Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2015, Az. V ZR 221/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 4477

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
221/14
Verkündet am:

2. Oktober 2015

Weschenfelder

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1002 Abs. 1, § 1001 Satz 3
Eine vorbehaltlose Herausgabe im Sinne von § 1002 Abs. 1, § 1001 Satz
3 BGB liegt auch vor, wenn der Eigentümer den Besitzer auf Herausgabe verklagt, der Besitzer in diesem Verfahren ein Zurückbehaltungsrecht wegen seiner Verwendungen nicht geltend macht, obwohl er es könnte, und wenn der Eigentümer den Besitz an der Sache durch Vollstreckung des in dem Verfahren erstrittenen Herausgabetitels wie-dererlangt.
BGH, Urteil vom 2. Oktober 2015 -
V ZR 221/14 -
OLG Oldenburg

LG Osnabrück

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 2015
durch die Richterin Prof. Dr.
Schmidt-Räntsch, den Richter Dr.
Czub, die Richterin Weinland,
den Richter Dr.
Kazele
und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des 8.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4.
September 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Mit Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 23. September 2010 wurde der Klägerin ein Erbbaurecht zugeschlagen, dessen Inhaber
nach der Eintragung im Erbbaugrundbuch
der Beklagte und D. Z. zu je ½ waren.

Die G. Z. GmbH
(im Folgenden: Mieterin), die das Grundstück von den In-habern des Erbbaurechts gemietet
hatte, zahlte daraufhin die Miete an die Klä-gerin. Auf die Beschwerde des Beklagten wurde der Zuschlagsbeschluss am 28.
November 2011 aufgehoben, woraufhin die Mieterin ab Januar 2012
ihre
Zahlungen an die Klägerin einstellte.
Die Klägerin behauptet, sie habe
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nach dem Zuschlag und vor dessen Aufhebung -
für
den
Zeitraum vom 2. September 2010 bis zum 31.
Dezember 1
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2011
an den Eigentümer des Grundstücks Erbbauzinsen in Höhe von gezahlt, deren
Erstattung sie von dem Beklagten
verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zu-rückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe zwar grundsätzlich ein Anspruch nach §§ 994, 995 BGB zu. Eine Vindikationslage habe bestanden, weil der Erwerb des Erbbaurechts durch die rechtskräftige Aufhebung des Zu-schlags rückwirkend entfallen sei. Der
Verwendungsersatzanspruch sei aber
nach § 1002 BGB erloschen, weil er nicht innerhalb der darin vorgesehenen Ausschlussfrist von sechs Monaten seit Herausgabe des Grundstücks
gericht-lich geltend gemacht worden sei. Die die vorherige Rechtslage mit Wirkung ex tunc wiederherstellende Aufhebung des Zuschlags löse nach dem Sinn und Zweck des § 1002 BGB den Beginn der Ausschlussfrist ebenso aus wie eine freiwillige oder eine im Wege der Klage erzwungene Herausgabe. Dies gelte ungeachtet des Umstands, dass die Klägerin als mittelbare Besitzerin im Ver-fahren der sofortigen Beschwerde gegen die Erteilung des Zuschlags nicht die Möglichkeit gehabt habe, sich wegen ihrer Verwendungen auf ein Zurückbehal-tungsrecht nach § 1000 BGB zu berufen. Sie sei in der Lage gewesen, ihren Anspruch alsbald gerichtlich geltend zu machen. Ihre Untätigkeit nach der Auf-hebung des Zuschlags habe für den Beklagten den Anschein geschaffen, dass Verwendungsersatzansprüche nicht bestünden.
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II.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der gezahlten Erbbauzinsen nicht verneinen.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass ein solcher Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten in entsprechender Anwen-dung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG) der §
994 Abs. 1, § 995 BGB dem Grunde nach besteht.
a) Die für die Anwendung dieser Vorschriften erforderliche Vindikations-lage ist gegeben.
aa) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren der Beklagte und D. Z. zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung an die Klägerin zu je ½ als Inhaber des Erbbaurechts
im Erbbaugrundbuch einge-tragen.
An dieser Rechtsstellung hat der von dem Beklagten in der Revisions-erwiderung unter Verweisung auf seinen erstinstanzlichen Vortrag behauptete Verkauf des
Erbbaurechts an die Mieterin unter einer im Voraus erklärten Zu-stimmung des Grundstückseigentümers nichts geändert, weil es
an der nach §
11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG in Verbindung mit §
873 BGB notwendigen Ein-tragung der Mieterin
als Erbbauberechtigte im Grundbuch
fehlt. Auch der der Klägerin erteilte Zuschlag in dem Zwangsversteigerungsverfahren hat im Er-gebnis nicht dazu geführt, dass der Beklagte nicht mehr Inhaber des Erbbau-rechts ist. Mit der
Verkündung des Zuschlagsbeschlusses
durch das Vollstre-ckungsgericht ist
die
Klägerin
zwar nach § 89, §
90 Abs. 1 Halbsatz 1 ZVG Erb-bauberechtigte
geworden, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Zu-schlagsbeschluss nicht im Beschwerdeweg rechtskräftig aufgehoben wird (§
90 Abs. 1 Halbsatz 2 ZVG). Mit der auf die Beschwerde des Beklagten hin erfolg-ten Aufhebung des Zuschlages durch
den Beschluss vom 28. November 2011 5
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hat die Klägerin das Erbbaurecht rückwirkend zum 23. September 2010 wieder verloren, so dass der Beklagte und D. Z. Erbbauberechtigte geblieben sind.
bb) Die Klägerin war
in dem Zeitraum zwischen der
Verkündung
des Zu-schlagsbeschlusses vom 23. September 2010 und der Zustellung des ihn auf-hebenden Beschlusses vom 28. November 2011 mittelbare Besitzerin des Grundstücks,
an dem das Erbbaurecht bestellt ist.
(1) Das ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die Klägerin nach § 57 ZVG in Verbindung mit §
566 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis eingetreten ist. Denn dieser Übergang stand unter dem Vorbe-halt, dass der Zuschlagsbeschluss nicht aufgehoben wird, und ist mit der Auf-hebung des Zuschlagsbeschlusses rückwirkend entfallen.
(2) Die Klägerin hat aber mittelbaren Besitz dadurch erlangt, dass die Mieterin auf Grund des Zuschlags
die Klägerin als ihre
Vertragspartnerin aner-kannt und ihr den Besitz an dem Grundstück vermittelt
hat. Dass es bei dem durch den Zuschlag bewirkten Übergang des Mietverhältnisses auf die Klägerin infolge der Aufhebung nicht geblieben ist, ist unerheblich. Der mittelbare Besitz
setzt die Rechtswirksamkeit des Besitzmittlungsverhältnisses nicht voraus (BGH, Urteil vom 26. September 1985 -
IX ZR 88/84, NJW 1986, 2438; Urteil vom 19. Januar 1955 -
IV ZR 135/54, NJW 1955, 499).
cc) An dem Bestehen der Vindikationslage ändert es nichts, dass der Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB in dem Zeitraum vom 23.
September
2010 bis zur Zustellung des Aufhebungsbeschlusses vom
28.
November 2011 wegen der noch bestehenden Rechtswirkungen des Zu-schlagsbeschlusses weder durch die Klägerin noch durch den Beklagten und
D. Z. mit Erfolg hätte geltend gemacht werden können. Die Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis sind
auch dann anwendbar, wenn der 9
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Eigenbesitzer von Anfang an nicht zum Besitz berechtigt war, weil sein Eigen-tumserwerb -
wie hier -
nach § 90 Abs. 1 Halbsatz 2 ZVG rückwirkend entfallen ist (Senat, Urteil vom 5. März 2010 -
V ZR 106/09, BGHZ 184, 358
Rn. 9).
b) Die von der Klägerin geltend gemachten Erbbauzinsen stellen not-wendige Verwendungen auf die Sache dar. Gemäß § 995 Satz 1 BGB gehören zu den notwendigen Verwendungen im Sinne des § 994 BGB auch die Aufwen-dungen, die der Besitzer
zur
Bestreitung
von Lasten der Sache macht. Lasten der Sache im Sinne dieser Vorschrift sind alle an der Sache bestehenden Ver-wertungsrechte Dritter und alle Zahlungspflichten des Eigentümers, die diesen gerade wegen seines Eigentums an der betreffenden Sache treffen (Staudin-ger/Gursky, BGB [2012], § 995 Rn. 2; vgl. auch MüKo-BGB/Baldus, 6.
Aufl., §
995 Rn. 2). Bei der in § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG vorgesehenen entspre-chenden Anwendung des § 995 BGB stellen daher auch die von dem Erbbau-berechtigten zu zahlenden Erbbauzinsen Lasten des Erbbaurechts dar.
c)
Der Anspruch der Klägerin scheitert nicht, wie der Beklagte im Rah-men einer Gegenrüge geltend macht, daran, dass der Klägerin die Tatsachen, die zu der Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses geführt haben, möglicher-weise schon bei Besitzerlangung bekannt gewesen sind. Denn dies führt nicht
dazu, dass die Klägerin als bösgläubig im Sinne des §
990 Abs.
1 Satz 1 BGB anzusehen
wäre. Die Kenntnis von Tatsachen begründet noch nicht ein Ken-nenmüssen oder gar die Kenntnis der fehlenden Rechtsbeständigkeit des Be-sitzrechts, wenn der Bestand des Besitzrechts nicht nur von den Tatsachen, sondern von der Entscheidung einer nicht ohne weiteres zu beantwortenden Rechtsfrage abhängt. Geht der Besitzer rechtsirrtümlich von der Zurückweisung der Zuschlagsbeschwerde aus, führt die bloße Kenntnis der Tatsachen, die die Versagung des Zuschlags tragen, nicht zu der Annahme von grober
Fahrlässig-keit oder gar Kenntnis, dass sein Besitzrecht rückwirkend entfallen wird (vgl. Senat, Urteil vom 22. Januar 1958 -
V ZR 27/57, BGHZ 26, 256, 258; BGH, Ur-13
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teil vom 25. Februar 1960
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II ZR 125/58, BGHZ 32, 76, 92; Urteil vom 28. Mai 1976
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III
ZR 186/72, NJW 1977, 31, 34 unter B. 1. -
insoweit nicht in BGHZ 67, 152 abgedruckt). So liegt der Fall hier. Die Klägerin konnte als juristischer Laie da-von ausgehen, dass die seitens des Amtsgerichts erfolgte Zulassung ihres Ge-bots unter dem Vorbehalt der Nachreichung von Urkunden zum Nachweis der Vertretungsmacht des für sie im Versteigerungstermin auftretenden Vertreters rechtlich zulässig war und der nach der Vorlage von Urkunden erfolgte Zu-schlag Bestand haben würde.
Unabhängig davon würde eine Bösgläubigkeit der Klägerin auch nur da-zu führen, dass sich die Ersatzpflicht für die Verwendungen gemäß
§ 994 Abs.
2 BGB nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag be-stimmt. Bei der Zahlung von geschuldeten Erbbauzinsen
wird
in aller Regel ein Ersatzanspruch nach §§ 677, 683 BGB gegeben sein.
2. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht
hingegen
an, dass der
Anspruch der Klägerin auf Ersatz des
Erbbauzinses entsprechend
§ 994 Abs. 1, § 995 BGB nach Maßgabe von §
1002 Abs. 1 BGB erloschen ist.
a) Nach dieser Vorschrift erlischt der Anspruch auf Ersatz von Verwen-dungen bei einem Grundstück mit dem Ablauf von sechs Monaten nach der Herausgabe, wenn nicht vorher die gerichtliche Geltendmachung erfolgt oder der Eigentümer die Verwendungen genehmigt. Eine Herausgabe in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die Sache unmittelbar von dem Besitzer an den Ei-gentümer oder einem von ihm Beauftragten (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1968 -
VIII ZR 214/66, BGHZ 51, 250, 253) herausgegeben wird und
sich der Besitzer dabei -
wie sich aus § 1001 Satz 3 BGB ergibt -
die Geltendmachung seiner Ansprüche auf Verwendungsersatz nicht vorbehält. Dagegen genügt es für die Annahme einer Herausgabe nicht, wenn der Eigentümer die
Sache
auf 15
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anderem Weg -
etwa durch eigenmächtige Wegnahme oder auf sonstige Weise ohne den Willen des Besitzers -
wiedererlangt
(MüKo-BGB/Baldus, 6. Aufl., §
1002 Rn. 1; Soergel/Stadler, BGB, 13.
Aufl., §
1002 Rn. 2; Staudinger/
Gursky, BGB [2012], § 1002 Rn. 2; Westermann/Gursky/Eickmann,
Sachenrecht, 8. Aufl., §
32 Rn.
29).

b) Diese Voraussetzungen
liegen
hier nicht vor.
aa) Der Beklagte und D. Z. haben zwar mittelbaren Besitz an dem Erbbaurecht wiedererlangt. Dies war aber nicht die Folge einer freiwilligen vor-behaltslosen Herausgabe durch die Klägerin. Vielmehr hat die Klägerin den mit-telbaren Besitz ohne ihren Willen verloren.
Ihr mittelbarer
Besitz ist entfallen, weil die Mieterin als unmittelbare Besitzerin nach den nicht angegriffenen Fest-stellungen des Berufungsgerichts ihren Besitzmittlungswillen geändert und sich entschlossen hat, den Besitz an dem Erbbaurecht wieder als Mieterin
des Be-klagten und von D. Z. auszuüben und diesen den Besitz zu vermitteln. Eine solche einseitige, äußerlich hinreichend feststellbare Loslösung des unmit-telbaren Besitzers von dem bisherigen Besitzmittlungswillen reicht für den Be-sitzverlust des mittelbaren Besitzes aus (BGH, Beschluss vom 12. Mai 1999
-
XII ZR 134/97, NJW-RR 1999, 1239 f. mwN).
bb) Die
erforderliche Herausgabe des Erbbaurechts durch die Klägerin wird auch nicht durch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses ersetzt.
(1) Allerdings wird der Herausgabe der Sache durch den Besitzer an den Eigentümer im Anschluss an eine Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 109, 104, 107)
der Fall
gleichgestellt, dass
die Sache dem Besitzer aufgrund eines in einem Vindikationsprozess ergangenen (vorläufig vollstreckbaren) Urteils weg-genommen wird (Staudinger/Gursky, BGB [2012], §
1002 Rn. 2; MüKo-BGB/Baldus, 6. Aufl., §
1002 Rn. 6; Erman/Westermann, BGB, 14. Aufl., § 1002 Rn. 2; jurisPK-BGB/Ehlers, § 1002 Rn. 3; BeckOK BGB/Fritzsche, § 1002 18
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Rn.
4; Palandt/Bassenge, BGB, 74.
Aufl., § 1002 Rn. 2).
Die Vorschrift erfasst nach ihrem Zweck auch diesen Fall. Sie beruht auf dem Grundgedanken, dass der Besitzer bei dem Eigentümer den Eindruck erweckt,
Verwendungsersatzan-sprüche bestünden nicht oder würden nicht geltend gemacht, wenn er das Zu-rückbehaltungsrecht nach § 1000 BGB nicht ausübt und die Sache vorbehalts-los herausgibt. Der Besitzer muss wegen des unterlassenen Vorbehalts hin-sichtlich der von ihm getätigten Verwendungen
schnell tätig werden, um den Anschein des Nichtvorliegens oder der Nichtgeltendmachung von Ersatzan-sprüchen zu begegnen (MüKoBGB/Baldus, 6.
Aufl., § 1002 Rn. 1). Ein solcher Anschein kann auch entstehen, wenn der Eigentümer einen vorbehaltlosen Titel erstritten hat und er diesen vollstreckt.
(2) Voraussetzung hierfür ist indessen, dass das Verfahren und die Voll-streckung der freiwilligen vorbehaltlosen Herausgabe durch den Besitzer quali-tativ entsprechen. Das ist unter folgenden drei Bedingungen der Fall: Zunächst muss das gerichtliche Verfahren auf die Herausgabe der Sache durch den Be-sitzer an den Eigentümer gerichtet
sein. Weiterhin muss
es dem Besitzer in die-sem Verfahren möglich sein, dem Herausgabeanspruch Verwendungsersatz-ansprüche entgegen zu setzen. Schließlich muss der Eigentümer gerade durch die Vollstreckung des Herausgabetitels wieder in den Besitz seiner Sache ge-kommen sein. Dann nämlich steht die Wiedererlangung der Sache durch den Eigentümer im Wege der Zwangsvollstreckung wertungsmäßig
der freiwilligen Herausgabe der Sache durch den Besitzer gleich. Indem der Besitzer die mög-liche Geltendmachung seiner Verwendungsansprüche in
dem von dem Eigen-tümer betriebenen Vindikationsverfahren unterlässt, setzt
er in zurechenbarer Weise einen Rechtsschein, dass solche Ansprüche
entweder
nicht bestehen
oder nicht geltend gemacht werden, wenn er die Klagefrist verstreichen lässt.
(3) Diese Voraussetzungen liegen hier allesamt nicht vor.
Die Klägerin war zwar an dem Beschwerdeverfahren beteiligt, in dem sich der Beklagte ge-22
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gen die Rechtmäßigkeit des ihr erteilten Zuschlags wandte. Das Verfahren war aber nicht auf Herausgabe des Grundstücks gerichtet. Der Beklagte erstrebte nicht die Erteilung des Zuschlags an ihn -
der Zuschlagsbeschluss ist nach §
93 Abs. 1 ZVG ein Herausgabetitel;
Ziel der von ihm als Schuldner erhobenen Zu-schlagsbeschwerde war es vielmehr
die -
bloß vorläufig erlangte -
Rechtsstel-lung der Klägerin zum Wegfall zu bringen. Durch die in diesem Verfahren er-folgte Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses wurden er und D. Z. wieder Erbbauberechtigte. Erst aufgrund dieser wiedererlangten Rechtsstellung waren sie in der Lage, den Herausgabeanspruch gegen die Klägerin aus § 985 BGB, §
11 ErbbauRG
geltend zu machen. Auch war es der Klägerin nicht möglich,
in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde wegen ihrer Verwendungsan-sprüche ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben oder hinsichtlich dieser Ansprü-che einen Vorbehalt zu erklären.
Das Bestehen von Verwendungsansprüchen ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des erteilten Zuschlags ohne Belang. Schließlich hat die Klägerin ihren Besitz an dem Grundstück auch nicht durch die Vollstreckung eines Herausgabetitels, sondern in Folge der Veränderung des Besitzmittlungswillens durch die Mieterin als
unmittelbare
Besitzerin
verlo-ren.

III.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, weil
es an den erforderlichen Feststellungen fehlt,

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ob die Klägerin Erbbauzinsen an den Eigentümer gezahlt hat. Daher ist die Sa-che unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs. 1 ZPO).

Schmidt-Räntsch

Czub

Weinland

Kazele

Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 11.04.2014 -
5 O 2853/12 -

OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.09.2014 -
8 U 73/14 -

Meta

V ZR 221/14

02.10.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2015, Az. V ZR 221/14 (REWIS RS 2015, 4477)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4477

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 221/14

V ZR 106/09

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