Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2014, Az. VIII ZR 203/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6989

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BUNDESGERICHTSHO[X.]

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 203/13
Verkündet am:

19. März 2014

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 558a, 566 Abs. 1
Der Käufer einer vermieteten Wohnung kann vom Verkäufer ermächtigt werden, schon vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch und dem
damit verbundenen Eintritt des Käufers in die Vermieterstellung (§
566 Abs.
1 BGB) im eigenen Namen ein [X.] gemäß §
558a BGB zu stellen. Die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens hängt nicht davon ab, dass die Ermächtigung offen gelegt wurde.

[X.], Urteil vom 19. März 2014 -
VIII ZR 203/13 -
LG [X.] am Main

AG [X.] am Main

-
Außenstelle [X.] -

-
2
-
Der
VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. März
2014
durch
die
Richterin
Dr. Milger
als Vorsitzende, [X.] Achilles und [X.], die
Richterin Dr.
[X.]etzer sowie den Richter
Kosziol
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts [X.] am Main vom 27. Juni 2013 wird [X.].
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand:
Die Klägerin mietete von der Rechtsvorgängerin der [X.]n eine Wohnung in [X.].

.
Mit notariellem Vertrag vom 16. März 2006 zwischen der [X.]n und ihrer
Rechtsvorgängerin (im [X.]olgenden: B.

)
wurde
der Grundbesitz, zu dem die der Klägerin vermietete Wohnung gehört, mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2006 ("[X.]") an die [X.] veräußert. § 3 Ziffer 3 des notariellen Vertrages bestimmt, dass die [X.] zu diesem [X.]punkt mit allen Rechten und Pflichten in die Mietverträge eintritt und die B.

Miet-
und Be-triebskostenvorauszahlungen, die für die [X.] ab dem [X.] erbracht worden sind, an die [X.] auskehrt.
[X.]erner ist
vorgesehen, dass die [X.]
bevollmächtigt ist, ab sofort bis zum [X.] im Grundbuch den
Mietern gegenüber sämtliche mietrechtlichen Erklärungen abzugeben und ge-gebenenfalls im eigenen Namen entsprechende Prozesse
zu führen.
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-
Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 4. Mai 2010. Die [X.] erteilte
der Klägerin Betriebskostenabrechnungen für die
Jahre 2007 und 2008 und zog die
sich daraus ergebenden Nachforderungen sowie die Mie-ten ab 1. März 2007 ein. [X.]erner richtete
sie mit Schreiben vom 20. Dezember 2006, 18. März 2008 und 24. Juli 2009 [X.] an die Klägerin, denen diese jeweils zustimmte.

Mit schriftlicher Vereinbarung vom 24. Juli 2012 trat die B.

sämtliche [X.]orderungen aus dem Mietverhältnis mit der Klägerin "vorsorglich"
nochmals an die [X.] ab.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie die an die [X.] für den
[X.]-raum März 2007 bis 4. Mai 2010 auf die Miete und die Betriebskosten geleiste-die [X.] ihre Vermieterstellung in diesem [X.]raum nur "vorgespiegelt"
ha-be. Die auf Zahlung des genannten
Betrages nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg
gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen
Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das
Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe
kein Anspruch auf Rückzahlung von Miete und Be-triebskosten für die [X.] vom 1. März 2007 bis 4. Mai 2010
zu. Entgegen der 3
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Auffassung des Amtsgerichts
ergebe sich das allerdings nicht schon daraus, dass der notarielle Vertrag vom 16. März 2006 eine Abtretung dieser [X.]orderun-gen an die [X.] enthielte. Aus der [X.]ormulierung "wird übertragen"
könne lediglich eine Verpflichtung zur Abtretung entnommen werden, nicht aber die Verfügung (Abtretung) selbst. Die Berechtigung der [X.]n, Miete und Be-triebskosten einzuziehen, ergebe sich aber daraus, dass der Regelung in §
3 Ziffer 3 des notariellen [X.] eine entsprechende [X.] (§ 185 BGB) zu entnehmen sei, die Rechte
aus dem Mietvertrag im eigenen Namen geltend zu machen.
Dass nicht nur eine Bevollmächtigung, sondern eine Ermächtigung gemeint sei, ergebe sich dabei daraus, dass [X.] ein Handeln der Erwerberin "im eigenen Namen"
vorgesehen sei. [X.]erner ermächtige § 3 Ziffer 3 die [X.] auch dazu, Betriebskostenabrech-nungen zu erteilen und im eigenen Namen [X.] an die Klä-gerin zu richten.
Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Meinung sei auch nicht an-zunehmen, dass
ein einseitiges Rechtsgeschäft unwirksam sei, wenn es auf-grund einer nicht offen gelegten Ermächtigung vorgenommen worden sei. [X.]ür die [X.] habe der [X.] die Zulässigkeit einer [X.] eines Dritten durch den Vermieter selbst für
eine einseitige [X.] Willenserklärung wie eine Kündigung
anerkannt ([X.], Urteil vom 10.
Dezember 1997 -
XII ZR 119/96). Entgegen der Auffassung der Klägerin gelte für [X.] nichts anderes.
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-
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung der im streitigen [X.]-raum an die [X.] auf Miete und Betriebskosten erbrachten Zahlungen zu. Ein -
allein in Betracht kommender -
Anspruch aus ungerechtfertigter Bereiche-rung (§ 812 Abs. 1 BGB) scheidet aus, weil die Zahlungen nicht ohne
Rechts-grund erfolgt sind.
1. Es kann dahinstehen, ob sich die Berechtigung der Klägerin zum Ein-zug der [X.]orderungen bereits aus dem notariellen Vertrag vom 16. März 2006 ergibt. Selbst wenn das nicht der [X.]all wäre, läge jedenfalls in der am 24. Juli 2012 vorsorglich nochmals erklärten Abtretung eine Genehmigung der durch die [X.] vorgenommene [X.]orderungseinziehung gemäß §
185
Abs. 2
Satz 1 1. Alt.
BGB, so dass ein Bereicherungsanspruch der Klägerin ausscheidet.
2. Auch bezüglich der Nachzahlungen, die die Klägerin auf die [X.] für die Jahre 2007
und 2008
erbracht hat, steht ihr kein Rückforderungsanspruch zu.
Insoweit hat die Klägerin
ebenfalls
auf berechtigte [X.]orderungen der [X.]n und deshalb mit Rechtsgrund geleistet.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die für diese Jahre erteilten Betriebskostenabrechnungen nicht deshalb unwirksam, weil sie von der [X.] zu einem [X.]punkt erteilt wurden, als sie mangels Eintragung im [X.] noch nicht in die Stellung der Vermieterin (vgl. § 566
Abs. 1
BGB) einge-rückt war.
Der Vermieter braucht die Abrechnung von
Betriebskosten
-
selbst-verständlich -
nicht persönlich vorzunehmen, sondern kann sich dafür Hilfsper-sonen oder Dritter bedienen. In einem solchen [X.]all ist regelmäßig schon aus 10
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den Umständen -
nämlich dem Bezug zur Wohnung des Mieters -
ersichtlich, dass mit der von einem Dritten erstellten Abrechnung die [X.] erfüllt werden sollen. So ist es auch hier. Dass es der
[X.]n
aufgrund des mit der B.

abgeschlossenen Vertrages oblag, ab dem [X.] die fälligen Betriebskostenabrechnungen zu erstellen, stellt
auch die Revision nicht in [X.]rage.
3. Schließlich steht der Klägerin auch bezüglich der Beträge, die auf die in den Jahren 2006, 2008 und 2009 vereinbarten Mieterhöhungen entfallen,
kein Rückforderungsanspruch zu. Auch diese Zahlungen sind mit Rechtsgrund erfolgt.
Entgegen der Auffassung der Revision sind die zwischen den Parteien insoweit zur Mietanpassung
getroffenen Vereinbarungen
nicht deshalb unwirk-sam, weil
die [X.] nicht berechtigt gewesen wäre, im eigenen Namen [X.] zu der jeweils verlangten Mieterhöhung zu begehren.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] kann der Rechts-inhaber einen Dritten zur Geltendmachung eines unselbständigen Gestaltungs-rechts
im eigenen Namen ermächtigen
([X.], Urteile
vom 10. Dezember 1997
-
XII ZR
119/96, NJW 1998, 896 unter II
2,
sowie vom 11. September 2002
-
XII ZR 187/00, NJW 2002, 3389, unter [X.], jeweils zum Kündigungsrecht; vgl. auch [X.]surteil vom 13. [X.]ebruar 2008 -
VIII ZR 105/07, [X.], 1218
Rn.
26 ff.
zur Modernisierungsankündigung). Eine derartige Ermächtigung zur Geltendmachung des Anspruchs auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung ist, wie das Berufungsgericht in [X.] tatrichterlicher Würdigung
ange-nommen hat, der Regelung in
§ 3 Ziffer 3 des [X.] zu entnehmen.
b) Entgegen der Auffassung der Revision steht § 566 BGB einer solchen rechtsgeschäftlich erteilten Ermächtigung nicht entgegen. § 566 BGB ordnet für 15
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-
den [X.]all der
Veräußerung vermieteten Eigentums
an, dass der Erwerber für die Dauer seines Eigentums in die Vermieterstellung einrückt. Dies schließt es nicht aus, dass der bisherige Vermieter schon zu einem früheren [X.]punkt [X.] aus dem Mietverhältnis abtritt oder einem Erwerber eine Ermächtigung zur Geltendmachung im eigenen Namen erteilt. Auch für die von der Revision be-fürwortete Differenzierung, eine Ermächtigung nur bezüglich einer Kündigung oder einer Modernisierungsankündigung, nicht aber bezüglich eines Mieterhö-hungsverlangens
zuzulassen, besteht kein sachlicher Grund.
c) Schließlich erfordern auch Gesichtspunkte des Mieterschutzes keine abweichende Beurteilung. Allerdings wird in der Rechtsprechung der Instanzge-richte und in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten, dass ein einseiti-ges Rechtsgeschäft, das von einer vom Vermieter dazu ermächtigten Person vorgenommen wird, nur wirksam sei, wenn die Ermächtigung offen gelegt [X.] ([X.] 2009, 326; Börstinghaus,
[X.], 681, 683; [X.],
[X.] Aktuell, 4. Aufl., [X.] Rn. 81;
Schmidt-[X.]utterer/[X.], Mietrecht, 11. Aufl., §
566 BGB Rn.
46).
Zur Begründung wird angeführt, dass die Offenlegung der Ermächtigung dem Mieter bei einem einseitigen Rechtsgeschäft die Möglichkeit gebe, das Rechtsgeschäft entsprechend § 182
Abs. 3, § 111 BGB zurückzu-weisen, falls die Ermächtigung nicht in schriftlicher [X.]orm beigelegt gewesen sei (Schmidt-[X.]utterer/[X.], aaO).
Dieser Auffassung folgt der [X.] nicht. Anders als die Stellvertretung gestattet die Ermächtigung dem Berechtigten das Handeln im eigenen Namen, so dass es eines Hinweises auf den eigentlichen Rechtsinhaber gerade nicht bedarf. Es besteht auch kein Anlass, von diesem Grundsatz für den hier vorlie-genden [X.]all abzuweichen, dass von einer
Ermächtigung im Rahmen eines Mietverhältnisses Gebrauch gemacht wird.

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-
Zu Unrecht meint die Revision, nur durch das Erfordernis einer Offenle-gung der Ermächtigung
könne eine doppelte Inanspruchnahme des Mieters vermieden werden. Denn der
Mieter, der aus dem Mietvertrag von einer ande-ren Person als seinem ursprünglichen Vermieter in Anspruch genommen wird, kann sich
zunächst
dessen Berechtigung nachweisen lassen, wenn er Zweifel daran hat, ob eine entsprechende Vollmacht oder Ermächtigung vorliegt
oder ein Rechtsübergang nach § 566 BGB stattgefunden hat.
Dies hat die Klägerin aber gerade nicht getan, sondern den Mieterhöhungsverlangen der [X.]n jeweils zugestimmt.
Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es auch keiner Entschei-dung, ob der Mieter ein Mieterhöhungsverlangen, das ihm (wie hier die [X.]) der noch nicht eingetragene Erwerber aufgrund einer Ermächtigung des [X.] stellt, analog § 180 Abs. 1,
§ 174 BGB oder -
wie die Revi-sion meint -
entsprechend § 182
Abs. 3, §
111 BGB zurückweisen kann, wenn ihm keine Urkunde beigefügt ist, aus der sich die
Ermächtigung zur Geltendma-chung des Mieterhöhungsverlangens ergibt. Denn eine Zurückweisung hätte jedenfalls nur unverzüglich erfolgen können; hieran
mangelt es bei der
von der Klägerin mit Schreiben vom 31. Mai 2012 erklärten
Zurückweisung der in den Jahren 2006, 2008 und 2009 gestellten Mieterhöhungsverlangen. Entgegen der Auffassung der Revision käme es insoweit auf den [X.]punkt des Zugangs des jeweiligen Mieterhöhungsverlangens an und nicht auf den späteren [X.]punkt, in dem der Klägerin bekannt geworden ist, dass der Eigentumswechsel im [X.] erst im Jahr 2010 vollzogen wurde
und die [X.] die vorangegangenen Mieterhöhungsverlangen nicht
aufgrund einer ihr nach § 566 Abs. 1 BGB zu-

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-
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-
stehenden Vermieterstellung, sondern aufgrund einer entsprechenden Ermäch-tigung der bisherigen Vermieterin gestellt hat.
Dr. Milger
[X.]
[X.]

Dr. [X.]etzer
Kosziol
Vorinstanzen:
AG [X.] am Main Außenstelle [X.], Entscheidung vom 16.11.2012 -
387 [X.] -

LG [X.] am Main, Entscheidung vom 27.06.2013 -
2-11 S 369/12 -

Meta

VIII ZR 203/13

19.03.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2014, Az. VIII ZR 203/13 (REWIS RS 2014, 6989)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6989

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 203/13

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