Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2004, Az. IXa ZB 326/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2276

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS [X.]
vom 16. Juli 2004 in dem [X.]erteilungsverfahren

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein _____________________

ZPO §§ 732, 767

Liegen die Voraussetzungen einer [X.]erinnerung nach § 732 ZPO und einer [X.] in entsprechender Anwendung des § 767 ZPO vor, so hat der Schuldner ein Wahlrecht.

[X.], Beschluß vom 16. Juli 2004 - [X.] - [X.]

AG Essen

- 2 -

[X.] des [X.] hat durch den [X.], die Richter [X.], v. [X.], die Richterinnen Dr. [X.] und [X.]

am 16. Juli 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des [X.] vom 2. Dezember 2003 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.

Wert: 170.601,23 •

Gründe:

[X.] Der Schuldner, vertreten durch die [X.]-GmbH, diese vertre-ten durch den [X.], übernahm gegenüber der den Erwerb eines Wohnungserbbaurechts finanzierenden Rechtsvorgängerin der Gläubigerin in Höhe eines Betrages von 333.667 DM (= 170.601,23 •) die persönliche Haftung und unterwarf sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Bei der [X.] am 14. März 1996 lagen dem Notar Ausfertigungen der nota-riellen Vollmachten vor, die der Urkunde in beglaubigter Abschrift als [X.] beigefügt wurden. Der Schuldner wendet sich gegen die der Gläubi-gerin zur Urkunde vom 14. März 1996 erteilten [X.], weil die [X.] -

werfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung auf einer unwirksamen Vollmacht beruhe und daher kein ordnungsgemäßer Titel errichtet [X.] sei. Das Amtsgericht hat seiner Erinnerung stattgegeben, das [X.] sie auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin [X.]. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde des Schuldners.

I[X.] Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Der Schuldner, der - wie hier - die Wirksamkeit eines nach Form und Inhalt vollstreckungsfähigen Titels mit materiell-rechtlichen Einwendungen angreife, müsse eine Voll-streckungsgegenklage in entsprechender Anwendung des § 767 ZPO er-heben, ohne daß ihm daneben auch die [X.]erinnerung zur Verfügung stehe. Allein im Verfahren der [X.] könne eine um-fassende und abschließende Klärung der materiellen Rechtslage erfol-gen. Es könne daher für das vorliegende Verfahren offenbleiben, ob die der [X.]-GmbH erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das [X.] unwirksam sei, sich dies auf die Wirksamkeit der den Schuldtitel bildenden Urkunde vom 14. März 1996 auswirke und ob der Schuldner nach § 242 BGB gehindert sei, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen, weil er sich gegenüber der Rechtsvorgängerin der Gläubige-rin im Darlehensvertrag zur Abgabe einer persönlichen [X.] verpflichtet habe.
- 4 -

Die Rechtsbeschwerde hält dem entgegen, [X.]erinnerung und [X.] hätten unterschiedliche Rechtsschutzziele. Bei der Erinnerung gehe es darum, die Unzulässigkeit der [X.] aus der [X.] zu erreichen, während bei der [X.] über die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel selbst entschieden werde. Das gelte auch für die von der höchst-richterlichen Rechtsprechung entwickelte erweiterte [X.] in entsprechender Anwendung des § 767 ZPO, die es ermögli-che, im Klagewege formelle Einwendungen gegen den Titel [X.]. Zwischen beiden Verfahren habe der Schuldner die Wahl; für ver-gleichbare Fälle sehe § 768 ZPO ein solches Wahlrecht ausdrücklich vor. Im [X.]erteilungsverfahren habe das zuständige Organ den Nachweis einer wirksamen prozessualen Vollmacht zu prüfen. Der zwischen dem Schuldner und der [X.]-GmbH geschlossene Geschäftsbesorgungs-vertrag sei wegen Verstoßes gegen das [X.] nichtig (§ 134 BGB). Dieser Mangel erfasse die Vollmacht; die dazugehörigen Umstände ergäben sich unmittelbar aus der notariellen Urkunde selbst.

2. Der Standpunkt des [X.] ist im Ergebnis richtig.

a) Allerdings ist der Rechtsbeschwerde darin zuzustimmen, daß es dem Schuldner freisteht, ob er eine [X.] in ent-sprechender Anwendung des § 767 ZPO erhebt oder sich für die Klau-selerinnerung entscheidet. Mit dem Verfahren nach § 732 ZPO kann der Schuldner Einwendungen gegen eine dem Gläubiger erteilte [X.] er-heben, die Fehler formeller Art zum Gegenstand haben. Dazu gehört die Einwendung, die gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO abgegebene Unterwer-fungserklärung sei auf eine unwirksame Vollmacht zurückzuführen; denn - 5 -

dies betrifft die Frage, ob ein ordnungsgemäßer Titel geschaffen worden ist. Nach der früheren Rechtsprechung stand dem Schuldner in diesen Fällen sogar ausschließlich die [X.]erinnerung zur Verfügung; das Vorliegen eines wirksamen Titels wiederum war prozessuale Vorausset-zung für die Erhebung einer [X.] ([X.]Z 15, 190, 191; 22, 54, 65; [X.], Urteil vom 21. Mai 1987 - [X.] - [X.], 1232 unter 2 und 3; Nichtannahmebeschlüsse vom 17. September 1987 - [X.] - [X.] Dat Zivil; vom 6. Oktober 1988 - [X.] - [X.] Dat Zivil unter 1).

Dieser prinzipielle Vorrang der [X.]erinnerung ist in der neue-ren Rechtsprechung weitgehend aufgegeben worden. Die Möglichkeit ei-ner [X.]erinnerung steht der Zulässigkeit der Vollstreckungsabwehr-klage nicht mehr grundsätzlich entgegen ([X.]Z 92, 347, 348; 118, 229, 232 ff.; [X.], Urteile vom 3. Dezember 1987 - [X.] - [X.], 109; vom 21. April 1999 - [X.] - NJW-RR 1999, 1080, [X.]); jedenfalls ist es statthaft, mit der [X.] eine weitere Klage in entsprechender Anwendung des § 767 ZPO zu [X.], deren Streitgegenstand die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels ist. Damit kann auch im Klageverfahren - und nicht nur mit der [X.]erin-nerung - ein formell-rechtlicher Einwand gegen den Vollstreckungstitel geltend gemacht werden. Würde der Vollstreckungsschuldner ausnahms-los auf den Weg der [X.]erinnerung verwiesen, wäre er einem erheb-lichen Risiko ausgesetzt. Wird nämlich die Vollstreckungsabwehrklage wegen Unwirksamkeit des Titels als unzulässig verworfen, so ist das Vollstreckungsgericht in einem nachfolgenden [X.]erinnerungsverfah-ren an diese Rechtsauffassung nicht gebunden. Der [X.] liefe dann Gefahr, in beiden Verfahren zu unterliegen. Zudem - 6 -

beseitigt die Vollstreckungsabwehrklage die Vollstreckbarkeit der Urkun-de schlechthin, während sich die [X.]erinnerung nur gegen die jewei-lige vollstreckbare Ausfertigung richtet und die Erteilung einer weiteren Vollstreckungsklausel nicht hindert (vgl. [X.]Z 118, 229, 236; 124, 164, 170; Urteile vom 27. September 2001 - [X.]/00 - ZIP 2001, 2288, 2289; vom 22. Oktober 2003 - [X.], 2372 unter [X.]; vom 18. November 2003 - [X.] - ZIP 2004, 159 unter [X.]; vom 2. Dezember 2003 - [X.], 372 unter [X.]; vom 15. Dezember 2003 - [X.]/01 - [X.] 2004, 373 unter 2 a bb; vom 10. März 2004 - [X.] - unter [X.], bei Juris abrufbar). Eine sol-che [X.] ist jedoch nur eine weitere Möglichkeit, eine formell-rechtliche Überprüfung des Titels zu erreichen; die [X.]-erinnerung wird durch sie nicht verdrängt. Das würde weder der Intention des Gesetzgebers entsprechen, der dieses Verfahren in § 732 ZPO i.V. mit § 797 Abs. 3 ZPO ausdrücklich vorgesehen hat, noch dem Umstand, daß es dem Schuldner unbenommen bleibt, sich lediglich gegen die Er-teilung der [X.] zu wenden und sich - ohne die Erhebung einer Kla-ge - für das einfachere, wenn auch in seinem Prüfungsgegenstand be-schränkte Verfahren der Erinnerung zu entscheiden. Für den Schuldner besteht daher ein Wahlrecht zwischen [X.]erinnerung und Vollstrek-kungsgegenklage (vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2003 aaO; vom 10. März 2004 aaO; Windel, [X.] 102 (1989), 175, 219 ff., 230).

b) Die danach statthafte [X.]erinnerung ist aber in der Sache unbegründet. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Titel sei [X.], so daß der Notar ihn nicht mit einer Vollstreckungsklausel habe versehen dürfen. Unter diesem Gesichtspunkt läßt sich die Erteilung der Vollstreckungsklausel jedoch nicht beanstanden. - 7 -

Der Notar prüft nach allgemeinen Regeln, ob ein formell wirksamer Titel mit vollstreckungsfähigem Inhalt vorliegt. Hat ein Vertreter für den Schuldner die Unterwerfungserklärung abgegeben, müssen Erteilung und Umfang der Vollmacht in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkun-de zu Protokoll des Notars nachgewiesen sein ([X.]/Walker, Voll-streckung und Vorläufiger Rechtsschutz 3. Aufl. § 797 Rdn. 5, § 794 Rdn. 47, § 726 ZPO Rdn. 5; [X.]/Stöber, ZPO 24. Aufl. § 794 Rdn. 31a; [X.], ZPO 2. Aufl. § 794 Rdn. 265; weitergehend [X.], ZPO 22. Aufl. § 797 Rdn. 14: Nachweis gemäß § 80 Abs. 1 ZPO genügt). Das ist vorliegend anläßlich der Errichtung der Urkunde am 14. März 1996 geschehen, was auch die Rechtsbeschwerde nicht in Abrede stellt. Eine weitergehende Prüfungsbefugnis steht dem Notar, dessen Funktion nach § 797 Abs. 2 ZPO der eines Urkundsbeam-ten der Geschäftsstelle (§ 724 Abs. 2 ZPO) entspricht, nicht zu. Es kann dahingestellt bleiben, ob von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu ma-chen ist, wenn die eine Einwendung begründenden Voraussetzungen - wie die einer Nichtigkeit gemäß § 134 BGB - der Urkunde, zu der die [X.] erteilt werden soll, ohne weiteres zu entnehmen sind (vgl. [X.]/[X.], ZPO 3. Aufl. § 732 Rdn. 5, § 797 Rdn. 4; Münch-Komm/[X.], aaO § 794 Rdn. 264, § 797 Rdn. 21; zurückhaltender [X.]/Stöber, aaO § 797 Rdn. 5b). Denn eine solche Ausnahme wäre [X.] vorliegend nicht gegeben. Durch die - vom Schuldner durch ein-seitige Erklärung erteilte - Vollmacht als solche ist nicht gegen Vorschrif-ten des [X.]es (Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]) ver-stoßen worden. Vielmehr kann ein solcher Verstoß nur einen zwischen dem Schuldner und der [X.]-GmbH bestehenden [X.] betreffen. Dessen etwaige Nichtigkeit nach § 134 BGB - 8 -

würde lediglich in den Rechtsfolgen auch die zur Ausführung der über-tragenen Geschäftsbesorgung erteilten Vollmachten erfassen einschließ-lich der für die Abgabe der Unterwerfungserklärung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO erforderlichen prozessualen Vollmacht (vgl. [X.]Z 154, 283, 285 ff.; [X.], Urteile vom 22. Oktober 2003 aaO unter [X.]; vom 18. November 2003 - [X.] - WM 2004, 27 unter [X.] a bb; vom 10. März 2004 aaO unter [X.], bei Juris abrufbar; vom 16. März 2004 - [X.], 1123 unter [X.] und 2). Ob eine Nichtigkeit ge-geben ist, bestimmt sich somit in erster Linie nach dem Gegenstand des [X.]. Damit verbunden ist eine umfassende materiell-rechtliche Prüfung der Voraussetzungen des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V. mit § 134 BGB, zu der der Notar (§ 797 ZPO) ebenso wie der [X.] der Geschäftsstelle (§ 724 ZPO) im Zuge der [X.]erteilung nicht berufen ist. Entgegen der Auffassung der Rechts-beschwerde wären die für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Um-stände vorliegend zudem weder der Urkunde, zu der die [X.] erteilt worden ist, noch den ihr in der Anlage beigefügten notari-ellen [X.] unmittelbar zu entnehmen; insbesondere ist offen, ob und mit welchem Inhalt ein gesonderter Geschäftsbesorgungs-vertrag zwischen dem Schuldner und der [X.] GmbH zustande ge-kommen ist. Endlich gehört auch die Frage, ob sich der Schuldner [X.] der in den Darlehensvertrag aufgenommenen Verpflichtung, die persönliche Haftung in Höhe des Betrages der Sicherungsgrundschuld zu übernehmen und sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung zu - 9 -

unterwerfen, überhaupt auf eine Unwirksamkeit der Unterwerfungserklä-rung berufen könnte (§ 242 BGB; dazu Urteil vom 22. Oktober 2003 aaO unter [X.] c), nicht in das [X.]verfahren.

[X.] [X.] v. [X.]

[X.]

[X.]

Meta

IXa ZB 326/03

16.07.2004

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2004, Az. IXa ZB 326/03 (REWIS RS 2004, 2276)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2276

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