art des Einsatzes als bloßes Begleitfahrzeug hier auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnommen werden.

9

Einer Aufhebung der zu der Einziehung des PKW [X.] rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es nicht, weil diese von der im Sinne des § 353 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des Urteils führenden Gesetzesverletzung nicht betroffen sind. Die bisherigen Feststellungen können um solche ergänzt werden, die ihnen nicht widersprechen.

Schäfer     

        

Paul    

        

     Berg

        

Erbguth     

        

Ri[X.] [X.] befindet sich
im Urlaub und ist deshalb gehindert
zu unterschreiben.

        
                          

Schäfer

        

Meta

3 StR 46/22

22.03.2022

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aurich, 23. September 2021, Az: 13 KLs 10/21

§ 29 BtMG, §§ 29ff BtMG, § 33 S 1 BtMG, § 27 StGB, § 73a Abs 1 StGB, § 73c S 1 StGB, § 74 Abs 1 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2022, Az. 3 StR 46/22 (REWIS RS 2022, 2943)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2943

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