Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2015, Az. XII ZR 80/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 15359

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 80/13
Verkündet am:

18. Februar 2015

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 313, 1578 Abs. 2 und Abs. 3, 1578 b
a)
Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine lebenslange Unterhaltsverpflich-tung vereinbart, und hat sich die Rechtslage danach geändert (Möglichkeit der Befristung), bleibt es dem Unterhaltspflichtigen im Zweifel unbenommen, sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (im [X.] an Senatsurteil vom 25.
Januar 2012 -
XII
ZR
139/09
-
FamRZ 2012, 525).
b)
Bei einer nach §
313 i.V.m. §
1578
b Abs.
1 Satz
1 BGB gebotenen Herabset-zung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf ist die ehevertragliche Regelung, wonach eine Anrechnung von Erwerbseinkommen nicht erfolgt, grundsätzlich auch weiterhin zu berücksichtigen.
c)
Wird der in einem Ehevertrag festgeschriebene, einen Vorsorgeunterhalt nicht ausweisende Bedarf des Unterhaltsberechtigten nach §
313 i.V.m. §
1578
b Abs.
1 Satz
1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, so [X.] hierbei grundsätzlich auch die Kosten für eine angemessene Kranken-
und Pflegeversicherung sowie für eine angemessene Altersversorgung
berücksichtigt werden. Die betreffenden [X.] sind im Tenor gesondert auszuweisen (im [X.] an Senatsurteil vom 6.
Oktober 1982
IVb
ZR
311/81
FamRZ 1982, 1187).
BGH, Urteil vom 18. Februar 2015 -
XII ZR 80/13 -
OLG Frankfurt am Main

AG
Kassel

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18.
Februar 2015
durch den Vorsitzenden
Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke
und [X.]
Klinkhammer, Schilling
und Dr.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des
[X.] wird das Urteil des 2.
Familiensenats in Kassel des [X.] vom 24.
April 2013 aufgehoben, soweit die Berufung des [X.] hinsichtlich ei-nes monatlich
1.150

Unterhaltsbetrages zurück-gewiesen worden ist. Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterhalt nur bis zum 2.
Juni 2013 geschuldet ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der 1949 geborene Kläger begehrt mit seiner Klage Abänderung eines zugunsten seiner
von ihm geschiedenen und am 2.
Juni 2013 verstorbenen Ehefrau
(im Folgenden:
Ehefrau)
titulierten Unterhaltsanspruchs.
Aus der 1977 1
-
3
-
geschlossenen Ehe sind die 1979 und 1981 geborenen [X.]; diese haben als Erben der Ehefrau
den Rechtsstreit aufgenommen
(im Folgenden: Beklagte).
Nach ihrer Trennung im Jahr 1991 schlossen die Eheleute am 19.
Sep-tember 1996 einen notariellen Vertrag
(im Folgenden: Ehevertrag), in dem sie neben einer umfassenden Vermögen und güterrechtlichen Auseinanderset-zung den Unterhalt der Ehefrau
regelten.
In Ziffer
VII.
des Ehevertrages
vereinbarten die
Eheleute, dass die Ehe-frau
50
% der bereinigten
Einnahmen aus der Zahnarztpraxis des [X.] als Unterhalt erhalten sollte.
Mit Wegfall der Unterhaltsverpflichtung den Kindern gegenüber sollte sich die Quote auf 40
% verringern, wobei die Unterhaltszah-lung lebenslang erfolgen und eigenes Erwerbseinkommen der Ehefrau
-
anders als Renteneinkommen
-
nicht auf die Unterhaltsleistung angerechnet
werden sollte.
Nachdem die Ehe auf den [X.] zugestellten
Scheidungsantrag im Jahr 1999 geschieden worden war, verurteilte das Berufungsgericht den Klä-ger zuletzt auf der Grundlage des vorgenannten Vertrages,
an die Ehefrau
ab Januar 2004 monatlich 2.810,83

Der Abänderungsklage, mit der der Kläger
eine Herabsetzung und Be-fristung des Unterhalts begehrt, hat das Amtsgericht in Anbetracht des [X.] Kindesunterhalts insoweit stattgegeben, als er ab 1.
April 2008 an die Ehefrau
2.248,66

monatlich zu zahlen
hat. Die hiergegen von den Parteien jeweils eingelegten Berufungen und den vom Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Feststellungsantrag hat das Berufungsgericht im [X.] zurückgewiesen.
2
3
4
5
-
4
-
Der Senat hat mit Urteil vom 25.
Januar 2012 (XII
ZR
139/09

FamRZ 2012, 525) das Berufungsurteil aufgehoben,
soweit die Berufung des [X.] für die [X.] ab dem 8.
April 2008 zurückgewiesen und seine Feststellungsklage abgewiesen worden ist.
Nachdem im
Oktober 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.] eröffnet worden
war, hat das Berufungsgericht das Verfahren für die [X.] vom 8.
April 2008 bis 31.
Oktober 2011 gemäß §
240 ZPO als unter-brochen angesehen. Im Übrigen hat es die Berufung für die [X.] ab 1.
Novem-ber 2011 durch Teilurteil erneut zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Mit ihr begehrt er nunmehr eine Reduzierung des titulierten Unterhalts
für die [X.] bis
zum Tod der Ehefrau auf 350

Entscheidungsgründe:
Die Revision
ist teilweise begründet.

A.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Auch bei Anwendung des §
1578
b Abs.
2 i.V.m. §
313 BGB sei der Un-terhalt der Ehefrau
nicht zu befristen. Sie habe erhebliche, nicht mehr zu kom-pensierende ehebedingte Nachteile in ihrem beruflichen Fortkommen erlitten. Die Ehefrau
habe ihren bereits drei Jahre lang ausgeübten Beruf als Bankkauf-frau zu Beginn der Ehe
im Alter von 23
Jahren aufgegeben. Ihre fehlende Be-rufspraxis von nahezu 30
Jahren habe sie nicht mehr aufholen können.
Wäre 6
7
8
9
10
-
5
-
sie weiterhin in ihrem Berufsfeld tätig geblieben, hätte sie mittlerweile eine zu-mindest mittlere Position in diesem Berufsfeld bekleiden können, während sie nunmehr aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters lediglich geringfügig qualifiziert mit entsprechend niedrigem Einkommen tätig sein könnte.
Allerdings sei der Unterhalt nach §
1578
b Abs.
1 BGB gemäß §
313 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, nachdem der
Klä-ger nahezu zwölf Jahre lang Ehegattenunterhalt orientiert an den ehelichen [X.] habe zahlen müssen. Maßgeblich sei dabei das Einkommen, das die Ehefrau
ohne die ehebedingten Nachteile jetzt erzielen könnte und zwar als Bankkauffrau in mittlerer Position.
Nach dem ab 1.
Juli 2012 gültigen
Tarif-vertrag für das private und öffentliche Bankgewerbe müsse bei ihr von einem Monatsdurchschnittsnettoeinkommen -
bereinigt um die Werbungskostenpau-schale von 5
%
-
von etwa 1.950

ausgegangen werden.
Darauf, dass die Ehefrau
in der Lage sei, ein Erwerbseinkommen von bis zu 800

Einkommen aus ihrer [X.] sei auf den eigenangemessenen Bedarf
nicht bedarfsmindernd anzurechnen. Zwar
werde der Unterhaltsanspruch
der Ehefrau
über §
313 BGB unter Heranziehung des neuen [X.] auf eine völlig neue Grundla-ge gestellt. Andererseits sei der
Ehevertrag über §
313 BGB nur insoweit an die neue Rechtslage anzupassen, als sie gegenüber der damals geltenden [X.] zu einer anderen Beurteilung führe. Dies sei hinsichtlich der Erwerbsoblie-genheit der Ehefrau
jedoch nicht der Fall. Nach damaliger
Rechtslage wäre nach der [X.] erzieltes oder erzielbares Einkommen auf den zugebilligten Unterhaltsbedarf anzurechnen gewesen. Hiervon hätten die ver-tragsschließenden Parteien jedoch abgesehen, da nach dem Ehevertrag eige-nes Einkommen der Ehefrau
"durch Erwerbstätigkeit"
auf die Unterhaltsleistung nicht angerechnet werden solle. Weil sich die Rechtslage insoweit mit Ausnah-11
12
-
6
-
me des Wechsels von der [X.] zur [X.] nicht verändert habe, könne eine Vertragsanpassung auch über §
313 BGB nicht zu einer Anrechnung jetziger Erwerbseinkünfte und erst recht nicht zur [X.] fiktiver Erwerbseinkünfte führen.

Allerdings sei der Ehefrau
wegen des mietfreien Wohnens ein objektiver
Mietwert von 800

anzurechnen.
Damit reduziere
sich der angemessene,
nicht gedeckte Unterhaltsbedarf der Ehefrau
auf 1.150

.
Diesem Betrag sei der [X.] in Höhe eines Beitra-ges für eine private Krankenversicherung entsprechend dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, mithin der Basistarif, zuzurechnen. Glei-ches gelte
für den Pflegeversicherungsbedarf. Dies ergebe
sich nicht nur aus §
1578 Abs.
2 BGB, sondern auch aus dem Gesichtspunkt des Ausgleichs des ehebedingten Nachteils nach §
1578
b BGB. Denn die Ehefrau
wäre ohne den ehebedingten Ausstieg aus dem Berufsleben
gesetzlich kranken-
und pflege-versichert. Der angemessene Unterhaltsbedarf der Ehefrau
erhöhe
sich daher um Kranken-
und Pflegeversicherungsbedarf von 510

bzw. 535

.
Weiterhin sei ihr ein Mehrbedarf als Altersvorsorgebedarf in Höhe des Rentenversicherungsaufwands zuzubilligen. Bei einem ohne den ehebedingten Nachteil erzielbaren Bruttoeinkommen von 40.534

wäre dies mit einem [X.] von 19
% ein monatlicher Betrag von 642

.
Damit ergebe
sich insgesamt ein noch geschuldeter Unterhalt, der über dem vom Amtsgericht zugesprochenen Betrag von 2.248,66

monatlich
liege, weshalb die Berufung des [X.] nicht durchdringen könne.
In Höhe dieses
Unterhalts sei Leistungsfähigkeit des [X.] (§
1581 BGB) zumindest zu unterstellen. Es sei nicht ersichtlich,
warum zugunsten des 13
14
15
16
17
-
7
-
[X.] nunmehr von einem geringeren
Gewinn vor Steuern als im Durchschnitt für die Jahre 2004 bis 2007 mit 244.781

ausgegangen werden solle. [X.] die vom Kläger konstruierte Praxisgemeinschaft mit der GmbH seiner jetzigen Ehefrau könne dies nicht begründen. Der Kläger sei nach wie vor allein Leistungsträger dieser Praxisgemeinschaft. Die unterschiedliche Verteilung der Kosten zwischen der GmbH und ihm als niedergelassenem Kassenarzt lasse
nur aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung sein zahnärztliches Einkommen geschmälert erscheinen, während die GmbH erhebliche Gewinne erziele. Diese vertragliche Gewinnverlagerung zugunsten seiner jetzigen Ehefrau könne eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit des [X.] nicht begründen. Die Umsatz-
und Gewinnzahlen für 2009 sowohl des [X.] selbst als auch der [X.] zeigten, dass ohne die gewählte und damit unbeachtliche Gewinn-verlagerung von einer zumindest gleichen Einkommenssituation wie in den Vor-jahren auszugehen
sei. Auch könne die Tatsache, dass
mit Beschluss vom 24.
Oktober 2011 über das Vermögen des [X.] das Insolvenzverfahren [X.] worden sei, seine fehlende Leistungsfähigkeit nicht begründen, da nicht nachvollziehbar sei, wie es bei der dargestellten Ertragslage der Praxis zu die-ser Insolvenz habe kommen müssen. Jedenfalls habe der Kläger nicht vorge-tragen, dass die Insolvenz unvermeidbar gewesen sei. Wenn der Kläger durch [X.] vorübergehend seine Steuerlast reduziert habe, um damit seine Liquidität zu erhöhen, so könne
er die Belastung aus den erhöhten Steuernachforderungen bei Auflösung der [X.] dem Unter-haltsanspruch der Ehefrau
nicht entgegenhalten, da bei der Bemessung dieses Unterhaltsanspruchs bereits von der regelmäßigen und nicht reduzierten [X.] ausgegangen worden sei.

-
8
-
B.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung
nicht in vollem Umfang
stand.

I.
Die im vorliegenden Verfahren vom Kläger begehrte Abänderung richtet sich gemäß Art.
111 Abs.
1 Satz
1 FGGG noch nach dem bis zum 31.
August 2009 geltenden Verfahrensrecht und ist mithin nach §
323 ZPO aF zu beurtei-len (Senatsurteil
vom 25.
Januar 2012 -
XII
ZR
139/09
-
FamRZ 2012, 525 Rn.
19
mwN).

II.
Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen,
dass das Verfahren hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch streitgegen-ständlichen Unterhaltsansprüche der Ehefrau
für die [X.] ab 1.
November 2011 nicht gemäß §
240 ZPO unterbrochen ist; Bedenken gegen die Zulässigkeit des [X.] ergeben sich nicht (vgl. Senatsurteil
vom 30.
November 2011

XII
ZR
170/06
-
MDR 2012, 180 Rn.
15 mwN).

III.
Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht
von einer Befristung des Unterhalts abgesehen und den Bedarf der Ehefrau
auf 18
19
20
21
-
9
-
ihren angemessenen Lebensbedarf
herabgesetzt hat. Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Berufungsgericht erzielbares Erwerbseinkom-men der Ehefrau
nicht auf ihren Bedarf angerechnet und den Kläger für leis-tungsfähig erachtet hat. Demgegenüber ist die Behandlung des [X.] nicht rechtsbedenkenfrei.
1. Der Ausgangspunkt des [X.], wonach der titulierte Un-terhaltsanspruch der Ehefrau
aus dem Ehevertrag von 1996 im Rahmen der vom Kläger erhobenen Abänderungsklage einer Anpassung nach §
313 BGB unter Berücksichtigung der Regelungen des §
1578
b BGB unterliegt, wird von den Parteien nicht angegriffen
und ist im Ergebnis auch sonst revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil
vom 25.
Januar 2012 -
XII
ZR
139/09
-
FamRZ 2012, 525 Rn.
49
f.; s. zu den Voraussetzungen im Einzelnen [X.] vom 11.
Februar 2015 -
XII
ZB
66/14
-
zur [X.] be-stimmt).
2. Dagegen, dass das Berufungsgericht
eine Befristung des Unterhalts gemäß §
1578
b Abs.
2 BGB abgelehnt hat, weil der Ehefrau
ehebedingte Nachteile entstanden seien, ist revisionsrechtlich ebenfalls nichts zu erinnern; dies wird von der Revision auch nicht angegriffen.
a)
Nach §
1578
b Abs.
1 Satz
2, 3 BGB ist bei der Billigkeitsabwägung, ob der nacheheliche Unterhalt zu befristen ist, vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Liegen ehebedingte Nachteile vor, scheidet eine Befristung des Unterhalts regelmäßig aus (Senatsurteil
vom 25.
Januar 2012 -
XII
ZR
139/09
-
FamRZ 2012, 525 Rn.
50 mwN).
b)
Das Berufungsgericht
hat solche Nachteile in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Es hat namentlich darauf abgestellt, 22
23
24
25
-
10
-
dass die Ehefrau
ehebedingt ihre Berufstätigkeit als Bankkauffrau eingestellt hat und sie wegen ihrer Berufspause von nahezu 30
Jahren nur noch in einer geringfügig qualifizierten Beschäftigung tätig sein kann, während sie bei [X.] Beschäftigung in ihrem Berufsfeld zumindest eine mittlere Position einnehmen könnte.
3. Es liegt im Rahmen rechtsfehlerfreier
Ermessensausübung
des Tat-richters, dass das Berufungsgericht
den unterhaltsrechtlichen Bedarf der Ehe-frau
im Wege des §
313 i.V.m.
§
1578
b Abs.
1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf
herabgesetzt hat. Gegen diese für den Kläger günstige Würdi-gung
werden seitens der Beklagten im Übrigen keine Einwendungen erhoben.
Zwar erlaubte §
1578 Abs.
1 Satz
2 BGB aF schon bei Abschluss des Ehevertrages
im Jahre 1996
eine Herabsetzung auf den angemessenen Le-bensbedarf. Bei langer Ehedauer wurde von der Herabsetzung allerdings re-gelmäßig kein Gebrauch gemacht (vgl.
Senatsurteil
vom 7.
März 2012 -
XII
ZR
145/09
-
FamRZ 2012, 951 Rn.
21 und Senatsbeschluss vom 19.
Juni 2013 -
XII ZB
309/11
-
FamRZ 2013, 1291 Rn.
17 zum Krankheitsunterhalt). Mit §
1578
b BGB hat der Gesetzgeber zudem die bis dahin einer Befristung nicht zugänglichen nachehelichen Unterhaltstatbestände ebenfalls in die Befris-tungsmöglichkeit einbezogen. Auch insoweit kann die Herabsetzung im Rah-men der Billigkeitsabwägung von nun an nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern muss immer auch im Lichte einer kumulativ oder auch alternativ mögli-chen Befristung gesehen werden. Dadurch bekommen die jeweils anzusetzen-den Maßstäbe ein anderes Gewicht. Während nach altem Recht die Herabset-zung das einzige und damit auch das einschneidendste Mittel darstellte, um den Unterhalt zu begrenzen, stellt sie jetzt das mildere Mittel im Verhältnis zur Befristung dar (vgl.
Senatsurteil
vom 23.
November 2011 -
XII
ZR
47/10
-
FamRZ
2012, 197 Rn.
21
mwN).
26
27
-
11
-
4. Entgegen der Auffassung der Revision ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht
auf den
festgestellten Bedarf im Hinblick auf die [X.] im Ehevertrag kein (fiktives) Einkom-men der Ehefrau
angerechnet hat.
a)
Bei der Anpassung an die veränderten Verhältnisse muss die [X.] der Vereinbarung möglichst beibehalten werden, für die in erster Linie der [X.] maßgebend ist (vgl. Senatsurteil vom 23.
April 1986 -
IVb
ZR
34/85
-
FamRZ 1986, 783, 784). Deshalb ist im Rahmen der Prüfung des §
1578
b BGB von den Regelungen des notariellen Vertrages auszugehen, die bei einer
etwaigen
Abänderung hieran anzupassen sind (Senatsurteil vom 25.
Januar 2012 -
XII
ZR
139/09
-
FamRZ 2012, 525 Rn.
51).
b) Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil gerecht. Es verweist auf den Ehevertrag, nach dem zwar das Renteneinkommen der Ehefrau, nicht aber eigenes Erwerbseinkommen auf die Unterhaltsleistung angerechnet wird (Ziffer
VII.
3. und 4. EV). Zu Recht nimmt
das Berufungsgericht in diesem Zu-sammenhang auf die damalige Rechtslage
Bezug, wonach Erwerbseinkommen -
ohne eine solche Regelung
-
auf den Unterhalt anzurechnen war (so
genannte [X.], s. etwa Senatsurteil [X.], 105 =
FamRZ 2001, 986, 988). Daraus folgt, dass sich die Ehegatten bereits damals insoweit von der Gesetzeslage gelöst haben, als der Ehefrau
ihr Erwerbseinkommen an-rechnungsfrei verbleiben sollte. Daran muss sich der Kläger festhalten lassen.
5. Demgegenüber hat das Berufungsgericht den auf 800

ge-schätzten Wohnvorteil auf den Bedarf der Ehefrau
angerechnet. Diese
Behand-lung (vgl. Senatsurteil vom 25.
November 2009 -
XII
ZR
8/08
-
FamRZ 2010,
192 Rn.
17)
ist für den Kläger vorteilhaft und wird auch von den
Beklagten hin-genommen.
28
29
30
31
-
12
-
6. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht
allerdings
bei der Be-rücksichtigung des [X.]. Weder hat es diesen im Tenor geson-dert ausgewiesen, noch ergibt sich aus den Gründen des Berufungsurteils, aus
welchen konkreten Beträgen sich dieser
im Rahmen des zugesprochenen Un-terhalts
zusammensetzt.
a) Zwar gehören zum Lebensbedarf des Berechtigten gemäß §
1578 Abs.
2 und Abs.
3 BGB dem Grunde nach auch die Kosten für die entsprechen-den Versicherungen. Dabei kann der Unterhaltsberechtigte auch im Falle einer Herabsetzung seines Bedarfs auf den angemessenen Lebensbedarf gemäß §
1578
b Abs.
1 Satz
1 BGB Vorsorgeunterhalt beanspruchen
(vgl. zum Alters-vorsorgeunterhalt Senatsbeschluss vom 26.
Februar 2014 -
XII
ZB
235/12
-
FamRZ 2014, 823 Rn.
18 mwN).
Weil etwaiges Einkommen der Ehefrau
aus Erwerbstätigkeit
nach der Vereinbarung der Parteien
nicht anzurechnen ist und sie deshalb keine Er-werbsobliegenheit trifft, kann sie

entgegen der Auffassung der Revision

auch im Rahmen eines von ihr erzielbaren Einkommens
nicht fiktiv so gestellt wer-den, als wäre damit auch ihr Vorsorgebedarf in entsprechender Höhe gedeckt.
b) Das Berufungsgericht
hat es indes verabsäumt, den Vorsorgeunterhalt im Tenor gesondert auszuweisen.
Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus der Zweckbindung
des [X.], dass der darauf entfallende Betrag im [X.] des Urteils besonders auszuweisen ist und der Unterhaltsberechtigte den ihm zustehenden Gesamtunterhalt nicht nach freiem Ermessen auf den Ele-mentar-
und Vorsorgeunterhalt verteilen darf sowie den letzteren zweckbe-stimmt zu verwenden hat (Senatsurteil
vom 6.
Oktober 1982

IVb
ZR
311/81

FamRZ 1982, 1187, 1188). Damit und mit den -
für den Fall der Zweckentfrem-32
33
34
35
36
-
13
-
dung
-
einhergehenden Sanktionen soll sichergestellt werden, dass der [X.] den Vorsorgeunterhalt zweckentsprechend verwendet ([X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
4 Rn.
868
ff., 924
ff. und 927).
c) Schließlich lässt sich auch der Begründung der angegriffenen Ent-scheidung nicht entnehmen, aus welchen konkreten Beträgen sich der zuer-kannte Vorsorgeunterhalt zusammensetzt.
Das Berufungsgericht
ist für die [X.] bis einschließlich Dezember 2012 von einem Kranken-
und Pflegeversicherungsbedarf von 510

Altersvorsorgebedarf von 642

ar 2013 hat das Berufungsgericht
den Kranken-
und Pflegeversicherungsbedarf auf 535

Hinzurechnung des [X.] von 1.150

aber über dem zuerkannten Gesamtunterhalt von 2.248,66

klargestellt werden
müssen, welcher konkrete Teil des [X.] auf den Kranken-
und Pflegeversicherungsbedarf und welcher auf den Altersvor-sorgebedarf
entfällt (vgl. auch [X.]/[X.]/Reichold
ZPO 35.
Aufl. §
253 Rn.
9 mwN).
7. Die Ausführungen des
[X.]
zur Leistungsfähigkeit und die hierzu von ihm getroffenen -
von der Revision nicht angegriffenen
-
Feststel-lungen, wonach der Kläger hinsichtlich des im Streit stehenden [X.] als leistungsfähig im Sinne von §
1581 BGB anzusehen sei, halten sich im Rahmen der Senatsrechtsprechung (s. etwa Senatsurteil vom 12.
April 2000

XII
ZR
79/98
-
FamRZ 2000,
815, 817).

37
38
39
-
14
-
IV.
Hinsichtlich des im Tenor ausgewiesenen [X.] kann der Senat gemäß §
563 Abs.
3 ZPO in der Sache abschließend entscheiden, weil dieser Betrag den Beklagten in jedem Falle als Elementarunterhalt zusteht
(vgl. Senatsurteil vom 30.
November 2011

XII
ZR
35/09

FamRZ 2012, 945). [X.] ist im Tenor klarstellend darauf hinzuweisen, dass die Unterhaltspflicht gemäß §
1586 Abs.
1 BGB mit dem Tod der Ehefrau am 2.
Juni 2013
ihr Ende gefunden hat.
Im Übrigen ist die Sache gemäß §
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Der Senat kann inso-weit in der Sache nach §
563 Abs.
3 ZPO nicht abschließend entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.

Dose

Weber-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.07.2008 -
511 F 938/08 UE -

OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 24.04.2013 -
2 UF 208/08 -

40
41

Meta

XII ZR 80/13

18.02.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2015, Az. XII ZR 80/13 (REWIS RS 2015, 15359)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15359

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