Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. IX ZR 276/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1240

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 276/02 Verkündet am: 20. Oktober 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 1, 3 Abs. 2 a) Die Übertragung eines belasteten Grundstücks kann nur dann eine Benachteili-gung der Gläubiger zur Folge haben, wenn der in der Zwangsversteigerung erziel-bare Wert des Grundstücks die vorrangigen Belastungen und die Kosten des [X.] übersteigt. b) [X.], der sich auf eine wertausschöpfende Belastung des ihm übertragenen Grundstücks beruft, trifft eine sekundäre Darlegungslast dazu, in welcher Höhe im Zeitpunkt seines Erwerbs Belastungen bestanden und valutier-ten. c) Hat der [X.] den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages mit einer nahestehenden Person sowie die dadurch verursachte unmittelbare Benachteili-gung der Gläubiger dargelegt und bewiesen, werden sowohl der Benachteili-gungsvorsatz des Schuldners als auch die Kenntnis des [X.]s da-von gesetzlich vermutet. [X.], Urteil vom 20. Oktober 2005 - [X.] [X.]
LG Duisburg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2005 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 28. November 2002 auf-gehoben. [X.] wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin verlangt vom Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Gläu-bigeranfechtung Wertersatz für zwei mittlerweile weiterveräußerte Grundstücke. Schuldner ist der geschiedene Ehemann der Klägerin, der zu [X.] verurteilt worden ist, aber keinen Unterhalt zahlt. Der Beklagte ist dessen [X.]. Die Unterhaltsansprüche waren am 7. April 2000 in erster Instanz tituliert worden. Im Juni 2000 erbte der Schuldner von seiner Mutter zwei bebaute Grundstücke. Aufgrund Vertrages vom 29. Dezember 2000 übertrug er beide Grundstücke gegen [X.] einer persönlichen Haftung für die auf den Grundstücken grundpfandrechtlich gesicherten Forderungen auf den Beklagten. 1 - 3 - Am 26. März 2001 bestätigte das [X.] den Unterhaltsanspruch der Klägerin. Am 2. Juli 2001 ging die Klage im vorliegenden Prozess ein. [X.] des laufenden Prozesses, am 2. Juli 2002, übertrug der Beklagte die Grundstücke auf eine GmbH, deren Verbindung zum Schuldner streitig ist. Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Beru-fung der Klägerin hat das [X.] den Beklagten unter Zurückwei-sung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von Wertersatz in Höhe von 47.871,76 Euro nebst Zinsen verurteilt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Re-vision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht. 3 I. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines Anfechtungsan-spruchs für gegeben erachtet. Die Gläubigerbenachteiligung folge daraus, dass der Wert der Grundstücke [X.] wie der Beklagte zugestanden habe [X.] 1,5 Mio. DM betragen habe; belastet gewesen seien die Grundstücke im Dezember 2000 nur mit insgesamt nominal 1.312.500 DM. Von diesen Zahlen sei angesichts des unzureichenden Vortrags des Beklagten auszugehen, der einer gerichtli-chen Aufforderung, den Stand der Belastungen im Dezember 2000 darzulegen, nicht nachgekommen sei. Ein Anfechtungsrecht folge aus § 4 [X.]. Eine [X.] - 4 - genleistung habe der Beklagte nicht erbracht. Weder das Wohnrecht noch die Übernahme der persönlichen Haftung für die durch die Grundpfandrechte gesi-cherten Forderungen stellten eine Gegenleistung im Rechtssinne dar. Auf ge-genteilige Vorstellungen des Beklagten oder des Schuldners komme es nicht an. Ein Anfechtungsrecht folge zudem auch aus § 3 Abs. 2 [X.]. Der Beklagte habe nicht ausreichend dazu vorgetragen, dass ihm die Benachteiligungsab-sicht des Schuldners nicht bekannt gewesen sei. [X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem we-sentlichen Punkt nicht stand. Die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen den Schluss auf das Vorliegen einer objektiven Gläubigerbenachteiligung nicht zu. Das Berufungsgericht hat seinem Urteil den vom Beklagten zugestandenen —[X.] der Grundstücke zugrunde gelegt, ohne zu prüfen, ob es sich um die Werte handelt, die im Rahmen einer Zwangsversteigerung erzielt werden könn-ten. Auf diese Werte kommt es an. 5 1. Nach § 1 Abs. 1 [X.] können solche Rechtshandlungen eines Schuld-ners angefochten werden, die dessen Gläubiger benachteiligen. Durch die Anfechtung soll die Zugriffslage wiederhergestellt werden, die ohne die an-gefochtene Rechtshandlung des Schuldners für den Gläubiger bestanden hätte ([X.] 104, 355, 357; 123, 183, 184 f; 130, 314, 322; 159, 397, 400). Deshalb ist eine Rechtshandlung des Schuldners nur anfechtbar, wenn durch sie die Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers aus dem Schuldnervermögen beein-trächtigt wird, der Gläubiger also objektiv benachteiligt worden ist. 6 - 5 - 7 2. Wäre die angefochtene Übertragung der Grundstücke unterblieben, hätte die Klägerin deren Zwangsversteigerung betreiben können. Die hierbei erzielten Erlöse abzüglich der vorrangigen Belastungen und der Kosten des [X.] hätten zur Befriedigung der Unterhaltsforde-rung der Klägerin zur Verfügung gestanden. Eine Gläubigerbenachteiligung kommt nicht in Betracht, wenn Grundstücke wertausschöpfend belastend sind und eine Zwangsversteigerung nicht zu einer [X.] auch nur teilweisen [X.] Befriedi-gung des Gläubigers geführt hätte ([X.] 104, 355, 357; [X.], Urt. v. 17. [X.] 1998 [X.] [X.] ZR 196/97, [X.], 196, 198). Ob eine wertausschöpfende Belastung vorliegt, hängt vom Wert des Grundstücks sowie von der [X.] derjenigen Forderungen ab, welche durch die eingetragenen Grundpfandrechte gesichert werden ([X.], Urt. v. 17. Dezember 1998, aaO; Urt. v. 24. September 1996 [X.] [X.] ZR 190/95, [X.], 1907, 1908). Anspruch auf den bei einer freihändigen Veräußerung zu erzielenden Verkehrswert hätte die Klägerin hingegen nicht gehabt. Die Frage der Benachteiligung kann folglich nicht danach beantwortet werden, welchen Verkehrswert die Grundstücke [X.]. Maßgeblich muss vielmehr sein, ob bei einer Zwangsversteigerung der Grundstücke ein an den Gläubiger auszukehrender Erlös hätte erzielt werden können. Dazu fehlt es an ausreichenden Feststellungen. I[X.] [X.] ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin: 8 1. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzun-gen der Gläubigerbenachteiligung ist der [X.] ([X.], Urt. v. 17. Dezember 1998 [X.] [X.] ZR 196/97, [X.], 196, 198). Da die [X.] - 6 - nachteiligung Voraussetzung jedes Anfechtungsanspruchs ist, gehört sie zu den klagebegründenden Umständen. Die Klägerin, die einen noch höheren Wert der Grundstücke behauptet hatte, hat Beweis durch den Antrag auf [X.] eines Sachverständigengutachtens angetreten. Dieser Beweis wird [X.] aller-dings bezogen auf die im Rahmen einer Zwangsversteigerung erzielbaren [X.] im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt [X.] zu erheben sein. Welchen Erlös ein Grundstück bei einer Zwangsversteigerung voraussichtlich erbringen wird oder erbracht hätte, kann in der Regel nur aufgrund besonderer Sachkunde beurteilt werden ([X.], Urt. v. 18. März 1993 [X.] [X.] ZR 198/92, [X.], 868). Die nach § 195 Abs. 1 Satz 2 BauGB zur Kaufpreissammlung mitgeteilten Zu-schlagsbeschlüsse ergeben hierfür im Vergleichsverfahren eine Grundlage. 2. Das Berufungsgericht hat den Beklagten zu Recht für verpflichtet gehalten, Einzelheiten zum Stand der Belastungen im Dezember 2000 vorzu-tragen. 10 a) Muss eine [X.] Umstände darlegen und beweisen, die zu dem ihrem Einblick entzogenen Bereich des [X.] gehören, ist zu prüfen, ob es dem Prozessgegner im Rahmen seiner [X.] nach § 138 Abs. 2 ZPO zuzumuten ist, dieser [X.] eine prozessordnungsgemäße Darlegung durch nähere Angaben über die zu ihrem Wahrnehmungsbereich gehörenden [X.] zu ermöglichen. Kennt der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsa-chen und ist es ihm zumutbar, nähere Angaben zu machen, kann von ihm ein substantiiertes Bestreiten verlangt werden. Kommt er dieser sekundären Darle-gungslast nicht nach, gilt der sonst als nicht hinreichend substantiiert anzuse-hende Vortrag des [X.] als zugestanden ([X.] 86, 23, 29; 140, 156, 158 f; [X.], Urt. v. 19. April 1999 [X.] II ZR 331/97, NJW-RR 1999, 1152). 11 - 7 - 12 b) Für den Beklagten ist der Umfang der von ihm übernommenen grund-pfandrechtlich gesicherten Verbindlichkeiten im Dezember 2000 ohne weiteres ersichtlich. Er hat sich auf eine wertausschöpfende Belastung der Grundstücke berufen. Ihm war und ist daher auch zuzumuten, detailliert zum Valutie-rungsstand im fraglichen Zeitpunkt vorzutragen (vgl. auch [X.], [X.] 9. Aufl. § 1 Rn. 41). Die schlichte Behauptung einer wertausschöpfenden Belastung reicht nicht aus. 3. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist nicht klar, ob die Übertragung der Grundstücke auf den Beklagten im Sinne von § 4 [X.] unent-geltlich erfolgte. In der Regel wird die Übernahme der persönlichen Haftung für die Forderungen, die durch auf dem Grundstück lastende Grundpfandrechte gesichert sind, eine Gegenleistung darstellen; denn der Übernehmer haftet dann nicht nur mit dem übernommenen Grundstück, sondern auch mit seinem übrigen Vermögen für die gesicherten Verbindlichkeiten. Anderes mag gelten, wenn der Übernehmer über kein nennenswertes sonstiges Vermögen verfügt, die Übernahme also praktisch wertlos ist. Wie es sich im vorliegenden Fall ver-hält, ist weder von den [X.]en dargelegt noch vom Berufungsgericht [X.] worden. 13 4. Entgegen der Ansicht der Revision hat die Klägerin jedoch [X.] zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 [X.] vorgetragen. 14 a) Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand folgt im Falle einer Gläu-bigerbenachteiligung ein Anfechtungsgrund der Klägerin jedenfalls aus § 3 Abs. 2 [X.]. Der Wortlaut dieser Vorschrift verlangt (nur) einen entgeltlichen Vertrag, den der Schuldner mit einer ihm nahestehenden Person geschlossen hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Mehr als diese Tatbestandsmerkmale braucht der 15 - 8 - [X.] nicht vorzutragen. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sowie die Kenntnis des [X.]s werden gesetzlich vermutet. Das hat der Senat für die insoweit gleichlautende Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bereits entschieden ([X.], Urt. v. 6. April 1995 [X.] [X.] ZR 61/94, [X.], 1021, 1028 unter 4.). Die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] einerseits, des § 3 Abs. 2 [X.] und des § 133 Abs. 2 [X.] andererseits sind nicht wortgleich. Sie stimmen jedoch insoweit überein, als [X.] nur eine —entgeltliche Leistungfi an bzw. ein —entgeltlicher Vertragfi mit einer nahestehende(n) Person sowie eine unmittelbare Gläubigerbenachtei-ligung sind. Dem [X.] wird jeweils auferlegt, die [X.] des § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] darzulegen und zu beweisen. Er muss insbesondere beweisen, dass ihm zur [X.] ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war. Dieser Beweis kann auch in der Form geführt werden, dass schon ein Gläubigerbe-nachteiligungsvorsatz nicht vorlag. b) Die Behauptung des Beklagten, der Schuldner habe mit der Übertra-gung Wünschen der Erblasserin nachkommen wollen, ist unerheblich. Die Gläubigerbenachteiligung muss nicht das Ziel des Schuldnerhandelns sein. Der Tatbestand des § 3 Abs. 2 [X.] ist auch erfüllt, wenn bei einem auf einen an-deren Zweck gerichteten Handeln der Schuldner die Benachteiligung als mögli-che Folge seines Handelns erkennt und billigend in Kauf nimmt (vgl. [X.] 130, 314, 319). 16 5. Nachdem der Beklagte die Grundstücke auf die GmbH übertra-gen hat, kann die Klägerin [X.] falls sich die übrigen Voraussetzungen eines An-fechtungsanspruchs feststellen lassen [X.] gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1, §§ 989, 990 BGB Schadensersatz in Höhe des im [X.] - 9 - men einer Zwangsversteigerung erzielbaren Wertes der Grundstücke im Zeit-punkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz verlangen. Auch dieser Wert wird sich voraussichtlich nur mit sachverständiger Hilfe [X.] lassen.
6. [X.] vom 29. Dezember 2000 ist bisher nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Eine Ablichtung des Vertrages befindet sich bei den [X.], darf so aber nicht verwertet werden. Welche [X.] und welche Belastungen der Beklagte übernommen hat, dürfte sich mit letzter Sicherheit nur aus dem Vertrag selbst ergeben. 18 [X.] [X.] [X.] Chierniak [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 09.01.2002 - 10 O 238/01 - [X.], Entscheidung vom 28.11.2002 - 12 U 28/02 -

Meta

IX ZR 276/02

20.10.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. IX ZR 276/02 (REWIS RS 2005, 1240)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1240

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Referenzen
Wird zitiert von

VII R 63/18

VII B 119/19

VII R 55/18

8 U 89/19

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