Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2005, Az. VIII ZB 54/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4751

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[X.]/04
vom 1. März 2005 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 23 [X.] § 779

Ein Vergleich im Sinne von §§ 23 [X.], 779 [X.] liegt auch dann vor, wenn die Parteien eines Rechtsstreits einen gerichtlichen Vergleich schließen, wonach sich der Beklagte zur Zahlung der von ihm nicht bestrittenen Klageforderung in vom Klä-ger eingeräumten Raten verpflichtet und die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derer des Vergleichs übernimmt. [X.], Beschluß vom 1. März 2005 - [X.]/04 - [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 1. März 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.]

beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des [X.], 8. Zivilsenat, vom 24. Februar 2003 aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestset-zungsbeschluß des [X.], Kammer 13 für [X.], vom 24. Januar 2003 insoweit aufgehoben, als die von der Klägerin beantragte Festsetzung einer Vergleichsgebühr in Höhe von 449 • nebst Zinsen abgelehnt worden ist. Es wird festgestellt, daß der Klägerin im Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eine Vergleichsge-bühr in Höhe von 449 • nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Oktober 2002 zu-steht. Der Beschwerdegegner hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen. Der [X.] wird für die [X.] bis zum 14. Mai 2004 auf 449 • und für die [X.] danach auf bis zu 300 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Klägerin hat die [X.], über deren Vermögen inzwi-schen das Insolvenzverfahren eröffnet und zu deren Insolvenzverwalter der jet-zige Beschwerdegegner bestellt worden ist (im folgenden Schuldnerin), wegen - 3 - Warenlieferungen auf Zahlung von 8.432,65 • verklagt. Die Schuldnerin hat dem [X.] ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt. In einem weiteren Schriftsatz hat sie mitgeteilt, daß eine Klageerwiderung nicht erfolgen solle, daß sie an einer ratenweisen Beilegung ihrer Zahlungsverpflichtung weiterhin inter-essiert sei und daß sie eine erste Rate bereits gezahlt habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, wonach die Schuldnerin sich zur Zahlung der Klageforderung in bestimmten Raten verpflichtet und die Kosten des [X.] einschließlich derer des Vergleichs übernimmt. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat die Rechtspflegerin die von der Klägerin beantragte Festsetzung einer Vergleichsgebühr in Höhe von 449 • abgelehnt. Die gegen den [X.] gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach dem Wortlaut des § 23 [X.] sei Voraussetzung einer Vergleichsgebühr der Abschluß eines Vergleichs im Sinne des § 779 [X.]. Dieser erfordere ein gegenseitiges Nachgeben. Daran fehle es auf Seiten der Schuldnerin, die keinerlei Einwendungen gegen die Klage erho-ben, sondern im Gegenteil von vorneherein mitgeteilt habe, daß eine Klageer-widerung nicht erfolgen solle. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der - vom [X.] zugelassenen - Rechtsbeschwerde. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist durch die Eröffnung des [X.] über das Vermögen der Schuldnerin unterbrochen worden. Die Klä-gerin hat die von ihr geforderte Vergleichsgebühr zur Insolvenztabelle ange-meldet. Der jetzige Beschwerdegegner hat die Forderung bestritten. Danach hat die Klägerin das Rechtsbeschwerdeverfahren gegen ihn mit dem Antrag aufgenommen festzustellen, daß ihr im Insolvenzverfahren über das Vermögen - 4 - der in Liquidation befindlichen Schuldnerin die mit der Rechtsbeschwerde wei-ter verfolgte Forderung zusteht. I[X.] Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht wie zuvor schon die Rechtspflegerin die von der Klägerin beantragte Festsetzung einer Vergleichsgebühr nach § 23 [X.], der hier gemäß § 61 [X.] weiter anwendbar ist, abgelehnt. Nach § 23 [X.] erhält der Rechtsanwalt eine Vergleichsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs im Sinne des § 779 [X.]. Ein solcher ist hier allerdings entgegen der Ansicht der Klägerin nicht schon [X.] zu bejahen, weil sie mit der Schuldnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ausdrücklich zur Erledigung des Rechtsstreits einen Ver-gleich abgeschlossen hat. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin insoweit auf den Beschluß des [X.] vom 26. September 2002 - [X.] (NJW 2002, 3713). Danach erfordert zwar die Festsetzung einer anwaltlichen Vergleichsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren aus Gründen der Rechtssi-cherheit, daß die Parteien einen als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO haben protokollieren lassen (§§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 f. ZPO). Das bedeutet jedoch (entgegen der Unterstellung von Kalb, Rpfleger 2004, 376) nicht, daß die - in dem der genannten Entscheidung des [X.] zugrunde liegenden Fall gegebenen - materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Vergleichs im Sinne des § 779 [X.] entbehrlich sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Nach § 779 Abs. 1 [X.] ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen [X.] beseitigt wird. - 5 - [X.] über ein Rechtsverhältnis steht es gemäß § 779 Abs. 2 [X.] gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. Zumindest [X.] war hier wegen des von der Schuldnerin vorab geforderten Einverständnis-ses der Klägerin mit einer Ratenzahlung der Fall. Entgegen der Auffassung des [X.] fehlt es nicht an einem gegenseitigen Nachgeben. An das Nachgeben sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt jedes Zugeständnis der Parteien, mag es auch ganz geringfügig sein ([X.] 39, 60, 62 f.; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 779 Rdnr. 26; [X.]/[X.], [X.], 64. Aufl., § 779 Rdnr. 9, [X.]. m.w.Nachw.). Hier hat nicht nur die Klägerin nachgegeben, indem sie der Schuldnerin Ratenzahlung bewilligt hat. Vielmehr liegt auch auf Seiten der Schuldnerin ein Nachgeben vor, obwohl sie sich zur vollständigen Erfüllung der Klageforderung verpflichtet hat. Das Nachgeben der Schuldnerin ist allerdings nicht schon darin zu se-hen, daß sie durch den Abschluß des Vergleichs ihre Zahlungsbereitschaft be-kundet hat. Zwar kann nach der Rechtsprechung des [X.] das für einen Vergleich erforderliche beiderseitige Nachgeben auch darin bestehen, daß die eine Partei die von der anderen geltend gemachte Forderung im vollen Umfang anerkennt und diese dafür dem Schuldner Zahlungserleichterungen gewährt (Urteil vom 28. November 1990 - [X.], [X.]R [X.] § 779 Nachgeben 1 m.w.Nachw.; Urteil vom 6. November 1991 - [X.], NJW-RR 1992, 363, 364). Das gilt jedoch nur dann, wenn die anerkannte Forderung streitig ist. Ist die Forderung dagegen - wie hier wegen ausdrücklichen Verzichts auf eine Klageerwiderung - unstreitig, liegt in dem Anerkenntnis des Schuldners allein kein Nachgeben (vgl. [X.], [X.] 1983, 589 und [X.] 1999, 189; von [X.] in: [X.]/von [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 23 Rdnr. 12; [X.] in: [X.]/Sußbauer, [X.], 8. Aufl., § 23 Rdnr. 14; [X.], [X.] 2000, 1287, 1288; [X.], [X.] 1997, 129, 130, [X.]. m.w.Nachw.). Anders verhält es sich indessen, wenn Gläubiger und Schuldner - 6 - - wie hier - einen gerichtlichen Vergleich schließen. In diesem Fall verschafft der Schuldner, der lediglich eine Ratenzahlungsvereinbarung anstrebt, dem Gläu-biger mit dem gerichtlichen Vergleich ohne Verzug einen sicheren [X.] (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Er könnte zwar den Erlaß eines [X.] sicheren rechtskräftigen Urteils letztlich nicht verhindern, jedoch mit prozessualen Mitteln zumindest vorübergehend hinauszögern (vgl. zu dem ver-gleichbaren Fall der Aufnahme einer notariellen Urkunde, § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 23 Rdnr. 17 m.w.Nachw.). II[X.] Nach alledem ist der angefochtene Beschluß aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da diese zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO). Daher ist der [X.] des Landge-richts insoweit aufzuheben, als die von der Klägerin beantragte Festsetzung einer Vergleichsgebühr in der gemäß § 11 [X.] zutreffend berechneten [X.] von 449 • nebst Zinsen (§ 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO) abgelehnt worden ist. Da inzwischen über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröff-net worden ist und der Beschwerdegegner die von der Klägerin zur [X.] angemeldete Vergleichsgebühr bestritten hat, ist gemäß dem Antrag der - 7 - Klägerin festzustellen, daß dieser im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eine Vergleichsgebühr in Höhe von 449 • nebst Zinsen zusteht.
[X.] [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZB 54/04

01.03.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2005, Az. VIII ZB 54/04 (REWIS RS 2005, 4751)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4751

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