Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2004, Az. VII ZR 231/03

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2440

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 8. Juli 2004 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

VO[X.]/[X.] § 11 Nr. 2 Eine Vertragsstrafe ist nicht verschuldensunabhängig vereinbart, wenn sie in einer Klausel unter [X.]ezugnahme auf § 11 VO[X.]/[X.] von der Überschreitung des Fertigstellungstermins abhängig gemacht wird und die VO[X.]/[X.] vereinbart ist ([X.]estätigung von [X.]GH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - [X.], [X.] 149, 283, 287).

ZPO § 540 a.F. Das [X.]erufungsgericht kann im Einzelfall zur Vermeidung einer mit dem [X.] nicht im Einklang stehenden [X.] gehalten sein, von einer Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht abzusehen. Von einer Zurückverweisung kann - 2 - insbesondere dann abzusehen sein, wenn eine lange Verfahrensdauer auf gerichtliche Verfahrensfehler zurückzuführen ist.

[X.]GH, Urteil vom 8. Juli 2004 - [X.] - OLG Frankfurt

LG [X.]

- 3 - Der VI[X.] Zivilsenat des [X.]undesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2004 durch [X.] und [X.] und [X.]auner für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.]eklagten wird das Urteil des [X.] in [X.] des [X.] vom 25. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen [X.] des [X.]eru-fungsgerichts zurückverwiesen. Die Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden gemäß § 8 GKG a.F. nicht erhoben. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn. Die [X.]eklagte übertrug ihr 1994 die Putz- und Stuckarbeiten an ihrem Alten- und Pflegeheim. Die [X.] betrug 153.143,78 DM. Die VO[X.]/[X.] war vereinbart. Die Klägerin hat [X.] Zahlung von 589.035,57 DM verlangt. Das [X.] hat die Klage am 27. November 1997 abgewiesen. Mit der [X.]erufung hat die Klägerin noch einen Anspruch in Höhe von 573.505,23 DM verfolgt. Die [X.]eklagte hat eine Werklohn-- 4 - forderung von 246.740,96 DM errechnet und verschiedene Abzüge vorgenom-men, darunter Abzüge wegen eines [X.] von 11.551,90 DM und wegen einer Vertragsstrafe von 11.394,21 DM. Unter [X.]erücksichtigung die-ser Abzüge und der Abschlagszahlungen kommt sie zu einer Überzahlung von [X.] DM. Das [X.]erufungsgericht hat die Klage in seinem ersten Urteil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] zurück-verwiesen. Dieses [X.]erufungsurteil hat der [X.] aufgehoben und die Sache an das [X.]erufungsgericht zurückverwiesen ([X.]GH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - [X.], [X.], 456 = NZ[X.]au 2002, 153 = Zf[X.]R 2002, 254). Nach erneuter mündlicher Verhandlung hat das [X.]erufungsgericht wiederum ein Grundurteil erlassen und die Sache an das [X.] zurückverwiesen. [X.] wendet sich die Revision der [X.]eklagten, mit der sie ihren Antrag auf Zu-rückweisung der [X.]erufung weiterverfolgt. Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen [X.] des [X.]erufungs-gerichts. Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum [X.] 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.]G[X.]). Auf das Verfahren der [X.]erufung sind die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften anzuwenden (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Auf das Verfahren der Revision sind die [X.] nach Maßgabe des [X.] vom 27. Juli 2001 anzuwenden (§ 26 Nr. 7 EGZPO). - 5 - [X.] Das [X.]erufungsgericht meint, es sei durch die [X.]sentscheidung vom 16. Dezember 2002 nicht am Erlaß eines erneuten Grundurteils gehindert. Die Klage sei dem Grunde nach gerechtfertigt. Nach der von der [X.]eklagten selbst vorgenommenen [X.]erechnung ergebe sich ein jedenfalls zu zahlender [X.]etrag von 8.737,57 DM. Die [X.]eklagte habe die Vertragsstrafe und den Sicherheits-einbehalt zu Unrecht von dem Werklohn abgezogen. Die formularmäßige [X.] einer verschuldensunabhängigen Vertragsstrafe sei unwirksam, es liege ein Verstoß gegen § 9 AG[X.]G vor. Der weitere Sicherheitseinbehalt sei unberechtigt, weil die Gewährleistungsfrist abgelaufen sei, ohne daß die [X.]e-klagte Mängel angezeigt habe. Über die [X.]erechtigung der weiteren Ansprüche müsse das [X.] befinden. I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn die Klageforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgend-einer Höhe besteht ([X.]GH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - [X.], [X.], 667 = NZ[X.]au 2001, 211 = Zf[X.]R 2001, 177). Dazu enthält das [X.]e-rufungsurteil erneut keine tragfähigen Feststellungen. 1. Rechtsfehlerhaft ist das [X.]erufungsgericht der Meinung, die [X.] sei gemäß § 9 AG[X.]G unwirksam. Die in den [X.]esonderen Vertragsbedingungen der [X.]eklagten [X.] ([X.]) [X.] geregelte Vertragsstrafen-vereinbarung hält der Inhaltskontrolle stand. In der Revision ist davon auszuge-hen, daß die Vertragsstrafe mit dem nachfolgend dargestellten Inhalt vereinbart - 6 - ist und ein rechtzeitiger Vorbehalt erklärt worden ist. [X.]eides ist streitig. Das [X.]erufungsgericht trifft dazu keine Feststellungen. a) Ziff. 4 der [X.] ([X.]) [X.] hat folgenden Wortlaut: 4. Vertragsstrafen (§ 11) Der Auftragnehmer hat als Vertragsstrafe für jeden Werktag der Verspätung zu zahlen: 4.1 bei Überschreitung des Fertigstellungsfrist 0,1 vom Hundert des [X.] ([X.]ruttosumme). 4.2.... 4.3. Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 10 % v.[X.] ([X.]ruttosumme) begrenzt.
b) Mit Ziff. 4 der [X.] ([X.]) [X.] ist keine verschuldensunabhängige [X.] vereinbart. Der [X.] hat bereits in dem vom [X.]erufungsgericht nicht berücksichtigten Urteil vom 13. Dezember 2001 ([X.], [X.] 149, 283, 287) entschieden, daß die Regelung des § 11 Nr. 2 VO[X.]/[X.] nach ihrem Sinn und Zweck die im Vertrag an anderer Stelle getroffene Vertragsstrafenver-einbarung ergänzt, wenn die [X.]en nichts anderes vereinbart haben. Mit der ergänzenden Regelung des § 11 Nr. 2 VO[X.]/[X.] ist vereinbart, daß die [X.] den Verzug des Auftragnehmers voraussetzt. Dieser setzt dessen [X.] voraus. Die [X.]en haben durch den Klammerzusatz nach Ziff. 4 deutlich [X.], daß § 11 VO[X.]/[X.] Anwendung findet. c) [X.] ist auch nicht aus anderen Gründen un-wirksam. Die Vertragsstrafenobergrenze von 10 % ist zwar unangemessen hoch. Jedoch führt das aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zur [X.] - samkeit der Vereinbarung (vgl. [X.]GH, Urteil vom 23. Januar 2003 - [X.], [X.] 153, 311, 324 ff.). Der Vertrag ist vor dem [X.]ekanntwerden der Entscheidung des [X.]s vom 23. Januar 2003 geschlossen worden. 2. Damit steht entgegen der Auffassung des [X.]erufungsgerichts nicht fest, daß die Klägerin überhaupt noch Werklohn verlangen kann. Das Grundurteil kann schon aus diesem Grund keinen [X.]estand haben. Ob es aus anderen Gründen unzulässig war, kann dahin stehen. a) Der [X.] weist darauf hin, daß [X.]edenken gegen den Erlaß des Grundurteils auch insoweit bestehen, als sich das [X.]erufungsgericht mit der gel-tend gemachten Werklohnforderung dem Grunde nach nicht auseinanderge-setzt hat. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind ([X.]GH, Urteil vom 2. Oktober 2000 - [X.], NJW 2001, 224). Das [X.]erufungsgericht hat sich insbesondere mit den zahlreichen Einwendungen gegen die [X.]erechtigung der Nachforderungen dem Grunde nach nicht auseinandergesetzt. b) Ferner hat das [X.]erufungsgericht sich rechtsfehlerhaft nicht damit aus-einandergesetzt, ob es in der Sache selbst entscheiden sollte. Die Entschei-dung zwischen der Zurückverweisung nach § 538 ZPO a.F. und der eigenen Sachentscheidung durch das [X.]erufungsgericht gemäß § 540 ZPO a.F. steht in dessen pflichtgemäßem Ermessen. Dabei ist der mit der Zurückverweisung verbundene zusätzliche [X.]- und Kostenaufwand gegen den Verlust einer Tat-sacheninstanz abzuwägen. Wenn sich das [X.]erufungsgericht für eine [X.] nach § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. entscheidet, muß es zur Aus-übung des ihm eingeräumten Ermessens den maßgeblichen Gesichtspunkt der [X.] erwägen und erkennen lassen, daß es die Alternative zwi-schen einer Zurückverweisung und einer eigenen Sachentscheidung nach - 8 - § 540 ZPO gesehen hat (vgl. [X.]GH, Urteil vom 20. Dezember 1956 - [X.], [X.] 23, 36, 50; Urteil vom 30. März 2001 - [X.], NJW 2001, 2551, 2552). II[X.] Das Urteil des [X.]erufungsgerichts ist aufzuheben. Der [X.] macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Spruchkörper des [X.]eru-fungsgerichts zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Der [X.] weist darauf hin, daß das [X.]erufungsgericht gehalten ist, dem Grunde und der Höhe nach abschließend zu entscheiden. Ein weiteres [X.] wäre verfahrensfehlerhaft. Eine erneute Zurückverweisung der Sache würde zu einer weiteren, nicht mehr hinnehmbaren Verzögerung des gesamten Verfahrens führen. [X.]ei seiner Entscheidung, ob es von einer Zurückverweisung nach § 540 ZPO a.F. absieht, muß das [X.]erufungsgericht auf die berechtigten Interessen der [X.]en Rücksicht nehmen. Dabei muß es vor allem auch das Interesse der klagenden [X.] im Auge behalten, in einer angemessenen [X.] einen vollstreckbaren Titel über die geltend gemachten Ansprüche zu erhalten. Wenn die Gerichte durch verfahrensfehlerhafte Entscheidungen maßgeblich selbst an der Verzögerung mitgewirkt haben, wird häufig allein das Absehen von einer Zurückverweisung zur Vermeidung einer mit dem [X.] nicht im Einklang stehenden Verfahrensverzögerung (vgl. dazu [X.]VerfG, [X.]eschluß vom 25. Juli 2003 - 2 [X.]vR 153/03, NJW 2003, 2897) sachdienlich sein. Im Einzelfall kann sich das dem [X.]erufungsgericht in § 540 ZPO a.F. eingeräumte Ermessen so reduzieren, daß nur noch die Entschei-dung, von einer Zurückverweisung abzusehen, ermessensfehlerfrei ist. So wäre es hier. Das Verfahren ist nunmehr über sieben Jahre anhängig. Die [X.] 9 - rung ist im wesentlichen auf das fehlerhafte Verfahren und die ihm folgenden Entscheidungen des [X.]erufungsgerichts, mit denen eine Sachaufklärung nicht erreicht wurde, zurückzuführen. Den [X.]en ist jegliche weitere Verzögerung durch eine erneute Zurückverweisung nicht zuzumuten. Sie haben einen [X.] darauf, daß das [X.]erufungsgericht die Sache nunmehr fördert und selbst entscheidet. Ein schützenswertes Interesse einer [X.], das Verfahren beim [X.] fortzusetzen, ist nicht erkennbar.

Dressler [X.] Wiebel

[X.] [X.]auner

Meta

VII ZR 231/03

08.07.2004

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2004, Az. VII ZR 231/03 (REWIS RS 2004, 2440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2440

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