Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2011, Az. V ZB 171/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4744

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]
vom

14.
Juli 2011

in dem Kostenfestsetzungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 50
a)
Im Anwendungsbereich des §
50 [X.] müssen in einem Kostenfestset-zungsverfahren sämtliche Kostengläubiger beteiligt werden.
b)
Sind nach §
50 [X.] nur die Kosten eines Anwalts erstattungsfähig, kommt die vorrangige Erstattung des von der Mehrheit der beklagten [X.] beauftragten Prozessbevollmächtigten nur in Betracht, wenn den übrigen Beklagten Gelegenheit gegeben worden ist, auf die Willensbildung Einfluss zu nehmen; ansonsten ist der Kostenerstattungsanspruch zu quo-teln.

[X.], Beschluss vom 14. Juli 2011 -
V [X.] -
LG Berlin

[X.]

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 14. Juli 2011 durch den [X.] Richter Prof.
Dr.
Krüger, die Richterin [X.], [X.] [X.] und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland
beschlossen:
Die Rechtbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer
82 des [X.] vom 1.
Juni 2010 wird auf Kosten des [X.] zu 12 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.463,80

Gründe:
I.
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Gegen die auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 11. September 2007 beschlos-sene Entlastung des Verwalters erhoben die Kläger Anfechtungsklage. Mit ihrer Rechtsverteidigung beauftragten die Beklagten zu 1 bis 11 einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten. Der Beklagte zu 12, ein Rechtsanwalt, nahm seine Interessen unter Hinweis darauf selbst wahr, dass er eine andere Rechtsauf-fassung vertrete als die übrigen Beklagten. Die Klage hatte keinen Erfolg. Die gegen die Abweisung der Klage gerichtete Berufung wies das [X.] mit der Maßgabe zurück, dass die beiden Kläger die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte zu tragen hätten. Das Berufungsurteil ist rechtskräftig.
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Mit Beschlüssen vom 8. April 2009, in deren Rubrum auch der Beklagte zu 12 aufgeführt ist, hat das Amtsgericht auf Antrag
der Beklagten zu 1 bis 11 die "an die Beklagten" zu erstattenden Kosten der ersten Instanz in Höhe von hat es sowohl der Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr.
1008 [X.] als auch der Begrenzung auf einen Gebührensatz nach Absatz 3 der Anmerkung zu Nr. 1008 [X.] getragen. Den Antrag des Beklagten zu 12 auf vom 8. April 2009 zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte zu 12 seinen Antrag weiter.

II.
Das Beschwerdegericht meint, sämtlichen Beklagten seien insgesamt nur Kosten in der Höhe zu erstatten, die bei der Beauftragung eines gemeinsa-men Prozessbevollmächtigten entstanden wären. Nach §
50 [X.] sei in der Regel nur die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig. Mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusam-menhängende Gründe, die ausnahmsweise eine Vertretung durch mehrere Rechtsanwälte hätte geboten erscheinen lassen können, lägen nicht vor. Der Beklagte zu 12 hätte auch bei der Beauftragung eines gemeinsamen Prozess-bevollmächtigten seine abweichende Rechtsauffassung vortragen lassen [X.]. Die erstattungsfähigen Kosten, die bei der Einschaltung nur eines Anwalts entstanden wären, seien bereits zugunsten aller Beklagten festgesetzt worden. Sie hätten sich bei einer Mandatierung des Anwalts der Beklagten zu 1 bis 11 auch durch den Beklagten zu 12 wegen der Begrenzungsregelung in Absatz 3 2
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der Anmerkung zu Nr. 1008 [X.] nicht weiter erhöht. Es bleibe dem [X.] zu 12 unbenommen, sich mit den übrigen Beklagten über die Verteilung der festgesetzten [X.] zu verständigen.

III.
Das nach §
574 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel (§
575 ZPO) ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht geht zu Recht davon aus, dass eine Vertre-tung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Anwälte nicht geboten war.
a) Nach §
50 [X.] sind Wohnungseigentümern zur zweckentsprechen-den Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. Solche Gründe liegen hier nicht vor. Bei einer Beschlussanfechtungsklage nach §
46 Abs. 1 [X.] verfolgen die beklagten Wohnungseigentümer in der Sache das-selbe Ziel, nämlich die Abwehr der von der Klägerseite erhobenen Einwendun-gen gegen die Wirksamkeit eines von ihnen gefassten Beschlusses. Deshalb ist die Beauftragung eines gemeinsamen Rechtsanwalts grundsätzlich ausrei-chend (Senat, Beschluss vom 16.
Juli 2009 -
V
ZB 11/09, [X.], 3168) und die Erstattungsfähigkeit im Regelfall auf diejenigen Kosten beschränkt, die bei gemeinsamer Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts entstanden wären.
b) Mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängende Gründe, aufgrund deren eine Vertretung durch mehrere Anwälte geboten war, zeigt die 4
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Rechtsbeschwerde nicht auf. Soweit sie geltend macht, der Beklagte zu
12 ha-be eine andere Rechtsauffassung vertreten als die übrigen Beklagten, ist nicht ersichtlich, warum ein gemeinsam beauftragter Prozessbevollmächtigter nicht auch die Rechtsauffassung des Beklagten zu
12 zur Geltung hätte bringen [X.], und sei es auch nur für diesen. Soweit sie argumentiert, der Beklagte zu
12 hätte den [X.] gegebenenfalls anerkannt, findet diese Behaup-tung schon keine tatsächliche Grundlage in den Feststellungen des Beschwer-degerichts; die Rechtsbeschwerde verweist auch auf kein diesbezügliches tat-sächliches Vorbringen in den Tatsacheninstanzen. Davon abgesehen hat der Beklagte zu
12 in dem von ihm zitierten Schriftsatz vom 25.
Juni 2008 die Rechtsauffassung der übrigen Beklagten aufgegriffen und lediglich ergänzende Erwägungen angestellt. Im Übrigen hätte auch ein gemeinsamer Prozessbe-vollmächtigter allein für den Beklagten zu
12 ein prozessuales Anerkenntnis erklären können.
c) Entgegen der Auffassung des Beklagten zu
12 ist die Vorschrift des §
50 [X.] unter dem Blickwinkel eines Eingriffs in die Privatautonomie verfas-sungsrechtlich unbedenklich. Mit der Regelung verfolgt der Gesetzgeber das legitime Ziel, das Kostenrisiko für anfechtende Wohnungseigentümer begrenzt zu halten (BT-Drucks. 16/3843 S.
28). Es soll gewährleistet werden, dass [X.] nicht wegen der Befürchtung von einer Klageerhebung [X.] nehmen, im [X.] für eine Vielzahl von Rechtsanwäl-ten erstatten zu müssen. Andererseits bleibt es jedem Wohnungseigentümer unbenommen, seine Interessen durch einen Anwalt seiner Wahl wahrnehmen zu lassen. Dass er dies nach §
50 [X.] je nach Sachlage ganz oder teilweise auf eigene Kosten tun muss, stellt eine zur Erreichung des gesetzgeberischen Anliegens geeignete und verhältnismäßige Regelung dar.
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2. Welche Rechtsanwaltskosten zu erstatten sind, wenn sich die [X.] durch mehrere Rechtsanwälte haben vertreten lassen, ohne dass dies geboten war, ist dem Gesetz nicht ausdrücklich zu entnehmen. In Betracht kommt, was das Beschwerdegericht zutreffend in den Blick genommen hat, die vorrangige Erstattung eines "Hauptanwalts" oder eine Quotelung des Erstattungsanspruchs (Senat, Beschluss vom 16.
Juli 2009 -
V
ZB 11/09, [X.], 3168
f.). Eine vorrangige Kostenerstattung ist gerechtfertigt, wenn der Verwalter einen Rechtsanwalt für die beklagten Wohnungseigentümer aufgrund der gesetzliche Befugnis nach §
27 Abs.
2 Nr.
2 [X.] beauftragt hat (Senat, aaO. S.
3169 mwN). Entsprechend kann es sich verhalten, wenn sich die [X.] Wohnungseigentümer mehrheitlich auf die Beauftragung eines be-stimmten Anwalts einigen (Senat, aaO). Das setzt allerdings voraus, dass [X.] der Versuch unternommen worden ist, eine Verständigung über
einen gemeinsamen Rechtsanwalt mit sämtlichen beklagten
Wohnungseigen-tümern herbeizuführen. Ist einem Wohnungseigentümer, der einen eigenen Anwalt mandatiert oder sich -
wie hier
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selbst vertreten hat, nicht Gelegenheit gegeben worden, sich an der Willensbildung zu beteiligen, ist der Kostenerstat-tungsanspruch zu quoteln. Das gilt umso mehr, als nicht auszuschließen ist, dass eine Beteiligung sämtlicher beklagten Wohnungseigentümer an der [X.] dazu geführt hätte, dass der von der nicht beteiligten Minderheit favorisierte Rechtsanwalt -
hier der Beklagte zu 12
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mandatiert worden wäre. Denn auch mit Blick auf die Auswahl des gemeinsamen Rechtsanwalts steht dem Wohnungseigentümer das Recht zu, auf die Willensbildung Einfluss zu nehmen. Das hat das Beschwerdegericht nicht hinreichend beachtet und folge-richtig zur Beteiligung des Beklagten zu 12 an der Willensbildung über die
Be-auftragung eines gemeinsamen Anwalts keine Feststellungen getroffen.
3. Aufgrund der Besonderheiten des Falles ist die Rechtsbeschwerde gleichwohl zur Endentscheidung reif (§
577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Über die [X.]
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teilung sämtlicher erstattungsfähigen Kosten hat das [X.] nämlich be-reits entschieden. Mit Beschlüssen ebenfalls vom 8.
April 2009, in deren Rubrum auch der Beklagte zu 12 aufgeführt ist, hat das Amtsgericht die "an die Beklagten" zu erstattenden Kosten der ersten Instanz in Höhe von 3.483,13

und die des Berufungsverfahrens auf 3.713,75

Beklagte zu
12 durch diese Beschlüsse begünstigt. Die ohne Angabe des Betei-ligungsverhältnisses festgesetzten erstattungsfähigen Kosten stehen sämtli-chen Beklagten als Gesamtgläubigern zu (vgl. [X.], Urteil vom 20. Mai 1985 -
VII
ZR 209/84, Rpfleger 1985, 321, 322; [X.] in Bärmann, [X.], 11.
Aufl., §
50 Rn.
10 mwN). Weitere erstattungsfähige Kosten sind unter Berücksichti-gung der Begrenzungsregelung in Absatz 3 der Anmerkung zu Nr.
1008 [X.] nicht zu verteilen.
Dass die zugunsten aller Beklagten ergangenen [X.] rechtsfehlerhaft sind, weil zum einen
im Anwendungsbereich des §
50 [X.] sämtliche Kostengläubiger an dem Kostenfestsetzungsverfahren zu
betei-ligen sind und demgemäß auch dem Beklagten zu 12 Gelegenheit zur Stellung-nahme hätte gegeben und zum anderen die den jeweiligen Beklagten zu erstat-tenden Kosten entsprechend dem Beteiligungsverhältnis an dem Rechtsstreit hätten festgesetzt werden müssen (zu Letzterem vgl. [X.], Beschluss vom 20.
Februar 2006 -
II ZB 3/05; Suilmann in [X.], [X.], 2.
Aufl., §
50 Rn.
19; [X.] in Bärmann, aaO, §
50 Rn.
10;
vgl. auch [X.], NJW-RR 2001, 1435
f.), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die Beschlüsse sind schon nicht angefochten worden. Zwar dürfte dem an den [X.] nicht beteiligten Beklagten zu 12, dem die ergangenen Kostenfestsetzungs-beschlüsse nicht einmal formlos übersandt worden sind, mangels jeglicher Be-teiligung an den Verfahren diese Möglichkeit noch offen stehen; die [X.] nach §
11 Abs.
1 [X.]. §
104 Abs.
3 Satz
1, §
569 Abs.
1 Satz
2 ZPO greift unter solchen Umständen jedenfalls nicht ein (vgl. nur [X.]
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ZPO/[X.], 3.
Aufl., §
569 Rn.
5 mwN; zu §
517 ZPO vgl. auch [X.], Beschluss vom 21.
Juli 2010 -
XII
ZB 135/09, [X.], 1141, 1142; [X.]/[X.], aaO, §
517 Rn.
1 mwN). Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, weil der Beklagte zu 12 nach den obigen Erwägungen (III.1.
u. 2.) selbst bei erfolgreicher Anfechtung nicht mehr als den Ausspruch einer quota-len Beteiligung der derzeit zugunsten aller Beklagten als Gesamtgläubiger [X.] Kosten erreichen könnte. Für die Verteilung weiterer [X.] Kosten in dem hiesigen Kostenfestsetzungsverfahren ist daher kein Raum.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs. 1 ZVG.
Krüger
Stresemann
[X.]

[X.]
Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.04.2009 -
73 C 182/07 [X.] -

LG Berlin, Entscheidung vom 01.06.2010 -
82 T 667/09 -

12

Meta

V ZB 171/10

14.07.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2011, Az. V ZB 171/10 (REWIS RS 2011, 4744)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4744

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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