Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.08.2018, Az. 2 B 5/18

2. Senat | REWIS RS 2018, 4371

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Gegenstand

Keine Indizwirkung des ausgeurteilten Strafmaßes für disziplinare Ahndung eines innerdienstlichen Dienstvergehens


Gründe

1

1. [X.]er ... geborene Kläger war seit dem [X.] zunächst Beamter im Polizeidienst des [X.], u.a. im Rahmen eines Sondereinsatzkommandos ([X.]). Seit dem [X.] ist er Beamter im Polizeivollzugsdienst des beklagten [X.]. Hier war er zunächst als stellvertretender Gruppenführer eines [X.], später in einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit und schließlich in einer Technischen Einsatzeinheit tätig, zuletzt im Amt eines Polizeihauptmeisters.

2

Im April 2008 erhielt der Beklagte Informationen, wonach der Kläger - neben weiteren aktiven und ehemaligen Beamten und Bundeswehrangehörigen - in [X.] an der Schulung dortiger Polizeikräfte für Sondereinsätze teilgenommen habe, die ab dem [X.] verdeckt über zwei Firmen organisiert worden seien; daraufhin wurde gegen den Kläger ein [X.]isziplinarverfahren eingeleitet.

3

Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger (u.a.) wegen des Verdachts der Verletzung von [X.] wurde von der Staatsanwaltschaft teilweise gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt; allerdings hätten die Ermittlungen sicher erbracht, dass der Kläger und zwei mitbeschuldigte Kollegen in [X.] einer finanziell entlohnten Ausbildungstätigkeit nachgegangen seien. Mit rechtskräftig gewordenem Strafurteil des [X.] wurde der Kläger wegen Betrugs in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von und des Umgangs mit Munition zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 € verurteilt. Nach den zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen hielt sich der Kläger in der [X.] vom 3. Juli bis 15. August 2007 als Ausbilder für libysche Sicherheitskräfte in [X.] auf. Im fraglichen [X.]raum war der Kläger nach einem operativen Eingriff teilweise (bis zum 13. Juli 2007) krankgeschrieben; tatsächlich war er aber bereits seit dem 3. Juli 2007 wieder so weit gesundet, dass er dienstfähig war. [X.]urch die Täuschung über seine [X.]ienstfähigkeit habe er bei seinem [X.]ienstherrn einen Besoldungsschaden in Höhe von rund 779 € verursacht. Ferner hatte der Kläger Ende Oktober 2008 in einem Wertfach seines Spinds in den [X.] unberechtigt 407 Patronen- und Kartuschenmunition aufbewahrt.

4

Mit der streitgegenständlichen [X.]isziplinarverfügung vom Juli 2014 hat der Beklagte den Kläger aus dem Beamtenverhältnis entfernt. [X.]as Verwaltungsgericht hat die [X.]isziplinarverfügung aufgehoben. [X.]er Verwaltungsgerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

5

[X.]er Kläger sei aus dem [X.]ienst zu entfernen, weil er durch ein schweres [X.]ienstvergehen das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit in die [X.] endgültig verloren habe. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen, die mangels eines Lösungsgrunds bindend seien, habe sich der Kläger in den Jahren 2006 und 2007 mindestens viermal mit einem sog. Multivisum in [X.] aufgehalten und sei dort unter [X.] zweier Firmen in die Ausbildung dortiger Polizeikräfte eingebunden gewesen. Er habe die Ausbildungstätigkeit als Gegenleistung erbracht für die Unterkunft, den angenehmen Aufenthalt und die [X.]. Jedenfalls im [X.]raum vom 3. bis 13. Juli 2007 habe er diese Tätigkeit ausgeübt, während er seinem [X.]ienstherrn vorgespiegelt habe, dienstunfähig zu sein.

6

Mit dem hiernach begangenen Betrug in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz und Umgang mit Munition habe der Kläger vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen und damit ein innerdienstliches [X.]ienstvergehen begangen. [X.]er Betrug sei gegen den [X.]ienstherrn gerichtet gewesen und bereits deshalb innerdienstlicher Natur; der unerlaubte Besitz von und Umgang mit Munition habe in dienstlichen Räumlichkeiten stattgefunden und zum Großteil dem Kläger in amtlicher Eigenschaft anvertraute Munition zum Gegenstand gehabt, die er nicht ordnungsgemäß zurückgegeben habe.

7

[X.]ieses [X.]ienstvergehen wiege schwer. Mit Blick darauf, dass der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen für den vom Kläger begangenen Betrug und unerlaubten Besitz von und Umgang mit Munition eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahre vorsehe, sei disziplinarrechtlich ein Orientierungsrahmen bis hin zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet, ohne dass dem tatsächlichen ausgeurteilten Strafmaß bei der Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme eine indizielle oder präjudizielle Bedeutung zukomme.

8

Im Falle des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des [X.]ienstherrn sei der Beamte bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € regelmäßig aus dem [X.]ienst zu entfernen. Zwar reiche der vom Kläger verursachte Schaden in Höhe von rund 779 € nicht an die genannte Schadenshöhe heran, doch handele es sich auch nicht um einen Schaden im Bagatellbereich. Zudem lägen gewichtige Erschwerungsgründe vor, die nicht durch Milderungsgründe ausgeglichen würden. Besonders schwer wiege, dass der vom Kläger begangene Betrug im Zusammenhang mit einer ungenehmigten Nebentätigkeit stehe, der erhebliches disziplinarisches Eigengewicht zukomme. Zur Überzeugung des Senats stehe fest, dass der Kläger - über die strafgerichtlichen Feststellungen hinaus - der genannten Ausbildertätigkeit auch anlässlich dreier weiterer [X.]aufenthalte in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2006 nachgegangen sei. [X.]er Kläger habe damit jeweils eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ausgeübt, ohne zuvor die dafür erforderliche Genehmigung eingeholt zu haben. [X.]amit habe er gegen diese aus dem Nebentätigkeitsrecht folgenden [X.] sowie gegen seine Gehorsamspflicht und seine Verpflichtung zur vollen Hingabe an den Beruf verstoßen. Auch wenn ein unmittelbarer Zahlungsfluss nicht mit der für das [X.]isziplinarverfahren erforderlichen [X.]eutlichkeit belegt sei, spreche in der Gesamtschau alles dafür, dass es sich um eine entgeltliche Nebentätigkeit gehandelt habe. Unabhängig davon gelte die Genehmigungspflicht auch für unentgeltliche Nebentätigkeiten, wenn sie - wie hier - in der Übernahme einer gewerblichen Tätigkeit oder der Mitarbeit bei einer solchen Tätigkeit bestehe.

9

Zugunsten des [X.] sei zu berücksichtigen, dass er in [X.] in vergleichsweise untergeordneter Stellung tätig geworden sei und dass er hierzu durch einen früheren Vorgesetzten (den ebenfalls disziplinarisch belangten Kläger des Verfahrens BVerwG 2 B 4.18) bewogen worden sei. [X.]ies mindere im Ergebnis jedoch nicht das ganz erhebliche Gewicht der ungenehmigten Nebentätigkeit. [X.]ie Ausbildung ausländischer Sicherheitskräfte betreffe einen hochsensiblen Bereich, der in besonderem Maß geeignet sei, Achtung und Vertrauen in den öffentlichen [X.]ienst und seine Bediensteten zu beeinträchtigen, erst Recht bei einem Staat wie [X.], der auch seinerzeit unter dem damaligen Machthaber [X.] weit von rechtsstaatlichen Verhältnissen entfernt gewesen und dem eine Nähe zu terroristischen Aktivitäten nachgesagt worden sei. Es liege auf der Hand, dass die Entscheidung über eine derartige Nebentätigkeit dem [X.]ienstherrn vorbehalten sei und nicht der Einschätzung des einzelnen, von privaten Interessen geleiteten Beamten zustehe. [X.]ies zugrunde gelegt, sei die Nebentätigkeit des [X.] auch nicht genehmigungsfähig gewesen, weil eindeutig zu besorgen gewesen sei, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt würden. Selbst wenn dem Kläger ein Geheimnisverrat oder eine konkrete Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nicht nachgewiesen werden könne, sei zu seinen Lasten doch zu berücksichtigen, dass die Nebentätigkeit unter Ausnutzung dienstlich erlangten Wissens und ebensolcher Fähigkeiten erfolgt sei.

Erschwerend wirke ferner das heimliche Vorgehen des [X.] und die teilweise Ausübung der Nebentätigkeit in [X.]en, in denen er krankgeschrieben war, ferner [X.]auer und Häufigkeit der Tätigkeit (mehrere Aufenthalte in [X.] in der [X.] von Februar 2006 bis in das [X.] hinein) sowie schließlich das für einen hochspezialisierten Polizeibeamten in einer besonderen Vertrauensposition erhebliche disziplinarische Eigengewicht des waffenrechtlichen Verstoßes. [X.]iesen [X.] stünden keine wesentlichen Milderungsgründe gegenüber; solche lägen namentlich weder in der späteren Wiedergutmachung des verursachten finanziellen Schadens noch in der im Übrigen beanstandungsfreien [X.]ienstausübung bei überdurchschnittlichen Leistungen.

2. [X.]ie allein auf den [X.] der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 2 [X.] BW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

[X.]ie Sache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die die Beschwerde ihr mit der nachfolgenden Frage beimisst:

"Hat bei innerdienstlichen [X.]ienstvergehen das von einem Strafgericht ausgeurteilte Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten [X.]isziplinarmaßnahme dann indizielle oder präjudizielle Bedeutung, wenn das pflichtwidrige Verhalten des Beamten lediglich die von ihm gegenüber seinem [X.]ienstherrn zu wahrenden Grundpflichten (Treue- und Gehorsamspflichten) verletzt, das pflichtwidrige Verhalten des Beamten aber nicht in sein (dem [X.] entsprechendes abstrakt- und [X.]) Amt und die damit verbundene (hoheitliche) dienstliche Tätigkeit eingebunden war?"

a) [X.]iese Frage rechtfertigt eine Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie von einer unzutreffenden, dem Berufungsurteil nicht zugrunde liegenden Annahme ausgeht und sich daher in dem angestrebten Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit nicht stellen würde.

[X.]ie Frage unterstellt, das pflichtwidrige Verhalten des [X.] sei "nicht in sein (...) abstrakt- und [X.] Amt und die damit verbundene (hoheitliche) dienstliche Tätigkeit eingebunden" gewesen. [X.]ies entspricht weder den Tatsachenfeststellungen noch den darauf gegründeten rechtlichen Schlussfolgerungen des Berufungsurteils. [X.]er Verwaltungsgerichtshof ist vielmehr davon ausgegangen, dass beide Teile des vom Kläger begangenen einheitlichen [X.]ienstvergehens innerdienstlicher Natur sind und einen engen Bezug zu seiner dienstlichen Tätigkeit hatten: Hinsichtlich des Betrugs zulasten des [X.]ienstherrn hat der Verwaltungsgerichtshof dies schon deshalb bejaht, weil der Betrug sich gegen den [X.]ienstherrn gerichtet und bereits deshalb innerdienstlichen [X.]harakter habe; ergänzend mag angeführt werden, dass der (von der Beschwerde vermisste) Bezug zur konkret ausgeübten dienstlichen Tätigkeit darin besteht, dass in der Täuschung des [X.] über seine [X.]ienstfähigkeit die konkludente Behauptung liegt, er sehe sich zur Wahrnehmung seines ihm konkret zugewiesenen [X.]ienstpostens (und damit seiner als Polizeibeamter hoheitlichen Tätigkeit) gesundheitlich nicht in der Lage. Hinsichtlich des unerlaubten Besitzes von und des Umgangs mit Munition hat der Verwaltungsgerichtshof hervorgehoben, dass sie in den [X.]iensträumen stattfanden und zum Großteil Munition betrafen, die dem Kläger in amtlicher Eigenschaft anvertraut war, von ihm jedoch nicht ordnungsgemäß zurückgegeben wurde. Beides geschah im Rahmen des [X.] (und der auch hoheitlichen Tätigkeit) des [X.] als Mitglied der Bereitschaftspolizei.

b) Unabhängig davon kann der von der Beschwerde zur Untermauerung ihrer Frage angeführten Entscheidung des Senats (BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 38) nicht die Schlussfolgerung entnommen werden, die die Beschwerde aus ihr zieht.

[X.]ie Beschwerde meint, der Senat habe in dieser Entscheidung eine - gemeint ist wohl: neue - [X.]efinition solcher innerdienstlicher [X.]ienstvergehen vorgenommen, bei denen das konkret ausgeurteilte Strafmaß keine indizielle oder präjudizielle Bedeutung für die Bestimmung der [X.]isziplinarmaßnahme habe: [X.]ie Beschwerde macht der Sache nach geltend, mit der Formulierung "innerdienstliche [X.]ienstvergehen, bei welchen das pflichtwidrige Verhalten in das Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit des Beamten eingebunden war" (BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 38 Rn. 14) habe der Senat - innerhalb der Gruppe der innerdienstlichen [X.]ienstvergehen - eine (neue, eingegrenzte) Teilkategorie bezeichnet, bei denen das pflichtwidrige Verhalten des Beamten in die Wahrnehmung seiner hoheitlichen Tätigkeiten eingebunden sei, die ihm aufgrund seines [X.]es und des ihm danach übertragenen abstrakt- und [X.] zugewiesen waren. Von dieser Teilkategorie abzugrenzen sei ein pflichtwidriges Verhalten, das sich lediglich als Verstoß gegen die beamtenrechtlichen Grundpflichten (Treuepflicht, Gehorsamspflicht) im beamtenrechtlichen "[X.]" gegenüber dem [X.]ienstherrn darstelle. Lediglich für die erstgenannte Teilkategorie gelte die Aussage des Senats, dass das konkret ausgeurteilte Strafmaß keine indizielle oder präjudizielle Bedeutung für die disziplinare Maßnahmebemessung habe.

[X.]iese Ansicht geht fehl. [X.]er Senat hat in der von der Beschwerde angeführten Entscheidung keine derartige [X.]ifferenzierung oder neue Kategorisierung unternommen.

Richtig ist vielmehr, dass der Senat in Fortführung seines Urteils vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - (BVerwGE 152, 228) und mit Blick auf Formulierungen in seinem Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - (BVerwGE 154, 10) in der von der Beschwerde angeführten Entscheidung (Beschluss vom 5. Juli 2016 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 38 Rn. 13 ff.) klargestellt hat, dass dem in einem vorangegangenen Strafverfahren konkret ausgeurteilten Strafmaß eine indizielle oder präjudizielle Bedeutung für die disziplinare Maßnahmebemessung nur bei außerdienstlichen [X.]ienstvergehen zukommt, nicht dagegen bei innerdienstlichen [X.]ienstvergehen. [X.]ies hat der Senat in der Folgezeit wiederholt bekräftigt (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juni 2017 - 2 B 50.16 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 44 Rn. 10 f. und vom 27. [X.]ezember 2017 - 2 B 18.17 - NVwZ-RR 2018, 439 Rn. 18 ff.; vgl. auch [X.], in: [X.], [X.], 5. Aufl. 2017, § 77 Rn. 14 m.w.[X.]). Zur Begründung heißt es in dem Beschluss vom 21. Juni 2017 (a.a.[X.] Rn. 10 f.):

"Außerhalb seines [X.]ienstes wird vom Beamten kein wesentlich anderes Verhalten als von jedem anderen Bürger erwartet (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 14 m.w.[X.]). Angesichts der übereinstimmenden [X.] kann zur Bestimmung der Schwere eines [X.]ienstvergehens im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat daher indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Innerhalb seines [X.]ienstes unterliegt der Beamte aber anderen und zusätzlichen Bindungen. Aus dem Umstand, dass seine Pflichtverletzung in strafrechtlicher Hinsicht - also ungeachtet seiner besonderen dienstrechtlichen Verpflichtungen - keine schwerwiegende Sanktion erfahren hat, folgt daher nicht, dass dies auch für das [X.]isziplinarverfahren gelten muss. [X.]enn hier ist Anknüpfungspunkt des Vorwurfes nicht die allgemeine Rechtsstellung als gesetzesunterworfener Bürger, sondern die aus dem [X.]ienstverhältnis stammende [X.]. [X.]em von Strafgerichten ausgesprochenen Strafmaß kommt hier deshalb keine entsprechende Indizwirkung für das [X.]isziplinarverfahren zu. (...)

Insbesondere geht der Senat unverändert im Grundsatz davon aus, dass Straf- und [X.]isziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). [X.]as Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. [X.]emgegenüber ist es ausschließlich Zweck des [X.]isziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen [X.]ienstes sicherzustellen. Bei einer außerdienstlich begangenen Straftat kann zur Festlegung der Schwere des begangenen [X.]ienstvergehens, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme ist, indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 - 2 [X.] 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen [X.]ienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 38).

[X.]ies gilt aber nur für außerdienstlich begangene [X.]ienstvergehen, nicht aber für ein innerdienstliches [X.]ienstvergehen, bei dem - wie hier - das pflichtwidrige Verhalten in das Amt des Beamten und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Bei diesem hat sich die grundsätzliche Zuordnung des [X.]ienstvergehens zu einer der [X.]isziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 [X.] NW zunächst ebenfalls am gesetzlich bestimmten Strafrahmen auszurichten, um durch die Orientierung des Umfangs des [X.] an dieser Vorgabe des Gesetzgebers eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der [X.]ienstvergehen zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - NVwZ 2016, 772 Rn. 19). Ein über die bisherige Rechtsprechung des Senats hinausgehender Klärungsbedarf wird in der Beschwerdebegründung nicht entsprechend § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt.

Bei einem innerdienstlichen [X.]ienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten [X.]isziplinarmaßnahme dagegen keine 'indizielle' oder 'präjudizielle' Bedeutung zu (stRspr, BVerwG, Urteil vom 8. März 2005 - 1 [X.] 15.04 - [X.] 232 § 77 [X.] Nr. 24 S. 16)."

Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Hiernach liegt die typologische [X.]ifferenzierung allein in der Grenzziehung zwischen innerdienstlichem und außerdienstlichem [X.]ienstvergehen.

c) Eine weitergehende Typologisierung oder [X.]ifferenzierung wäre im Übrigen mit Blick auf die vom Senat angeführten Gründe auch weder nötig noch sinnvoll noch praxistauglich, zumal wenn sie nach Kriterien erfolgen würde, wie sie der Beschwerde vorschweben: Nach Ansicht der Beschwerde soll ein losgelöst von der Indizwirkung des ausgeurteilten Strafmaßes zu [X.] [X.]ienstvergehen des Beamten dann vorliegen, wenn es sich "lediglich als Verstoß gegen seine beamtenrechtlichen Grundpflichten (Treuepflicht, Gehorsamspflicht)" darstellt. Eine solche Abgrenzung dürfte jedoch in einer Vielzahl von Fällen gar nicht oder kaum möglich sein. So wird ein Verstoß des Beamten gegen eine allgemeine [X.]ienstanordnung oder gegen eine die konkrete [X.]ienstausübung betreffende Weisung zwangsläufig immer auch einen Verstoß gegen die Gehorsamspflicht und damit gegen diese beamtenrechtliche Grundpflicht bedeuten. [X.]ies gilt auch im konkreten Streitfall: [X.]enn die dem Beklagten vorgeworfene Pflichtverletzung, einer nicht angezeigten Nebentätigkeit nachgegangen zu sein, zeitweise im Krankenstand, zeitweise unter Verschweigen seiner Wiedergenesung, und damit dem [X.]ienstherrn einen Schaden zugefügt zu haben, stellt zugleich einen Verstoß gegen seine Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf, gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, gegen seine Wahrheitspflicht und gegen seine Pflicht zur Befolgung allgemeiner dienstlicher Anordnungen dar, mithin zugleich einen (vierfachen) Verstoß gegen diese Grundpflichten. [X.]er pflichtwidrige Besitz von und Umgang mit Munition stellt ebenfalls zugleich einen Verstoß gegen eben die letztgenannte Grundpflicht dar.

d) [X.]ie Frage, wann ein pflichtwidriges Verhalten als innerdienstliches oder als außerdienstliches [X.]ienstvergehen anzusehen ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, soweit die Frage einer Beantwortung in abstrakten Rechtssätzen zugänglich ist, hinreichend geklärt. [X.]ie erforderliche Abgrenzung ist nicht bloß anhand einer formellen [X.]ienstbezogenheit (zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang), sondern in erster Linie materiell danach vorzunehmen, wieweit sich das Fehlverhalten auf den Amtsbereich des Beamten ausgewirkt hat (materielle [X.]ienstbezogenheit). Hiernach liegt ein Fehlverhalten außerhalb des [X.]ienstes (nur dann) vor, wenn es weder formell in das Amt des Beamten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2001 - 1 [X.] 55.99 - BVerwGE 114, 37 <48>, vom 19. August 2010 - 2 [X.] 5.10 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 10). Zur Begründung heißt es in der erstgenannten Entscheidung (a.a.[X.]):

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats richtet sich die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichen Verfehlungen nicht entscheidend nach der formalen [X.]ienstbezogenheit, das heißt nach der engen räumlichen oder zeitlichen Beziehung zum [X.]ienst. Vielmehr kommt es in erster Linie auf die materielle [X.]ienstbezogenheit an. Abzustellen ist darauf, ob durch das Verhalten inner- oder außerdienstliche Pflichten verletzt sind. [X.]er dienstliche Bereich ist allgemein von demjenigen Lebenskreis eines Beamten abzugrenzen, in dem er von dienstlichen Pflichten frei ist, mag er auch nicht frei von jeglichen beamtenrechtlichen Verpflichtungen sein, wie sich aus § 54 Satz 3 [X.] ergibt (vgl. z.B. Urteil vom 24. November 1992 - 1 [X.] 52.91 - m.w.[X.]). Obwohl bei der Abgrenzung von inner- und außerdienstlichem Verhalten in erster Linie eine materielle Betrachtungsweise zugrunde zu legen ist, können auch formale Gesichtspunkte als Indizien herangezogen werden (vgl. Beschluss vom 17. August 2000 - 1 [X.]B 2.00 -). Für innerdienstliches Verhalten spricht ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem von dem Beamten bekleideten Amt (vgl. Urteil vom 21. Oktober 1986 - 1 [X.] 56.86 - BVerwGE 83, 237 <239> m.w.[X.]). Stellt sich das Verhalten des Beamten bei der gebotenen materiellen Betrachtung als das eines [X.] dar, ist es als ein außerdienstliches, sonst als innerdienstliches zu würdigen (vgl. Urteil vom 5. November 1968 - 1 [X.] 19.68 - BVerwGE 33, 199 <201>)."

Hiernach liegt ein Fehlverhalten außerhalb des [X.]ienstes (nur dann) vor, wenn es weder formell in das Amt des Beamten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2001 - 1 [X.] 55.99 - BVerwGE 114, 37 <48>, vom 19. August 2010 - 2 [X.] 5.10 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 10). Maßgeblich und geboten ist hiernach zweierlei: sowohl eine formelle als auch eine materielle Betrachtung. An diesen Maßstäben hat sich nichts geändert; auch die Beschwerde zeigt hierzu keinen weitergehenden Klärungsbedarf auf.

e) Lediglich ergänzend - zumal von der Beschwerde nicht gerügt - merkt der Senat klarstellend an: Zutreffend hat das Berufungsgericht den für seine Maßnahmebemessung maßgeblichen Orientierungsrahmen an der gesetzlich bestimmten Strafandrohung ausgerichtet ([X.]). [X.] ist, dass das Berufungsgericht sodann u.a. anführt, dass der vom Kläger verursachte Schaden nicht an den für eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in der Regel erforderlichen maßgeblichen Betrag von 5 000 € heranreicht ([X.] Mitte). [X.]ie damit angesprochene Rechtsfigur der Regeleinstufung wendet der beschließende Senat inzwischen nicht mehr an (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - BVerwGE 154, 10 Rn. 19 und vom 19. April 2018 - 2 [X.] 59.16 - Rn. 48 m.w.[X.] ). [X.]ie anschließenden Ausführungen des Berufungsgerichts zu den von ihm eingehend gewürdigten Erschwerungs- und Milderungsgründen zeigen indes, dass die Erwähnung der (gerade nicht erfüllten) Voraussetzungen dieser Rechtsfigur für das Ergebnis seiner Bemessungserwägungen keine (ausschlaggebende) Bedeutung gehabt hat.

3. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren streitwertunabhängig Gebühren aus den analog anzuwendenden Bestimmungen des [X.]rechts erhoben werden (BVerwG, Urteile vom 21. April 2016 - 2 [X.] 4.15 - BVerwGE 155, 6 Rn. 81 f. und - 2 [X.] 13.15 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 42 Rn. 35 f.).

Meta

2 B 5/18

28.08.2018

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 31. August 2017, Az: DL 13 S 1850/16, Urteil

§ 13 BDG, § 2 DG BW, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.08.2018, Az. 2 B 5/18 (REWIS RS 2018, 4371)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4371

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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35 K 3126/22

AN 13a D 18.02106

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