Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.02.2010, Az. 29 W (pat) 12/10

29. Senat | REWIS RS 2010, 8900

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Getränke Star (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 40 815.5

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 25. Februar 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters Dr. [X.] und der Richterin Kortge

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 9. Juni 2008 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

[X.] (rot, weiß, gelb) Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 30. Juni 2006 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klassen 5, 29, 30, 31, 32, 33 und 34, insbesondere mit Getränken, angemeldet worden. Nach einer einschränkenden Präzisierung des [X.] im Beschwerdeverfahren soll sie nunmehr für Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich Getränke und Lebensmittel, Tabakwaren und sonstige Genussmittel eingetragen werden.

3

Durch Beschluss vom 9. Juni 2008 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die [X.] Wortkombination aus dem Plural des [X.] Wortes "Getränk" und dem [X.] Begriff "Star", der in der Bedeutung "Spitzenprodukt, Spitzenleistung" auch in die [X.] eingegangen sei, im konkreten Bezug zu den beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen von den angesprochenen Verkehrskreisen als werbemäßige Anpreisung und damit als ein beschreibender Sachhinweis auf einen hervorragenden [X.], nicht aber als Hinweis auf das Unternehmen der Beschwerdeführerin verstanden werde. Es handele sich um eine einfache grafische Gestaltungsform, an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt habe. Es sei [X.], dass Begriffe in kräfti-gen Farben unterlegt würden, um Aufmerksamkeit zu erregen. [X.] werde lediglich als Qualitätshinweis verstanden.

4

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

5

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.]s vom 9. Juni 2008 aufzuheben und die Eintragung der Marke anzuordnen.

6

Zur Begründung trägt sie vor, dass nach ihrer Ansicht das angemeldete Wort-/Bildzeichen wegen der deutlich über das Maß einer reinen Wortmarke hinausgehenden grafischen Gestaltung (weißer Schriftzug in rotem Rechteck, unterbrochen von [X.] zwischen den Worten "Getränke" und "Star") in seiner Gesamtwirkung ausreichend unterscheidungskräftig sei. Ein weiteres Indiz für die Schutzfähigkeit sei der Umstand, dass die Anmelderin bereits Inhaberin der identischen, am 8. Januar 2003 eingetragenen [X.] Wort-/Bildmarke 301 66 106.6 sei, welche zwischenzeitlich zur Corporate Identity für die angeschlossenen Filialisten, den Fachhandel und den Endverbraucher geworden sei.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

8

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auch in der Sache Erfolg.

9

Der Eintragung des vorliegenden [X.] als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] steht kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 [X.], entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] [X.], 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; [X.], 608, 611 Rdnr. 66 - [X.]; [X.], 850, 854 Rdnr. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 710 Rdnr. 12 - [X.] ; [X.], 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 1093 Rdnr. 13 - [X.]; a. a. [X.] - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - [X.] 2; [X.], 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - [X.]; [X.], 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; [X.] - marktfrisch; [X.], 1153 - anti [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 854 Rdnr. 19 - [X.]; [X.], 952, 953 Rdnr. 10 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 1043, 1044 - [X.]; [X.] GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.], 855 Rdnr. 28 f. - [X.]).

Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend - entgegen der von der Markenstelle vertretenen Auffassung - nicht festgestellt werden, dass das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] unterliegt.

Die angemeldete Kombinationsmarke weist in ihrer Gesamtheit keinen für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf. Ein beschreibender Sinngehalt ihrer Einzelbestandteile wird jedenfalls durch den eigenartigen Gesamtbegriff und die originelle graphische Ausgestaltung so weit überlagert, dass der Marke in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abgesprochen werden kann.

Die angemeldete Marke setzt sich aus den Wortelementen "Getränke" und "Star" zusammen. Das Wort "Getränke" ist die Pluralform von dem der [X.] Alltagssprache angehörenden Wort "Getränk", einer zum Trinken zubereiteten Flüssigkeit ([X.] - [X.] Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Das Wort "Star" entstammt der [X.] Sprache, bedeutet als Substantiv [X.]", "berühmte (Bühnen-, Film- oder Musik-) Persönlichkeit", als Verb "brillieren", als Adjektiv "hervorragend" im Superlativ (vgl. [X.], Großwörterbuch, [X.], 2002, S. 880 f.; [X.]-Oxford - Großwörterbuch [X.], 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]) und ist in der Bedeutung "berühmte Persönlichkeit" ([X.] - [X.] Universalwörterbuch, a. a. [X.]) auch in die [X.] eingegangen, in welcher mit "Star" auch eine Vogelart ([X.] - [X.] Universalwörterbuch, a. a. [X.]) bezeichnet wird. Im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen wird die Bezeichnung "Star" auch im [X.] Sprachraum im Sinne einer Spitzenstellung dieser Dienstleistungen verstanden, also deren hervorragende Qualität herausgestellt. Sie wird daher in Verbindung mit dem Wort "Getränke" ohne weiteres als [X.]e Anpreisung von "Spitzenleistungen im [X.]" aufgefasst (vgl. auch [X.] (pat) 126/07 - [X.]; 32 W (pat) 196/03 - [X.] ). Den vorgenannten Wortbestandteilen des angemeldeten Zeichens kommt daher in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen ein beschreibender Aussagegehalt zu.

Dies allein reicht aber nicht aus, um der angemeldeten Marke die Schutzfähigkeit abzusprechen.

Zum einen ist bereits der Gesamtbegriff "Getränke Star" unterscheidungskräftig, weil er sich, wenn er in einen sachlichen Fließtext betreffend Einzelhandelsdienstleistungen im [X.] eingesetzt wird, nicht einfügt, sondern unpassend und eigentümlich wirkt (Bingener, Markenrecht, 2007, Teil 3 Rdnr. 133). Denn es kann kein sinnvoller Satz gebildet werden, in welchem die Bezeichnung "Getränke Star" nicht als Hinweis auf den Getränkemarkt eines bestimmten Anbieters, also als Herkunftshinweis, aufgefasst wird.

Zum anderen ist von dem Grundsatz auszugehen, dass einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht ([X.] GRUR 1991, 136, 137 - [X.]; [X.], 1153 - anti Kalk; [X.] [X.], 229, 233 Rdnr. 73, 74 - BioID). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der graphischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen ([X.] 1153, 1154 - anti Kalk; [X.], 710, 711 Rdnr. 20 - [X.] ). Das ist vorliegend der Fall.

Innerhalb eines roten Rechteckes stehen die Wortelemente "Getränke" und "Star" in weißen Buchstaben horizontal und vertikal versetzt zueinander und werden durch [X.], dessen linker unterer Strahl verlängert ist, voneinander getrennt. Alle drei Elemente heben sich farblich vom roten Untergrund ab, wobei [X.] aufgrund seiner zentralen Stellung besonders hervorsticht. Angesichts der weißen und daher grafisch schwächer betonten Wortelemente nimmt man in erster Linie das große knallrote Rechteck und [X.] wahr. Die Farben, [X.] in der beschriebenen besonderen Form sowie die Anordnung der Wort- und Grafikelemente vermitteln einen unverwechselbaren, charakteristischen Gesamteindruck, der geeignet ist, das Erinnerungsvermögen des Verkehrs in herkunftshinweisender Funktion zu beeinflussen.

Im Hinblick auf die markante grafische Gestaltung unterliegt die angemeldete Marke ungeachtet ihrer beschreibenden Wortelemente auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Denn es wird nicht der Schutz für eine zeichenmäßige Verwendung der Wörter "Getränke" und "Star" in jedweder Form, sondern nur in der gegebenen graphischen Gestaltung begehrt. Diese bestimmt und beschränkt zugleich den Schutzbereich der beanspruchten Bezeichnung (vgl. [X.] GRUR a. a. [X.] - [X.]).

Meta

29 W (pat) 12/10

25.02.2010

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.02.2010, Az. 29 W (pat) 12/10 (REWIS RS 2010, 8900)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8900

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Referenzen
Wird zitiert von

28 W (pat) 108/12

30 W (pat) 534/12

29 W (pat) 10/09

29 W (pat) 186/10

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