Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2005, Az. VII ZB 15/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4241

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BUNDESGERICHTSHOF [X.]/05
vom 5. April 2005 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 850 b Die Pfändung von Bezügen im Sinne des § 850 b Abs. 1 ZPO kann durch [X.] entsprechend § 850 b Abs. 3 Satz 2 ZPO bewirkt werden.
[X.], Beschluß vom 5. April 2005 - [X.] - LG Duisburg

AG Oberhausen - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 5. April 2005 durch den [X.] [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubiger wird der Beschluß der 7. Zivilkammer des [X.] vom 21. Juli 2004 auf-gehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Wert: 112.484,21 •

Gründe: [X.] Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde vom 20. März 1997 wegen einer Hauptforderung in Höhe von 200.000 DM. Auf ihren bei Gericht am 7. April 1997 eingegangenen Antrag vom 20. März 1997 hat der Rechtspfleger am 10. April 1997 Pfändungs- und Über-weisungsbeschluß erlassen und die angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin aus dem [X.] bezüglich [X.] 3 - fähigkeits-, Alters- und Witwenrente sowie Sterbegeld auf Zahlung der gegen-wärtigen und künftig aufgrund dieses [X.]ses dem Schuldner zustehenden Geldleistungen gepfändet. Zur Berechnung des pfändbaren [X.] verweist der Beschluß auf die Tabelle des § 850 c Abs. 3 ZPO. Die weitere Gläubigerin, die mit Pfändungs- und [X.] vom 27. Juni 2003 die angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen die Dritt-schuldnerin gepfändet hatte, hat am 28. November 2003 Erinnerung gegen den von den Gläubigern erwirkten Pfändungs- und [X.] einge-legt. Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. [X.] am Amtsgericht hat die Erinnerung am 5. Februar 2004 zurückgewiesen. Das [X.] hat auf die sofortige Beschwerde der weiteren [X.]in am 10. Februar 2004 den Pfändungs- und [X.] vom 10. April 1997 aufgehoben. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbe-schwerde der Gläubiger. I[X.] Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, 575 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhe-bung der angegriffenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. 1. Das Beschwerdegericht hält die Erinnerung der weiteren Gläubigerin für zulässig. Sie werde durch eine im Rang vorgehende Pfändung in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt und habe daher ein berechtigtes Interesse daran, - 4 - die Rechtmäßigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses überprüfen zu lassen. Das Beschwerdegericht ist weiter der Ansicht, der angefochtene Be-schluß sei als unzulässiger [X.] erlassen worden. Bei der Pfän-dung von Ansprüchen im Sinne des § 850 b Abs. 1 ZPO könne anders als bei der Pfändung von Arbeitseinkommen gemäß § 850 c ZPO grundsätzlich kein [X.] ergehen, da der Drittschuldner nicht die Möglichkeit habe, die unpfändbaren Beträge zu ermitteln. Das Gesetz habe das Arbeitsverhältnis "gesehen". Der Drittschuldner könne bei der Pfändung des Arbeitseinkommens das Nettoeinkommen gemäß § 850 e ZPO ohne weiteres ermitteln. Er könne durch die Lohnsteuerkarte und Befragung des Arbeitnehmers feststellen, [X.] unterhaltsberechtigten Personen vorhanden seien. Der Versicherer habe diese Möglichkeit nicht. Ein dem Arbeitsverhältnis entsprechender Anspruch des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer sei in dieser Weise nicht gegeben. Soweit die Gläubiger Auskunftsansprüche gemäß §§ 810, 811 BGB geltend machen könnten, seien sie hierzu vorrangig verpflichtet und hätten den Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter Angabe der Unterhaltsberechtigten entsprechend zu beantragen. 2. Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, daß die weitere Gläubigerin, die sich ausschließlich gegen die Pfändung der Berufsunfähigkeits-rente des Schuldners wendet, berechtigt war, gegen den Pfändungs- und [X.] Erinnerung einzulegen. Einem nachrangig pfändenden Gläubiger steht die Erinnerung gemäß § 766 ZPO gegen den Pfändungs- und [X.] zu. Er wird durch eine ihm im Rang vorgehende Pfändung in seiner Rechtsstellung beein-trächtigt und hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, die Rechtmäßigkeit - 5 - der vorrangigen Pfändung überprüfen zu lassen ([X.], Urteil vom 9. Februar 1989 - [X.], NJW-RR 1989, 636 = [X.]R ZPO § 766 - Erinnerungs-befugnis 1). Die weitere Gläubigerin wendet sich dagegen, daß hinsichtlich der Berufsunfähigkeitsrente des Schuldners ein unzulässiger [X.] er-gangen ist, der ihre Rechte aus dem Pfändungs- und [X.] vom 27. Juni 2003 beeinträchtigt. Sie war insofern zur Einlegung der Erinne-rung berechtigt. 3. [X.] beanstandet zu Recht, daß das Beschwerdegericht den Pfändungs- und [X.] vom 10. April 1997 aufgehoben hat. a) Das Beschwerdegericht folgt bei der Beurteilung der Frage, ob bei der Pfändung der Berufsunfähigkeitsrente des Schuldners ein [X.] ergehen durfte, der überwiegend in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. [X.], Beschluß vom 14. August 2003 - 25 T 568/03, [X.] 2003, 655; [X.], Beschluß vom 20. Mai 2003 - 11 [X.], [X.] 2003, 655, jeweils m.w.N.; [X.], NJW 1995, 1521). Danach soll die Blankettpfändung unzulässig sein. Dies wird maßgeblich damit begründet, daß bei der Pfändung der Berufsunfähigkeitsrente der Drittschuldner anders als der Arbeitgeber bei der Pfändung von Arbeitsein-kommen die Feststellung der Vermögensverhältnisse und der [X.] regelmäßig nicht vornehmen könne. § 850 b Abs. 2 ZPO sei ent-sprechend dem Sinn und Zweck des § 850 c Abs. 3 Satz 2 ZPO teleologisch zu reduzieren. Die Einführung des § 850 c ZPO sei damit begründet worden, daß sich der Weg der Blankettpfändung als der zweckmäßigste, weil am wenigstens komplizierteste und die Beteiligten am geringsten belastende Eingriff darstelle (BT-Drucks. 3/768 S. 3 vom 15. Dezember 1958, [X.]). Dieser Gedanke trage bei der Pfändung von Ansprüchen nach § 850 b ZPO nicht, weil hier dem [X.] 6 - schuldner die Ermittlung der Vermögensverhältnisse und Unterhaltslasten des Schuldners nicht einfacher als dem Gläubiger oder dem Vollstreckungsgericht möglich sei. Der Gesetzgeber habe mit der Möglichkeit der eidesstattlichen Versicherung dem Gläubiger eine formalisierte Erkenntnisquelle verschafft. Die Gegenansicht (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., § 850 b Rn. 16; [X.], Forderungspfändung, 13. Aufl. 2002 Rn. 1381 jeweils m.w.N.) verweist auf den Gesetzeswortlaut des § 850 b Abs. 2 ZPO. In vielen Fällen stünden dem Drittschuldner die erforderlichen Angaben aus den Verfahrensunterlagen zur Verfügung. Der Leistungsträger könne zudem durch Anhörung von [X.] und Schuldner ebensolche Feststellungen treffen wie der Arbeitgeber. Auch bei einer Leistung nach Abtretung habe der Leistungsträger die Personen, de-nen der Schuldner tatsächlich Unterhalt gewähre, selbst zu ermitteln und zu berücksichtigen und nach ihrer Zahl den abtretbaren Betrag aus der Tabelle des § 850 c ZPO abzulesen. b) Nach § 850 b Abs. 2 ZPO können die unpfändbaren Bezüge des § 850 b Abs. 1 ZPO nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermö-gen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den [X.], insbesondere nach der Art des [X.] Anspruchs und der Höhe der Bezüge die Pfändung der Billigkeit entspricht. Bezüge im Sinne des § 850 b Abs. 1 ZPO sind kein Arbeitseinkommen. Sie werden als Renten oder rentenähnliche Bezüge wie Arbeitseinkommen [X.], weil sie dem Lebensunterhalt des Schuldners zu dienen bestimmt sind ([X.] aaO, Rdn. 1005). § 850 b ZPO weist in Abs. 3 die Besonderheit auf, daß das Vollstreckungsgericht entgegen der allgemeinen Regel des § 834 ZPO - 7 - vor seiner Entscheidung die Beteiligten, dazu gehört auch der Schuldner, hören soll. Die Gleichstellung mit dem Arbeitseinkommen, die uneingeschränkte [X.] des § 850 b Abs. 2 ZPO auf § 850 c ZPO und die vorgeschriebene besondere Verfahrensweise rechtfertigen es, im Pfändungsbeschluß auf die Tabelle des § 850 c ZPO zu verweisen, also jedenfalls dann einen Blankettbe-schluß zu erlassen, wenn der Schuldner sich im Anhörungsverfahren nicht [X.] hat; denn es ist zuvörderst seine Aufgabe, sich auf die beschränkte Lei-stungsfähigkeit zu berufen und auf bestehende Unterhaltsverpflichtungen [X.]. Erst wenn der Schuldner sich substantiiert erklärt hat, obliegt es dem Gläubiger, die bei der Feststellung des nach der Tabelle zu § 850 c ZPO pfänd-baren Betrages zu berücksichtigenden Unterhaltsberechtigten zahlenmäßig bestimmt zu bezeichnen. Dem Gläubiger obliegt es auch, neben den weiteren Voraussetzungen des § 850 b Abs. 2 ZPO darzulegen und zu beweisen, daß die vom Schuldner behaupteten Unterhaltsverpflichtungen nicht bestehen. Die Entstehungsgeschichte von §§ 850 b und 850 c ZPO rechtfertigt [X.] andere Beurteilung. § 850 c Abs. 3 Satz 2 ZPO, wonach bei der Pfändung eine Bezugnahme auf die Tabelle ausreicht, wurde zwar erst bei der Novellie-rung der ZPO durch das Gesetz zur Einbringung der Pfändungsfreigrenzen vom 26. Februar 1959 ([X.] I 1959, 49) eingeführt. Daß die Verweisung in § 850 b Abs. 2 ZPO schon lange vorher im Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 ([X.] I 1953, 952) in die ZPO aufgenommen worden war, rechtfertigt nicht die Annahme, eine Blankettpfän-dung sei unzulässig. Denn der Gesetzgeber hat die Verweisung in § 850 b Abs. 2 ZPO in Kenntnis der Neufassung des § 850 c Abs. 3 Satz 2 ZPO auf-rechterhalten. Durch die in § 850 b Abs. 3 ZPO vorgesehene Anhörung des Schuldners, die bei der Pfändung des Arbeitseinkommens nicht vorgesehen ist, ist der Schuldner hinreichend geschützt. Eine weitere teleologische Reduktion bei der Anwendung des § 850 b ZPO ist daher nicht veranlaßt. - 8 - 4. Die bisherigen Feststellungen des [X.] ermöglichen dem Senat nicht, zu beurteilen, ob bei Beachtung dieser Grundsätze der Erlaß eines Blankettbeschlusses zulässig war. Da das Beschwerdegericht den [X.] allgemein für unzuläs-sig hält, hat es nicht geprüft, ob die weiteren Voraussetzungen des § 850 b Abs. 2 ZPO beachtet sind. Danach können die nach Absatz 1 des § 850 b ZPO grundsätzlich unpfändbaren Bezüge nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften nur dann gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das beweg-liche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung nicht ge-führt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn die Pfändung nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des [X.] Anspruchs und der Höhe der Bezüge der Billigkeit entspricht. Nur wenn positiv feststeht, daß auch diese besonderen Voraussetzungen für die Pfändung [X.], darf die Pfändung der nach § 850 b Abs. 1 ZPO grundsätzlich unpfänd-baren Bezüge zugelassen werden ([X.], Beschluß vom 19. März 2004 - [X.], NJW 2004, 2450). Die angefochtene Entscheidung verhält sich aus diesem Grund auch nicht zur Billigkeit der Pfändung, bei deren Beurteilung ein tatrichterlicher Spiel-raum besteht und bei der eine Gesamtabwägung vorzunehmen ist, welche eine umfassende und nachvollziehbare Würdigung aller in Betracht kommender Um-stände erfordert. In die Beurteilung einzufließen haben die Umstände des [X.], insbesondere die Art des [X.] Anspruchs. Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht auch die Möglichkeit, sich mit der Rüge der weiteren Gläubigerin auseinanderzusetzen, bei Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei gegen § 798 ZPO verstoßen worden. Gegebenenfalls wird zu prüfen sein, ob wegen eines solchen Versto-- 9 - ßes von einer Rangverbesserung der von der weiteren Gläubigerin ausgebrach-ten Pfändung gegenüber der Pfändung der Gläubiger, bei denen es sich wohl um Kinder des Schuldners handelt, auszugehen ist (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl. § 798 Rn. 3; vor § 704 Rn. 35). Dressler

Kuffer
[X.]

[X.]

[X.]

Meta

VII ZB 15/05

05.04.2005

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2005, Az. VII ZB 15/05 (REWIS RS 2005, 4241)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4241

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