Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21.11.2018, Az. 7 ABR 16/17

7. Senat | REWIS RS 2018, 1430

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Gegenstand

Einstellung - Aufhebung - nachträgliche Beteiligung - personelle Einzelmaßnahme - Zustimmungsfiktion


Leitsatz

Ein Antrag des Betriebsrats nach § 101 BetrVG, eine ohne seine Zustimmung durchgeführte Einstellung eines Arbeitnehmers aufzuheben, wird nicht dadurch unbegründet, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat während des Verfahrens nach § 101 BetrVG nachträglich über die bereits erfolgte Einstellung unterrichtet, ohne diese zuvor aufzuheben, und der Betriebsrat nicht innerhalb der Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG seine Zustimmung unter Angabe beachtlicher Gründe schriftlich verweigert. Die Fiktionswirkung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG kann nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat vor der Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet hat. Eine erst nach der Aufnahme der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer vorgenommene nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats kann die Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu der bereits erfolgten Einstellung nicht bewirken.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des [X.] vom 20. Dezember 2016 - 14 [X.] - aufgehoben.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 4. Mai 2016 - 4 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer [X.]instellung.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin unterhält bundesweit 14 Betriebe. Für ihren Betrieb „[X.]“ stellte sie zum 1. Oktober 2015 [X.] als „Branch Manager“ ein. Da die Arbeitgeberin diesen für einen leitenden Angestellten hielt, hatte sie den antragstellenden Betriebsrat zuvor lediglich nach § 105 [X.] über die [X.]instellung unterrichtet, aber nicht dessen Zustimmung nach § 99 Abs. 1 [X.] eingeholt.

3

Der Betriebsrat hat mit dem am 11. Januar 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag im vorliegenden Verfahren die Aufhebung der [X.]instellung des Arbeitnehmers M nach § 101 [X.] verlangt. Im [X.] an den Gütetermin vor dem Arbeitsgericht unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 22. Februar 2016 nach § 99 Abs. 1 [X.] vorsorglich über die [X.]instellung von [X.] In dem [X.], das auch Angaben zu den persönlichen Daten von [X.], zum Arbeitsplatz, zur Vergütung und zur Arbeitszeit enthält, heißt es auszugsweise:

        

Vorsorgliche Anhörung zur [X.]instellung gem. § 99 Abs. 1 [X.]

        

...     

        

wir beabsichtigen, rückwirkend zum 01.10.2015, die nachfolgende Person als Branch Manager in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzustellen.

        

Unserer Auffassung nach ist ein Branch Manager leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 und 4 [X.]. Daher haben wir Sie unter dem Datum des 20.08.2015 nach Maßgabe des § 105 [X.] ordnungsgemäß über die [X.]instellung von [X.] unterrichtet.

        

Da sich der Betriebsrat jedoch auf den Standpunkt stellt, dass die Branch Manager im Unternehmen keine leitenden Angestellten im vorgenannten Sinne darstellen, hören wir Sie höchst vorsorglich und unter Aufrechterhaltung unserer Rechtsauffassung zusätzlich gem. § 99 Abs. 1 [X.] zur beabsichtigten [X.]instellung von [X.] an.“

4

Der Betriebsrat teilte der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 25. Februar 2016 mit, der rückwirkenden [X.]instellung zum 1. Oktober 2015 werde nicht zugestimmt. Da die Arbeitgeberin nach wie vor davon ausgehe, dass [X.] leitender Angestellter sei, entbehre die Anhörung nach § 99 [X.] jeglicher Grundlage. Außerdem sei die nachträgliche Unterrichtung zu einer bereits erfolgten Maßnahme nach § 99 [X.] nicht zulässig.

5

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die [X.]instellung des [X.] sei nach § 101 [X.] aufzuheben, da die Arbeitgeberin die [X.]instellung ohne seine Zustimmung nach § 99 Abs. 1 [X.] vorgenommen habe. [X.] sei kein leitender Angestellter iSv. § 5 [X.]. Die während des vorliegenden Verfahrens und nach der [X.]instellung vorgenommene vorsorgliche Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 [X.] durch die Arbeitgeberin sei nicht rechtzeitig erfolgt und damit nicht ordnungsgemäß. [X.]ine nachträgliche Unterrichtung und Zustimmung durch den Betriebsrat sei gesetzlich nicht vorgesehen. Deshalb hätte die Arbeitgeberin die [X.]instellung von [X.] vor einer Unterrichtung des [X.] nach § 99 [X.] zunächst aufheben müssen.

6

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, die [X.]instellung von [X.] aufzuheben.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Beteiligungsverfahren nach § 99 [X.] sei nicht durchzuführen gewesen, weil [X.] leitender Angestellter sei. Jedenfalls gelte die Zustimmung des [X.] inzwischen nach § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] als erteilt. Sie habe den Betriebsrat mit Schreiben vom 22. Februar 2016 vorsorglich nach § 99 Abs. 1 [X.] ordnungsgemäß unterrichtet, dieser habe seine Zustimmungsverweigerung nicht in beachtlicher Weise begründet.

8

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des [X.] stattgegeben. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das [X.] den erstinstanzlichen Beschluss abgeändert und den Antrag abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen [X.]ntscheidung. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Während des [X.] wurde auf Antrag des [X.] durch rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts [X.]ssen vom 12. Juli 2017 (- 4 [X.] -) festgestellt, dass [X.] kein leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 [X.] ist.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des [X.]s und zur Wiederherstellung des dem Antrag stattgebenden Beschlusses des Arbeitsgerichts. Das [X.] hat den [X.] zu Unrecht abgewiesen. Der Antrag ist begründet. Die Arbeitgeberin ist nach § 101 Satz 1 [X.] verpflichtet, die [X.]instellung des Arbeitnehmers M aufzuheben.

I. Nach § 101 Satz 1 [X.] kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine personelle Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] aufzuheben, wenn der Arbeitgeber die Maßnahme ohne seine - des [X.] - Zustimmung durchführt. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] muss der Arbeitgeber den Betriebsrat in Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern ua. vor jeder [X.]instellung unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einholen. Personelle [X.]inzelmaßnahmen iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] können daher nur nach Zustimmung des [X.] oder deren rechtskräftiger [X.]rsetzung in einem Verfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] oder als vorläufige personelle Maßnahme unter den Voraussetzungen des § 100 [X.] vorgenommen werden (vgl. [X.] 30. September 2014 - 1 [X.] - Rn. 15, [X.][X.] 149, 182).

II. Danach ist die Arbeitgeberin verpflichtet, die [X.]instellung des Arbeitnehmers M aufzuheben.

1. Bei der [X.]instellung des Arbeitnehmers M handelt es sich um eine mitbestimmungspflichtige personelle Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Im Unternehmen der Arbeitgeberin sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Zwar findet § 99 Abs. 1 [X.] auf [X.]instellungen leitender Angestellter keine Anwendung (§ 5 Abs. 3 Satz 1 [X.]; vgl. etwa [X.] 25. März 2009 - 7 [X.] - Rn. 14). Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Arbeitsgerichts [X.]ssen vom 12. Juli 2017 (- 4 [X.] -) steht aber mittlerweile fest, dass [X.] kein leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 [X.] ist.

2. Die Arbeitgeberin führt die [X.]instellung des [X.] nach wie vor ohne Zustimmung des [X.] durch. Der Betriebsrat hat der [X.]instellung weder ausdrücklich zugestimmt, noch wurde seine Zustimmung gerichtlich ersetzt. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, dass die Zustimmung des [X.] zur [X.]instellung des [X.] nach § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] als erteilt gelte, weil dieser, nachdem er durch die Arbeitgeberin während des vorliegenden Beschlussverfahrens mit Schreiben vom 22. Februar 2016 vorsorglich nachträglich über die [X.]instellung unterrichtet worden war, seine Zustimmungsverweigerung nicht in beachtlicher Weise begründet hatte.

a) Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber auch dann nicht verpflichtet ist, eine [X.]instellung nach § 101 Satz 1 [X.] aufzuheben, wenn die Zustimmung des [X.] zu der [X.]instellung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] als erteilt gilt. Der Arbeitgeber kann im Verfahren nach § 101 Satz 1 [X.] auch einwenden, die Zustimmung des [X.] gelte deshalb nach § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] als erteilt, weil dieser seine Zustimmungsverweigerung nicht unter Angabe beachtlicher Gründe iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 [X.] erklärt hat (Fitting 29. Aufl. § 101 Rn. 3; [X.]rfK/[X.] 18. Aufl. § 101 [X.] Rn. 3; [X.] 11. Aufl. § 101 Rn. 17; [X.] in [X.] [X.] 16. Aufl. § 101 Rn. 18).

b) Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für die [X.] nach § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] jedoch entgegen der Auffassung des [X.]s nicht vor.

aa) Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] gilt die Zustimmung des [X.] zu einer personellen [X.]inzelmaßnahme als erteilt, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung nicht frist- und formgerecht mitteilt. Voraussetzung für den [X.]intritt dieser gesetzlichen Fiktion ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des [X.] nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch den Arbeitgeber. Nur diese setzt die Frist für die Zustimmungsverweigerung in Lauf ([X.] 13. Mai 2014 - 1 [X.] - Rn. 18; 13. März 2013 - 7 [X.] - Rn. 31; 12. Januar 2011 - 7 [X.] - Rn. 32; 5. Mai 2010 - 7 [X.] - Rn. 23).

bb) Zu Gunsten der Arbeitgeberin kann unterstellt werden, dass sie den Betriebsrat mit ihrem Zustimmungsersuchen vom 22. Februar 2016 in inhaltlicher Hinsicht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] umfassend unterrichtet und der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung mit Schreiben vom 25. Februar 2016 nicht unter Angabe beachtlicher Gründe iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 [X.] erklärt hat. Die Zustimmung des [X.] gilt vorliegend jedenfalls deshalb nicht als erteilt, weil die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht rechtzeitig über die [X.]instellung des [X.] unterrichtet hat.

(1) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat der Arbeitgeber den Betriebsrat „vor“ der [X.]instellung zu unterrichten und die Zustimmung zu der „geplanten“ [X.]instellung einzuholen. Nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es grundsätzlich erforderlich, dass die Beteiligung des [X.] zu einer Zeit erfolgt, zu der noch keine abschließende und endgültige [X.]ntscheidung getroffen worden ist oder doch eine solche noch ohne Schwierigkeiten revidiert werden kann ([X.] 9. Dezember 2008 - 1 [X.] - Rn. 24, [X.][X.] 128, 351; 28. April 1992 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.][X.] 70, 147). [X.]ine erst nach Aufnahme der tatsächlichen Beschäftigung im Betrieb erfolgte Unterrichtung des [X.] ist nicht fristgerecht und damit nicht ordnungsgemäß iSv. § 99 Abs. 1 [X.]. Sie kann den [X.]intritt der gesetzlichen [X.] nach § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht bewirken.

(2) Vorliegend erfolgte die Unterrichtung des [X.] über die [X.]instellung des Arbeitnehmers M nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht fristgerecht und damit nicht ordnungsgemäß. Sie wurde erst im Verlauf des vorliegenden Verfahrens am 22. Februar 2016 und damit Monate nach der am 1. Oktober 2015 erfolgten [X.]instellung des [X.] vorgenommen. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat auch nicht dadurch rechtzeitig nach § 99 Abs. 1 [X.] unterrichtet, dass sie den Betriebsrat vor dem 1. Oktober 2015 nach § 105 [X.] über die [X.]instellung von [X.] informiert hat. Für den Antrag des Arbeitgebers auf [X.]rteilung der Zustimmung des [X.] zu einer der in § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] bezeichneten personellen Maßnahmen sieht das Gesetz zwar keine besondere Form vor. Fehlt es an einem ausdrücklichen Zustimmungsgesuch, ist aber erforderlich, dass der Betriebsrat der Mitteilung des Arbeitgebers entnehmen kann, dass er um die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] angegangen wird (vgl. [X.] 10. November 2009 - 1 [X.] - Rn. 17). Das ist bei der hier allein nach § 105 [X.] vorgenommenen Mitteilung, die gerade deshalb erfolgte, weil nach Auffassung der Arbeitgeberin kein Zustimmungserfordernis nach § 99 Abs. 1 [X.] bestand, nicht der Fall.

(3) [X.]ntgegen der Ansicht des [X.]s war das verspätete Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat über die [X.]instellung des Arbeitnehmers M hier nicht deshalb ausnahmsweise iSv. § 99 Abs. 1 [X.] ordnungsgemäß, weil die Arbeitgeberin damit die Zustimmung des [X.] vorsorglich einholen und einen etwaigen betriebsverfassungswidrigen Zustand für die Zukunft beseitigen wollte.

(a) Der Arbeitgeber ist zwar nicht gehindert, noch während des Laufs eines von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens über die [X.]rsetzung der Zustimmung des [X.] zur [X.]instellung für dieselbe Stelle mit einem neuen [X.] nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu beginnen. In diesem Fall erledigt sich das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren, wenn der Arbeitgeber das ursprüngliche Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat nunmehr zurückzieht ([X.] 28. Februar 2006 - 1 [X.] - Rn. 24 f., [X.][X.] 117, 123). [X.]s ist dem Arbeitgeber gesetzlich unbenommen, nach (rechtskräftigem) Unterliegen im Zustimmungsersetzungsverfahren die auf das gleiche Ziel gerichtete personelle Maßnahme erneut nach Maßgabe von § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] einzuleiten und ggf. den Weg des § 99 Abs. 4, § 100 Abs. 2 [X.] zu beschreiten. Unter diesen Umständen ist es ihm auch nicht verwehrt, bereits während eines noch laufenden [X.] ein neues Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat zu richten und im Falle der erneuten Zustimmungsverweigerung ein neues, eigenständiges Verfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] zu betreiben ([X.] 28. Februar 2006 - 1 [X.] - Rn. 26, aaO). Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat ggf. mehrmals hintereinander um Zustimmung zur [X.]instellung oder Versetzung desselben Arbeitnehmers auf denselben (neuen) Arbeitsplatz ersuchen. [X.]r kann dementsprechend mehrere Zustimmungsersetzungsverfahren - nacheinander oder auch zeitlich parallel, also schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des zunächst eingeleiteten - bei Gericht anhängig machen. Diese haben trotz des gleichen [X.] prozessual unterschiedliche Gegenstände ([X.] 28. Februar 2006 - 1 [X.] - Rn. 26, aaO; vgl. auch [X.] 9. Oktober 2013 - 7 [X.] - Rn. 28; 22. April 2010 - 2 [X.] - Rn. 18, [X.][X.] 134, 154; 14. Dezember 2004 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.][X.] 113, 102). Diese Möglichkeit setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber einen neuen [X.] einleitet. Hat der Arbeitgeber ein betriebliches Zustimmungsverfahren bereits erfolglos vorgenommen, verliert die Zustimmungsverweigerung des [X.] ihre Wirkung nicht dadurch, dass der Arbeitgeber vorsorglich nochmals einen Antrag auf Zustimmung zu der Maßnahme stellt; anders ist es nur dann, wenn der Arbeitgeber von seiner ursprünglichen Maßnahme Abstand genommen und eine eigenständige, neue personelle [X.]inzelmaßnahme eingeleitet hat (vgl. [X.] 9. Oktober 2013 - 7 [X.] - Rn. 28; 14. Dezember 2004 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, aaO).

(b) Demgemäß ist der Arbeitgeber auch während eines Aufhebungsverfahrens nach § 101 [X.] nicht gehindert, von der ursprünglichen Maßnahme Abstand zu nehmen, für dieselbe Stelle ein neues Besetzungsverfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] einzuleiten, den Betriebsrat über die beabsichtigte [X.]instellung desselben Arbeitnehmers zu unterrichten und ihn um Zustimmung hierzu zu ersuchen. Hält er aber eine ohne Zustimmung des [X.] durchgeführte [X.]instellung aufrecht, bleibt diese auch dann betriebsverfassungswidrig, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat nachträglich um Zustimmung zu dieser bereits vorgenommenen [X.]instellung ersucht und der Betriebsrat seine Zustimmung hierauf nicht erteilt. Der Arbeitgeber kann daher eine ohne Beteiligung des [X.] und damit betriebsverfassungswidrig durchgeführte [X.]instellung nicht heilen und deren Aufhebung nach § 101 [X.] dadurch verhindern, dass er hinsichtlich dieser bereits erfolgten [X.]instellung nur das Beteiligungsverfahren nachholt, ohne zuvor die [X.]instellung aufzuheben und ggf. ein neues Besetzungsverfahren zu betreiben. Die im Verfahren nach § 101 [X.] streitgegenständliche Maßnahme bleibt auch in einem solchen Fall die ursprünglich betriebsverfassungswidrig vorgenommene [X.]instellung. Nimmt der Arbeitgeber von der ursprünglich beabsichtigten [X.]instellung Abstand und leitet er ein neues Mitbestimmungsverfahren zu einer neuen [X.]instellung ein, erledigt sich das die ursprüngliche Maßnahme betreffende Verfahren nach § 101 [X.] (vgl. zum Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] [X.] 14. Dezember 2004 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.][X.] 113, 102).

(c) Diese Sichtweise entspricht Sinn und Zweck des Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 [X.], der insbesondere darin besteht, die [X.]inhaltung des Beteiligungsrechts des [X.] in personellen Angelegenheiten zu sichern. Der [X.] nach § 101 [X.] stellt eine konkrete Ausgestaltung der dem Betriebsrat durch das [X.] zugewiesenen Aufgabe dar, auf die [X.]inhaltung der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung hinzuwirken (vgl. [X.] 19. Januar 2010 - 1 [X.] - Rn. 11, [X.][X.] 133, 69). Demgemäß hat der Betriebsrat einen Anspruch auf Beseitigung des durch einseitige Handlungen des Arbeitgebers herbeigeführten betriebsverfassungswidrigen Zustands. Die betriebsverfassungsrechtliche Rechtswidrigkeit der Beschäftigung eines ohne Zustimmung des [X.] nach § 99 Abs. 1 [X.] eingestellten Arbeitnehmers kann dabei darin liegen, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat vor der [X.]instellung überhaupt nicht beteiligt hat oder daraus resultieren, dass er trotz vorheriger Beteiligung im Falle der Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] bzw. das Verfahren nach § 100 [X.] nicht durchgeführt hat. Liegt - wie vorliegend - die Betriebsverfassungswidrigkeit gerade auch darin, dass eine vorherige Beteiligung des [X.] vollständig unterblieben ist, kann der betriebsverfassungswidrige Zustand im Falle der [X.]instellung nur durch - freiwillige oder gerichtlich angeordnete - Aufhebung der Maßnahme, nicht aber durch einfache Nachholung der Beteiligung beseitigt werden. Wird die Unterrichtung vom Arbeitgeber nur nachgeholt, bleibt die ursprüngliche Maßnahme ohne vorherige Beteiligung aufrechterhalten. Anderenfalls könnte der Arbeitgeber die Beteiligung des [X.] unterlassen, die personelle Maßnahme durchführen, abwarten, ob der Betriebsrat von sich aus durch [X.]inleitung eines Verfahrens nach § 101 [X.] initiativ wird und die Beteiligung dann nachholen, ohne die Maßnahme aufheben zu müssen. Damit würde das Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 [X.] faktisch auf ein [X.]inspruchsrecht reduziert. Das widerspräche nicht nur der Grundkonzeption der personellen Mitbestimmung nach §§ 99, 100 [X.], sondern auch dem in § 101 [X.] zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Ziel, dem Betriebsrat ein Werkzeug an die Hand zu geben, das gewährleistet, dass der Arbeitgeber für die Zukunft die Mitbestimmungsrechte des [X.] achtet und die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung einhält. Das ist nur gesichert, wenn der Arbeitgeber ein neues ordnungsgemäßes Zustimmungsersuchen allein bei vorheriger Aufhebung der ursprünglichen Maßnahme an den Betriebsrat richten kann. Bei dem erforderlichen neuen [X.] können sich zudem weitere neue Umstände ergeben, die eine andere Beurteilung etwaiger Zustimmungsverweigerungsgründe durch den Betriebsrat veranlassen können.

(d) Dieses [X.]rgebnis steht nicht im Widerspruch dazu, dass der Arbeitgeber in [X.], in denen der Betriebsrat auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme verweigert hat, auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren die fehlenden Informationen nachholen kann, sofern für den Betriebsrat erkennbar ist, dass der Arbeitgeber die Informationen auch deswegen vervollständigt, weil er seiner ggf. noch nicht vollständig erfüllten Unterrichtungspflicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] nachkommen möchte (vgl. [X.] 21. März 2018 - 7 [X.] - Rn. 19; 12. Januar 2011 - 7 [X.] - Rn. 45). Diese Fallgestaltung ist mit der vorliegenden nicht vergleichbar. Bei Vervollständigung der Informationen im Rahmen eines [X.] nach § 99 Abs. 4 [X.] hat der Arbeitgeber vor der Maßnahme ein Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 [X.] gerichtet, das sich auf eine entsprechende Rüge des [X.] hin als inhaltlich unvollständig erweist. Die personelle Maßnahme wird daher - anders als im vorliegenden Fall - nicht ohne vorheriges Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat durchgeführt.

(e) Danach konnte aufgrund des Schreibens der Arbeitgeberin vom 22. Februar 2016 die [X.] nach § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht eintreten. Der Antrag der Arbeitgeberin vom 22. Februar 2016 auf [X.]rteilung der Zustimmung des [X.] zur [X.]instellung von [X.] bezog sich nicht auf eine neue, sondern auf die am 1. Oktober 2015 bereits betriebsverfassungswidrig ohne Zustimmung des [X.] durchgeführte [X.]instellung. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat im Schreiben vom 22. Februar 2016 nur nachträglich und vorsorglich für den Fall, dass [X.] kein leitender Angestellter sein sollte, rückwirkend über die bereits zum 1. Oktober 2015 vollzogene [X.]instellung unterrichtet und bezüglich dieser Maßnahme die Zustimmung des [X.] beantragt. Die Arbeitgeberin hat nicht von ihrer ursprünglich beabsichtigten Maßnahme Abstand genommen, sondern dem Betriebsrat mitgeteilt, warum sie an ihrer ursprünglichen Rechtsauffassung festhalte. [X.]ine andere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil die Arbeitgeberin einen etwaigen betriebsverfassungswidrigen Zustand für die Zukunft beseitigen wollte. Die Beseitigung des betriebsverfassungswidrigen Zustands hätte die Arbeitgeberin nur erreichen können, wenn sie die [X.]instellung von [X.] zunächst aufgehoben, einen neuen [X.] eingeleitet und den Betriebsrat zur neuen [X.]instellung des [X.] um Zustimmung ersucht hätte. Daran fehlt es.

        

    Gräfl    

        

    Klose    

        

    Waskow    

        

        

        

    R. Gmoser    

        

    [X.]     

                 

Meta

7 ABR 16/17

21.11.2018

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Essen, 4. Mai 2016, Az: 4 BV 4/16, Beschluss

§ 101 S 1 BetrVG, § 99 Abs 3 S 1 BetrVG, § 99 Abs 3 S 2 BetrVG, § 99 Abs 1 BetrVG, § 99 Abs 4 BetrVG, § 100 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21.11.2018, Az. 7 ABR 16/17 (REWIS RS 2018, 1430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1430


Verfahrensgang

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Az. 7 ABR 16/17

Bundesarbeitsgericht, 7 ABR 16/17, 21.11.2018.


Az. 4 BV 4/16

Arbeitsgericht Essen, 4 BV 4/16, 04.05.2016.


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