Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2018, Az. I ZB 51/17

I. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13899

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:150218BIZB51.17.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
I ZB 51/17
vom

15. Februar 2018

in der Rechtsbeschwerdesache

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2018 durch [X.] Dr.
Koch, Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
[X.] und den Richter Feddersen
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.]s [X.] a.
d.
Lahn

3.
Zivilkammer
vom 13.
April 2017 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
[X.]: 4.694,79

Gründe:
[X.] Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung, Feststellung und Aus-kunftserteilung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die von der Beklagten gegen dieses Urteil fristgerecht [X.] Berufung mit Beschluss vom 13.
April 2017 unter Zurückweisung des Antrags der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäu-mung der Frist zur Begründung der Berufung als unzulässig verworfen.
Gegen diesen Beschluss richtet
sich die Rechtsbeschwerde der [X.], deren Zurückweisung die Klägerin beantragt. Die [X.] sich dabei nicht gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die bis zum 27.
Dezember 2016 verlängerte Frist zur Begründung
der [X.] versäumt, weil die Berufungsbegründung sowohl im Original als auch als -
von der Beklagten fälschlicherweise an das Amtsgericht gerichtete, dort aus-gedruckte und dann dem Berufungsgericht zugeleitete
-
Faxkopie erst am 28.
Dezember 2016 beim Berufungsgericht eingegangen sei. Sie macht viel-1
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3
-
mehr allein geltend, das Berufungsgericht
habe
den
Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtsfehlerhaft zurückgewiesen.
I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
522 Abs.
1 Satz
4 in Verbindung mit §
238 Abs.
2 Satz
1, §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO statthaft und auch im Übrigen
zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
1. Zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §
236 ZPO müssen alle für seine Zulässigkeit und Begründetheit erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen angeführt werden. Daher müssen insbesondere die für die Wahrung der Frist des §
234 ZPO erforderlichen An-gaben zum Wegfall des Hindernisses gemacht werden, sofern diese Frist nicht nach Aktenlage offensichtlich gewahrt ist ([X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., §
236 Rn.
6 mwN).
Außerdem müssen die Umstände, aus denen sich ergibt, auf [X.] Weise und durch wessen Verschulden es zur Fristversäumung gekommen ist, durch eine geschlossene
und
aus sich heraus verständliche Schilderung der tatsächlichen Abläufe dargelegt werden. Dazu müssen alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist vorgetragen und gemäß §
236 Abs.
2 Satz
1 ZPO glaubhaft ge-macht werden; nach dem Ablauf der Frist dürfen nur erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach §
139 ZPO geboten ist, erläutert oder vervollständigt werden
(st.
Rspr.; vgl. [X.],
Beschluss vom 10.
Januar 2013 -
I
ZB 76/11,
AnwBl 2013, 233 Rn.
7; [X.], Beschluss vom 19.
Juni 2013
V
ZB
226/12, juris Rn.
9; Beschluss vom 14.
Juli 2015

I
ZB
27/14, [X.], 1715 Rn.
13; Beschluss vom 16.
August 2016

V
ZB
19/16, NJW 2016, 3312 Rn.
7).
2. Diesen Anforderungen genügte der von
der Beklagten gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 27.
Januar 2017, der am [X.] als Telefax beim Berufungsgericht eingegangen ist, nicht.
3
4
5
-
4
-
a) Die Darstellung der Umstände, die nach den Angaben der Beklagten zur
Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung geführt hatten, ent-sprachen nicht den Anforderungen, die insoweit an eine geschlossene und aus sich heraus verständliche Schilderung der tatsächlichen Abläufe zu stellen sind.
aa) Die Beklagte hat in dem Schriftsatz vom 27.
Januar 2017 zur [X.] auf Wiedereinsetzung zunächst ausgeführt, der durch die Post möglicherweise verspätet ausgelieferte Schriftsatz, mit dem die Beru-fung begründet worden sei, sei unter dem 23.
Dezember 2016 in die Post ge-geben worden. Da aber der zur Glaubhaftmachung dieses Sachverhalts ange-führte Auszug aus dem elektronischen [X.]buch der [X.] vom 23.
Dezember 2016 dem Schriftsatz vom 27.
Januar 2017 nicht

wie dort angegeben
als Anlage
MD
I beilag, war unklar, was in diesem Zusam-menhang unter den Begriffen "unter dem 23.
Dezember 2016" und "in die Post geben" zu verstehen war.
bb) Da der Auszug aus dem elektronischen [X.]buch der [X.] nicht vorlag, war auch nicht dargetan, zumindest aber nicht glaubhaft gemacht, dass und inwiefern die Mitarbeiterin der Beklagtenvertreter G.

[X.]

am 23.
Dezember 2016 bei diesen für die ordnungsgemäße Be-
arbeitung des [X.] zuständig war. Weil auch die in dem Schriftsatz vom 27.
Januar 2017 angesprochene eidesstattliche Versicherung der Mitarbei-terin [X.]

gemäß Anlage
MD
II mit diesem Schriftsatz nicht -
wie
dort angege-
ben
-
vorgelegt wurde, lag ebenfalls
keine Bestätigung für den Vortrag der [X.] vor, diese Mitarbeiterin habe die Berufungsbegründung postfertig ge-macht und der Ausgangspost zugefügt.
cc) Dasselbe galt für den weiteren im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 27.
Januar 2017 enthaltenen und ebenfalls durch die eidesstattliche Versi-cherung der Mitarbeiterin [X.]

zu bestätigenden Sachverhalt, die Ausgangs-
post werde bei den Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht in einen Brief-6
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5
-
kasten eingeworfen oder durch Mitarbeiter zu einer regulären Poststelle [X.], sondern durch die [X.] im Rahmen
eines Bringund [X.] unmittelbar in das zuständige Verteilzentrum gebracht. Vor allem
fehlten in dieser Hinsicht jegliche Angaben zu den näheren Einzelheiten dieses Services
wie insbesondere zu den [X.] und Lieferintervallen, insbesondere vor und nach größeren Festen.
b) Die im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 27.
Januar 2017 ange-sprochenen und von diesen nach gerichtlicher Aufforderung mit Schriftsatz vom 30.
März 2017 nachgereichten [X.] rechtfertigten keine von dem
Vorstehenden abweichende Beurteilung.
aa) Der nachgereichte Auszug aus dem elektronischen [X.]-buch der Beklagtenvertreter vom 23.
Dezember 2016 (Anlage
MD
I)
lässt er-kennen, dass bei den [X.] seinerzeit eine an das Berufungsge-richt adressierte Sendung ausgegangen ist, die
mit dem von den [X.] in der vorliegenden Sache verwendeten kanzleiinternen Aktenzeichen versehen war,
wobei
Porto in Höhe von 1,45

r-über, wann bei dieser Sendung im Hinblick auf den von den [X.] genutzten Geschäftskunden-Service der [X.] und unter Berücksich-tigung dessen, dass die Sendung unmittelbar vor den Weihnachtstagen in den Auslauf gegeben
worden ist,
mit einer [X.]lung und Beförderung durch die [X.]
gerechnet werden konnte, ließ sich diesem Dokument nicht ent-nehmen.
bb) Entsprechendes galt für die mit dem Schriftsatz vom 30.
März 2017 nachgereichte eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin [X.]

der Beklag-
tenvertreter vom 27.
Januar 2017
(Anlage
MD
II).
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-
6
-
Danach hatte
die Mitarbeiterin [X.]

die Berufungsbegründung in dieser
Sache zwar unter dem 23.
Dezember 2016 postfertig gemacht und der [X.] zugeführt. Es fehlten in der eidesstattlichen Versicherung aber An-gaben zu den weiteren Versandschritten bei dem von den [X.] gewählten Bringund [X.]lservice der [X.]. Die Angabe der Mitar-beiterin [X.]

, ihrer Kenntnis und Erfahrung nach würden die durch die Deut-
sche Post abgeholten Sendungen unmittelbar in das zuständige Verteilzentrum gebracht, wo die entsprechende Weiterverteilung und Auslieferung erfolge, reichte nicht aus, um es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen zu lassen, dass die von den [X.] hier
gewählte Versandart unter normalen Umständen gewährleistete, dass der am 23.
Dezember 2016 zur Versendung gebrachte Schriftsatz innerhalb der am 28.
Dezember 2016 endenden Frist zur Begründung der Berufung beim
Berufungsgericht einging.

3. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht hätte
die Beklagte gemäß §
139 Abs.
1 ZPO darauf hinweisen
müssen, dass ihm de-ren Vortrag zum Ausgang der Briefsendung bei ihren Prozessbevollmächtigten als nicht ausreichend erschien, und die Beklagte
hätte
daraufhin eine eides-stattliche Versicherung vorgelegt, in der die
Mitarbeiterin [X.]

ihrer Prozess-
bevollmächtigten bestätigt hätte, dass die Sendung am 23.
Dezember 2016 von der [X.] im Rahmen des Bringund [X.]ldienstes abgeholt worden sei. Das Berufungsgericht war zu einem solchen weiteren Hinweis nicht ver-pflichtet. Die auf seinen ersten Hinweis hin vorgelegte eidesstattliche Versiche-rung war in dieser Hinsicht weder unklar noch ergänzungsbedürftig, sondern lückenhaft und unvollständig.
Im Übrigen hätte eine solche weitergehende Glaubhaftmachung nichts daran geändert, dass es weiterhin an einem für die begehrte Wiedereinsetzung erforderlichen Vortrag nebst Glaubhaftmachung hinsichtlich der weiteren Versandschritte fehlte. Mangels näherer Angaben da-zu, wie der Service im Einzelnen ausgestaltet war, war nicht glaubhaft gemacht, dass die Beklagtenvertreter bei seiner Inanspruchnahme ebenso wie bei einem 13
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7
-
Einwurf der Berufungsbegründung in einen Briefkasten oder bei deren [X.] in einer Poststelle (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 12.
September 2013

V
ZB
187/12, juris Rn.
9; Beschluss vom 16.
August 2016
VI
ZB
19/16, NJW 2016, 3312 Rn.
5, jeweils mwN) darauf vertrauen durften, dass die Sendung am folgenden Werktag ausgeliefert werden würde.
II[X.] Die
Kostenentscheidung
beruht auf
§
97 Abs.
1 ZPO.

Koch
Schaffert
Löffler

[X.]
Feddersen

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.09.2016 -
32 [X.] 1171/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 13.04.2017 -
3 [X.]/16 -

15

Meta

I ZB 51/17

15.02.2018

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2018, Az. I ZB 51/17 (REWIS RS 2018, 13899)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13899

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