Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.05.2014, Az. VII ZB 56/12

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5598

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Gegenstand

Pfändungsschutz in der Zwangsvollstreckung: Pfändbarkeit einer Entschädigung für Mehraufwendungen während einer Arbeitsgelegenheit


Tenor

Auf die Rechtsmittel des Gläubigers werden der Beschluss der Zivilkammer 51 des [X.] vom 11. September 2012 sowie der Beschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht -Wedding vom 10. August 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückverwiesen.

Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - darf den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht aus den Gründen der aufgehobenen Beschlüsse ablehnen.

Gründe

I.

1

Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen rückständigen Kindesunterhalts in Höhe von 7.507,92 €.

2

Der Schuldner bezieht aus einem Nebenverdienst monatlich 330 €. Daneben erhält er als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft [X.] in Höhe von monatlich 346,48 €.

3

Der Gläubiger hat unter dem 29. Mai 2012 den Antrag gestellt, die angebliche Forderung des Schuldners gegen die Drittschuldnerin, ein Trockenbauunternehmen, aus Lohn, Gehalt und/oder Provision, Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld und Zuschüssen zur Förderung des [X.] bzw. auf sonstiges Arbeitseinkommen unter Berücksichtigung der Pfändungsschutzbestimmungen, auf Auszahlung von [X.], soweit diese durch die Drittschuldnerin ausgezahlt bzw. verrechnet werden, zu pfänden und ihm zur Einziehung zu überweisen. Gleichzeitig hat er beantragt, den pfandfreien Betrag auf 268,25 € (184 € Anrechnungsbetrag auf [X.] II-Leistung plus 84,25 € Bonus für Erwerbstätigkeit) festzusetzen. Dem Antrag lag eine [X.] des [X.]      vom 13. Januar 2012 bei. Darin sind der Nebenverdienst des Schuldners und die Drittschuldnerin als Arbeitgeber angegeben. Der [X.] war eine aktuelle "Horizontalberechnung" beigefügt.

4

Das Amtsgericht hat den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich bei der zu [X.] Forderung um eine nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbare Mehraufwandsentschädigung. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers, mit der er geltend gemacht hat, der Schuldner sei bei der Drittschuldnerin geringfügig beschäftigt, es handele sich dementsprechend bei der zu [X.] Forderung nicht um eine Aufwandsentschädigung, sondern um Ansprüche aus einer nichtselbständigen Tätigkeit, ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag weiter.

II.

5

Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

6

1. Das Beschwerdegericht führt aus, der Gläubiger habe die Pfändung und Überweisung der dem Schuldner als Empfänger von [X.] gemäß § 16d Abs. 7 [X.] zustehenden Mehraufwandsentschädigung beantragt. Eine solche Entschädigung sei unpfändbar.

7

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

8

a) Die nicht näher begründete Auffassung des [X.], bei dem zu [X.] Anspruch handele es sich um eine Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16d Abs. 7 Satz 1 [X.], ist unzutreffend. Dies kann der [X.] selbst entscheiden, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.

9

aa) Aus der [X.] des [X.]      vom 13. Januar 2012 ergibt sich nicht, dass der Schuldner den Nebenverdienst von 330 € auf der Grundlage eines sogenannten 1 €-Jobs erzielt. Dort ist mit "(z.B. 1,50 €-Job)" lediglich beispielsweise aufgeführt, dass ein Nebenverdienst aus einem derartigen Leistungsverhältnis erzielt werden kann, nicht aber, dass dies hier der Fall ist.

bb) Bei dem Nebenverdienst des Schuldners handelt es sich nicht um eine Entschädigung für Mehraufwendungen im Sinne des § 16d Abs. 7 Satz 1 [X.]. Gemäß dieser Vorschrift ist den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten während einer Arbeitsgelegenheit zuzüglich zum [X.] von der [X.] eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen. Eine solche Entschädigung für Mehraufwendungen bezieht der Schuldner nach der [X.] des [X.] nicht. Der Schuldner erhält die Vergütung von 330 € nicht von der [X.], sondern von der Drittschuldnerin. Der Nebenverdienst des Schuldners wird ausweislich der "Horizontalberechnung" abzüglich eines Freibetrags von 146 € bei der Bemessung des [X.] des Schuldners auf [X.] berücksichtigt und im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft mit 110,60 € auf die an ihn zu erbringenden Leistungen angerechnet.

Der [X.] geht davon aus, dass das Beschwerdegericht nicht den als Arbeitseinkommen bezeichneten Anspruch des Schuldners gegen die Drittschuldnerin in Höhe von 330 € als Mehraufwandsentschädigung wertet, sondern lediglich den von dem Jobcenter bei der Bemessung des [X.] des Schuldners auf [X.] unberücksichtigt gelassenen Freibetrag von 146 €. Dabei handelt es sich jedoch entgegen der Annahme des [X.] nicht um eine Entschädigung für Mehraufwendungen gemäß § 16d Abs. 7 Satz 1 [X.], sondern - wie sich aus der "Horizontalberechnung" ergibt - um einen "Freibetrag gemäß §§11, 30" [X.] (jetzt § 11b Abs. 2, 3 [X.]).

b) Der Antrag des Gläubigers kann dementsprechend nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass es sich bei dem zu [X.] Anspruch um eine Entschädigung für Mehraufwendungen gemäß § 16d Abs. 7 Satz 1 [X.] handele. Ob eine solche Entschädigung gemäß § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar ist, bedarf daher keiner Entscheidung.

III.

Die angefochtenen Beschlüsse sind daher aufzuheben und die Sache ist an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückzuverweisen, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO.

Kniffka                        Safari Chabestari                             Eick

                Kartzke                                     [X.]

Meta

VII ZB 56/12

14.05.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Berlin, 11. September 2012, Az: 51 T 582/12

§ 850a Nr 3 ZPO, § 16d Abs 7 S 1 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.05.2014, Az. VII ZB 56/12 (REWIS RS 2014, 5598)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5598

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