9. Senat | REWIS RS 2013, 7057
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Voraussetzungen für die Darlegung von Verfahrensmängeln - rechtliches Gehör - Überraschungsentscheidung
1. NV: Wird eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht als (verzichtbarer) Verfahrensmangel in Gestalt des Übergehens von Beweisanträgen gerügt, verliert der --fachkundig vertretene-- Kläger sein Rügerecht schon durch rügelose Verhandlung zur Sache. Zudem ist darzutun, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war .
2. NV: Eine Überraschungsentscheidung liegt nur vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste .
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) liegen nicht vor.
1. So kann die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit ihrer Rüge, das Finanzgericht ([X.]) habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt und angebotene Beweise zu Unrecht nicht erhoben, schon deshalb nicht gehört werden, weil die insoweit einschlägige Norm des § 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung die Prozessbeteiligten --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten können (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Aus dem insoweit maßgeblichen Sitzungsprotokoll (vgl. § 94 [X.]O i.V.m. § 160 Abs. 4, § 164 ZPO) ergibt sich nicht, dass das Übergehen von Beweisanträgen gerügt worden ist, obwohl das Gericht darauf hingewiesen hat, dass es "beabsichtige, sein Urteil ohne weiteren Termin zu fällen"; vielmehr hat die Klägerin lediglich weiteren Sachvortrag angekündigt. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] die Protokollierung einer entsprechenden Rüge verlangt und --im Falle der Weigerung des Gerichts, die Protokollierung vorzunehmen-- eine Protokollberichtigung beantragt worden ist (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 9. November 1999 II B 14/99, [X.], 582, m.w.N.). Unbeschadet davon lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen, weshalb sich dem [X.] auf der Grundlage seines materiell-rechtlichen Standpunktes eine weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne entsprechende Beweisanträge hätte aufdrängen müssen (vgl. [X.] vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, [X.] 2005, 43, m.w.N.).
2. Die Klägerin macht auch zu Unrecht geltend, das [X.] habe eine Überraschungsentscheidung erlassen und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 [X.]O und § 76 Abs. 2 [X.]O). Eine solche Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das [X.] sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger [X.] selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste ([X.] vom 2. April 2002 [X.], [X.] 2002, 947). Danach liegt im Streitfall keine Überraschungsentscheidung vor; denn die Frage des fehlenden Nachweises der Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich des [X.] ist vom [X.] nicht erst mit dem Endurteil in das Verfahren eingebracht worden, sondern war zum einen schon Gegenstand der gerichtlichen Verfügung vom 3. Januar 2011, mit der das Gericht die Klägerin gemäß § 79b Abs. 2 [X.]O aufgefordert hat, "die Vermietungsabsicht glaubhaft zu machen" und wurde zum anderen ausführlich in der mündlichen Verhandlung thematisiert.
Meta
25.03.2013
Beschluss
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 12. November 2012, Az: 14 K 14175/09, Urteil
Art 103 Abs 1 GG, § 76 Abs 1 S 1 FGO, § 76 Abs 2 FGO, § 96 Abs 1 S 1 FGO, § 94 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 160 Abs 4 ZPO, § 164 ZPO, § 295 ZPO
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.03.2013, Az. IX B 180/12 (REWIS RS 2013, 7057)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 7057
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Vorliegen einer Überraschungsentscheidung - Verlust des Rügerechts bei verzichtbaren Verfahrensmängeln - Bezugnahme des FG auf …
Rügeverzicht bei Beweisantrag
Darlegung eines Gehörsverstoßes - Mietvertrag unter nahen Angehörigen - Überraschungsentscheidung
Keine notwendige Beiladung bei Lohnsteuer-Außenprüfung - Zeitlich begrenzte Gewährung von Akteneinsicht "in letzter Minute" - …
(Verletzung des rechtlichen Gehörs - Pflicht des FG zur Mitteilung der Grundlagen der Besteuerung - …
Keine Referenz gefunden.
Keine Referenz gefunden.