Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.11.2013, Az. 30 W (pat) 2/12

30. Senat | REWIS RS 2013, 937

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "EASYCOLLOID" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 016 456.8

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wortmarke in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung

2

[X.]

3

für folgende Waren und Dienstleistungen:

4

„Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; Pflaster; Verbandmaterial; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“.

5

Die Markenstelle für Klasse 44 des [X.] hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] beanstandet. „[X.]“ sei die [X.] Form von „[X.]“, womit Teilchen oder Tröpfchen bezeichnet würden, die in einem Dispersionsmedium wie einem Feststoff, einer Flüssigkeit oder einem Gas fein verteilt seien. Das [X.] Wort „easy“ vermittle, dass etwas leicht zu handhaben sei. Mit dem Hinweis, dass es sich bei den angemeldeten Waren und Dienstleistungen um leicht handhabbare [X.]e handle bzw. mittels solcher erbracht würden, erweise sich [X.] als beschreibende Angabe.

6

Mit [X.] vom 25. November 2009 hat die Markenstelle die Anmeldung unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung hat dieselbe Markenstelle mit Beschluss vom 14. Oktober 2011 zurückgewiesen, weil dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle. Die angemeldete Bezeichnung weise in der Bedeutung „leicht handhabbares [X.]“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt auf. In diesem beschreibenden Sinn werde der angesprochene Verkehr das angemeldete Zeichen auch auffassen, denn die Bezeichnung „[X.]-Pflaster“ etwa werde bereits beschreibend verwendet. Verbandsmaterialien, Wundauflagen und kosmetische Produkte könnten kolloidales Silber enthalten. Die übrigen beanspruchten Waren könnten mit [X.]en versehen und leicht handhabbar sein, so dass [X.] auf deren Beschaffenheit hinweise. Die Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen könne auf solche Produkte bezogen sein. Die angemeldete Bezeichnung weise keine ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten. Sie treffe vielmehr eine für den Verkehr aus sich heraus verständliche und sofort erfassbare schlagwortartige Sachaussage zum Gegenstand der Dienstleistungen und zur Beschaffenheit der Waren. Über diese Sachinformationen hinaus enthalte die angemeldete Bezeichnung kein Element, das den Eindruck einer betrieblichen Herkunftskennzeichnung, also einer Marke, hervorrufe. Auch die begriffliche Unschärfe der Wortfolge vermöge nicht zur Begründung der erforderlichen Unterscheidungskraft zu führen, denn die Angabe [X.] umreiße den thematischen Bereich des Zusammenwirkens einfacher Handhabbarkeit mit [X.]en präzise. Dass es sich dabei um ein sehr weit gefasstes Themengebiet handele, stehe der Annahme einer beschreibenden Angabe nicht entgegen.

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Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält mit näheren Ausführungen das angemeldete Zeichen für schutzfähig, weil eine eindeutig beschreibende Angabe nicht vorliege. Das in der Bedeutung „behaglich, einfach, leicht, locker“ unspezifische „easy“ ergebe in Verbindung mit „colloid“ keinen Hinweis auf die Waren und Dienstleistungen. Informationen über deren Modalitäten und Einzelheiten könnten weder den Wortbestandteilen „easy“ und „colloid“ noch dem Gesamtbegriff [X.] entnommen werden. Bekannte Begriffe wie „[X.]“ und „[X.]GOING“ würden nicht mit [X.]“ bzw. „einfachem Gehen“ übersetzt. Dem [X.] „[X.]“ sei hier in Konnotation eine „emotionale“ Freiheit beizumessen, eine beschreibende Angabe in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen liege nicht vor. Auf die Bedeutung von „einfache [X.]e“ könne die Zurückweisung der Anmeldung nicht gestützt werden, da dies mit „simple“ oder „basic“ übersetzt werde.

8

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Nr. 13 - [X.]; [X.], 935 Nr. 8 - Die Vision; [X.], 850, 854 Nr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Nr. 27 - [X.]; [X.] a. a. [X.] - [X.]; [X.] 2008, 710 Nr. 12 - [X.]; [X.], 949 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 Nr. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Nr. 11 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise. Hierbei ist auf die Wahrnehmung des Handels sowie des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ([X.] [X.], 411, 412 Nr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Nr. 24 - SAT 2; [X.] - Die Vision; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Wortzeichen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link Economy; [X.], 952, 953 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] Nr. 19 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Nr. 23 - [X.]!; a. a. [X.] Nr. 28 f. - [X.]).

[X.] jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

[X.] ist gebildet aus den [X.]n Wörtern „easy“ und „colloid“.

Wie die Markenstelle bereits ausgeführt hat, bedeutet das zum Grundwortschatz der [X.]n Sprache gehörende Wort „easy“ im [X.] „leicht, einfach“ im Sinn von „nicht schwierig“ (vgl. [X.], Großwörterbuch [X.], 3. Aufl., S. 1091; [X.], Suchwort „easy“). Mit dieser Bedeutung hat „easy“ Eingang in die [X.] gefunden (vgl. [X.], [X.], 7. Aufl., [X.]). Auf dieser Grundlage geht das [X.] in seiner Rechtsprechung von einem Verständnis im Sinne einer einfachen Handhabbarkeit so gekennzeichneter Produkte aus (vgl. [X.] (pat) 146/00 - Easy Dialog; [X.] (pat) 28/05 - [X.]; beide veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts; auch [X.]/07 - [X.]COVER; Zusammenfassungen der Beschlüsse hat die Markenstelle mit dem Beanstandungsbescheid übersandt).

Wie die Markenstelle weiter ausgeführt und unter Übersendung von Nachweisen belegt hat, ist der weitere Markenbestandteil „COLLOID", deutsch „[X.]“ (vgl. Springer, Großwörterbuch Medizin, 2001, S. 1016 f.), die Bezeichnung für Teilchen oder Tröpfchen, die sich in feinster Verteilung in einem Dispersionsmedium befinden (vgl. den von der Markenstelle mit dem Beanstandungsbescheid übersandten Ausdruck aus dem [X.], http://de.wikipedia.org/wiki/[X.]; [X.], [X.], a. a. [X.], S. 1018), die beispielsweise im Bereich der Medizin seit langem als Arzneistoffträger oder auch auf dem Gebiet der Kosmetik verwendet werden (vgl. den mit der Ladung übersandten Artikel „[X.]e“, [X.]). Zutreffend hat die Markenstelle im Erinnerungsbeschluss unter Verweis auf einen [X.]-Artikel der Zeitschrift „[X.]“ (Ausgabe 11/2006) auch darauf hingewiesen, dass es beispielsweise [X.]-Pflaster gibt, das für den Einsatz bei nässenden Wunden bestimmt ist. Auch gibt es, worauf die Markenstelle ferner hingewiesen hat, „kolloidales Silber“; dies kommt wegen seiner antibakteriellen Wirkung beispielsweise in Kosmetika oder auch bei Wundauflagen zum Einsatz (vgl. die von der Markenstelle angegebene Fundstelle: http://de.wikipedia.org/wiki/[X.]ales_Silber).

[X.] im Sinn von „einfach handhabbares [X.]“ bereitet somit sowohl für den Endverbraucher wie für den Fachverkehr und auch ohne Zugrundelegung der auf dem Gesundheitsgebiet erhöhten Aufmerksamkeit des sich informierenden Publikums keinerlei Schwierigkeiten. Wie den der Anmelderin vom Senat übersandten Ausdrucken aus dem [X.] zu entnehmen, wird auf die einfache Anwendbarkeit von [X.]en durchaus hingewiesen. So heißt es darin über „Spenlersan [X.]e“: „…Die [X.]e werden über die Haut aufgenommen, was eine schonende und einfache Anwendung gewährleistet…“ (vgl. [X.]). An anderer Stelle ist für die „[X.] [X.]e“ ausgeführt: „…Da die [X.]e einfach zu handhaben sind, werden sie in meiner Praxis sogar für Kleinkinder…eingesetzt…“ (vgl. http://www.sanego.de/45685_Nebenwirkungen_von_[X.]-[X.]-K-und-[X.]-[X.]-T). Auch die Anmelderin weist im Zusammenhang mit Wundversorgung und der Lipidkolloid-Technologie auf deren einfache Anwendbarkeit hin (vgl. http://www.urgo.de/indikationen.html).

Darauf, dass bei der Übersetzung des Begriffs „einfache [X.]e“ die [X.]n Wörter „simple“ bzw. „basic“ - ersichtlich in Abgrenzung zu komplex zusammengesetzten [X.]en - verwendet werden, kommt es hier nicht an. Wie oben ausgeführt, wird mit dem Wort „easy“ darauf hingewiesen, dass etwas leicht gehandhabt werden kann; es lässt sich nicht feststellen, dass hier diese Bedeutung von „easy“ angesichts eines in andere Richtung weisenden Begriffs ohne analysierende Betrachtung für den Verkehr verlorengeht. Auch der von der Anmelderin angeführte Begriff „Easy Rider“, mit dem eine Motorradart oder sein lässiger Fahrer bezeichnet werden (vgl. [X.], [X.], a. a. [X.], [X.]) oder die Zusammenfügung „easy-going“, die mit „ungezwungen“ ins [X.] übersetzt wird (vgl. [X.], a. a. [X.], S. 1091) führen im hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereich nicht von dem genannten Verständnis des Wortes „easy“ weg.

[X.] im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise in naheliegender und im Vordergrund stehender Weise als beschreibender Sachhinweis verstanden wird, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis und die Marke daher ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen kann. Die angemeldete Bezeichnung ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Es kann dahingestellt bleiben, ob auch das Eintragungshindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliegt.

Meta

30 W (pat) 2/12

21.11.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.11.2013, Az. 30 W (pat) 2/12 (REWIS RS 2013, 937)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 937

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