Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2014, Az. IX ZB 17/13

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6918

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB 17/13

vom

20. März
2014

in dem
Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 290 Abs. 1 Nr. 3, § 287a
Nimmt der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode den Antrag auf Restschuldbefrei-ung zurück, nachdem er neue Schulden (hier: in Höhe von etwa 1.000.000

e-gründet hat, ist ein am folgenden Tag zur Durchführung eines neuen Insolvenzver-fahrens gestellter Antrag auf Kostenstundung und Restschuldbefreiung unzulässig.

[X.], Beschluss vom 20. März 2014 -
IX ZB 17/13 -
LG [X.]

AG [X.] am Inn

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.], die Richter
Dr. [X.] und [X.]

am 20. März 2014
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 20. Februar 2013 wird auf Kos-ten des Schuldners zurückgewiesen.

festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Schuldner ist Facharzt für Dermatologie in eigener Praxis. Am 15.
Mai 2000 wurde ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Er beantragte Restschuldbefreiung. Mit Beschluss vom 25. Juli 2006 wurde die Restschuldbefreiung angekündigt. Am 7.
September 2010 nahm der Schuldner den Antrag auf Restschuldbefreiung zurück.

Am 8. September 2010 beantragte der Schuldner erneut die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen sowie Restschuldbefreiung und 1
2
-
3
-
Stundung der Verfahrenskosten. Er hatte Verbindlichkeiten von etwa 7.660.000

ersten Insolvenzverfahrens stammten. Das Verfahren wurde
am 13. Oktober 2010 eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestimmt. Der weitere Beteiligte berichtete an das Insolvenzgericht, dass der Schuldner mo-zusätzlich selbständige Tätigkeit des Schuldners frei, weil sämtliche Honorarforderungen unanfechtbar an zwei Darlehensgläubiger abgetreten worden seien. Der asse ab. Im Schlusstermin am 12. Juli 2012 beantragte eine Gläubigerin die Versagung der Restschuldbefrei-ung.

Mit Beschluss vom 12. November 2012
hat das Insolvenzgericht die [X.] auf Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrens-kosten sowie den [X.] der Gläubigerin als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Schuldner die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen, soweit sie nicht den [X.] betreffen, die Stundung der Verfahrenskosten sowie die Ankündi-gung der Restschuldbefreiung erreichen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach
§
4d Abs. 1, §§ 6, 289 Abs. 2 [X.], §
574 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 ZPO
statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

3
4
-
4
-

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Der Antrag auf [X.] sei unzulässig, weil er vor Ablauf von drei Jahren seit der Rücknahme des [X.] im
ersten Insolvenzverfahren gestellt worden sei. Dem Schuldner könne zwar nicht vorgeworfen werden, den ersten Antrag zurückgenommen zu haben, um die Bescheidung eines [X.] zu verhindern. Nach Aktenlage sei der im ersten Verfahren gestellte Versagungs-antrag dem Schuldner nicht zugestellt und alsbald zurückgenommen worden. Hierauf komme es jedoch nicht an. Sinn der Sperrfrist sei zu verhindern, dass innerhalb kurzer Zeit mehrere aufwendige und kostenintensive Verfahren durchgeführt werden müssten. Hier habe der Schuldner den ersten Antrag auf Restschuldbefreiung wohl vor allem deshalb zurückgenommen, weil er nach der Eröffnung des ersten Insolvenzverfahrens neue Schulden von etwa 1.000.000

begründet habe. Nachdem der Antrag auf Restschuldbefreiung unzulässig sei, komme auch eine Stundung der Verfahrenskosten nicht in Betracht.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung
stand.

a) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat das Insolvenzgericht keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags auf Restschuldbefreiung getroffen (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Mai 2011 -
IX ZB 221/09, [X.], 544 Rn. 5). Über die Zulässigkeit dieses Antrags hat das Insolvenzgericht von Amts wegen zu befinden. Es geht nicht um die Beschei-dung des bereits rechtskräftig abgewiesenen [X.]. Dieser ist nicht Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

b) Nimmt der Schuldner seinen Antrag auf Restschuldbefreiung zurück, ist nach derzeitiger Rechtslage ein neuer Antrag erst nach Ablauf einer Sperr-frist von drei Jahren zulässig (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Mai 2011 -
IX ZB 5
6
7
8
-
5
-
221/09, [X.], 544 Rn. 7; vom
6. Oktober 2011 -
IX ZB 114/11, [X.], 948 Rn. 2 f). Es steht nicht im Belieben des Schuldners, neue Verfahren einzu-leiten, um die an zeitliche Fristen geknüpften Versagungstatbestände des §
290 Abs.
1 [X.]. 2 bis 4 [X.] zu umgehen und durch eine Anpassung der tatsächli-chen Grundlagen nachträglich eine Restschuldbefreiung zu erreichen. Die Sperrfrist von drei Jahren beginnt in einem solchen Fall mit der Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung ([X.], Beschluss vom 12. Mai 2011, aaO Rn.
7).

c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt es nicht darauf an, dass der [X.] im ersten Insolvenzverfahren zurückgenommen worden ist, die Rücknahme des ersten [X.] also nicht der Vermeidung einer Entscheidung über den [X.] diente. Das Verhalten des Schuldners steht im klaren Widerspruch zum Anliegen des §
290 Abs.
1 Nr. 3 [X.], nach welchem die Restschuldbefreiung zu versagen ist, wenn der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung erteilt oder nach § 296 oder § 297 [X.] versagt worden ist. Der Zweck dieses Versa-gungsgrundes liegt darin, einen Missbrauch des Insolvenzverfahrens als Mittel zur wiederholten Reduzierung der
Schuldenlast zu verhindern. Die Restschuld-befreiung soll als Hilfe für unverschuldet in Not geratene Personen dienen, nicht als Zuflucht für diejenigen, die bewusst finanzielle Risiken auf andere abwälzen wollen (BT-Drucks. 12/2443 [X.]). So liegt der Fall hier.

d) Ist der Antrag auf Restschuldbefreiung unzulässig, kommt auch eine Stundung der Verfahrenskosten nicht in Betracht.
9
10
-
6
-

e) § 287a [X.] in der Fassung des [X.] und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15. Juli 2013 ([X.]. I
S.
2379) regelt ausdrücklich mehrere Fälle, in denen ein erneuter Antrag auf Restschuldbefreiung unzulässig ist. Die hier bestimmten Fristen von zehn Jahren (§ 287a Abs. 2 Nr. 1) und drei Jahren (§ 287a Abs. 2 Nr. 2) begin-nen jeweils mit der Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Versagungs-antrag; der Fall der Antragsrücknahme ist nicht erfasst. Nach der Begründung des [X.] sollen die in § 287a [X.] zusammengefassten Rege-lungen abschließend sein. Es werden mehrere Fallgestaltungen genannt, die der Regierungsentwurf bewusst anders entscheidet als bisher der Senat. Die Senatsrechtsprechung zur Sperrwirkung des zurückgenommenen Antrags wird nicht behandelt. Sie wird zu gegebener Zeit, nach Inkrafttreten der Vorschrift des § 287a [X.] am 1. Juli 2014, zu überprüfen sein (vgl. hierzu etwa [X.], [X.], 873, 875; Schädlich, [X.], 848, 849). Im vorliegenden Fall ist

11
-
7
-
§
287a [X.] nicht anwendbar. Eine "Vorwirkung"
dieser Regelung hat der [X.] bereits abgelehnt (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Mai 2013 -
IX
ZB 51/12, [X.], 846 Rn. 15).

Kayser
[X.]
[X.]

[X.]
Pape

Vorinstanzen:
AG [X.] a. Inn, Entscheidung vom 12.11.2012 -
IN 296/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 20.02.2013 -
4
[X.] -

Meta

IX ZB 17/13

20.03.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2014, Az. IX ZB 17/13 (REWIS RS 2014, 6918)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6918

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 17/13 (Bundesgerichtshof)

Unzulässigkeit eines Antrags auf Kostenstundung und Restschuldbefreiung in einem neuen Insolvenzverfahren


IX ZB 92/16 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 92/16 (Bundesgerichtshof)

Neuantrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung und Kostenstundung ohne Einhaltung einer Sperrfrist: Aufgehobene Kostenstundung wegen Verletzung …


IX ZB 7/20 (Bundesgerichtshof)

Zweites Insolvenzverfahren: Zulässigkeit eines Antrags auf Restschuldbefreiung in einem gesonderten Insolvenzverfahren über das vom Insolvenzverwalter …


IX ZB 89/09 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZB 17/13

IX ZB 221/09

IX ZB 114/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.