Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.10.2010, Az. II R 37/09

2. Senat | REWIS RS 2010, 1979

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Gegenstand

Steuerfreiheit von Zuwendungen unter Lebenden bezüglich Familienwohnheimen/Familienheimen - Begriff der freigebigen Zuwendung - Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung - Steuerbefreiung oder Steuervergünstigung - Bewertung eines zunächst niedrig verzinsten, später unverzinslichen Darlehens


Leitsatz

1. Im Zusammenhang mit Familienwohnheimen/Familienheimen stehende Zuwendungen unter Lebenden sind auch dann nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei, wenn die Ehe bei der Anschaffung oder Herstellung des Objekts noch nicht bestanden hatte .

2. Zu den Zuwendungen unter Lebenden i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG gehören auch Abfindungen für einen Erbverzicht .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erhielt von ihrem späteren [X.]hemann [X.] ([X.]heschließung am 6. Januar 1997) durch Vertrag vom 2. März 1996 ein mit banküblichen [X.] zu verzinsendes Darlehen über 2.750.000 [X.] zugesagt, das sie vereinbarungsgemäß zum [X.]rwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit einem Herrenhaus verwendete. Nach den getroffenen Vereinbarungen müssen Rückzahlungen bis zu einem Betrag von 50.000 [X.] sechs Monate vorher und größere Summen (Höchstbetrag 200.000 [X.]) zwei Jahre vorher angekündigt werden.

2

Durch Zusatzvereinbarung vom 8. Januar 1997 wurde das Darlehen für die Vergangenheit und für die Zukunft zinslos gestellt. Am 24. Januar 1997 tilgte die Klägerin einen Teilbetrag des Darlehens (700.000 [X.]). Das verbleibende Darlehen von 2.050.000 [X.] erließ [X.] der Klägerin durch Vertrag vom 22. November 2004 als Gegenleistung für einen [X.]rb- und Pflichtteilsverzicht.

3

Nachdem dieser Sachverhalt dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) im Jahr 2004 bekannt geworden war, vertrat er die Auffassung, die zunächst zinsgünstige und dann unentgeltliche Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital zu nutzen, sowie der Verzicht auf die bereits angefallenen Zinsen und das restliche Darlehen stellten freigebige Zuwendungen des [X.] an die Klägerin dar.

4

Das [X.] ging davon aus, dass die erste dieser freigebigen Zuwendungen am 31. März 1996 ([X.] für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft) ausgeführt worden sei, und setzte dafür durch Bescheid vom 21. April 2006 aufgrund eines Steuerwerts der Bereicherung von 515.771 [X.] Schenkungsteuer in Höhe von 60.255,75 € (117.850 [X.]) fest. [X.]s nahm dabei an, der jährliche Zinsvorteil bestehe im Unterschied zwischen den vereinbarten banküblichen [X.], die 2 % betrügen, und dem in § 15 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes ([X.]) bestimmten Zinssatz von 5,5 %. Die Kapitalwerte des [X.] errechnete das [X.] nach der jeweiligen tatsächlichen Laufzeit des am 24. Januar 1997 getilgten Teils des Darlehens und des später erlassenen Restbetrags mit 19.477 [X.] und 496.294 [X.], zusammen also 515.771 [X.]. Der [X.]inspruch blieb erfolglos.

5

In der Vereinbarung vom 8. Januar 1997 sah das [X.] eine freigebige Zuwendung zum einen hinsichtlich des Verzichts auf die bereits entstandenen Zinsen in Höhe von 14.972 [X.] und zum anderen mit einem Wert von 263.903 [X.] hinsichtlich des Zinsverzichts für die Zukunft. Unter Berücksichtigung des nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des [X.]rbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung ([X.]rbStG) zustehenden Freibetrags von 600.000 [X.] und des [X.] für den Vorerwerb nach § 14 Abs. 1 Satz 3 [X.]rbStG von 60.255,75 € ergab sich daraus keine festzusetzende Schenkungsteuer.

6

Für den am 22. November 2004 vereinbarten [X.]rlass der restlichen Darlehensschuld setzte das [X.] in der [X.]inspruchsentscheidung abweichend vom Steuerbescheid vom 19. September 2005 Schenkungsteuer in Höhe von 157.750 € fest. [X.]s rechnete dabei dem Nennwert der erlassenen Darlehensforderung von 2.050.000 [X.] = 1.048.148 € nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.]rbStG einen Gesamtwert der Vorerwerbe von 406.296 € hinzu. Von der sich bei einem Steuersatz von 19 % ergebenden Schenkungsteuer von 218.006 € zog das [X.] die tatsächlich zu entrichtende Steuer für die Vorerwerbe von 60.255,75 € ab, da die fiktive Steuer aus [X.] (§ 14 Abs. 1 Satz 2 [X.]rbStG) nach seiner Berechnung lediglich 10.912 € beträgt.

7

Mit der Klage wandte sich die Klägerin gegen die Besteuerung der zunächst zinsgünstigen und dann zinslosen Darlehensgewährung und vertrat ferner die Auffassung, der am 22. November 2004 vereinbarte [X.] unterliege nicht mit dem Nennwert des restlichen Darlehensbetrags der Schenkungsteuer, sondern sei mit dem 9,3-fachen Jahreswert des [X.] abzuzinsen. Zudem stelle der [X.] zu 800/2.750 eine nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.]rbStG steuerfreie Freistellung von im Zusammenhang mit der Anschaffung des Herrenhauses eingegangenen Verpflichtungen dar. Dieses Haus werde von ihr und [X.] bewohnt und sei daher ein Familienwohnheim im Sinne dieser Vorschrift. [X.]s besteht dabei [X.]inigkeit zwischen den Beteiligten, dass von dem Kaufpreis von 2.750.000 [X.] für den Betrieb 800.000 [X.] auf das Herrenhaus entfielen.

8

Die Klägerin beantragte, die Schenkungsteuerbescheide für die [X.]rwerbe vom 31. März 1996 und vom 22. November 2004 jeweils in Gestalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 31. Mai 2006 aufzuheben.

9

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage gegen die Steuerfestsetzung für den [X.]rwerb vom 31. März 1996 ab. In der Gewährung des niedrig verzinslichen Darlehens liege eine freigebige Zuwendung des [X.] an die Klägerin.

Für die Zuwendung vom 22. November 2004 setzte das [X.] die Schenkungsteuer in der Weise herab, dass statt von einem Steuerwert der freigebigen Zuwendung von 1.048.148 € von einem Steuerwert von 991.831 € ausgegangen wird. Die Voraussetzungen für eine teilweise Steuerbefreiung des [X.]s nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.]rbStG seien nicht erfüllt. Bei dem Herrenhaus handele es sich nämlich nach § 33 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 [X.] um Betriebsvermögen, das nicht der Steuerbefreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.]rbStG, sondern der Begünstigungsvorschrift des § 13a [X.]rbStG unterfalle. Der erlassene Darlehensbetrag sei aber nicht mit dem Nennwert anzusetzen, sondern wegen der vereinbarten niedrigen Verzinsung und der Laufzeit von mehr als einem Jahr abzuzinsen. Der der Abzinsung zugrunde zu legende jährliche [X.] betrage 1 % von 1.048.148,30 € (Nennwert der erlassenen Forderung). [X.]s sei nämlich von dem Unterschied zwischen den ursprünglich vereinbarten banküblichen [X.] von 2 % und einem Zinssatz von 3 % auszugehen. Für die Kapitalisierung dieses jährlichen [X.]es sei die mittlere Lebenserwartung des [X.] zum [X.]punkt des [X.]rlasses maßgebend, die nach der Sterbetafel für die [X.] 2002/2004 noch 6,34 Jahre betragen habe. Das Darlehen habe nämlich für die Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft der Klägerin mit [X.] nicht gekündigt werden können, wie sich aus den Umständen des [X.] ergebe. Die (künftigen) [X.]rben des [X.] hätten das Darlehen aber unabhängig von etwa für die [X.] nach dessen Tod vereinbarten [X.]inschränkungen der ordentlichen Kündigung deshalb kündigen können, weil die Klägerin die vereinbarten jährlichen Zinsen von 2 % nicht hätte bezahlen können und daher den [X.]rben das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 490 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zugestanden hätte. Der mittleren Lebenserwartung des [X.] entsprechend sei ein sich aus einer Interpolation der Vervielfältiger für sieben und sechs Jahre lt. Tabelle 2 zu § 12 Abs. 1 [X.] von 5,839 bzw. 5,133 ergebender Vervielfältiger von 5,373 anzusetzen. Der Kapitalwert des [X.]es belaufe sich somit auf 1 % von 1.048.148,30 € x 5,373 = 56.317 €. Der anzusetzende Gegenwartswert des erlassenen Darlehens betrage somit rd. 991.831 €.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.]rbStG. Die Vorteile aus der Gewährung eines zinslosen oder niedrig verzinslichen Darlehens unterlägen nicht der Schenkungsteuer. Zumindest müsse aber insoweit ebenso wie für den [X.] die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.]rbStG angewendet werden. Das [X.] habe ferner den Gegenwartswert der erlassenen Darlehensschuld unzutreffend berechnet. Der jährliche [X.] betrage nicht 1 %, sondern nach § 12 Abs. 3 [X.] 5,5 % der erlassenen Darlehensschuld. [X.] sei auch der vom [X.] angesetzte Vervielfältiger. Das Darlehen sei auf längere, unbestimmte [X.] gelaufen. Die Kündigungsmöglichkeiten seien auch nach dem Tod des [X.] dahingehend beschränkt gewesen, dass jeweils nur ein Teilbetrag des Darlehens bis zu einer Höhe von 200.000 [X.] mit einer Kündigungsfrist von zwei Jahren habe kündbar sein sollen. [X.]in außerordentliches Kündigungsrecht wegen Nichtentrichtung der vereinbarten Zinsen hätte den [X.]rben des [X.] aufgrund der vereinbarten Zinslosigkeit des Darlehens nicht zugestanden. Für die Abzinsung müsse daher der 9,3-fache Jahreswert des [X.]es angesetzt werden. Der erlassene Darlehensbetrag von 2.050.000 [X.] sei demgemäß mit 9,3 x 5,5 % = 51,15 % und somit um 1.048.575 [X.] auf 1.001.425 [X.] abzuzinsen. Davon seien 800/2.750 als [X.] steuerfrei. Hieraus ergebe sich ein Steuerwert der Zuwendung von 710.101 [X.] = 363.068 €.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung der Steuerbescheide in Gestalt der [X.]inspruchsentscheidung für die Zuwendung vom 31. März 1996 von einem Steuerwert von 0 [X.] und für die Zuwendung vom 22. November 2004 ohne Berücksichtigung von [X.] von einem Steuerwert von 363.068 € auszugehen.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin könne die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.]rbStG nicht beanspruchen, da das Herrenhaus bei dessen Anschaffung im März 1996 noch kein Familienwohnheim gewesen sei.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist hinsichtlich der Zuwendung vom 31. März 1996 unbegründet und war daher insoweit zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Bezüglich der Zuwendung vom 22. November 2004 ist die Revision begründet; sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und unter Änderung des [X.] vom 19. September 2005 in Gestalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 31. Mai 2006 zur Herabsetzung der Schenkungsteuer auf 2.864 € (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O).

1. Das [X.] hat die Rechtmäßigkeit des für die Zuwendung vom 31. März 1996 ergangenen [X.] in Gestalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 31. Mai 2006 zutreffend bejaht.

a) Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.]; vgl. auch § 516 Abs. 1 [X.]). Dieser [X.] setzt objektiv eine Vermögensverschiebung voraus, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten, subjektiv den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 9. Dezember 2009 [X.], [X.], 165, [X.], 363). Der Gegenstand der Schenkung richtet sich nach bürgerlichem Recht ([X.]-Urteile vom 25. November 2008 [X.]/06, [X.], 772, und vom 9. Dezember 2009 [X.], [X.], 169, [X.], 566).

b) In der zinslosen Gewährung eines Darlehens liegt eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.], wie der [X.] in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (grundlegend [X.]-Urteil vom 12. Juli 1979 [X.], [X.][X.] 128, 266, [X.] 1979, 631; ferner [X.]-Urteile vom 4. Dezember 2002 [X.]/00, [X.][X.] 200, 406, [X.] 2003, 273; vom 29. Juni 2005 [X.], [X.][X.] 210, 459, [X.] 2005, 800; vom 21. Februar 2006 II R 70/04, [X.]/NV 2006, 1300, und vom 11. April 2006 [X.]/04, [X.]/NV 2006, 1665; [X.]-Beschluss vom 14. Januar 2010 [X.]/09, [X.]/NV 2010, 901). Der [X.]mpfänger eines zinslosen Darlehens erfährt durch die Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital unentgeltlich zu nutzen, eine Vermögensmehrung, die der Schenkungsteuer unterliegt. Der Jahreswert des [X.] beträgt nach § 15 Abs. 1 [X.] 5,5 %, wenn kein anderer Wert feststeht.

Wird das Darlehen nicht zinslos, sondern mit einem niedrigen Zinssatz gewährt, liegt ebenfalls eine freigebige Zuwendung vor. In diesem Fall ist der Jahreswert des [X.] mit 5,5 % abzüglich des vereinbarten Zinssatzes zu berechnen, wenn kein anderer Wert feststeht ([X.]-Beschluss vom 15. März 2001 [X.], [X.]/NV 2001, 1122, unter Hinweis auf das in einer Grunderwerbsteuersache ergangene [X.]-Urteil vom 17. April 1991 II R 119/88, [X.][X.] 164, 130, [X.] 1991, 586).

Da die unentgeltliche Gewährung eines zinslosen oder zinsgünstigen Darlehens eine (sonstige) freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] darstellt ([X.]-Urteil vom 30. März 1994 II R 105/93, [X.]/NV 1995, 70; [X.], [X.]rbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 7 Rz 9), ist es unerheblich, dass zivilrechtlich in der bloßen vorübergehenden Gebrauchsüberlassung einer Sache in der Regel keine das Vermögen mindernde Zuwendung liegt, wie sie für eine Schenkung gemäß § 516 Abs. 1 [X.] erforderlich ist; eine Schenkung gemäß §§ 516 ff. [X.] setzt nämlich eine Zuwendung voraus, durch die der [X.] die Substanz seines Vermögens vermindert und das Vermögen des Beschenkten entsprechend vermehrt (Urteile des [X.] --BGH-- vom 11. Dezember 1981 [X.], [X.], 354, und vom 1. Juli 1987 [X.], [X.], 229; BGH-Beschluss vom 11. Juli 2007 IV ZR 218/06, Zeitschrift für [X.]rbrecht und Vermögensnachfolge 2008, 192; Urteil des [X.] vom 5. Februar 1996 2 U 139/95, Neue Juristische [X.] Zivilrecht 1996, 717). Der Begriff der freigebigen Zuwendung ist weiter als derjenige einer Schenkung im zivilrechtlichen Sinn.

c) Die Steuerfestsetzung für die Zuwendung vom 31. März 1996 ist somit nicht zu beanstanden. Das [X.] hat bereits berücksichtigt, dass die teilweise Tilgung des Darlehens und der [X.]rlass des restlichen Darlehens rückwirkende [X.]reignisse i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung ([X.]) darstellen ([X.]-Urteil in [X.][X.] 128, 266, [X.] 1979, 631).

d) Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.] kann für die Zuwendung vom 31. März 1996 nicht berücksichtigt werden, weil die Vorschrift lediglich Zuwendungen unter [X.]hegatten betrifft und die Klägerin und [X.] seinerzeit noch nicht verheiratet waren. Die spätere [X.]heschließung spielt keine Rolle; denn für die Besteuerung kommt es auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der [X.]ntstehung der Steuer mit Ausführung der freigebigen Zuwendung an (§ 11 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). [X.]in rückwirkendes [X.]reignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] stellt die [X.]heschließung nicht dar.

2. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.] sei bezüglich des Herrenhauses für die Zuwendungen vom 8. Januar 1997 und 22. November 2004 nicht anwendbar.

a) Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein [X.]hegatte dem anderen [X.]hegatten [X.]igentum oder Miteigentum an einem im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus oder einer im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten [X.]igentumswohnung ([X.]) verschafft oder den anderen [X.]hegatten von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder der Herstellung des [X.]s freistellt, bleiben nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 [X.] steuerfrei. [X.]s muss sich dabei nicht um eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] handeln. Die Vorschrift gilt vielmehr auch für Abfindungsleistungen für einen [X.]rb- oder Pflichtteilsverzicht, die nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 [X.] als Schenkungen unter Lebenden gelten ([X.], a.a.[X.], § 13 Rz 19). Die Steuerbefreiung bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck nicht nur auf das Haus verstanden als Gebäude, sondern auch auf das Grundstück, dessen wesentlicher Bestandteil es nach § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist ([X.]-Urteil vom 26. Februar 2009 II R 69/06, [X.][X.] 224, 151, [X.] 2009, 480).

b) [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] steht der Anwendbarkeit des § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 [X.] kein Vorrang der Steuervergünstigungen nach § 13a [X.] entgegen.

aa) Zum einen ist für jeden der Schenkungsteuer unterliegenden Vorgang gesondert zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder Steuervergünstigung erfüllt sind. Sind die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gegeben, kann diese nicht mit der Begründung versagt werden, bei Verwirklichung eines anderen steuerbaren Tatbestands könne eine Steuervergünstigung beansprucht werden. Derartige hypothetische Betrachtungen scheiden aus, weil es für die Besteuerung nur auf den tatsächlich verwirklichten Tatbestand ankommt (§ 38 [X.]). [X.]s ist zudem nicht erkennbar, warum eine bloße Steuervergünstigung einer Steuerbefreiung vorgehen soll.

bb) Zum anderen hat das [X.] zu Unrecht angenommen, das Herrenhaus werde von den Steuervergünstigungen nach § 13a [X.] bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfasst.

Der Freibetrag (§ 13a Abs. 1 [X.]) und der verminderte Wertansatz (§ 13a Abs. 2 [X.]) gelten gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 2 [X.] für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen i.S. des § 141 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.], vermietete Grundstücke, Grundstücke i.S. des § 69 [X.] und die in § 13 Abs. 2 Nr. 2 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG) i.d.[X.] vom 24. März 1999 ([X.]l I 1999, 402) genannten Gebäude oder Gebäudeteile bei bestimmten, in der Vorschrift näher genannten [X.]rwerben unter der Voraussetzung, dass dieses Vermögen ertragsteuerlich zum Betriebsvermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehört. Der in § 141 Abs. 1 Nr. 3 [X.] genannte Wohnteil (§ 141 Abs. 4 i.V.m. § 34 Abs. 3 [X.]) wird danach von den Steuervergünstigungen nach § 13a [X.] nur erfasst, wenn er nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des § 13 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.]StG unter § 13 Abs. 2 Nr. 2 [X.]StG fällt. Nach dem Veranlagungszeitraum 1986 angeschaffte Objekte fallen nicht unter die Übergangsvorschrift und sind daher ertragsteuerlich stets Privateigentum ([X.] in Kirchhof, [X.]StG, 9. Aufl., § 13 Rz 27).

Das Herrenhaus der Klägerin stand danach im Privateigentum und erfüllte somit von vornherein nicht die Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen nach § 13a [X.].

c) Der Anwendbarkeit des § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 [X.] auf die Zuwendungen vom 8. Januar 1997 und 22. November 2004 steht auch nicht entgegen, dass das Herrenhaus bei der Anschaffung durch die Klägerin noch kein [X.] war, weil die Klägerin und [X.] seinerzeit noch nicht miteinander verheiratet waren.

Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift gegeben sind, kommt es gemäß § 11 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung an ([X.]-Urteil in [X.][X.] 224, 151, [X.] 2009, 480, unter [X.]). Liegt zu diesem Zeitpunkt ein [X.] vor, so genügt dies (H.-U. [X.] in [X.]/Knobel/[X.], [X.]rbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, [X.], 3. Aufl., § 13 [X.] Rz 35). [X.]s ist nicht zusätzlich erforderlich, dass es sich bereits bei der Anschaffung oder Herstellung um ein [X.] gehandelt hat. Dies gilt sowohl für die Übertragung des [X.]igentums oder Miteigentumsanteils an dem [X.] als auch bei der Freistellung von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung des [X.]s (ebenso Beschluss des [X.] München vom 3. Februar 2006  4 V 2881/05, [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 2006, 686; [X.] in Troll/[X.]/[X.], [X.], § 13 Rz 66). Für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fallgruppen gibt es keine Grundlage.

d) Steuerfrei gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 [X.] sind danach jeweils bezogen auf den auf das Herrenhaus entfallenden Anteil an dem Darlehen der am 8. Januar 1997 vereinbarte Verzicht auf die bereits entstandenen und künftig entstehenden Zinsen und der [X.]rlass des restlichen Darlehens am 22. November 2004.

e) Da das [X.] von einer anderen Auffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie die Zuwendung vom 22. November 2004 betrifft.

3. Die Sache ist spruchreif.

a) Das [X.] hat dem Grunde nach zutreffend angenommen, dass der [X.]rlass des restlichen Darlehens nicht mit dem Nennwert, sondern mit einem abgezinsten Wert anzusetzen sei, den Abzinsungsbetrag jedoch fehlerhaft berechnet.

aa) Die Bewertung des Darlehenserlasses richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 [X.] nach den Vorschriften des [X.]rsten Teils des [X.] (Allgemeine Bewertungsvorschriften). [X.], die nicht in § 11 [X.] bezeichnet sind, und Schulden sind gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.] mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Derartige Umstände können in einer langfristigen Zinslosigkeit oder einer langfristigen niedrigen Verzinsung in Verbindung mit längerer Unkündbarkeit liegen ([X.]-Urteil vom 20. Januar 1988 [X.], [X.][X.] 152, 265, [X.] 1988, 372, m.w.N.).

bb) Die Voraussetzungen für den Ansatz des erlassenen Darlehens mit einem geringeren Wert als dem Nennwert sind im Streitfall erfüllt. Das Darlehen war aufgrund der Zusatzvereinbarung vom 8. Januar 1997 zinslos und nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 [X.]O) jedenfalls für die Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft der Klägerin mit [X.] nicht kündbar. Da die statistische Lebenserwartung des [X.] bei der Vereinbarung des [X.]rlasses des restlichen Darlehens noch 6,34 Jahre betrug, war das Darlehen längerfristig nicht kündbar.

cc) Bei der Berechnung des Abzinsungsbetrags ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht von der ursprünglich vereinbarten niedrigen Verzinsung, sondern aufgrund der der Besteuerung zugrunde gelegten Zusatzvereinbarung vom 8. Januar 1997 von der Zinslosigkeit des Darlehens auszugehen. Da die Vertragsparteien eine Verzinsung in der Zusatzvereinbarung vom 8. Januar 1997 ausdrücklich ausgeschlossen hatten, ist der in § 12 Abs. 3 Satz 2 [X.] vorgesehene Abzinsungsfaktor von 5,5 % anzuwenden, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten ([X.]-Urteil vom 17. Oktober 1980 [X.]/79, [X.][X.] 132, 298, [X.] 1981, 247).

Zu Unrecht hat das [X.] auch einen aus der Lebenserwartung des [X.] abgeleiteten Vervielfältiger angewendet. Da das Darlehen auf unbestimmte Dauer lief, ist als Abzinsungsbetrag gemäß § 13 Abs. 2 [X.] das 9,3-fache des [X.] berechneten Zinsen anzusetzen. Das Darlehen war nicht bis zum Tod des [X.] befristet, sondern sollte jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt lediglich nicht kündbar sein. Da das Darlehen zinslos war, hätten die [X.]rben des [X.] das Darlehen nicht außerordentlich wegen Nichtzahlung von Zinsen durch die Klägerin kündigen können. [X.]s wäre danach allenfalls eine ordentliche Kündigung des Darlehens durch die [X.]rben nach Maßgabe des Darlehensvertrags möglich gewesen. [X.]s ist somit davon auszugehen, dass das Darlehen nach dem Tod des [X.] von unbestimmter Dauer gewesen wäre.

dd) Das erlassene Darlehen mit einem Nennwert von 2.050.000 [X.] ist danach mit dem 9,3-fachen von 5,5 %, also 51,15 %, abzuzinsen. Von dem verbleibenden Betrag von 1.001.425 [X.] entfallen auf das Herrenhaus 800/2.750, also 291.324 [X.], die nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a [X.] steuerfrei sind. [X.]s verbleibt mithin ein anzusetzender Wert der freigebigen Zuwendung von 710.101 [X.] = 363.068 €.

b) Der am 8. Januar 1997 vereinbarte Verzicht auf die bereits entstandenen und künftig entstehenden Zinsen ist gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 [X.] ebenfalls zu 800/2.750, also mit einem Teilbetrag von 81.128 [X.] steuerfrei. Der in der [X.]inspruchsentscheidung angesetzte Wert der Zuwendung von 278.875 [X.] vermindert sich somit auf 197.747 [X.].

4. Die Steuer für die Zuwendung vom 22. November 2004 berechnet sich danach wie folgt:

 

Steuerwert der Bereicherung

363.068,00

Steuerwert der Vorerwerbe *

364.815,00

Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 [X.])

./. 307.000,00

steuerpflichtiger [X.]rwerb

(abgerundet auf volle hundert €)

420.800,00

Steuersatz 15 %

Schenkungsteuer

63.120,00

Steuerabzug für Vorerwerbe

(§ 14 Abs. 1 Satz 3 [X.])

60.255,75

festzusetzende Steuer (abgerundet)

2.864,00

                                                                 

* Berechnung des [X.] der Vorerwerbe

 

[X.]

Vorerwerb vom 31. März 1996

515.771,00

Vorerwerb vom 8. Januar 1997

197.747,00

713.518,00

= 364.815,00 €

                                                                

Meta

II R 37/09

27.10.2010

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 18. Dezember 2008, Az: 4 K 1859/06, Urteil

§ 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 11 ErbStG 1997, § 13 Abs 1 Nr 4a ErbStG 1997, § 12 BewG 1991, § 13 Abs 2 BewG 1991, § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1991, § 516 BGB, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 38 AO, § 141 Abs 1 Nr 3 BewG 1991, § 141 Abs 4 BewG 1991, § 34 Abs 3 BewG 1991, § 13 Abs 4 S 1 EStG 1997 vom 24.03.1999, § 13 Abs 2 Nr 2 EStG 1997 vom 24.03.1999, § 13 Abs 4 S 2 EStG 1997 vom 24.03.1999, § 13a ErbStG 1997, § 11 ErbStG 1991

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.10.2010, Az. II R 37/09 (REWIS RS 2010, 1979)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1979


Verfahrensgang

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Az. II R 37/09

Bundesfinanzhof, II R 37/09, 12.01.2011.

Bundesfinanzhof, II R 37/09, 27.10.2010.


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