Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.01.2021, Az. B 13 R 149/19 B

13. Senat | REWIS RS 2021, 9599

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Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 16. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Das [X.] hat mit Beschluss vom [X.] den vom Kläger behaupteten Anspruch auf Erstattung der Kosten zweier Hörgeräte, die dieser sich während des erstinstanzlichen Verfahrens selbst beschafft hatte, verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt, die er mit Schriftsatz vom [X.] begründet hat.

II

3

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.] durch Beschluss ohne Zuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] gebotenen Form. Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.]) nicht in jeder Hinsicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] gebotenen Weise dargelegt.

4

Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 [X.] geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). In der Beschwerdebegründung ist deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und der Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; vgl zuletzt etwa [X.] vom 22.9.2020 - B 13 R 229/19 B - juris RdNr 3 mwN; vgl auch [X.] <Kammer> Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - [X.] 3-1500 § 160a [X.] Rd[X.]; ferner [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 160a Rd[X.]4 ff mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung vom [X.] nicht unter jedem Gesichtspunkt gerecht.

5

Der Kläger bringt vor, das [X.] habe zur Begründung der Berufungsentscheidung ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch könne sich einzig aus § 18 Abs 6 Satz 1 [X.] ergeben. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch setze, da vorliegend keine unaufschiebbare Leistung betroffen sei, eine unrechtmäßige Leistungsablehnung durch den beklagten Rentenversicherungsträger voraus. Hieran fehle es. Da der Kläger im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren noch die Versorgung mit Hörgeräten eines anderen Modells eines anderen Herstellers begehrt habe, würden sich die ablehnenden Verwaltungsentscheidungen des beklagten Rentenversicherungsträgers auch nur hierauf beziehen. Dass ein Kostenerstattungsanspruch von vornherein ausscheide, wenn ein Versicherter sich eine Leistung selbst beschaffe, ohne zuvor den Leistungsträger einzuschalten und dessen Entscheidung abzuwarten, habe das BSG bereits bezogen auf § 13 Abs 3 SGB V für das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden (Hinweis auf [X.] [X.] - B 1 KR 9/03 R - [X.] 4-2500 § 13 [X.] Rd[X.]7). Diese Rechtsprechung sei, so das [X.], auf § 18 Abs 6 Satz 1 [X.] zu übertragen, auch in Bezug auf das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung.

6

Der Kläger formuliert die Rechtsfrage,

"ob die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen eines in § 13 Absatz 3 Satz 1 SGB V geregelten Kostenerstattungsanspruches mit seinen spezifisch krankenversicherungsrechtlichen Bezügen auf den Erstattungsanspruch nach § 18 Absatz 6 Satz 1 [X.] und seinen im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben erzeugten Wirkungen übertragbar ist oder unter spezifisch teilhabebezogenen Gesichtspunkten zu modifizieren ist."

7

Er versäumt es aber jedenfalls, die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage in der gebotenen Weise darzulegen. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl [X.] vom [X.] - [X.] 3-1500 § 160 [X.]; [X.] vom [X.] - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 4). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen [X.] noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei ([X.]/[X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.]83 mwN). Hieran fehlt es vorliegend.

8

Das BSG hat bereits eine Vielzahl von Entscheidungen zu Kostenerstattungsansprüchen im Zusammenhang mit Leistungen zur Rehabilitation getroffen. Bezogen auf § 15 [X.] in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (im Folgenden: aF), der als Vorgängervorschrift zu § 18 [X.] die Erstattung selbst beschaffter Leistungen regelte, hat der erkennende Senat zwar ausdrücklich offengelassen, ob diese Vorschrift im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung möglicherweise keine unmittelbare Anwendung finde ([X.] [X.] - [X.], 207 = [X.] 4-3250 § 14 [X.], RdNr 21). Zugleich hat er aber entschieden, dass die dann vorliegende Regelungslücke sachgerecht durch Heranziehung des § 13 Abs 3 SGB V zu schließen sei, sodass - unter der bis zum 31.12.2017 geltenden Rechtslage - über dessen Satz 2 auch § 15 [X.] aF entsprechend anzuwenden sei ([X.] [X.] - [X.], 207 = [X.] 4-3250 § 14 [X.], Rd[X.]). Inzwischen verweist § 13 Abs 3 Satz 2 [X.] auf § 18 [X.]. Der 5. Senat des BSG hält § 15 [X.] aF sogar für unmittelbar anwendbar im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.] 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - [X.] 4-3250 § 14 [X.] Rd[X.]2). Nach übereinstimmender Ansicht beider für das Rentenversicherungsrecht zuständigen Senate des BSG müssen auch im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung die besonderen Voraussetzungen des [X.] erfüllt sein, die bis zum 31.12.2017 in § 15 Abs 1 Satz 4 [X.] aF geregelt waren, nämlich die nicht rechtzeitige Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung oder die unrechtmäßige Ablehnung einer Leistung durch den Leistungsträger (vgl [X.] [X.] - [X.], 207 = [X.] 4-3250 § 14 [X.], RdNr 23; [X.] 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - [X.] 4-3250 § 14 [X.] Rd[X.]).

9

Vor diesem Hintergrund hätte es dem Kläger oblegen näher darzulegen, dass und warum nach seinem Dafürhalten die vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidungen zu § 15 [X.] aF die aufgeworfene Rechtsfrage nicht beantworten oder sich zumindest nicht auf die Rechtslage unter Geltung des § 18 [X.] übertragen lassen. Dem wird sein Vorbringen, die aufgeworfene Rechtsfrage sei vom BSG respektive vom erkennenden Senat soweit ersichtlich noch nicht entschieden worden, nicht gerecht.

Soweit der Kläger es für geboten hält, in Fallkonstellationen wie der vorliegenden das Interesse der Versicherten an einer zeitnahen Entscheidung über ihre Hörgeräteversorgung stärker zu berücksichtigen, und erwägt, ob die abgelehnte Versorgung mit Hörgeräten eines bestimmten Modells nicht eine ablehnende Entscheidung hinsichtlich etwaiger vergleichbarer Nachfolgemodelle umfasse, wendet er sich letztlich gegen die Richtigkeit der Berufungsentscheidung. Dass ein Beteiligter die angegriffene Entscheidung für inhaltlich falsch hält, kann indes nicht zur Revisionszulassung führen (stRspr; vgl etwa [X.] vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] RdNr 4; [X.] vom 21.4.2020 - B 13 R 44/19 B - juris Rd[X.]; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 96/10 - [X.] 4-1500 § 178a [X.]1 RdNr 28 mwN).

In diesem Zusammenhang erwähnt der Kläger § 96 [X.] und die Einbeziehung "anderer Hörsysteme" in "das - bisherige - Antragsverfahren". Sollte er damit sinngemäß die Frage aufwerfen wollen, ob mit einem Verwaltungsakt, mit dem die Versorgung mit Hörgeräten eines bestimmten Modells abgelehnt wird, jedenfalls dann auch die Versorgung mit entsprechenden Hörgerätesystemen abgelehnt wird, wenn und sobald das ursprünglich begehrte Modell vom Hersteller nicht länger auf dem Markt angeboten wird, hätte er jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit der unterstellten Rechtsfrage nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Hierzu trägt er nichts vor.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]).

2. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 [X.].

Meta

B 13 R 149/19 B

13.01.2021

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Mannheim, 30. März 2017, Az: S 18 R 583/16, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.01.2021, Az. B 13 R 149/19 B (REWIS RS 2021, 9599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9599

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 96/10

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