Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.04.2010, Az. IX ZR 245/09

9. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7158

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Gegenstand

Widerrufliches Bezugsrecht einer Lebensversicherung in der Insolvenz: Anfechtbarkeit des Anspruchserwerbs durch die Witwe des Schuldners


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 17. Juni 2009 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 270.719,71 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich nicht.

2

1. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung schon des [X.], dass der Begünstigte eines Lebensversicherungsvertrages den Anspruch auf die Versicherungssumme mit Eintritt des Versicherungsfalls originär selbst erwirbt ([X.], 403, 404 f; 54, 94, 96; 61, 217, 219; 80, 175, 177 f; 88, 137, 138 f; 127, 269, 271; 128, 187, 190; [X.], 226, 232; 32, 44, 47; 130, 377, 380 f; 156, 350, 353; [X.], Urt. v. 8. Mai 1996 - [X.], [X.], 1634, 1635). Der Anspruch der Witwe des Insolvenzschuldners gegen die Beklagte war daher zu keinem Zeitpunkt im Vermögen des Schuldners oder in der Insolvenzmasse vorhanden. Deshalb hat die [X.] gemäß § 91 Abs. 1 [X.] den Anspruchserwerb der Witwe nicht zu hindern vermocht.

3

2. Das widerrufliche "Bezugsrecht" gemäß § 159 [X.] ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] nicht mehr als eine ungesicherte Hoffnung auf den Erwerb eines künftigen Anspruchs, mithin rechtlich ein Nullum ([X.]Z 156, 350, 356; [X.], Urt. v. 4. März 1993 - [X.], [X.], 1057, 1058; v. 18. Juli 2002 - [X.], [X.], 1852, 1853; v. 7. April 2005 - [X.], [X.], 937, 938; [X.], 85; [X.], 134, 136; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 27. Aufl. § 166 [X.] Rn. 4 und § 13 [X.] Rn. 11; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 159 [X.] Rn. 46 f; [X.]/Hirte, [X.], 13. Aufl. § 35 Rn. 217; [X.]/[X.], 5. Aufl. § 330 Rn. 18; [X.]/[X.]/[X.], Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl. § 330 Rn. 8). Schon deshalb ist die Frage unerheblich, ob die Witwe des Schuldners das "Bezugsrecht" [X.] erwerben konnte. Entgegen der Annahme der Beschwerde erstarkt es auch nicht mit Eintritt des Versicherungsfalls zum unwiderruflichen Vollrecht. Mit Eintritt des Versicherungsfalls entfällt das bis dahin widerrufliche Bezugsrecht vielmehr vollständig. Die in ihm verkörperte bloße tatsächliche Hoffnung verwirklicht sich, indem der Bezugsberechtigte den neu entstandenen Anspruch gegen die Versicherung auf die Versicherungssumme erwirbt (vgl. [X.]/[X.]/[X.], aaO § 13 [X.] 86 Rn. 4; [X.]/[X.]/[X.], aaO § 159 [X.] Rn. 48). Folglich hat im Streitfall kein Rechtsübergang von der Masse zur Witwe des Schuldners stattgefunden, dem § 91 Abs. 1 [X.] entgegenstehen könnte.

4

3. Die Beklagte war nicht gemäß § 372 Satz 2 BGB verpflichtet, die Versicherungssumme zu hinterlegen, statt sie an die Witwe des Schuldners auszuzahlen. Auch dies ergibt sich aus der bisherigen Rechtsprechung des [X.], die keiner Ergänzung bedarf. Die Anfechtbarkeit des Anspruchserwerbs nach § 134 [X.] änderte nichts daran, dass die Witwe bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils mit den Wirkungen des § 894 ZPO Inhaberin des Anspruchs war (vgl. [X.], Urt. v. 21. September 2006 - [X.], [X.], 42, 43, Rn. 10, 14 ff). Aus § 372 BGB folgt überdies keine Pflicht zur Hinterlegung, sondern nur ein Recht hierzu (vgl. nur [X.], Urt. v. 20. Juni 1969 - [X.], NJW 1969, 1661, 1662; [X.], 245, 250). Die Beschwerde legt nicht dar, warum sich gerade aus [X.] jenseits der gesetzlichen Hinterlegungsregeln eine Verpflichtung der Versicherung zur Hinterlegung ergeben sollte, wenn der Erwerb des Anspruchs auf diese vertragliche Leistung anfechtbar sein könnte.

5

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Ganter                                         Kayser                                 Gehrlein

                        Fischer                                       Grupp

Meta

IX ZR 245/09

27.04.2010

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 17. Juni 2009, Az: 7 U 95/07, Urteil

§ 91 Abs 1 InsO, § 134 InsO, § 159 VVG, § 372 S 2 BGB, § 894 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.04.2010, Az. IX ZR 245/09 (REWIS RS 2010, 7158)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7158

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Referenzen
Wird zitiert von

IV ZR 222/16

IX ZR 248/14

IX ZR 41/14

IX ZR 99/11

IX ZR 245/09

8 U 1255/15

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