Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.10.2020, Az. IV R 4/19

4. Senat | REWIS RS 2020, 3587

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Gegenstand

Erweiterte Kürzung bei Mitvermietung eines zur Nutzung einer Dienstbarkeit angemieteten Gebäudeteils


Leitsatz

1. Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes verstößt nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist und nur einen geringfügigen Umfang hat.

2. Ein Untererbbaurecht einschließlich des vom Untererbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist "eigener Grundbesitz" des Untererbbauberechtigten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

3. Ist an einem Grundstück eine Grunddienstbarkeit bestellt, ist die Dienstbarkeit für Zwecke des § 9 Nr. 1 GewStG dem Grundbesitz zuzuordnen, zu dem das herrschende Grundstück gehört.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 06.12.2018 - 8 K 3685/17 [X.] wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist infolge einer Anwachsung des Vermögens der UV-GmbH & Co. KG ([X.]) zum 31.12.2010 deren Gesamtrechtsnachfolgerin geworden. Die Tätigkeiten der [X.] und der Klägerin beschränkten sich in den [X.]treitjahren (2010 bis 2012) auf die Vermietung von Grundbesitz. [X.]treitig ist, ob ausschließlich eigener Grundbesitz i.[X.]. des § 9 Nr. 1 [X.]atz 2 des [X.] ([X.]) überlassen wurde, weil die [X.] und anschließend die Klägerin mit einer ihnen als [X.] gehörenden [X.] auf dem Grundstück [X.] 1 in [X.] (Gemarkung …, Flur 1, Flurstück 9) auch den angemieteten Teil einer auf dem benachbarten Grundstück [X.] 3 / X-Weg (Flurstück 2) befindlichen [X.] vermieteten.

2

Mit den genannten Grundstücken hatte es folgende Bewandtnis: Auf dem Flurstück 9 sowie dem benachbarten Flurstück 7 ([X.] 3) hatte die heutige H-GmbH & Co. KG ([X.]) als [X.] für den [X.]inzelhandel bestimmte [X.]n errichtet. Auf dem hinter diesen beiden Grundstücken liegenden Flurstück 2 hatte die [X.] ebenfalls als [X.] eine Lagerhalle errichtet, die in ihrem Hauptteil an die Parzelle 7 anschloss und von der an der nördlichen und östlichen Wand ein winkelförmiger Teil mit einer Breite von ca. acht Metern abgetrennt (sog. [X.]) und mit dem westlichen Teil der der Länge nach geteilten [X.] auf der Parzelle 9 verbunden war. Diese [X.] war von der [X.], die selbst auf der Parzelle 7 einen … betrieb, seit 1993 an ein Büroeinzelhandelsunternehmen vermietet worden (die heutige [X.]-GmbH --[X.]--), das den östlichen Teil wiederum untervermietet hatte (zuletzt an die [X.]). In dem "[X.]" befanden sich Hochregallager, die von [X.] genutzt wurden.

3

Die [X.] war Gesellschafterin der [X.] gewesen. Aufgrund eines [X.] wurde ihr das [X.] an dem Flurstück 9 übertragen. Zugunsten des [X.]n des Flurstücks 9 wurde auf dem Flurstück 2 eine Grunddienstbarkeit bestellt und im Grundbuch eingetragen. Diese bestand für eine Teilfläche aus einem ausschließlichen Geh- und Fahrtrecht auf einer Breite von ca. acht Metern (insgesamt ca. 536 qm) auf der mit dem "[X.]" bebauten [X.]nfläche und einem nicht ausschließlichen Geh- und Fahrtrecht auf der Zufahrt zu der [X.]. [X.]chuldrechtlich wurde dazu vereinbart:

        

"[X.]olange das Flurstück 2 mit dieser [X.] bebaut bleibt und der [X.] die derzeitige Nutzung des [X.]nteils, welcher sich auf dem hier belasteten Grundstücksteil befindet, fortsetzt, ist der [X.]igentümer des herrschenden [X.]s verpflichtet, ein Nutzungsentgelt in Höhe von 8,70 [X.]uro pro qm genutzter [X.]nfläche zu leisten, mindestens jedoch derjenige Betrag, den der jeweilige Mieter des auf dem hier übertragenen [X.]s befindlichen Objekts schuldet."

4

Dem [X.]n blieb es nach dem Vertrag unbenommen, mit einer Kündigungsfrist von einem Monat auf die Nutzung dieses [X.]nteils bei gleichzeitigem Wegfall der [X.] zu verzichten.

5

Die [X.] führte den Mietvertrag mit [X.] unter Fortdauer der Untervermietung zunächst fort. Ab Oktober 2006 vermietete die [X.] beide [X.]nteile direkt an [X.] und den vormaligen Untermieter. Jeder Mieter hatte eine monatliche Miete von 23.728,99 € zu zahlen, wobei die Fläche des von [X.] gemieteten westlichen Teils der [X.] einschließlich des "[X.]" 2 182 qm, die des östlichen Teils rund 1 228 qm betrug. Die [X.] bzw. die Klägerin zahlten in den [X.]treitjahren ihrerseits das vereinbarte Nutzungsentgelt für den "[X.]" von 8,70 € pro qm an die [X.].

6

Bei Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) den [X.]rklärungen der [X.] (2010) bzw. der Klägerin (2011 und 2012) und gewährte antragsgemäß die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 [X.]atz 2 [X.]. Mit [X.] für 2010 vom 11.11.2011 wurde für die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der [X.] ein [X.] von 0 € festgesetzt. [X.]benfalls auf 0 € belief sich der [X.] für die Klägerin laut [X.] für 2011 vom [X.] Für 2012 wurde mit [X.] vom 04.11.2013 unter Gewährung der erweiterten Kürzung ein [X.] von 4.728 € gegenüber der Klägerin festgesetzt.

7

Nach einer Außenprüfung ging das [X.] den Prüfungsfeststellungen folgend davon aus, dass wegen der Mitvermietung des "[X.]" die Voraussetzungen einer erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 [X.]atz 2 [X.] für die [X.] im Jahr 2010 und für die Klägerin in den Jahren 2011 und 2012 nicht erfüllt seien. Außerdem wurde der Gewerbeertrag der Klägerin um [X.]ondervergütungen erhöht, die sich im [X.] auf 128.693,33 € und im [X.] auf 135.041,60 € beliefen. Das [X.] erließ daraufhin am 11.03.2016 geänderte Gewerbesteuermessbescheide. Für 2010 wurde gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der [X.] ein [X.] von 29.438 € festgesetzt. Für 2011 und 2012 betrugen die für die Klägerin festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge 100.919 € bzw. 104.706 €.

8

Die hiergegen von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der [X.] (2010) bzw. der Klägerin in eigener [X.]ache (2011 und 2012) erhobenen [X.]insprüche wurden mit [X.]inspruchsentscheidungen vom 30.10.2017 als unbegründet zurückgewiesen.

9

Mit vom Finanzgericht ([X.]) zur gemeinsamen Verhandlung und [X.]ntscheidung verbundenen Klagen machte die Klägerin (für 2010 als Rechtsnachfolgerin der [X.]) wie schon in den [X.]inspruchsverfahren geltend, die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 [X.]atz 2 [X.] seien erfüllt. Bei der Mitvermietung des "[X.]" handele es sich um die Überlassung eigenen Grundbesitzes, weil das Geh- und Fahrtrecht über den "[X.]" durch eine als rechtlicher Bestandteil des [X.]s am Flurstück 9 anzusehende Dienstbarkeit gesichert sei. [X.]elbst wenn es sich um fremden Grundbesitz handeln würde, wäre die Überlassung des "[X.]" aber eine unschädliche Nebentätigkeit. Dies ergebe sich aus der besonderen historischen, vertraglichen, bautechnischen und funktionalen Verzahnung der Teilfläche auf dem Flurstück 2 mit dem Objekt auf dem Flurstück 9. Im Übrigen sei der "[X.]" unentgeltlich überlassen worden, so dass es schon deshalb an einer kürzungsschädlichen Tätigkeit fehle.

Das [X.] gab dem Antrag der Klägerin, die geänderten Gewerbesteuermessbescheide vom 11.03.2016 dahingehend zu ändern, dass die erweiterte Kürzung für [X.] nach § 9 Nr. 1 [X.]ätze 2 ff. [X.] gewährt wird, mit Urteil vom 06.12.2018 in vollem Umfang statt.

Mit der Revision trägt das [X.] erneut vor, dass die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 [X.]atz 2 [X.] nicht erfüllt seien, weil die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet habe. Das kürzungsschädliche Tatbestandsmerkmal sei in der An- und Weitervermietung der Lagerkapazität im "[X.]" zu sehen. Diese sei kein zum Zweck der Belieferung zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung, sondern eine kürzungsschädliche Weitervermietung einer fremden, gewerblich als Lagerflächenerweiterung genutzten Immobilie (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 08.12.2016 - IV R 55/10, [X.][X.] 256, 519, B[X.]tBl II 2017, 722). Dies folge aus dem fehlenden bindenden Zusammenhang zwischen der [X.]inräumung der Dienstbarkeit und der Anmietung der die von der Dienstbarkeit umfasste Fläche überbauenden [X.]. Das Geh- und Fahrtrecht bestehe auch dann unverändert fort, wenn das schuldrechtliche Nutzungsverhältnis an der [X.] ende. Das dingliche Recht habe deshalb entgegen der Auffassung des [X.] nicht nur über die Anmietung und Weitervermietung der [X.] genutzt werden können. Das [X.] beziehe sich ausschließlich auf die Nutzung der [X.] als Lieferweg, obwohl der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen habe, dass der [X.]nteil hauptsächlich zur Lagerung genutzt werde. Dies ergebe sich aus dem Mietvertrag, in dem der [X.]nteil als weiteres Lager von ca. 500 qm bezeichnet werde. Das dingliche Geh- und Fahrtrecht habe zur gesicherten Belieferung ausgereicht, weil gegen [X.]ingriffe ein sachenrechtlicher Abwehranspruch bestehe. [X.] sei die Weitervermietung nur, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksnutzung bzw. -verwaltung sei. Darauf, ob sie lediglich wirtschaftlich sinnvoll sei, komme es nicht an. Die Lagerkapazität der 1 500 qm großen [X.] sei groß genug gewesen. Dass bei einer Teilnutzung als Lager die Verkaufsfläche vermindert werde, sei ohne Bedeutung.

[X.]oweit das [X.] betragsmäßig von einer Geringfügigkeit der Nebentätigkeit ausgehe, sei dies mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar. Der [X.] habe mehrfach entschieden, dass es eine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze nicht gebe. Die im [X.]-Urteil vom 18.04.2000 – VIII R 68/98 ([X.][X.] 192, 100, B[X.]tBl II 2001, 359) offen gelassene Frage, ob es betragsmäßig eine absolute oder relative Geringfügigkeitsgrenze gebe, habe der [X.] im Beschluss vom 17.11.2005 – I B 150/04 ([X.]/NV 2006, 609) ausdrücklich negativ beantwortet. [X.] man die Grundsätze des [X.]-Urteils vom 11.04.2019 - III R 36/15 ([X.][X.] 264, 470, B[X.]tBl II 2019, 705) zugrunde, sei es nicht vertretbar anzunehmen, dass die zum eigenen Grundbesitz gehörende Dienstbarkeit wirtschaftlich sinnvoll nur durch Mitvermietung des auf dem dienenden Grundstücksteil befindlichen [X.]nteils hätte genutzt werden können. Denn das Fahrtrecht habe rechtlich auch ohne Gebäude durchgesetzt werden können. Allein auf diesen objektiven Umstand sei abzustellen, nicht auf die Vorstellungen der Vertragspartner des Mietverhältnisses.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

[X.]ie stützt sich im Wesentlichen auf die Gründe des [X.]-Urteils. In [X.]rwiderung auf die Revisionsbegründung führt die Klägerin aus, der [X.] habe nicht jede Nebentätigkeit als kürzungsschädlich behandelt. Die Mitnutzung des "[X.]" zu Lagerzwecken sei den Beteiligten und dem [X.] bekannt gewesen. [X.]ntgegen der Darstellung des [X.] habe nicht die Klägerin, sondern die Mieterin den "[X.]" mit Regalen zu Lagerzwecken ausgestattet. Maßgebend dafür, dass das [X.] die Mitvermietung als nicht kürzungsschädlich angesehen habe, sei die enge historische, bautechnische und vertragliche Verbindung des "[X.]" mit dem [X.]ngebäude der Klägerin. [X.]ine wettergeschützte Belieferung sei nur auf diesem Weg möglich gewesen. Der mit dem "[X.]" verbundene [X.]nteil habe kaum eigene Lagerkapazitäten gehabt. [X.]s habe lediglich einen 46 qm großen und bereits in den "[X.]" hineinragenden Lagerraum gegeben. Für die zwingende Notwendigkeit der Mitvermietung spreche bereits, dass die Mieterin die Räumlichkeiten in dieser Form seit 1993 genutzt habe. Der hiesige Fall sei vergleichbar mit dem Fall, in dem das [X.] Berlin mit rechtskräftigem Urteil vom 30.11.1977 - VI 179/77 ([X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 1978, 399) keine schädliche Nebentätigkeit angenommen habe. Das Geh- und Fahrtrecht an der Teilfläche des "[X.]" hätte ohne Mitvermietung der [X.] wirtschaftlich nicht genutzt werden können, worauf auch das [X.] abgehoben habe. Dem [X.]inwand des [X.], es habe auch eine andere Belieferungsmöglichkeit gegeben, habe das [X.] zutreffend entgegengehalten, dass dann das Geh- und Fahrtrecht ungenutzt geblieben wäre. [X.]oweit das [X.] Ausführungen zu einer quantitativen Begrenzung für Nebentätigkeiten gemacht habe, bezögen sich diese nicht auf eine allgemeine Grenze, sondern darauf, dass eine dem Grunde nach kürzungsunschädliche Tätigkeit nur eine geringfügige Nebentätigkeit sei. Zu Recht habe das [X.] Mieteinnahmen und [X.]inkünfte aus der Anmietung und Weitervermietung ins Verhältnis gesetzt. Allerdings seien die [X.]innahmen und [X.]inkünfte aus der Vermietung des "[X.]" zu hoch angesetzt worden, weil das [X.] von einer Durchschnittsmiete für [X.] und "[X.]" ausgegangen sei, obwohl für Letzteren von einer geringeren Miete hätte ausgegangen werden müssen. Die Grundsätze des Großen [X.]enats des [X.] im Beschluss vom 25.09.2018 - Gr[X.] 2/16 ([X.][X.] 263, 225, B[X.]tBl II 2019, 262), wonach § 9 Nr. 1 [X.]atz 2 [X.] nicht als [X.]ubventionsnorm, sondern als am gewerbesteuerrechtlichen Belastungsgrund ausgerichtete Korrektur einer rein rechtsformveranlassten [X.]teuerbelastung zu verstehen sei, müssten auch bei der Bestimmung der kürzungsunschädlichen Nebentätigkeiten berücksichtigt werden.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] zutreffend ausgelegt (1.) und in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf den festgestellten Sachverhalt angewendet (2.).

1. Das [X.] hat § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] ausgelegt.

a) Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen (Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 96, m.w.[X.]).

Eigener Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz (Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 76). Dieser wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zweck der [X.] aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung ([X.]-Urteile vom 17.01.2006 - VIII R 60/02, [X.]E 213, 5, BStBl II 2006, 434, und vom 14.07.2016 - IV R 34/13, [X.]E 255, 12, BStBl II 2017, 175, jeweils m.w.[X.]). Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 [X.] abschließend aufgezählt ([X.]-Urteil vom 14.06.2005 - VIII R 3/03, [X.]E 210, 38, BStBl II 2005, 778). Darüber hinaus können nach ständiger Rechtsprechung auch Nebentätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] gezogenen Rahmens liegen (dazu nachfolgend unter d).

b) Ein Erbbaurecht einschließlich des vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist "eigener Grundbesitz" i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.]. Das Erbbaurecht ist als dingliches Recht bürgerlich-rechtlich dem Grundstück gleichgestellt. Mit seiner Bestellung scheidet das Grundstück aus dem Grundbesitz des Eigentümers i.S. des § 9 Nr. 1 [X.] aus. Fortan ist es dem Grundbesitz des Erbbauberechtigten zuzurechnen ([X.]-Urteil vom 15.04.1999 – IV R 11/98, [X.]E 188, 412, BStBl II 1999, 532, m.w.[X.]). Ist an dem Erbbaurecht ein [X.] bestellt, kann dieses im Verhältnis zum Erbbaurecht nicht anders behandelt werden als das Erbbaurecht im Verhältnis zum Eigentum am Grundstück. Das Grundstück ist dementsprechend ab Bestellung des [X.]s dem "eigenen Grundbesitz" im Betriebsvermögen des Untererbbauberechtigten zuzurechnen.

c) Ist an einem Grundstück eine Grunddienstbarkeit bestellt, ist die Dienstbarkeit für Zwecke des § 9 Nr. 1 [X.] dem Grundbesitz zuzuordnen, zu dem das herrschende Grundstück gehört. Wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, ist der Begriff des Grundbesitzes im bewertungsrechtlichen Sinn zu verstehen (vgl. [X.]-Urteil vom 20.09.2007 – IV R 19/05, [X.]E 219, 190, BStBl II 2010, 985, m.w.[X.]). Nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes ([X.]) gehören zum Grundvermögen der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Da Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, als Bestandteile des Grundstücks gelten (§ 96 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), gehört eine Grunddienstbarkeit --anders als ein obligatorisches Nutzungsrecht-- zum Grundvermögen des Eigentümers des herrschenden Grundstücks ([X.]-Urteil vom 11.06.2008 - II R 71/05, [X.]E 222, 57, BStBl II 2009, 132; [X.]-Beschluss vom 12.11.2009 - IV B 8/09, [X.]/NV 2010, 464). Die Dienstbarkeit gehört demgemäß für den Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu dessen "eigenem Grundbesitz" i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.]. Ist die Dienstbarkeit für ein Erbbaurecht bestellt, gehört sie folglich zum Grundbesitz des Erbbauberechtigten.

Die Zurechnung der Dienstbarkeit ist nicht gleichbedeutend mit der Zurechnung des belasteten Grundstücksteils. Dieser bleibt weiter Teil des belasteten Grundstücks und das zivilrechtliche Eigentum steht ebenso wie das wirtschaftliche Eigentum i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung demjenigen zu, dem das belastete Grundstück zuzurechnen ist. Dies betrifft sowohl den Grund und Boden als auch auf dem belasteten Grundstücksteil stehende Gebäude, es sei denn, Letztere wären steuerrechtlich einem Anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen.

d) Die von § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss. Nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteile in [X.]E 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 26; vom [X.], [X.]E 267, 398, BStBl II 2020, 409, Rz 16; in [X.]E 210, 38, BStBl II 2005, 778). Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes kann danach nur dann eine begünstigte Nebentätigkeit sein, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist. Ist der Umfang einer solchen Tätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot ([X.]-Urteile vom 04.10.2006 - VIII R 48/05, unter [X.]; vom 22.06.2016 – [X.], [X.]E 254, 354, BStBl II 2017, 529, Rz 40; vom 08.12.2016 – IV R 14/13, [X.]E 256, 170, BStBl II 2017, 494, Rz 21; in [X.]E 256, 519, BStBl II 2017, 722, Rz 38).

2. Die vorstehenden Rechtsgrundsätze hat das [X.] zutreffend auf den von ihm festgestellten Sachverhalt angewendet. Die Feststellung der Tatsachen ist nicht durch Verfahrensrügen angegriffen worden und die Würdigung der Tatsachen durch das [X.] bindet den [X.], weil sie weder Denkgesetze noch Erfahrungssätze verletzt (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

a) Das [X.] der Klägerin bzw. der [X.] als deren Rechtsvorgängerin gehörte zu dem eigenen Grundbesitz der Klägerin bzw. der [X.]. Mit der Gesamtrechtsnachfolge ist das [X.] auf die Klägerin übergegangen, auch wenn die Eintragung im Grundbuch erst später erfolgte. Die Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht) war Bestandteil des [X.]s und damit auch eigener Grundbesitz. Das Gebäude auf dem dienenden Grundstücksteil (Flurstück 2) stand weder im zivilrechtlichen noch im wirtschaftlichen Eigentum der Klägerin bzw. der [X.]. Die Mitvermietung des auf dem Flurstück 2 befindlichen Teils des [X.] ohne das Geh- und Fahrtrecht kann danach nur dann kürzungsunschädlich erfolgt sein, wenn es sich hierbei um eine Nebentätigkeit zur Überlassung der im Eigentum der Klägerin bzw. der [X.] stehenden [X.] auf der Parzelle 9 gehandelt hat.

b) Auf der Grundlage der für den erkennenden Senat bindenden Feststellungen erscheint es möglich, dass die Untervermietung des über dem Fahrweg errichteten [X.] zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Nutzung des Geh- und [X.] war. Danach ist die vom [X.] vorgenommene Würdigung, wonach die zum eigenen Grundbesitz gehörende Dienstbarkeit wirtschaftlich sinnvoll nur durch Mitvermietung des auf dem dienenden Grundstücksteil befindlichen Teils des [X.] genutzt werden konnte, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze.

Das Geh- und Fahrtrecht auf der belasteten Fläche hätte zwar zivilrechtlich auch ohne Vertrag über die Nutzung der [X.] zwischen der [X.] und der [X.] durchgesetzt werden können. Im Hinblick auf die historische Entwicklung hat das [X.] aber zwingende Gründe für eine Anlieferung über den "[X.]" festgestellt und sich dafür auf verschiedene Indizien gestützt, die mit den objektiven, aus der Lage des Grundstücks folgenden Umständen und nicht mit den subjektiven Vorstellungen der Mietvertragsparteien zusammenhängen. Eine Anmietung des "[X.]" unmittelbar von der Eigentümerin der [X.] ([X.]) durch den Mieter hielt das [X.] deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht für möglich, weil die Überlassung des [X.] der [X.] dann von jenem Mietvertrag mit der Eigentümerin abhängig gewesen wäre. Nur bei Abschluss des Mietvertrags mit der Eigentümerin der "[X.]"-[X.] hätte der Mieter der eigenen [X.] der Klägerin bzw. der [X.] das Fahrtrecht in der bisherigen Weise und zugleich zu Lagerzwecken nutzen können. Wäre es nicht zu dem Mietvertrag zwischen dem Mieter der [X.] und der Eigentümerin des "[X.]" gekommen, hätte die Belieferung auf anderem Weg stattfinden müssen. Selbst wenn dies möglich gewesen wäre, worüber zwischen den Verfahrensbeteiligten Streit besteht, wäre das Fahrtrecht im "[X.]" für die [X.] dann wirtschaftlich sinnlos gewesen. Dass die Fortsetzung des langjährigen Mietverhältnisses mit S gefährdet gewesen wäre, wenn nicht mehr über den "[X.]" hätte angeliefert werden können, und dass sich unter diesen Bedingungen auch kein anderer Mieter für die eigene [X.] hätte finden lassen, konnte das [X.] danach ohne Verstoß gegen die Denkgesetze annehmen.

Zutreffend hat das [X.] auch den Umfang der Nebentätigkeit gewürdigt. Dem liegt entgegen der Auffassung des [X.] keine Abweichung von der Rechtsprechung des [X.] zugrunde. Denn das [X.] ist nicht von einer allgemeinen Geringfügigkeitsgrenze ausgegangen, sondern hat eine dem Grunde nach als zulässig angesehene Nebentätigkeit zusätzlich von der Geringfügigkeit des Umfangs dieser Tätigkeit abhängig gemacht. Dies ist als restriktive Auslegung des Begriffs der "Neben"-Tätigkeit zu verstehen und entspricht der Sichtweise des [X.] (Urteile vom 04.10.2006 - VIII R 48/05, unter [X.], und in [X.]E 254, 354, BStBl II 2017, 529, Rz 40).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 4/19

22.10.2020

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 6. Dezember 2018, Az: 8 K 3685/17 G, Urteil

§ 9 Nr 1 S 2 GewStG 2002, § 68 Abs 1 Nr 1 BewG 1991, § 96 BGB, GewStG VZ 2010, GewStG VZ 2011, GewStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.10.2020, Az. IV R 4/19 (REWIS RS 2020, 3587)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3587

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