Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.02.2018, Az. II B 75/16

2. Senat | REWIS RS 2018, 13778

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Gegenstand

Prüfungsumfang des FG bei gerichtlichem AdV-Antrag, Befugnisse der Finanzbehörde im Rahmen der Spielvergnügungsteuernachschau in Hamburg


Leitsatz

1. NV: Hat die Finanzbehörde AdV nur gegen Sicherheitsleistung angeordnet, dem Steuerpflichtigen für die Erbringung der Sicherheitsleistung eine Frist gesetzt und stellt der Steuerpflichtige nach Fristablauf einen gerichtlichen AdV-Antrag, ohne die Sicherheit geleistet zu haben, ist das FG nicht auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung beschränkt, sondern hat auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer AdV zu prüfen.

2. NV: Die Finanzbehörde ist im Rahmen der Spielvergnügungsteuernachschau nach § 11 Abs. 2 HmbSpVStG berechtigt, die Spielgeräte des Spielgeräteaufstellers mit amtseigenen Geräten auszulesen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des [X.] vom 15. August 2016 1 V 41/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine KG, stellt in [X.] Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in einer Spielhalle auf.

2

Die von der Antragstellerin eingesetzten Geldspielgeräte speichern die Daten ihrer Nutzung (interne Speicherung). Diese können mit einem speziellen Gerät ausgelesen und extern (elektronisch) gespeichert werden. Die Antragstellerin legt ihren Steueranmeldungen die Daten einer solchen externen elektronischen Speicherung zugrunde, die sie dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) auch in Form von Ausdrucken zur Verfügung stellt. Es ist technisch nicht ausgeschlossen, dass bei der Datenübertragung der Inhalt der Daten manipuliert werden kann. Das Auslesen kann mit einem Löschen der internen Speicherung verbunden werden. Dabei werden die Aufzeichnungen der [X.] im Geldspielgerät für den Zeitraum vor der vorherigen Auslesung (Vorauslesezeitraum) gelöscht. Wird jedes Auslesen mit einem Löschen verbunden, kann, sofern nur entsprechend dem [X.] und Anmeldezeitraum von einem Monat ausgelesen wird, bei einer Nachschau der Datensatz für den ablaufenden Monat und für den Vormonat erkannt werden. Wird hingegen häufiger mit Löschen ausgelesen, so verringert sich der Umfang der in der Nachschau erkennbaren Vorgänge entsprechend. Nach unmittelbar aufeinander folgendem doppelten Auslesen ohne zwischenzeitliche Umsätze mit Löschen (sog. Nullauslesung) sind keine [X.] mehr intern gespeichert.

3

Die Antragstellerin las ihre Spielgeräte mehrmals im Monat aus, zum Teil mit sog. Nullauslesungen, so dass die [X.] nicht mehr für einen vollen Monat in den Geräten gespeichert waren.

4

Das [X.] führte mehrere [X.]nachschauen bei der Antragstellerin durch. Die erste Nachschau am 24. Juni 2014 erstreckte sich auf den Zeitraum 2. bis 24. Juni 2014 und ergab einen durchschnittlichen Spieleinsatz pro Tag und Gerät von 523 €. In der nachfolgenden Steueranmeldung erklärte die Antragstellerin für den Monat Juni 2014 einen um mehr als 80 % höheren Gesamtumsatz als in den fünf Vormonaten.

5

Daraufhin gab das [X.] der Antragstellerin mit Schreiben vom 27. Juni 2014 auf, zur Wahrung der Ordnungsmäßigkeit ihrer Buchführung während eines laufenden Monats ohne Löschen auszulesen und sog. "Nullauslesungen" zu unterlassen. Das [X.] wies darauf hin, dass bei einem Verstoß gegen diese Auflagen ein Zwangsgeldverfahren eingeleitet werde. Auf den Einspruch der Antragstellerin hiergegen erläuterte das [X.] mit Schreiben vom 16. März 2015, dass die Aufforderungen im Schreiben vom 27. Juni 2014 keine Verwaltungsakte darstellten und ein diesbezüglicher Rechtsschein hiermit beseitigt werde.

6

Die weiteren Nachschauen bei der Antragstellerin am 3. Dezember 2014 und am 28. Juli 2015 ergaben einen durchschnittlichen Spieleinsatz pro Tag und Gerät von 586 € (für den Zeitraum 25. November bis 2. Dezember 2014), von 520 € (für den Zeitraum 2. Dezember bis 3. Dezember 2014) und von 427 € (für den Zeitraum vom 22. bis 28. Juli 2015). Im Rahmen der ersten beiden Nachschauen lasen sowohl der Geschäftsführer der Antragstellerin als auch die Mitarbeiter des [X.] --diese mit [X.] die Geldspielgeräte aus. In der Nachschau am 28. Juli 2015 lasen die Mitarbeiter des [X.] --wiederum mit amtseigenem Gerät-- die Geldspielgeräte aus.

7

Die Antragstellerin meldete für die Monate August 2014 und November 2014 bis Juni 2015 einen Bestand von neun Spielgeräten und für die Monate September und Oktober 2014 einen Bestand von acht Spielgeräten an. Für die Monate August 2014 bis Juni 2015 errechnete sie eine [X.] von insgesamt 49.529,44 €. Dies entspricht einem durchschnittlichen Spieleinsatz pro Tag und Gerät von 339 €.

8

Im Einzelnen meldete sie beim [X.] folgende [X.] an: Für August 2014 in Höhe von 5.585,55 € (mit Anmeldung vom 8. September 2014), für September 2014 in Höhe von 4.401,21 € (mit Anmeldung vom 9. Oktober 2014), für Oktober 2014 in Höhe von 4.111,38 € (mit Anmeldung vom 3. November 2014), für November 2014 in Höhe von 4.844,72 € (mit Anmeldung vom 4. Dezember 2014), für Dezember 2014 in Höhe von 4.715,98 € (mit Anmeldung vom 8. Januar 2015), für Januar 2015 in Höhe von 4.807,30 € (mit Anmeldung vom 9. Februar 2015), für Februar 2015 in Höhe von 4.784,43 € (mit Anmeldung vom 3. März 2015), für März 2015 in Höhe von 4.376,81 € (mit Anmeldung vom 8. April 2015, für April 2015 in Höhe von 3.995,98 € (mit Anmeldung vom 8. Mai 2015), für Mai 2015 in Höhe von 4.623,51 € (mit Anmeldung vom 8. Juni 2015) und für Juni 2015 in Höhe von 3.282,57 € (mit Anmeldung vom 8. Juli 2015).

9

Am 5. November 2015 setzte das [X.] für die Monate August 2014 bis Juni 2015 durch [X.] eine gegenüber den Anmeldungen um [X.] € höhere [X.] gegen die Antragstellerin in Höhe von insgesamt [X.] € fest. Im Einzelnen setzte das [X.] [X.] in Höhe von 7.170,30 € für August 2014, in Höhe von 6.168 € für September 2014, in Höhe von 6.373,60 € für Oktober 2014, in Höhe von 6.707,70 € für November 2014, in Höhe von 6.939 € für Dezember 2014, in Höhe von 7.170,30 € für Januar 2015, in Höhe von 6.707,70 € für Februar 2015, in Höhe von 6.939 € für März 2015, in Höhe von 6.939 € für April 2015, in Höhe von 7.170,30 € für Mai 2015 und in Höhe von 6.939 € für Juni 2015 fest. Dabei ging das [X.] von einem durchschnittlichen Spieleinsatz pro Tag und Gerät von 514 € aus. Das [X.] begründete die Schätzungen u.a. damit, dass die Antragstellerin gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung verstoßen habe, indem sie die Spielgeräte mehrmals im Monat mit Löschen ausgelesen habe. Zudem gebe es aufgrund der Nachschauen konkrete Anhaltspunkte, die an der Höhe der den Anmeldungen zugrundeliegenden Spieleinsätze zweifeln ließen.

Mit Schreiben vom 19. November 2015 legte die Antragstellerin gegen die [X.] vom 5. November 2015 Einspruch ein. Über die Einsprüche ist noch nicht entschieden. Das [X.] ordnete im Hinblick auf das beim [X.] ([X.]) anhängige Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der [X.]ischen [X.] (II R 21/15) das Ruhen des Verfahrens an.

Zugleich mit der Einspruchseinlegung beantragte die Antragstellerin beim [X.] die Aussetzung der Vollziehung ([X.]). Mit Bescheid vom 30. November 2015 gewährte das [X.] die beantragte [X.] im Umfang von [X.], jedoch nur unter der aufschiebenden Bedingung der Erbringung einer Sicherheitsleistung bis zum 31. Dezember 2015.

Daraufhin stellte die Antragstellerin, die bis zum 31. Dezember 2015 keine Sicherheit geleistet hatte, am 9. Februar 2016 einen Antrag auf gerichtliche [X.] ohne Sicherheitsleistung. Die [X.] der [X.] sei nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Es bestünden keine konkreten Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Steueranspruchs. Zudem seien die angefochtenen Steuerbescheide offensichtlich rechtswidrig.

Das Finanzgericht ([X.]) lehnte die [X.] ab. Bei einem Antrag, der auf [X.] ohne Sicherheitsleistung gerichtet ist, sei das [X.] nicht auf die Überprüfung der Voraussetzungen für die Anordnung einer Sicherheitsleistung beschränkt. Es habe vielmehr auch die Voraussetzungen für eine [X.] zu prüfen. Eine [X.] sei im Streitfall nicht aufgrund ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des [X.]ischen [X.]gesetzes (HmbSpVStG) zu gewähren gewesen, da die Antragstellerin das insoweit vom [X.] geforderte besondere Interesse an der [X.] nicht dargelegt habe. Auch im Übrigen bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide. Eine Schätzungsbefugnis des [X.] ergebe sich aus § 162 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung ([X.]), da die Antragstellerin durch das mehrmalige Auslesen und Löschen der [X.] innerhalb eines Monats gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung nach den §§ 140 bis 148 [X.] verstoßen habe. Eine Schätzungsbefugnis sei auch deshalb gegeben, weil die vom [X.] durchgeführten Nachschauen berechtigt gewesen seien und erhebliche Abweichungen von den Buchführungsdaten der Antragstellerin ergeben hätten. Auch aus diesem Grunde sei die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung widerlegt. Schließlich seien die Schätzungen auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insbesondere seien drei Nachschauen und die Nachschauzeiträume von insgesamt über 30 Tagen ausreichend für die Schätzung der Spieleinsätze für elf Monate gewesen. Das [X.] habe im Rahmen der Nachschauen verschiedene Monatsphasen berücksichtigt und nicht lediglich die [X.] am Monatsanfang ausgelesen. Saisonale Unterschiede seien beachtet worden. Die Berücksichtigung weiterer acht gesetzlicher Feiertage und eines [X.] statt --wie vom [X.] angenommen-- 22 Tagen für die Ermittlung des Durchschnittswerts der ersten Nachschau würde lediglich zu einer Abweichung von 3,5 % zugunsten der Antragstellerin führen. Diese Abweichung liege jedoch im zulässigen Schätzrahmen und würde die erhebliche Abweichung des in den Nachschauen ermittelten durchschnittlichen Spieleinsatzes (514 € pro Tag und Gerät) vom tatsächlich angemeldeten durchschnittlichen Spieleinsatz (339 € pro Tag und Gerät) in Höhe von 52 % nicht erklären. In neun der von der Schätzung betroffenen elf Anmeldungszeiträume habe die Abweichung mehr als 40 % betragen. Der [X.]-Beschluss ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2016, 1797.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. September 2016 Beschwerde eingelegt. Dieser half das [X.] nicht ab.

Die Antragstellerin macht geltend, die Prüfung der Voraussetzungen der [X.] sei nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem [X.] gewesen. Der Prüfungsumfang des [X.] sei auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung beschränkt gewesen. Darüber hinaus bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, da das [X.] keine Schätzungsbefugnis nach § 162 [X.] gehabt habe und die Schätzungen auch der Höhe nach nicht korrekt seien. Insbesondere ergebe sich aus den §§ 140 bis 148 [X.] und den §§ 10 und 11 HmbSpVStG kein Verbot, die [X.] vor Ablauf eines zusammenhängenden Monats zu löschen. Die Daten dürften extern gespeichert werden. Zudem könne sich das [X.] nicht auf eine Verletzung der Buchführungspflichten berufen, da es die gegenüber der Antragstellerin mit Schreiben vom 27. Juni 2014 erlassene Auflage, die [X.] nicht vor Ablauf eines Monats zu löschen, mit Schreiben vom 16. März 2015 zurückgenommen habe. Das [X.] habe seine Befugnisse im Rahmen der [X.]nachschau überschritten, indem es die Spielgeräte der Antragstellerin mit eigenen, mitgebrachten Geräten ausgelesen habe. Dieses Vorgehen sei von § 147 Abs. 6 Satz 1 und 2 [X.] nicht gedeckt. Zudem seien die Schätzungen zu hoch, da Schwankungen aufgrund von Tages-, Wochen- und Jahreszeiten nicht berücksichtigt worden seien.

Eine [X.] sei auch deshalb zu gewähren, weil die Verfassungsmäßigkeit der [X.]ischen [X.] in Zweifel stehe. Dies zeige zum einen das beim [X.] zu dieser Frage anhängige Verfahren II R 21/15 und zum anderen das Urteil des [X.] vom 24. Februar 2016  5 A 251/10 (juris) betreffend die Verfassungswidrigkeit der Leipziger [X.]. Auch wegen des vom [X.] angeordneten Ruhens des [X.] der Antragstellerin sei [X.] zu gewähren. Eine Sicherheitsleistung habe nicht angeordnet werden dürfen, da keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Steueranspruchs bestünden und die Schätzungsbescheide offensichtlich rechtswidrig seien.

Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung der [X.]bescheide vom 5. November 2015 für die Monate August 2014 bis Juni 2015 ab Antragstellung beim [X.] am 9. Februar 2016 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung im Umfang von insgesamt [X.] ohne Sicherheitsleistung auszusetzen. Im Einzelnen beantragt sie die [X.] der Bescheide in Höhe von 1.584,75 € für August 2014, in Höhe von 1.766,79 € für September 2014, in Höhe von 2.262,22 € für Oktober 2014, in Höhe von 1.862,98 € für November 2014, in Höhe von 2.223,03 € für Dezember 2014, in Höhe von 2.363 € für Januar 2015, in Höhe von 1.923,27 € für Februar 2015, in Höhe von 2.562,19 € für März 2015, in Höhe von 2.943,02 € für April 2015, in Höhe von 2.546,79 € für Mai 2015 und in Höhe von 3.656,43 € für Juni 2015.

Darüber hinaus beantragt die Antragstellerin, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zur Entscheidung des [X.] über den Aussetzungsantrag aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Es sei berechtigt gewesen, die Buchführung der Antragstellerin zu verwerfen und die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Die Antragstellerin habe gegen ihre gesetzlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten verstoßen. Die in den Spielgeräten erzeugten elektronischen Daten müssten in den Spielgeräten mindestens für einen zusammenhängenden Monat gespeichert werden, da der Anmeldezeitraum der [X.] einen Monat betrage und eine Überprüfung der Daten sonst nicht möglich sei. Ein Löschen der Daten sei technisch auch erst nach Ablauf von 90 Tagen Spielbetrieb erforderlich. Durch die Art der Aufbewahrung der Daten müsse zudem eine Manipulationsmöglichkeit ausgeschlossen sein. Die Unveränderbarkeit der Daten müsse etwa durch den Einsatz eines kryptographischen Verfahrens wie INSIKA (integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme) gewährleistet werden. Dies ergebe sich aus den §§ 145 f. [X.] sowie dem Schreiben des [X.] vom 14. November 2014 (BStBl I 2014, 1450, Abschn. 8, [X.] 108 ff.). Das [X.] habe die Antragstellerin nicht mit Schreiben vom 16. März 2015 von ihrer Buchführungspflicht befreit. Die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ergäben sich vielmehr aus dem Gesetz. Aus den [X.]nachschauen bei der Antragstellerin hätten sich Hinweise darauf ergeben, dass die Steueranmeldungen der Antragstellerin zu niedrig seien. Das [X.] habe seine Befugnisse im Rahmen der [X.]nachschau durch das Auslesen der Spielgeräte der Antragstellerin mit eigenen Geräten nicht überschritten. Die Befugnis hierzu ergebe sich aus der Begründung zum Gesetzentwurf des [X.]ischen [X.]gesetzes. Die Schätzung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insbesondere seien drei Nachschauen zu unterschiedlichen Zeiten ausreichend. Diese hätten nicht nur zu Monatsbeginn stattgefunden. Die Nachschauen hätten erheblich höhere Spieleinsätze je Spielgerät ergeben, als angemeldet gewesen seien.

Die Antragstellerin hat die in den angefochtenen Steuerbescheiden festgesetzte Steuerschuld nach Einreichung der Beschwerde bezahlt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Das [X.] hat zutreffend die von der Antragstellerin beantragte [X.] der angefochtenen Steuerbescheide vom 5. November 2015 für die Monate August 2014 bis Juni 2015 über [X.] abgelehnt.

1. Das [X.] hat sich zu Recht --entgegen der Auffassung der [X.] nicht auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung beschränkt, sondern auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer [X.] nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) geprüft. Diese Prüfung war rechtmäßig. In Fällen, in denen die Finanzbehörde nach § 361 [X.] eine [X.] nur gegen Sicherheitsleistung anordnet und dem Steuerpflichtigen für die Erbringung der Sicherheitsleistung eine Frist setzt, hat das [X.] auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der [X.] zu prüfen, wenn im Zeitpunkt der Stellung des gerichtlichen [X.]-Antrags nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O die Frist bereits (erfolglos) abgelaufen war.

Dies folgt aus der Rechtsnatur der Anordnung einer Sicherheitsleistung. Bei dieser handelt es sich um eine unselbständige Nebenbestimmung, die der Aussetzungsentscheidung als aufschiebende Bedingung (vgl. § 120 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) beigefügt wird. Die Wirkungen der [X.] treten nur und erst dann ein, wenn der Steuerpflichtige die Sicherheit leistet (vgl. [X.] vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, [X.], 1, [X.], 536, unter [X.], m.w.N.). Erbringt der Steuerpflichtige innerhalb der von der Finanzbehörde gesetzten Frist die Sicherheitsleistung dagegen nicht, geht die getroffene Verfügung der Finanzbehörde ins Leere. Stellt der Steuerpflichtige nach Fristablauf einen gerichtlichen [X.]-Antrag nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O, der auf [X.] des angefochtenen Verwaltungsakts ohne Sicherheitsleistung gerichtet ist, muss das [X.] deshalb über die Tatbestandsvoraussetzungen der [X.] insgesamt entscheiden (vgl. [X.] vom 30. August 1989 I B 39/89, [X.] 1990, 161, unter [X.], und vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, [X.], 174, unter [X.]; vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 69 [X.]O Rz 411). Aus den [X.]n vom 4. Februar 1998 VIII S 6/97 ([X.] 1998, 987) und vom 7. Mai 2008 IX S 26/07 ([X.] 2008, 1498) ergibt sich nichts anderes. Diesen Beschlüssen lagen andere Sachverhalte zugrunde. Zwar hatten in diesen Fällen die Finanzbehörden die Gewährung der [X.] auch jeweils von der Erbringung einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Sie hatten aber für die Erbringung der Sicherheitsleistung keine Frist gesetzt.

2. Der Antrag der Antragstellerin auf [X.] bzw. Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O ist zulässig.

a) Der Antrag der Antragstellerin, die Vollziehung der Steuerbescheide vom 5. November 2015 für die Monate August 2014 bis Juni 2015 über [X.] ab Antragstellung beim [X.] am 9. Februar 2016 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in Höhe von insgesamt 25.694,47 € ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, ist als Antrag auf Aufhebung der Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O ab Fälligkeit auszulegen.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]O kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Ist der Verwaltungsakt, dessen Rechtswidrigkeit der Antragsteller geltend macht, bereits vollzogen, kommt nach § 69 Abs. 3 Satz 3 [X.]O nur noch die Aufhebung der Vollziehung in Betracht. Im Streitfall sind die angefochtenen Steuerbescheide bereits durch Zahlung der streitigen Steuerforderungen durch die Antragstellerin vollzogen. Es kommt daher nur (noch) ein Antrag auf Aufhebung der Vollziehung in Betracht.

b) Die besondere Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 [X.]O ist erfüllt. Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 [X.]O ist der Antrag nach Abs. 3 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf [X.] ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Eine teilweise Ablehnung durch die Finanzbehörde liegt z.B. vor, wenn --wie im [X.] das [X.] eine uneingeschränkt beantragte [X.] nur gegen Sicherheitsleistung bewilligt hat (vgl. [X.] vom 1. September 2010 XI S 6/10, [X.] 2010, 2140, Rz 16, m.w.N.). Die besondere Zugangsvoraussetzung nach § 69 Abs. 4 [X.]O erfasst auch einen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.] vom 12. März 2013 XI B 14/13, [X.], 223, [X.], 390, Rz 13, m.w.N.).

3. Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 [X.]O ist jedoch unbegründet. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide.

a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 [X.]O soll die Aufhebung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat.

Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Verfahren über die Aufhebung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der Aufhebung der Vollziehung ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe i.S. einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.] vom 8. Februar 2017 X B 138/16, [X.] 2017, 579, Rz 32, m.w.N.).

b) Zu den ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts gehören auch ernstliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit eines Gesetzes selbst, auf dem die Steuerfestsetzung beruht. Denn auch die vollziehende Gewalt ist nach Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 des Grundgesetzes an Gesetz und Recht, insbesondere an die Grundrechte gebunden. Hat jedoch ein oberstes [X.] die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes ausdrücklich bejaht, liegen ernstliche Zweifel im Allgemeinen nicht vor (vgl. [X.] vom 21. September 1988 V B 137/87, [X.] 1989, 271, m.w.N.; Urteil des [X.] vom 21. Februar 1961  1 BvR 314/60, [X.] 12, 180, BStBl I 1961, 63, unter B.II.).

Bei ernstlichen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes setzt die [X.] bzw. Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O wegen des [X.] jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich voraus, dass ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht, dem der Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt (vgl. [X.] vom 2. März 2017 II B 33/16, [X.], 27, [X.], 646, Rz 22, m.w.N.). Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Dabei kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer [X.] bzw. Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an. Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des [X.] bestehenden Geltungsanspruch jedes formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzes ist der Vorrang einzuräumen, wenn die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen würde, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids im Einzelfall eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen sind und der Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat (vgl. [X.] in [X.], 27, [X.], 646, Rz 23, m.w.N.).

4. Entsprechend diesen Grundsätzen ist die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Schätzbescheide nicht ernstlich zweifelhaft.

a) Die Vollziehung war --wie das [X.] zutreffend entschieden [X.] nicht im Hinblick auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit des Hamburgischen [X.]gesetzes und das hierzu beim [X.] anhängige Verfahren II R 21/15 aufzuheben. Dies folgt zum einen daraus, dass der [X.] mit Urteil vom 7. Dezember 2011 II R 51/10 ([X.] 2012, 790) die Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen [X.]gesetzes ausdrücklich bejaht hat. Zum anderen würde die Aufhebung der Vollziehung im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes, nämlich des Hamburgischen [X.]gesetzes führen. Dieses Gesetz ist formell verfassungsgemäß zustande gekommen und kann daher bis zu einer Entscheidung des [X.] Geltung beanspruchen. Die Antragstellerin hat kein besonderes berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, dem Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt.

b) Das durch das [X.] im Hinblick auf das beim [X.] anhängige Verfahren II R 21/15 angeordnete Ruhen des [X.] stellt für sich genommen [X.] als die Antragstellerin [X.] ebenfalls keinen Grund für eine Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O dar.

c) Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer [X.] bzw. Aufhebung der Vollziehung auch nicht aus anderen Gründen vorliegen.

aa) Das [X.] durfte die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2, § 158 [X.] i.V.m. § 1 Nr. 1 des [X.] wegen sachlicher Unrichtigkeit der Buchführung der Antragstellerin schätzen. Das [X.] war aufgrund der in den drei Nachschauen gewonnenen Auslesedaten berechtigt, die Buchführung der Antragstellerin sachlich zu verwerfen. Hierzu durfte es die mit amtseigenen Geräten ermittelten Auslesedaten der Nachschauen heranziehen, da es nach § 11 Abs. 2 HmbSpVStG berechtigt war, die Spielgeräte der Antragstellerin mit einem eigenen Gerät auszulesen. Auf die Frage, ob die Buchführung der Antragstellerin formell ordnungsgemäß war, kommt es im Streitfall deshalb nicht mehr an.

(1) Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann (sog. Vorrang der Sachverhaltsermittlung und -feststellung, vgl. [X.] vom 13. Juli 2010 V B 121/09, [X.] 2010, 2015, Rz 5). Liegt diese Voraussetzung vor, hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Ein Ermessen besteht insoweit nicht.

§ 162 Abs. 2 [X.] konkretisiert die wichtigsten Schätzungsanlässe, ist jedoch nicht abschließend (vgl. Wortlaut "insbesondere"; vgl. auch [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 162 [X.] Rz 32; [X.]/Rüsken, [X.], 13. Aufl., § 162 Rz 21). Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 [X.] i.V.m. § 158 [X.] sind die Besteuerungsgrundlagen insbesondere dann zu schätzen, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 [X.] zugrunde gelegt werden. Nach § 158 [X.] sind die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 [X.] entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass ist, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. § 158 [X.] begründet eine Rechtsvermutung zugunsten der sachlichen Richtigkeit der Buchführung. Das Ergebnis einer formell ordnungsgemäßen Buchführung ist nur insoweit nicht der Besteuerung zugrunde zu legen, als die Vermutung des § 158 [X.] von der Finanzbehörde widerlegt wird (vgl. [X.] in [X.] 2010, 2015, Rz 4). Aufgrund von Einzelprüfungen wird die sachliche Richtigkeit einer formell ordnungsgemäßen Buchführung erschüttert, wenn nachgewiesen wird, dass einzelne Geschäftsvorfälle nicht oder sachlich unrichtig in der Buchführung dargestellt sind. Die Einzelprüfung kann insofern den zwingenden Beweis dafür liefern, dass das Ergebnis der Buchführung sachlich nicht richtig ist. Sofern lediglich Zweifel an der ordnungsmäßigen Verbuchung einzelner Geschäftsvorfälle bestehen, hängt das weitere Verfahren davon ab, ob der Steuerpflichtige seiner Mitverantwortung für die Sachverhaltsaufklärung nachkommt (vgl. [X.] vom 21. April 2005 [X.], juris; [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 158 [X.] Rz 15).

(2) Nach § 11 Abs. 1 HmbSpVStG können zur Sicherstellung einer gleichmäßigen und vollständigen Festsetzung und Erhebung der [X.] die Mitarbeiter der zuständigen Behörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung [X.] und Geschäftsräume von in § 3 HmbSpVStG genannten Personen (Aufsteller der Spielgeräte und Inhaber des Aufstellungsortes) während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können ([X.]nachschau). Nach § 11 Abs. 2 HmbSpVStG haben die in § 3 genannten Personen und die von ihnen betrauten Personen auf Verlangen der Mitarbeiter Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Unterlagen vorzulegen, Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Verrichtungen an den Spielgeräten vorzunehmen, damit die Feststellungen ermöglicht werden.

(3) Der Wortlaut des § 11 Abs. 2 HmbSpVStG ist so zu verstehen, dass auch die Mitarbeiter der Finanzbehörde im Rahmen der Nachschau die Spielgeräte mit eigenen Geräten auslesen dürfen. Die Gesetzesformulierung "damit die Feststellungen ermöglicht werden" richtet sich primär an die Mitarbeiter der Finanzbehörden, die nach § 88 Abs. 1 Satz 1 [X.] den Sachverhalt zu ermitteln haben. Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Norm, eine zeitnahe und kursorische Kontrolle zu gewährleisten (vgl. Bürgerschaft der [X.], Drucks 18/2662, 8, zu § 11 HmbSpVStG).

Eine solche Kontrollmöglichkeit wäre nicht in der erforderlichen Weise gegeben, wenn die Mitarbeiter der Finanzbehörde die Spielgeräte nicht mit eigenen Geräten auslesen dürften. Zudem ist vorgeschrieben, dass die Geldspielgeräte eine Auslesung ermöglichen müssen. So haben nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 der Spielverordnung die Spielgeräte eine Kontrolleinrichtung zu enthalten, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. Geldspielgeräte ohne diese Bauart dürfen nicht zugelassen werden.

§ 147 Abs. 6 Satz 1 [X.] steht dieser Auslegung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift hat die Finanzbehörde, wenn nach § 146 Abs. 1 [X.] aufzubewahrende Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen. § 11 Abs. 2 HmbSpVStG geht § 147 Abs. 6 Satz 1 [X.], der seinem Wortlaut nach ein unmittelbares Zugriffsrecht der Finanzbehörden auf elektronische Daten nur für die Außenprüfung vorsieht, als Spezialnorm vor.

(4) Entsprechend diesen Grundsätzen waren die Buchführung und die Aufzeichnungen der Antragstellerin nicht gemäß § 158 [X.] der Besteuerung zugrunde zu legen. Die vom [X.] durchgeführten Nachschauen ergaben einen um 52 % höheren durchschnittlichen Spieleinsatz pro Tag und Spielgerät als die Antragstellerin angemeldet hatte. In neun der von der Schätzung betroffenen Anmeldungszeiträume betrugen die Abweichungen der bei der Nachschau festgestellten Spieleinsätze von den angemeldeten Spieleinsätzen mehr als 40 %. Da die Antragstellerin diese erheblichen Abweichungen nicht erklären konnte, ist durch die Nachschauen die sachliche Unrichtigkeit der Buchführung belegt. Das [X.] durfte die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 i.V.m. § 158 [X.] schätzen. Die Ergebnisse der drei Nachschauen sind verwertbar. Insbesondere steht der Verwertbarkeit nicht entgegen, dass das [X.] im Rahmen nicht nur der dritten Nachschau die Spielgeräte der Antragstellerin mit einem eigenen Gerät [X.]. Nach § 11 Abs. 2 HmbSpVStG war das [X.] hierzu berechtigt. Hinsichtlich der ersten zwei Nachschauen ist davon auszugehen, dass die Auslesedaten des [X.] und des Geschäftsführers der Antragstellerin übereinstimmten, da die Antragstellerin nichts Gegenteiliges vorgetragen hat. Es hätte der Antragstellerin im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 1 Satz 1 [X.] oblegen, Gegenteiliges vorzutragen.

bb) Da das [X.] bereits nach § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 [X.] wegen sachlicher Unrichtigkeit der Buchführung zur Schätzung berechtigt war, kann dahinstehen, ob das [X.] die Besteuerungsgrundlagen auch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2, § 158, § 146 Abs. 4 [X.] wegen formeller Mangelhaftigkeit der Buchführung schätzen durfte. Darauf, ob die Antragstellerin gegen § 146 Abs. 4 [X.] verstieß, indem sie die in den Spielgeräten gespeicherten elektronischen Daten vor Ablauf eines zusammenhängenden Monats [X.], löschte und extern (elektronisch) speicherte und bei der Datenübertragung die Möglichkeit einer Manipulation der Daten nicht ausgeschlossen war, kommt es im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht (mehr) an.

Daher ist auch nicht mehr darauf einzugehen, welche Bedeutung den Schreiben des [X.] vom 27. Juni 2014 und vom 16. März 2015 zukommt.

cc) An der Rechtmäßigkeit der Schätzungsbescheide bestehen auch der Höhe nach keine ernstlichen Zweifel.

(1) Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind gemäß § 162 Abs. 1 Satz 2 [X.] alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Die gewonnenen Schätzungsergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Deshalb sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des der Finanzbehörde Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln (vgl. [X.]-Urteil vom 15. April 2015 VIII R 49/12, juris, Rz 19). Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 5. Juni 2003 IV R 36/02, [X.]E 202, 395, [X.] 2003, 871, unter I[X.]b). Dabei erscheint eine Schätzung nicht schon deswegen als rechtswidrig, weil sie von den tatsächlichen Verhältnissen abweicht. Solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Schätzung erweist sich vielmehr erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt (vgl. [X.]-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, [X.]E 169, 503, [X.] 1993, 259, unter 2.b). In einem Streitverfahren müssen die Schätzungsgrundlagen von der Finanzbehörde so dargelegt werden, dass ihre Nachprüfbarkeit möglich ist. Das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung muss auf Schlüssigkeit hin kontrollierbar sein (vgl. [X.]-Urteil vom 14. Dezember 2011 XI R 5/10, [X.] 2012, 1921, Rz 24).

Die Schätzung ist vom Gericht voll überprüfbar, weil sie keine Ermessensentscheidung darstellt (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, [X.]E 197, 68, [X.] 2004, 171, unter [X.]). Dies gilt auch für den [X.] im Beschwerdeverfahren. Der [X.] ist insoweit Tatsacheninstanz und anders als im Revisionsverfahren nicht an die tatsächlichen Feststellungen des [X.] gebunden (vgl. [X.] vom 20. Juli 2012 V B 82/11, [X.]E 237, 545, [X.] 2012, 809, Rz 31).

(2) Entsprechend diesen Grundsätzen kam das [X.] zutreffend zu dem Ergebnis, dass die Rechtmäßigkeit der Schätzungsbescheide auch der Höhe nach nicht ernstlich zweifelhaft ist.

Das [X.] hat aufgrund der drei Nachschauen am 24. Juni 2014, 3. Dezember 2014 und 28. Juli 2015 einen durchschnittlichen Spieleinsatz von 514 € pro Tag und Geldspielgerät ermittelt und sich hieran bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Steuerbescheide August 2014 bis Juni 2015 orientiert. Es hat die Schätzungsgrundlage im jeweiligen Bescheid dargelegt. Anders als die Antragstellerin meint, sind drei Nachschauen mit einem Nachschauzeitraum von insgesamt mehr als 30 Tagen für die Schätzung der Spieleinsätze in einem Zeitraum von elf Monaten ausreichend. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund anzunehmen, dass das [X.] unterschiedliche Monatsphasen und Jahreszeiten (Juni, Juli und Dezember) gewählt hat. Saisonale Unterschiede wurden damit berücksichtigt. Zwar ist es zutreffend, dass das [X.] im Rahmen der Schätzung insgesamt zu wenig gesetzliche Feiertage berücksichtigt hat. Zudem hat es der Berechnung des [X.]es aus der ersten Nachschau statt eines [X.] von 23 Tagen einen Nachschauzeitraum von nur 22 Tagen zugrunde gelegt. Dies führt aber im Ergebnis nur zu einer Abweichung von 3,5 % des ermittelten [X.]es zugunsten der Antragstellerin. Angesichts des Umstandes, dass der in den Nachschauen ermittelte [X.] den tatsächlich angemeldeten durchschnittlichen Spieleinsatz um 52 % übersteigt, fällt die Abweichung von 3,5 % nicht ins Gewicht. Diese liegt innerhalb des zulässigen Schätzungsrahmens und führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Schätzung.

5. Die Vollziehung ist auch nicht nach § 69 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O wegen einer unbilligen Härte aufzuheben. Die Antragstellerin hat die streitigen Steuerforderungen bereits bezahlt. Deshalb ist davon auszugehen, dass ihr durch die Nichtaufhebung der Vollziehung keine wirtschaftlichen Nachteile drohen. Eine Aufhebung der Vollziehung wegen unbilliger Härte scheidet zudem auch deshalb aus, weil Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht bestehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.] vom 26. Oktober 2011 I S 7/11, [X.] 2012, 583, Rz 12).

6. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II B 75/16

19.02.2018

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 15. August 2016, Az: 1 V 41/16, Beschluss

§ 146 Abs 4 AO, § 147 Abs 6 S 1 AO, § 158 AO, § 162 AO, § 69 FGO, § 10 SpVStG HA, § 11 Abs 2 SpVStG HA, § 69 Abs 3 S 3 FGO, § 69 Abs 3 S 1 FGO, § 69 Abs 2 S 2 FGO, § 162 Abs 2 S 2 Alt 2 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.02.2018, Az. II B 75/16 (REWIS RS 2018, 13778)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13778

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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