Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2007, Az. IX ZR 189/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4995

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 1. März 2007 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] § [X.] Abs. 4 Die Abtretung einer Anwaltsgebührenforderung an einen Rechtsanwalt ist ohne Zu-stimmung des Mandanten wirksam. [X.], [X.]eil vom 1. März 2007 - [X.] - [X.]

LG München I - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2006 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 7. September 2005 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der klagende Rechtsanwalt macht aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren geltend. Die [X.], [X.]

und [X.](im Folgenden: [X.]) stellte den Beklagten mit Schreiben vom 8. Oktober 2001 für die Erstellung ei-nes Testamentsentwurfes durch Rechtsanwalt [X.]einen Betrag von 197.250,81 DM (100.852,73 •) in Rechnung. Die Beklagten bestreiten, einen Auftrag erteilt zu haben. Am 3./5. November 2003 unterzeichneten der Kläger und Rechtsanwalt [X.]

als Vertreter der [X.] eine Vereinbarung, wonach die genannte Anwaltsgebührenforderung an den Kläger abgetreten wird. Die Beklagten haben dieser Abtretung nicht zugestimmt. 1 - 3 - Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in vollem Umfang weiter. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung und [X.]. 3 I. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation des [X.] verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Abtretung der Klageforderung an den Kläger verstoße gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB und sei deshalb gemäß §§ 134, 138 [X.] nichtig. Dieser Beurteilung stehe die am 9. September 1994 in [X.] getre-tene Bestimmung des § [X.] Abs. 4 [X.] nicht entgegen. 4 [X.] Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Abtretung ist wirksam, der Kläger aktivlegitimiert. 5 - 4 - 1. Für die [X.] vor Inkrafttreten des § [X.] Abs. 4 [X.] hat der Bundes-gerichtshof im [X.] an die Rechtsprechung zur Abtretung ärztlicher Hono-rarforderungen ([X.] 115, 123, 130) und zur Weitergabe einer ärztlichen [X.] und [X.] ([X.] 116, 268, 272 f) entschieden, dass die Abtre-tung von Honorarforderungen eines Rechtsanwalts (§§ 398, 675 [X.]) ohne Zustimmung des Mandanten in der Regel den objektiven Tatbestand der Straf-vorschrift des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt, weil mit der Abtretung die umfas-sende Informationspflicht des § 402 [X.] gegenüber dem neuen Gläubiger [X.] ist. Deshalb waren - vor Einführung des § [X.] Abs. 4 [X.] - sowohl das schuldrechtliche Grundgeschäft der Forderungsübertragung als auch die Abtretung als dingliches Erfüllungsgeschäft gemäß §§ 134, 138 [X.] nichtig. Dadurch wurde dem durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung getragen ([X.] 122, 115, 119; 148, 97, 101; [X.], [X.]. v. 13. Mai 1993 - [X.] ZR 234/92, [X.], 1251, 1252; v. 8. Juli 1993 - [X.] ZR 12/93, [X.], 1849, 1850; v. 11. No-vember 2004 - [X.] ZR 240/03, [X.], 218; v. 9. Juni 2005 - [X.] ZR 14/04). 6 2. Nach der im Jahre 1994 in [X.] getretenen, im Streitfall anwendbaren Vorschrift des § [X.] Abs. 4 [X.] ist ein Rechtsanwalt, der eine Gebührenfor-derung erwirbt, in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der [X.] Rechtsanwalt (Satz 1); die Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an einen nicht als Rechtsanwalt zugelassenen Dritten ist unzulässig, es sei denn, die Forderung ist rechtskräftig festgestellt, ein erster Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen und der Anwalt hat die ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Mandanten eingeholt (Satz 2). 7 - 5 - Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass entgegen der zuvor geltenden Rechtslage nunmehr die Abtretung der Honorarforderung an einen anderen Rechtsanwalt ohne Zustimmung des Mandanten allgemein zulässig ist. 8 a) Im Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (BT-Drucks. 12/4993) war in § [X.] Abs. 4 [X.] folgende Regelung vorgesehen: 9 "Die Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an einen nicht als Rechtsanwalt zugelassenen Dritten, insbesondere an ein Inkassobüro ist unzulässig, es sei denn, die Forderung ist rechtskräftig festgestellt, ein erster Voll-streckungsversuch fruchtlos ausgefallen und die Pflicht zur Be-rufsverschwiegenheit wird nicht beeinträchtigt." Zur Begründung wurde ausgeführt, Absatz 4 untersage grundsätzlich die Abtretung von nicht titulierten Gebührenansprüchen an Personen, die nicht [X.] angehören, um sicherzustellen, dass die beruflichen Verschwiegenheitspflichten bei der Durchsetzung von Honorarforderungen [X.] werden (BT-Drucks. 12/4993 [X.], 31). 10 Auf Vorschlag des Rechtsausschusses des [X.] ist in § [X.] Abs. 4 [X.] der nunmehr geltende Satz 1 eingefügt und Satz 2 unter anderem dahin geändert worden, dass der Rechtsanwalt bei der Abtretung an nicht als Rechtsanwälte zugelassene Dritte auch die ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten einholen muss (vgl. BT-Drucks. 12/7656 S. 11). In der Begründung (vgl. BT-Drucks. 12/7656 [X.]) wurde auf die [X.]eile des [X.] vom 25. März 1993 ([X.] 122, 115) und 13. Mai 1993 (aaO) 11 - 6 - verwiesen, aus denen sich ergebe, dass die Abtretung anwaltlicher Gebühren-forderungen nur wirksam sei, wenn entweder der Rechtsanwalt die Zustimmung des Mandanten zur Weitergabe von Informationen aus dem Mandatsverhältnis einhole oder Zessionar und Zedent denselben Schweigepflichten unterworfen seien; dem solle mit der gegenüber dem Regierungsentwurf geänderten [X.] klarstellend Rechnung getragen werden. b) In welcher Weise unter diesen Umständen § [X.] Abs. 4 [X.] auszu-legen ist, hat der [X.] bisher offengelassen (vgl. [X.], [X.]. v. 11. November 2004 aaO; v. 9. Juni 2005 aaO). In Rechtsprechung und Literatur ist die Frage seit Inkrafttreten der Vorschrift umstritten. 12 Nach einer Auffassung wird durch die Regelung in § [X.] Abs. 4 [X.] nur die Verschwiegenheitspflicht des Zessionars geregelt ([X.] NJW-RR 1999, 1583, 1584 zur [X.] des § 43a Nr. 3 [X.]; [X.] DStRE 2000, 555, 556; [X.] MDR 2001, 1383, 1384; [X.], 451; [X.] NJW-RR 1997, 1559; [X.], [X.], 10. Aufl. § 134 Rn. 62; MünchKomm-[X.]/[X.]/ [X.], 4. Aufl. § 134 Rn. 55; [X.] in [X.]/Horn/[X.], [X.], 7. Aufl. § 203 Rn. 78; [X.]/Kühl, StGB, 25. Aufl. § 203 Rn. 18 a.E.; Berger NJW 1995, 1406, 1407; [X.], NJW 1997, 1813, 1816). 13 Nach anderer Auffassung wird durch die Vorschrift angeordnet, dass die Abtretung ohne Zustimmung des Mandanten erfolgen kann ([X.], 74, 76; [X.] NJW 2000, 2592, 2594; [X.] NJW-RR 1998, 202, 203; Ganter in [X.]/Bunte/[X.], [X.]. [X.] § 96 Rn. 138; [X.] NJW 2004, 21, 22; [X.], EWiR 2005, 787; [X.]/[X.], § 203 Rn. 68; [X.]/[X.], 14 - 7 - [X.], 6. Aufl. § [X.] Rn. 47 f; Nerlich in [X.], Anwaltliche Berufsordnung, 3. Aufl. § [X.] [X.] Rn. 84 ff; [X.] in Henssler/Prütting, [X.] 2. Aufl. § [X.] Rn. 37; [X.]/Blumberg, [X.] 9. Aufl. § [X.] Rn. 7; im Grundsatz ebenso Zugehör in Zugehör/[X.]/Sieg/[X.], Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 861 ff). c) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend. 15 aa) Die Rechtsprechung zur Nichtigkeit der Abtretung von [X.] an Rechtsanwälte ohne Zustimmung des Mandanten hat das Ziel, das Recht des Mandanten auf informationelle Selbstbestimmung zu gewährleisten. Dieses aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Recht ([X.] 65, 1, 41 ff; 78, 77, 84), das seine Wirkung auch im Bereich des Privatrechts entfal-tet ([X.] 84, 192, 194 ff), steht unter dem Schrankenvorbehalt der verfas-sungsmäßigen Ordnung. Darunter sind alle Rechtsnormen zu verstehen, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen ([X.] 65, 1, 43 f; 80, 137, 153; 90, 145, 171 f; 96, 10, 21). Die das informationelle Selbstbe-stimmungsrecht schützende Norm des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB kann jedoch eingeschränkt werden, sofern die entsprechende Vorschrift als gesetzliche Of-fenbarungsbefugnis im Sinne eines Rechtfertigungsgrundes anzusehen ist ([X.]/[X.], aaO Rn. 68; [X.] in [X.]/ [X.], StGB 27. Aufl. § 203 Rn. 29). Dies erfordert, dass die Offenbarungs-befugnis in ihren Voraussetzungen und ihrem Umfang dem Gesetz eindeutig und für den Bürger erkennbar zu entnehmen ist und damit dem Gebot der [X.] entspricht (vgl. [X.] 65, 1, 44). 16 - 8 - bb) Diesen Anforderungen genügt die in § [X.] Abs. 4 getroffene Neure-gelung. Aus Inhalt und Entstehungsgeschichte der Vorschrift lässt sich [X.] deutlich entnehmen, dass der Gesetzgeber die [X.] an andere Rechtsanwälte ohne Zustimmung des Mandanten zugelassen hat. 17 (1) Der Rechtsausschuss des [X.] und ihm folgend der [X.] hatten die Absicht, eine Offenbarungsbefugnis des Zedenten gegenüber Rechtsanwälten zu schaffen. Dies kommt bereits in der oben zu a) zitierten Fassung des Entwurfs der Bundesregierung zum Ausdruck. Sie erklärt allein die Abtretung an nicht als Rechtsanwälte zugelassene Dritte für unzulässig, sofern nicht ausnahmsweise die dort genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Diese Regelung zwingt schon vom Wortlaut her zu dem Gegenschluss, dass die Abtretung an Rechtsanwälte demgegenüber keinen Beschränkungen unterworfen sein soll. 18 Dieser Vorschrift wurde auf Empfehlung des Rechtsausschusses der heute geltende Satz 1 nur deshalb vorangestellt, weil der erkennende Senat im [X.]eil vom 13. Mai 1993 (aaO, S. 1252) erklärt hatte, auch die Abtretung an ei-nen Anwalt sei unwirksam, solange es keine Bestimmung gebe, die die Abtre-tung erlaube und den Zessionar denselben Schweigepflichten unterwerfe wie den Zedenten. Eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht des Rechtsan-walts, an den die Abtretung erfolgt, sah das Gesetz bis dahin nicht vor; denn auf den Zessionar des Honoraranspruchs findet § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB auch dann keine Anwendung, wenn er von Beruf Rechtsanwalt ist ([X.], [X.]. v. 13. Mai 1993, aaO; [X.]/[X.]/[X.], aaO § 203 Rn. 13, 15; [X.]/[X.], aaO § 203 Rn. 41, 45; [X.] NJW 1997, 1813, 1814). Diesem Umstand trug der neu eingefügte Satz 1 Rechnung, indem er 19 - 9 - eine berufsrechtliche Verschwiegenheit des anwaltlichen Zessionars begründe-te. Damit wurde unter Beachtung der genannten Rechtsprechung eine andern-falls bestehende [X.] geschlossen. Aus der Vorschrift kann zudem in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO auch ein [X.] des Zessionars abgeleitet werden, der andernfalls als Zeuge zur Offenbarung der ihm im Zusammenhang mit der Abtretung bekannt gewordenen [X.] gezwungen wäre. Dieser Zusatz war jedoch nur erforderlich, weil die Vorschrift des § [X.] Abs. 4 [X.] schon in der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Fassung die Abtretung des Honoraranspruchs an einen anderen Anwalt ohne Zustim-mung des Mandanten vorsah. Daher heißt es auch in der Begründung des Rechtsausschusses, den von der Rechtsprechung des [X.] ge-stellten Anforderungen werde mit der veränderten Fassung des § [X.] Abs. 4 klarstellend Rechnung getragen. Eine solche Klarstellung wäre nicht notwendig gewesen, wenn der Gesetzgeber die Abtretung an Rechtsanwälte im Vergleich zu der in [X.] 122, 115 ff festgestellten Rechtslage nicht erleichtert hätte. 20 (2) Schon nach der ursprünglichen Rechtslage war es zulässig, einen anderen Rechtsanwalt mit der Beitreibung der Gebührenforderung zu beauf-tragen (vgl. [X.] 122, 115, 120; 148, 97, 102; [X.], [X.]. v. 11. November 2004 - [X.] ZR 240/03, [X.], 218, 219; v. 10. August 1995 - [X.] ZR 220/94, [X.], 1678, 1680). Weiter war die Abtretung an den Erwerber einer [X.], der zuvor als Mitarbeiter des Zedenten die Angelegenheit umfas-send kennengelernt hatte (vgl. [X.], [X.]. v. 10. August 1995 - [X.] ZR 220/94, [X.], 1841), an den Erwerber einer Anwaltskanzlei, der in die mit ihm be-stehende ([X.] eingetreten war (vgl. [X.] 148, 97, 101 ff) und den bereits vor der Abtretung bestellten Abwickler der Kanzlei (vgl. [X.], [X.]. v. 21 - 10 - 17. Oktober 1996 - [X.] ZR 37/96, [X.], 2244) nach der ursprünglichen Rechtslage wirksam. Dies beruhte gerade darauf, dass in den genannten Fällen auch die Zessionare einer gesetzlichen Schweigepflicht unterlagen. Im Hinblick darauf dient die neue Vorschrift erkennbar dem Zweck, die in diesem Bereich drohende Kasuistik durch eine einheitliche Regelung zu ersetzen, welche die Abtretung von Honorarforderungen an Rechtsanwälte generell gestattet. § [X.] Abs. 4 Satz 1 [X.] berücksichtigt die Belange der Mandanten dadurch, dass der Anwalt als Zessionar in gleichem Umfang wie der Zedent zur [X.] verpflichtet ist. Damit wird zugleich der Verkauf von Anwaltskanzleien wesentlich erleichtert, was einem anzuerkennenden Bedürfnis des [X.] entspricht. (3) Der Gesetzgeber hat folglich in § 49 Abs. 4 [X.] einen Erlaubnis-tatbestand geschaffen, der eine Strafbarkeit des Zedenten nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie eine Unwirksamkeit der Verfügung nach § 134 [X.] [X.]. Der Gesetzestext genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Gesetzes; denn es reicht aus, wenn Inhalt und Zweck einer Vorschrift aus dem Zusammenhang, in dem der Text steht, sowie den Materialien deutlich wird ([X.] 65, 1, 54). Die etwa notwendige Klar-stellung durch Auslegung ist vornehmlich Aufgabe der obersten Bundesgerichte ([X.] 21, 245, 261). 22 (4) Die durch § [X.] Abs. 4 [X.] bewirkte Neuregelung ist auch inhalt-lich verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, obwohl der Gesetzgeber für die Abtretung ärztlicher Honorar-forderungen (vgl. dazu [X.] 115, 123, 125; 116, 268, 272; [X.], [X.]. v. 20. Mai 1992 - [X.], [X.], 2348, 2350) keine entsprechenden Erleichterungen vorgesehen hat. Dies hinderte ihn jedoch nicht, die [X.] - 11 - keit von Honorarforderungen der Rechtsanwälte ohne Zustimmung des [X.] in dem nunmehr geltenden Umfang zu ermöglichen. Zwar ist Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn zwei Gruppen von Normadres-saten unterschiedlich behandelt werden, obwohl zwischen beiden Gruppen [X.] von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. [X.] 55, 72, 88; 87, 1, 36; 95, 143, 154). Im Rahmen seines Gestaltungsauftrags ist aber der Gesetzgeber grundsätzlich frei bei seiner Entscheidung, an welche tatsächlichen Verhältnisse er Rechtsfolgen knüpft und wie er von Rechts wegen zu begünstigende Perso-nengruppen definiert. Eine Grenze ist nur dann erreicht, wenn durch die Bildung einer rechtlich begünstigten Gruppe andere Personen von der Begünstigung ausgeschlossen werden und sich für diese Ungleichbehandlung kein in ange-messenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender [X.] finden lässt. Für die Beurteilung, ob in einer gesetzlichen Rege-lung ein Gleichheitsverstoß zu sehen ist, kommt es maßgeblich auf die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts an ([X.] 99, 165, 177 f). 24 Hieran gemessen lässt sich eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht feststellen. § [X.] Abs. 4 [X.] entzieht zwar dem Mandanten in seinem Rege-lungsbereich den Schutz des § 203 StGB. Er sichert ihm aber eine berufsrecht-liche Verschwiegenheitspflicht des Zessionars, deren Verletzung mit den in § 114 [X.] vorgesehenen Maßnahmen geahndet werden und zudem zivil-rechtliche Schadensersatzansprüche nach § 823 [X.] auslösen kann. Damit ist ein nach Art und Inhalt sachgerechter und ausreichender Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch für den Mandanten eines Rechts-anwalts sichergestellt. Dass das Geheimhaltungsinteresse des Patienten in [X.] Rechtsbeziehung zu dem behandelnden Arzt durch § 203 Abs. 1 Nr. 1 25 - 12 - StGB umfassender geschützt ist, stellt keine sachfremde Ungleichbehandlung dar. Zwar kann die konkrete Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht nur im Einzelfall beurteilt werden. Das Interesse an der Geheimhaltung einer Krankheit kann für den Betroffenen gering, das Verschweigen von familien- oder steuer-rechtlichen Tatsachen dagegen von höchster Bedeutung sein. Gleichwohl ist bei typisierender Betrachtungsweise nicht zu verkennen, dass Fragen der [X.] in der Regel den Bereich der Intimsphäre betreffen, während die dem Anwalt offenbarten Tatsachen jedenfalls außerhalb des strafrechtlich bedeut-samen Bereichs meist lediglich wirtschaftliche Interessen betreffen. Schon [X.] ist der Gesetzgeber nicht von [X.] wegen gehalten, den [X.] beider Personengruppen einheitlich durch strafrechtliche Sanktio-nen zu sichern. Dadurch, dass er den Zessionar einer Anwaltsgebührenforde-rung der beruflichen Schweigepflicht unterworfen hat, während der [X.] einer ohne Zustimmung des Patienten abgetretenen ärztlichen Ho-norarforderung zwar deren zivilrechtliche Unwirksamkeit hinnehmen muss, im Übrigen jedoch keiner gesetzlichen Schweigepflicht unterliegt - sofern nicht § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB eingreift -, ist ein angemessener Interessenausgleich geschaffen worden. I[X.] Da die Abtretung an den Kläger somit wirksam ist, hat das angefochtene [X.]eil keinen Bestand. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dieses
26 - 13 - wird nunmehr die geltend gemachte Verjährung und den klägerischen Anspruch nach Grund und Höhe zu prüfen haben. Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.04.2004 - 26 O 21806/03 - [X.], Entscheidung vom 07.09.2005 - 3 U 3253/04 -

Meta

IX ZR 189/05

01.03.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2007, Az. IX ZR 189/05 (REWIS RS 2007, 4995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4995

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